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Ausgabe:

1912

Spalte:

332-334

Autor/Hrsg.:

Savio, Fedele

Titel/Untertitel:

Nuovi studi sulla questione di Papa Liberio 1912

Rezensent:

Krüger, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. ir.

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die höchft prekär ift, weil die traditionsfeindlichen Sätze bei Paulus j enthufiaftifche Element, d. h. das Element des Pneumas

Gab 1und 2 fich nur auf fein Verhältnis zur paiäftinenfifchen ürgemeinde i faft ganz abhanden gekommen ift. Das Pneuma ift ein

und nicht zur chnftlichen Gemeinde überhaupt beziehen. Und was das I n fa n A , iö ■/- u c i i 7-

Chriftusbild felbft anbetrifft, fo gehören die meiften ethifchen Grundzüge Gegenftand der theologifchen Spekulation geworden. Wir

desfelben nicht der Perfon des irdifchen Jefus von Nazareth an, fondern i haben es alfo hier mit einer reineren und vergeiftigteren

dem gottgleichen Wefen, das fich aus Himmelshöhen zu unferem Heil j Form der Myftik zu tun, die gleichfam auf einer höheren

herabgefenkt hat, wie das zum Teil w auch felbft hervorhebt, ich , stufe fteht, als die paulinifche. An Stelle des Pneuma

möchte dem obigem Satz W.'s entgegenftellen, Paulus fei nicht durch die j :/> jqc Wert „Bw„„ „lobt- M^P. a:^ u l 4. -n.-r 1
Knude von dem gefchichtlichen lefiis und durch die Wirkung feiner I l" daS V?rt getreten, mcht_bloß die charaktenftlfche

Logosgeftalt am Anfang des Evangeliums, fondern überhaupt
das wund erwirkende, geiftige Wort der Verkündigung
. Die johanneifche Myftik konzentriert fich, wie W.
das richtig hervorhebt, um die Worte: Erkenntnis, Gottes-
fchau, Licht, Leben, d. h. konzentrierter ausgedrückt in
dem Ideal der Gewinnung des gottähnlichen Labens durch
Gottesfchau. Wer auf dem Gebiet der griechifchen
Myfterienreligion zu Haufe ift, kennt dies Ideal: Vergottung
durch Gottesfchau (Epoptie des Myften). Dabei
tauen Le7b^ derMyfterien- j ^ in der johanneifchen Frömmigkeit das Befondere, daß

Predigt bekehrt, fondern durch die Predigt der Gemeinde der Jünger
von dem erhöhten, in Herrlichkeit thronenden Meffias und durch den
im begeifterten Bekenntnis, Opfermut und in kultifcher Verehrung fich
offenbarenden Glauben diefer Gemeinde. — Auch dagegen, dall W. S. 86
die Geiftmyftik des Paulus aus feinem Damaskuserlebnis ableitet, habe
ich meine Bedenken. Vom Geilte hat Paulus in den Andeutungen, die
er von feiner Bekehrung gibt, gerade niemals geredet. Sehr erfreut bin
ich übrigens zu fehen, daß W. die Chriftusmyftik nicht allein von Damaskus
ableitet, fondern aus anderen überkommenen Vorftellungsmomenten.
Hier findet fich der bedeutfame Satz: ,Die Gemeinde fah bereits mehr
in ihm, als bloß den jüdifchen Meffias, man genoß bereits im Sakrament

gottheiten eingerückt', hier deutet W. ganz neue Wege an, aber leider
nur fo nebenbei in einigen kurz hingeworfenen Sätzen Diefe Gedanken
hätten eine Ausführung in einem Kapitel für fich unbedingt erfordert.

Im dritten Abfchnitt, den ich wieder zu den beffer gelungenen
Teilen des Buches rechne, bricht auch W. definitiv
, wie das feiner Zeit fchon Wernle getan hatte, mit
der Methode der Lehrbegriffe. Hier haben Wredes einft
für die neuteftamentliche Theologie aufgeftellte Defiderien
erkennbar weiter gewirkt, alles ift auf eine Fläche auf-

diefe Gottesfchau fich entwickelt an dem auf Erden wandelnden
Gott Logos: ,wer den Sohn fchaut hat ewio-es
Leben' —, an der Verkündigung von ihm, ja an dem
Evangelienbuch, das von ihm handelt. Wer fich in diefe
Grundftimmung johanneifcher Frömmigkeit hineingedacht
hat, der begreift auch, daß der in ihr vorhandene fakramen-
tale Grundzug nichts Fremdes, fondern ein notwendiges
Komplement diefer Myftik ift, er begreift auch den doppelten
zwifchen Natürlichem und rein Geiftigem ftark

getragen und in einen Zufammenhang gebracht. Daß bei ! fchwankenden Charakter der Sakramentsauffaffun^
diefer Art der Aufgabe nun andererfeits ganz befondere j Ich glaube, daß ich in dem VorhergehencTen beSchwierigkeiten
entgegenftehen, liegt auf der Hand. Ja, gründet habe, weshalb ich der von Harnack jüngft in
diefe Schwierigkeiten fcheinen mir für eine neuteftament- ! der chriftlichen Welt ausgefprochenen faft überfchwäng-
liche Theologie unüberwindlich zu fein und werden erft j liehen Lobeserhebung des Buches nicht fo unbedingt zu-
dann überwunden werden, wenn man fich entfchließt, mit i ftimmen kann. — Aber das fcheint auch mir ficher zu
dem ganzen Syftem einer folchen Theologie überhaupt j fein, daß in dem Weinelfchen Buch ein Markftein in der
zu brechen und die Darftellung bis zur Konfolidierung j Gefchichte der neuteftamentlichen Theologie vorliegt

des Chriftentums am Ende des zweiten Jahrhunderts in
einem Zuge hinabzuführen. Andernfalls erhält man doch
nur lauter angefangene Linien und abgebrochene Fragmente
, wie dies befonders deutlich in dem vorliegenden
Buch, namentlich in den Ausführungen über Gnofis und
urchriftliche Apologetik erhellt. Seinen Überblick dis

Das habe auch ich durch eingehende Befprechung des
Werkes zum Ausdruck bringen wollen.

Göttingen. Bouffet.

Savio, Fedele, S. J.: La questione di Papa Liberio. (Fede

e scienza, serie sesta). (218 p. con imag.) 8°. Rom
poniert W. fo, daß er zunächft den allgemeinen Befitz- F pnfw Tnn7 ' , T '

L.-j j_____u___n„ur„n^ ruy.a^t-,,™* iVBiM-w- J,nn r' ruuet T90/- L. 1.60

ftand des nachapoftolifchen Chriftentums fchildert, dann
die verfchiedenen fich bekämpfenden Geiftesrichtungen
und die Apologetik des Chriftentums nach außen dar-

ftellt, endlich die Sonderbildungen nachpaulinifcher und _ Puntj controversi „e||a que8ti0ne del Papa Liberio. (155 p

lohanneifcher Frömmigkeit. Zum Schluß werden dann oftT7UJ v 1

J,. . .11_____________________r*i__:n.i:„u^ o rf/Dd. IQII. T. 1 ?i

— Nuovi studi sulla questione di Papa Liberio. (127 p.) 8°.
Ebd. 1909. L. 1.20

die Entwicklungslinien nach vorwärts gezogen: Chriftliche
Hoffnung, Chriftologie, Ethik, Kirchenbildung. Das ift ein
Schema, mit dem fich im großen und ganzen etwas anfangen
läßt, nur fcheint mir die Anordnung der letztgenannten
Themata nicht glücklich zu fein. Nur zwei

8». Ebd. 1911. L. 1.20

Die Liberiusfrage, insbefondere die Frage nach den
vier den Papft belaftenden Briefen, will die Forfcher
durchaus nicht in Ruhe laffen. Es vergeht kein Jahr,
daß nicht einer oder mehrere das Wort nehmen, um Echt-

von ihnen repräfentieren wirklich die Hauptlinien der j heit oder Unechtheit der Briefe zu verfechten und daraus
Fortentwicklung: Chriftologie und Chriftuskultus einerfeits j Schlüffe über das Verhalten des Papftes zu ziehen. Es
Kirchenbildung und Verfaffung andererfeits. Die ein- I ift nicht ohne Intereffe und für tieferes Eindringen in das
dringende Apokalyptik aber repräfentiert kein Moment I Problem fogar erwünfeht, die Arbeiten zufammenzuftellen,

der Fortentwicklung, man könnte fie eher als eine Rück
bildung betrachten, die fpäter ausgefchieden wird; und
die Ethik würde ich mehr zu den gleichbleibenden Grund-
beftandteilen des Urchriftentums rechnen.

Ein Gegenftand will fich charakteriftifcherweife in
diefe Gefamtbehandlung nicht fügen und bleibt in ihr ein
Fremdkörper, der fich feine befondere Behandlung erzwingt
, ich meine die johanneifche Frömmigkeit. W. behandelt
diefe johanneifche Frömmigkeit mit Recht in
erfter Linie als Myftik und zwar als hoch gefpannte

in denen — abgefehen von den oben genannten Abhandlungen
Savios — unfere Frage felbftändig oder in Verbindung
mit der Frage nach den die Briefe enthaltenden
Hilarius-Fragmenten zur Erörterung gekommen ift, feit
Ref. in feinem Artikel über Liberius in der Realenzyklopädie
(11, 1902) einen Überblick über ihren Stand gegeben
hatte: M. Schiktanz, Die Hilarius-Fragmente, Diff.
Breslau, 1905 (dazu A. Jülicher in diefer Zeitung 30, 1905,
654—56; beide für Echtheit); L. Saltet, La Formation de
la legende des papes Libere et Feiice, Bull, de Liter.

geiftige Myftik. Mir will es allerdings auch hier fo fcheinen, ; Eccles. 1905, 222—236, und Les lettres du pape Libere,

als habe er diefe johanneifche Myftik wiederum allzufehr j daf. 1907, 279—289 (luciferianifche Fälfchung); A. Wil-

gleichfam in einen luftleeren Raum hineingeftellt, es fehlt ; mart, Ad Conftantium über primus de St. Hilaire de

der hiftorifche Vergleich und damit die endgültige und ( Poitiers et les fragments hiftoriques, Rev. Bened. 24, 1907,

energifche Charakterifierung. Meines Erachtens hätte die 149—179, 293—317 (dazu A. Jülicher in diefer Zeitung 33,

Beobachtung energifch in den Mittelpunkt gerückt werden 1908, 77 f.; W. für Unechtheit) und La queftion du pape

müffen, daß die johanneifche Frömmigkeit fich von der Libere, daf. 25, 1908, 360—367 (jetzt für Echtheit unter

paulinifchen darin unterfcheidet, daß in ihr das ekftatifche, , dem Einfluß von Duchesne); L. Duchesne, Libere et For-