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Ausgabe:

1912

Spalte:

1-3

Autor/Hrsg.:

Koldewey, Robert

Titel/Untertitel:

Die Tempel von Babylon und Borsippa nach den Ausgrabungen durch die Deutsche Orient-Gesellschaft 1912

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur Titius und Oberlehrer Hermann Schuster

jahrlich 26 Nrn._ Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich 9 Mark

Manufkripte und gelehrte Mitteilungen lind au s f c h Ii e ß 1 ic h an T—,, , ei-n 1QTO

,<7 .Ianri? Ir 1 ProfcirorD. Titius in Göttingen, Nikolausbcrger Weg 66, rufenden. O. dclllLlcir lx3L£*

' »*""*b- *■ Rezenlionsexemplare auafchließlich an den Verlag.

Koldewey, Die Tempel von Babylon und Bor-

fipi>a (Baudiffin).
König, Hebräifches u. aramäifches Wörterbuch

zum Alten Teftament (Rahlfs).
Littmann, Die Infchriften des Königs Kalumu

(Georg Holtmann).
Overbeck, Das Johannesevangelium, herausg.

von C. A. Bernouilli (Harnack).
Rücker, Die Lukas-Homilien des HL Cyrill v.

Alexandrien (Jülicher).
Bigelmair, Die Afralegende. I. Band (Anrieh).
Schnitzer, Quellen u. Forfchungen zur Ge-

fchichte Savouarolas (Benrath).

Analecta Corviniana. Quellen zur Gefchichte des
niedertächf. Reformators Antonius Corviuus (f
1553) (Gohrs).

Forfchner, Wilhelm Emanuel Freiherr von
Ketteier, Bifchof v. Mainz (Vigener). '

Krüger, Wilhelm Emanuel Freiherr von Ketteier
, Bifchof v. Mainz (1811—1877) (Derf.).

Oertzen, Adolf Stoecker (Scholz).

Eachran, Pragmatismus, eine neue Richtung
der Philofophie (E. W. Mayer).

Bauch, Gefchichte der Philofophie (Jordan).

Fifcher, Syftematifche Anleitung zur Willensund
Charakterbildung (Niebergall).

Faßbender, Wollen eine Königliche Kunft
(Niebergall).

Rendtorff, Kirche, Landeskirche, Volkskirche
(E. Chr. Achelis).

Dibelius, Apologetik und Seelforge (Schian).

L u b e n o w, Der Koiifirmandenunterrich t und feine
zeitgemäße Geßaltung (Bornemanu).

Referate: Labourt, J.,etP. Batiffol: Les Ödes
de Salomon. — Strack: Grammatik des Bib-
lifch-Aramäifchen. — Loofs, Über Selbll-
erlöfung, Pantheismus und Lebensfreude. —
Ganz, Philipp Eontana. — Harnack, Luther.

Wichtige Rezenfionen. — Neuefte Literatur.

Koldewey, Robert: Die Tempel von Babylon und Borfippa | aufstrebendes kompaktes Ziegelmaffiv von rechteckigem
nach den Ausgrabgn. durch die Deutfche Orient-Ge- Grundriß' (S. 66). — Ich erlaube mir aber doch darauf
fellfchaft. (Ausgrabgn. der D. O.-G. in Babylon. I; «. j^Üwerfcn, daß der Schneckenturm unter den Ruinen
wrr t -er u- u j t r r it ~c c , der Refidenz der abbafidifchen Chahfen zu Sämarra

* Z: r'. rSL;' 7 ;™\ I am Tiffris nördlich von Bagdad, auf den mich Profeffor

Sachau aufmerkfam macht (f. deffen ,Am Euphrat und
Tigris', S. 86f.), in feiner Anlage der Beschreibung des
Beiturmes bei Herodot entfpricht und danach doch gewiß
eine Nachbildung alter Mufter ift.

Für die Entwicklung der Architektur kann von Wichtigkeit
fein eine Beobachtung, die der Verf. vertreten
zu können glaubt: die Anlage des babylonifchen Tempels
gruppiert nach feiner Annahme, von gegebenen Um-
faffimgsmauern ausgehend, die Räume an der Umfaffung
in der Weife, daß zuletzt ein Hof übrig bleibt, während
beim griechifchen Haufe die freie Aneinanderreihung der
einzelnen Räume in der Art erfolge, daß Schließlich ein
Hof entstehe (S. 14S). Sehr anfehaulich wird durch die
Grundriffe und Rekonstruktionen diefes Buches der äfthe-
tifche Eindruck der neubabylonifchen Architektur, die in
ihren Formen gewiß der altbabylonifchen entfprach. Was
in den werblichen Kulturländern die Säule, ift hier der
Turm. Säulen kommen gar nicht vor. Die Umfaffung
von Esagila ,ftarrt von Türmen', die in engen Abständen
einander folgen und keinen anderen Zweck haben als
den, die Fläche zu unterbrechen. Im Profanbau tritt an
die Stelle des Turmes der Wandvorfprung. Einziges
Sekundärornament find /enkrechte Kraftlinien', nämlich
Rillen, die Turm und zurückliegende Wand gleichmäßig
durchfehneiden, fodaß, mit Verdrängung der wagerechten
Linien, welche von den übereinander gefchichteten Ziegeln
zunächst gebildet werden, die vertikale Linie alles be-

Abbildgn. im Text u. auf 11 Blättern u. 16 Tafeln.)
Fol. Leipzig, J. C. Hinrichs 1911.

M. 32 —; geb. M. 36 —

Eine für die Gefchichte der Architektur und des
Kultus im vordem Afien fehr wertvolle Veröffentlichung.
Es werden darin behandelt die babylonifchen Tempel:
Emach, T. der Ninmach; der Tempel ,Z'; Epatutila,
T. des Ninib; Esagila, T. des Mard uk, und aus Bor-
fippa der Tempel Ezida des Nabu. Aus diefer zusammenfallenden
Darstellung ergibt fich der befriedigende
Eindruck, daß die Stetigen, mühevollen Ausgrabungen
der Deutfchen Orient-Gefellfchaft, die bisher einzelne
durch Glanz beftechende Funde nicht gerade zu Tage
förderten, doch als Gesamtergebnis wichtige Refultate
aufzuweisen haben. In diefer Veröffentlichung find die
Pläne die Hauptfache. Die Aufnahmen find größtenteils
beforgt worden von Andrae, einzelnes von Wetzel,
A. Nöldeke, Reuther und dem Verfaffer des Textes
(S. 2). Die Pläne bleiben aber dem nicht in die Ausgrabungen
Eingeweihten vielfach unverständlich ohne
die knappen, lichtvollen Erläuterungen, die auf gründlichen
Beobachtungen und Vergleichungen beruhen.

Es find drei Typen von Tempeln, die wir hier kennen
lernen: 1. Der Tempel mit Cella am Ende eines Hofes,
vor deffen Eingang der Altar Steht. Diefe einfache Form
wird in größern Heiligtümern erweitert durch eine Mehr«

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heit der Höfe und Cellen 2. Der ,1 rozeifionstempel' mit j herrfcht, nur unterbrochen durch den Rundbogen der
weffen^Toren an den^Schmalieff^ einer | Eingänge. Die Bewegung von unten nach oben wurde

wahrfcheinlich überall durch abgeftufte Zinnen verstärkt
(S. 39). Die Tempelrekonltruktionen S. 4 und befonders
S. 50 bringen fehr entfehieden den Eindruck einer einförmigen
Melodie hervor, ,die Tonart entfehieden Dur'
(S. 56). Mir fcheint, daß fich diefer emporstrebende und
Starre Charakter der Tempelarchitektur in Parallele Stellen
ließe zu der Art der in den Tempeln verehrten Götter
des babylonifchen Pantheons. — Nicht verftändlich ift
mir die Bedeutung der in diefem Buche, wie es fcheint,
willkürlich fo benannten .Opferkapfeln', kleiner aus Ziegeln
zufammengefetzter Kärtchen unter dem Fußboden, die

Längsfeite, fodaß die Prozeffion daran vorüberzog. 3. Der
weite Vorhof mit Tempelgebäude und Zikkurat. — Kleinfunde
, die fpäterer Befprechung vorbehalten bleiben, find
nur gelegentlich abgebildet und erklärt worden.

Sehr berichtigend für die auf Grund von unzuver-
läffigen Rekonstruktionen verbreitete Anfchauung ift die
Darstellung der bisherigen Beobachtungen über die Zik-
kurat-Refte, anknüpfend an die von Borfippa, die ,höchft-
aufragende Ruine Babyloniens' (S. 57— 59'..H?1- S. 65f.).
Die Befchreibung Herodots vom ftufenförmigen Aufbau
des Beiturmes von Babylon mit Aufgang von außen ift

bis jetzt durch keinen Befund von Zikkurat-Reften be- j zuweilen Tonfiguren enthalten, zum Teil anfeheinend
(tätigt worden. Die Zikkurat von Borfippa ift ,ein höher | Gottesbilder (S. 6 ufw.). Wohl zur Befestigung des Baus