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Ausgabe:

1912 Nr. 6

Spalte:

182-184

Autor/Hrsg.:

Happel, Julius

Titel/Untertitel:

Richard Rothes Lehre von der Kirche, nach ihren Wurzeln untersucht, ihrem Gehalt und ihren Folgerungen geprüft 1912

Rezensent:

Eger, Karl

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 6.

182

rend dies Wort weder in et ß y, noch in der Stiefelfchen Abfchrift fleht.
Da nun 91 gegenüber den genannten 4 frühern Redaktionen eine Erweiterung
durch Aufnahme des Taufbüchleins, einer Beichte und einer
Litanei mit zugehörigen Gebeten erfahren hat, alfo liturgifche Formulare
bringt, wie fie der Pfarrer damals für feinen Gebrauch nötig hatte, fo
habe ich die Meinung ausgefprochen, Enchiridion fei der Gefamttitel
für diefes nicht von Luther, fondern von dem Drucker oder Verleger
zufammengeftellte Buch u. fei dem Sinne nach etwa durch ,Agendbüchlein
' wiederzugeben; der Titel fei für die weitern Katechismusausgaben
auch dann beibehalten, als der Buchinhalt gegenüber 91 wieder verkürzt
worden. Ich fehe nicht recht ein, warum Albrecht diefe Auffaffung, die
von andern gebilligt worden, pure ablehnt. Es war wirklich für uns
nicht nötig, den Nachweis zu liefern, daß Enchiridion im Reformationszeitalter
auch zur Bezeichnung von Kinderlehrbiichern gebraucht worden,
wie z. B. S. 540 gefchieht; daran zweifelt niemand. Woran ich aber
zweifle, ift, daß Luther feinen ,K1. Kat. oder chriftliche Zucht' je follte
Enchiridion genannt haben. Er zitiert ihn m. W. nie unter diefem Stichworte
. Es beruht darum auf Mißverftändnis, wenn Albrecht S. 584 von
meiner Anficht vom Kat. als Agendbüchlein fpricht; nicht den Kl. Rat.,
fondern die Ausgabe 91, in welcher derfelbe nebfl andern Stücken abgedruckt
fleht, fehe ich als agendarifches Handbuch für den Pfarrer an.
Meine fchon länger feftftehende Anfleht (vgl. XXX, 473 f. der ThLZ.)
fand ich beftätigt, als ich mit einer Ausgabe der däuifchen Überfetzung
bekannt wurde. Diefe führt den Titel: Enchiridion, flue Ma-|| nuale
vt vocant. ]] Een Haaudbog, for Sogne-pre- I fler (Gemeindepfarrer), til
Evuangeliske kircke ... — Auch von Albrecht S. 784 erwähnt. — Das Buch
ift alfo für den agendarifchen Gebrauch des Pfarrers bei der kultlichen
Handlung der Jugendunterweifung beflimmt. Die analoge Beftimmung
hatte auch das Enchiridion 91 u. zwar in verflärktem Maße. So alfo
verhält es fleh mit dem erden Auftreten des Titels Enchiridion. Er
fehlt in der Handfchrift von Stiefel und in a ß y Angefichts diefer
Tatfachen ift es eine mir unverftändliche Bemerkung, die Albrecht
S. 574 macht, das Wort Enchiridion könnte a beim Titelabdruck ,ver-
fehentlich ausgeladen haben', und daß er S. 23g das Wort Enchiridion,
allerdings in Klammern, dem Titel des Kl. Kat. in der erden Ausgabe
voranflellt. — Von der Befprechung weiterer Differenzen zwifchen Albrecht
und mir fehe ich ab. Sie erledigen fleh in analoger Weife wie die
beiden angeführten. Zu den Albrechtfchen Erklärungen im einzelnen
wären im ganzen zuftimmende, doch zu einzelnen auch abweichende Bemerkungen
zu machen. Von letztern erwähne ich: 1) das ,daß' in den
Erklärungen der Gebote ift dem Charakter der Gebotsworte entfprechend
.final' zu faden, nicht aber, wie S. 356 als möglich gedacht wird, ,modal'
bezw. konfekutiv. 2) Die zweite Hälfte in jeder Erklärung der Gebote 2—10
ift mit .follen' einzuleiten, das im 8. Gebote wirklich fleht; fo wird die Kon-
ftruktion auch im 6. und 9. grammatifch plan (plan = durchfichtig). 3) Vor
.allen böfen Menfchen' ift nicht etwa ein ,auch' zu ergänzen S. 373,
fondern die Worte find fo zu verliehen: allen Menfchen, die doch böfe
find. 4) .Bitte' in der Erklärung der 5. Bitte ift nicht Plural, wie S. 375,
6) vermutet wird, fondern Singular und bezieht fich auf die vorhergegangene
4. Bitte mit ihrem reichen Inhalte (,der keins, das wir [dort]
bitten'), an die fich die 5. mit einem ,und' beginnend, anlehnt, gleichtun
mit der 4. ein Ganzes bildend. Nicht erklärt find .verraten' (== verleumden
) im 8. Gebot, .gleichwie' (= dem entfprechend daß) im 2. u.
3. Artikel. — Die crux interpretum in der Vorrede; Ihr Bifchöfe .verbietet
einerlei Geftalt und treibt auf eure Menfchengefetze' fcheint mir
auch durch die Bemerkungen S. 347 immer noch nicht befeitigt. Albrecht
geht hier im wefentlichen über das nicht hinaus, was ich dazu in meiner
Katechismusausgabe 1904 beigebracht habe, denn mit der Annahme, daß
,ein urfprünglicher Schreib- oder Druckfehler' vorliegen könne, ift es doch
wohl nichts, da auch Albrecht fie nicht weiter vertritt. Die Stelle hat
mich immer wieder befchäftigt. Sollten nicht folgende Erwägungen ein
befriedigendes Verftändnis ermöglichen? Man faßt .einerlei Geftalt'
immer als Objekt zu .verbietet' und denkt dabei durchgängig an die
communio sub una, wahrfcheinlich durch die ältefte lateinifche Überfetzung
dazu veranlaßt, welche unicum tantum speciem Sacramenti lieft
S. 266, 23, und in Erinnerung daran, daß wir im Gegenfatz zu römifcher
Gewohnheit sub utraque kommunizieren. Diefe Auffaffung wird jedoch
durch den Zufammenhang nicht geftützt. Diefer weift nicht auf den
Gebrauch des Abendmahles, fondern vielmehr auf die durchaus notwendige
religiöfe Unterweifung des Volkes und zwar auf eine einheitliche
Enterweifung desfelben in den notwendigen Stücken. Dahin zielen die
weiterhin vorkommenden Ausdrücke der Vorrede; .mancherlei oder
anderlei Text und Form der 10 Gebote' etc. S. 269, 5; mit .einerlei ge-
wiffen Text und Formen' S. 269, 12. 13. bleib ,auf einerlei gewiffen
ewigen Form und Weife' S. 271, 6. 7. Da darf man doch gewiß an
die Vorftellung ö avTog xarwv denken, von welchem in dem von Luther
benutzten Texte Phil. 3, 16 die Rede ift und die diefer durch .Eine
av ,berfetzt- womit 'die Worte unica regula et norma am Anfang
der rvonkordienformel zu vergleichen wären. Es würde fich dann der
4 tt ,? Z"fair>menhang paffende Sinn ergeben: Ihr Bifchöfe verbietet,
dem Volke die einzig richtige von Gott felbft gewollte Lehrnorm zu
geben, wie fie in den Katechismusftücken, den 10 Geboten etc., vorliegen,
und dringt dagegen auf die Einprägung und Befolgung eurer Menfchengefetze
. - Möglich ift übrigens auch .einerlei Geftalt' nicht als Objekt,
fondern als Adverb zu .verbietet' und zu .treibt' aufzufaffen in der Bedeutung
uno tenore. Daun ergäbe fich der folgende durch Hinzufügung
eines naheliegenden Objektes zu .verbietet' ebenfalls plane Sinn: Ihr
yet bietet zugleich das Volk die notwendigen Katechismusftücke zu
lehren, die Gott zu lehren verordnet hat, und fordert zugleich, dasfelbe

zum Gehorfam gegen eure Menfchenfatzungen zu treiben. — Ich Helle
diefe beiden mir möglich erfcheinenden Deutungen der fprachlich
fchweren Stelle hiermit zu geneigter Erwägung. —

Damit möchte ich meine vielleicht ohnedies fchon zu
lang gewordene Befprechung der Katechismusedition im
30, 1. Bde. der Weimarer Lutherausgabe abbrechen, zumal
ich mich nicht für kompetent halte, mich auch über
die philologifchen Zugaben zum Gr. und zum Kl. Kat.
aus der Feder von O. Brenner zu äußern.

Ich habe an der neuen Katechismusarbeit von D.
Albrecht mancherlei Ausftellungen gemacht; ich würde
fie verdoppeln und verdreifachen müffen, wenn ich
alles berückfichtigen könnte, was ich zu beanftanden
habe. Das hält mich aber nicht ab, das Ganze als eine
hervorragende, als die vorzüglichfte Leiftung über Luthers
Katechismen zu bezeichnen, die bisher erfchienen ift, als
ein monumentum aere perennius. Ich füge die an die
Verlagsbuchhandlung gerichtete Bitte hinzu, diefen Band
ihrer Lutherausgabe in gefonderter Edition, am liebften
nach erfolgter nochmaliger Durchficht und unter wefent-
licher Verkürzung des dann durchfichtiger werdenden
Textes — in dem vorliegenden Texte rindet man fich
oft nicht leicht zurecht — für einen nicht zu hohen Preis
abzugeben, damit er Eigentum fämtlicher evangel. Geift-
lichen und Religionslehrer werden kann. Vor der Hand
wird der Band, wie ich zu meinem Bedauern feftftellen
mußte, im Buchhandel einzeln nicht abgegeben. Die
ganze Lutherausgabe um diefes Bandes willen zu erwerben
, ift aber für die Genannten finanziell fchlechthin
unmöglich.

Göttingen. K. Knoke.

JlastadonovXoq, Xgvö. 'A., 'AnostEiga evuHffioq r(äv
"AyyXav 'Avloliotcov LiEtä rtov 'Oq&oö6£,lov (1716—
l72S)- (56 S.) 8°. 'EvAXegavÖQEia, ex roü IlaTQiaQXixov
Tvxoygacptlov 1911. fr. 3 —

Wie bereits Skinner in ,An ecclesiastical history of
Scotland, London 1788' und zu unferer Zeit A. Pichler in
feiner .Gefchichte der kirchlichen Trennung zwifchen dem
Orient und Occident', München 1865, II S. 297 ff. es be-
fchrieben hat, fanden zwifchen der Partei der Non-Iurors
der englifchen Staatskirche und der orthodoxen Kirche
des Orients, vertreten durch Peter den Großen und die
Patriarchen des griechifchen Orients, von 1716 an Verhandlungen
über die Union der beiderfeitigen Kirchen
ftatt. Es war eine fynkretiftifche Beftrebung. Der befte
Druck der von den Orientalen dabei ausgegebenen Schrift-
ftücke ift der von 1840, in Petersburg erfchienen. Jetzt
find die Verhandlungen in den XXXVII. Band von Manfi.
Conc. coli. 1905 durch L. Petit hineingekommen. Nun,
zu diefen Verhandlungen veröffentlicht der Verfaffer in
der vorliegenden Schrift 5 unbekannte Briefe des griechifchen
Hauptagenten der Sache, des Metropoliten Ar-
fenius v. Thebais aus den Jahren 1722—1728, gerichtet
an den bekannten Patriarchen von Jerufalem, Chryfanthos
Notaras. Sie find dann vom Verfaffer benutzt für eine kurze
Darfteilung der Verhandlungen, die noch durch ein gleichfalls
unediertes 'VjtöfivrjLia jisqi ivcoOEmq rmv 'Exx?.?jOimv
bereichert werden. Diefes Hypomnema (lammt wahrfcheinlich
von dem fchon genannten Patriarchen Chryfanthos
. Die Briefe des Metropoliten find in einem köftlichen
Volksgriechifch gefchrieben, das den Reiz diefer Schrift-
ftücke erhöht.

Die Veröffentlichung kann dem Verfaffer nur Dank
einbringen.

Hannover. Ph. Meyer.

Happel, JuL: Richard Rothes Lehre v. der Kirche, nach ihren
Wurzeln unterfucht, ihrem Gehalt u. ihren Folgerungen
geprüft. Vom Kuratorium der Richard Rothe-Stiftg.