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Ausgabe:

1911

Spalte:

133-135

Autor/Hrsg.:

Kropat, Arno

Titel/Untertitel:

Die Syntax des Autors der Chronik, verglichen mit der seiner Quellen 1911

Rezensent:

Steuernagel, Carl

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 5.

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ebenfalls fteile, ja fchroffe, faft fenkrechte Felswand'.
S. 38: ,Ein ganzer Mann, ein großer Mann, ein Gottesmann
!' 2. in den Überleitungsformeln; z. B. S. 27:
,Doch genug davon, was foll ich noch mehr darüber berichten
.' S. 47: ,Mehr ift von Silo beim beften Willen
nicht zu fagen.' S. 105: ,Doch wie dem auch fei'. S. 14O:
Jericho, eine Stadt, in der auch einft Jefus war, wollen
wir zuletzt noch befuchen.' 3. In der Übertreibung,
die beffer als fachliche Nüchternheit auf das Gemüt zu
wirken pflegt. So wird S. 23 behauptet, daß der heilige
Sabas eine Bedeutung ,für die ganze Kirche' gewonnen
habe; fo erzählt der Verfaffer S. 27, daß er ,halb ver-
fchmachtet' in Mar-Eljas eingekehrt, daß er an der Quelle
des Wadi Fara ,auf halsbrecherifchen Treppen und Steigen
hinauf- und hinabgeklettert' fei (S. 32), daß er auf
der Höhe des Sees von Tiberias gewiß verloren gewefen
wäre (S. in), daß auf dem Wege von Jerufalem nach
Jericho noch heute kein Reifender vor Überfall ficher fei
(S. 140). 4. In den überall eingeftreuten frommen Redewendungen
, befonders an unpaffenden Stellen, z. B.
S. 41: Als Samuel ,in geweihter Stunde gar zum Propheten
berufen' ward, da wurde Silo aus einer Tempel-
ftacit zur Prophetenftadt. ,Denn beffer als Tempel aus
Stein und Holz, die zur Wohnung Gottes errichtet werden
, find Menfchenfeelen, in denen der lebendige Gott
durch feinen Geift Wohnung nimmt. Der fchönfte Schmuck
von Tempel und Kirche find nicht Pracht und Glanz,
Kunft und Technik, Gold, Silber und Koftbarkeiten, fondern
Menfchenherzen, die den heiligen, gnädigen Gott
fuchen' ufw. Es folgt eine lange Ausführung über die
Gnade. 5. In der rationaliftifchen Wundererklärung
. S. 132: Beim Jordan ,kommt es vor, daß bei
hochfleigenaem Wafler die erdigen Mafien des Ufers
unterfpült werden und dann wohl plötzlich einmal zu-
fammenbrechen und das ganze Flußbett viele Stunden
unterbrechen. Der Fluß wird dadurch gezwungen, fleh
ein neues Bett zu fuchen; aber bis dies gefchehen ift,
ift für eine Weile das alte Flußbett ausgetrocknet. So
gefchah es auch einmal in jener Zeit, fo daß Israel den
Jordan trockenen Fußes durchfehreiten konnte'.

Berlin-Wertend. Hugo Greßmann.

Kropat, Arno: Die Syntax des Autors der Chronik, verglichen
mit der seiner Quellen. Ein Beitrag zur hiftorifchen Syntax
des Hebräifchen. (Beihefte zur Zeitfchrift für die
altteftamentlifche Wiffenfchaft. XVI). Gießen, A.Töpel-
mann 1909. (VIII, 94 S.) gr. 8° M. 4 —

Der Verf. bietet eine forgfältige Analyfe der fyn-
taktifchen Erfcheinungen der Bücher Chron.-Esr.-Neh.,
die zu recht beachtenswerten Ergebniffen führt; vgl. die
Zufammenfaffung auf S. 72—75. Hervorgehoben fei daraus
befpielsweife folgendes:

Konfequent vermeidet der Chronift den Gebrauch der 3 Perf. Sing,
zum Ausdruck des unperfönlichen Subjekts ,man' und des Infin. abs. als
Kommandoruf. Er bevorzugt in mehreren Beziehungen den Plural (Matt
kollektiven Singulars und in Abftraktis), die tranfitiven und aktiven Verbalformen
ftatt der intranfitiven und paffiven. Der Gebrauch des Infin. mit b ift
ftark erweitert; Kollektiva werden konfequent pluralifch konftruiert,'das
Nomen ftets dem Zahlwort vorangeflellt, wo nicht befondere Gründe Ausnahmen
erfordern; konjunktionale Nebenfätze werden meift durch Infin.
mit Präpofition erfetzt (doch ift das Umgekehrte der Fall z. B. II 6,24
vgl. mit I. Reg. 8,33b; Verbalfuffixe find beliebter als "PX mit Suffixen;
die femininen Suffixe der 2. und 3. Plur. werden vermieden': Gelegentlich
wird das Subjekt durch vorgefetztes "PX oder b hervorgehoben (auch
die fogenannte unperfönliche Konftruktioh des Paffivs möchte der Verf.
analog erklären, da das Verbum fich auch da oft nach dem Genus und Numerus
des Subjektes richtet, S. 3); konfekutives 1 wird oft durch kopulatives
«fetzt; das 1 des Nachfatzes fällt vor Verbalformen fort; das Objekt
wird dem Infin. bisweilen vorausgefchickt; attributive Sätze werden einem
determinierten Nomen mehrfach unmittelbar angefügt; noch öfter werden
Satze unmittelbar von einem Stat. conftr. oder einer Präpofition abhängig
gemacht, gelegentlich fogar wie Subftantiva mit dem Artikel verfehen.

In vielen Beziehungen zeigt fo die Chron. den ftar-
ken Einfluß des Aramäifchen. Intereffant ift die Kon-
ftatierung, daß die Memoiren Nehemias (Neh. 1,1—7.4.

13), teilweife auch die Esras, dem älteren Hebräifch viel
näher flehen. Man fleht, wie ergebnisreich folche fyn-
taktifchen Monographien fein können. Wird die Arbeit
Kropats auf andere Schriften des A. T. ausgedehnt, fo
werden wir ficherlich in der Gefchichte der Syntax ein
nicht zu unterfchätzendes Mittel für die zeitliche
Anfetzung vieler jetzt noch heiß umftrittener Bücher
gewinnen. Möchte Kropat felbft feine Arbeit auf andere
Schriften oder Schriftgruppen ausdehnen und bei anderen
Nachahmung finden!

Eine allfeitige Nachprüfung der Angaben des Verf.
ift natürlich dem Referenten nicht möglich; dazu gehörte
eine vollftändige erneute Durcharbeitung des ganzen
Themas. Namentlich die negativen Urteile (.findet fich
in Chron. nie') oder die Quantitätsurteile (,in der Regel',
.überwiegend', ,nur einmal' etc.) find fchwer nachzuprüfen.
Gelegentlich habe ich einige Inkorrektheiten bemerkt.

Z. B. S. 15 heißt es: .Einmal wird Aktivum der Vorlage durch
Paffivum erfetzt' (2. Sam. 5,17 — I Chr. 14,8); ich bemerkte als zweiten
Fall 2. Reg. 11,15 vgl. mit 2. Chron. 23,14, wo das Hiph'il rVVWl zweimal
durch das Hoph'al erfetzt ift. S. 43 heißt es: ,Die Chronik hat
die Neigung, Präpofitionen nur einmal zu fetzen, fowohl bei den Appo-
fitionen wie bei verbundenen Ausdrücken und Aufzählungen'; ich beobachtete
das Gegenteil in 2. Chron. 6,17, 9,22 vgl. mit 1. Reg. 8,26, 10,23.
Nicht richtig ift es, wenn der Verf. S. 55 fagt: .Während das alte Hebräifch
das Nomen regens ftets wiederholt, fetzt der Chroniker zufam-
mengehörige parallele nomina recta zu einem nomen regens und wiederholt
diefes nur, wenn es fich um disparate Dinge handelt.' Der abfohlte
Gegenfatz müßte hier mindeftens durch einen relativen erfetzt werden
cf. z. B. IXXI 1p3 tVniaa Dtn. 12,6 17. 14,23, bXToP hinter

dem Stat. conftr. "53 2. Sam. 5,5, PP2 2. Sam. 12,8 etc.

Immerhin dürfte fich das Gefamtbild nicht wefent-
lich ändern.

Für nicht glücklich halte ich die Dispofition (i. der
einfache nackte Satz, 2. der einfache bekleidete Satz
3. der zufammengeletzte Satz). Verwandtes wird dadurch
mehrfach auseinandergeriffen und die Orientierung
erfchwert.

Z. B. handelt § 2 vom Numerus des Subjekts, woran dann aber
auch die Unterfuchung des Numerusgebrauchs überhaupt, z. B. auch in
Verbindung mit Zahlworten, angefchloffen ift, während von der Verbindung
eines Subftantivs mit einem Zahlwort auch in § 18 gehandelt wird
Die Aneinanderreihung mehrerer Subftantiva in Aufzählungen erörtert
§ 23; aber fehr wichtige hierhin gehörende Materien findet man auch

1.

Richtiger wäre es m. E. gewefen, wenn die Elemente,
aus denen fich ein Satz aufbaut, gefondert behandelt
wären und nicht je im Zufammenhang der eigentlichen
Satzlehre. Der Verf. hätte dann vielleicht eine Reihe
von Erfcheinungen beachtet, die jetzt unerörtert bleiben.
Hätte er z. B. die Zahlwörter für fich allein ins Auge gefaßt
und nicht bloß ihre Verbindung mit dem Subftantiv,
fo hätte er vielleicht beachtet, daß der Chronift die
Form 15© nur dreimal (I i, 19, 11,22, II 5,10) unverändert
gelaffen, in der Regel aber in n^VÜ geändert hat, daß
er ftatt n©b© (außer vor n©3>) meift den St. eftr. rr©b©
gebraucht etc. Vielleicht hätte er auch eine Reihe von
Fällen erörtert, in denen der Chronift die Artikelfetzung
feiner Quellen ändert, vgl. z. B. II 6,26, 8,9, 9,7 mit
1. Reg. 8,35, 9,22, 10,8.

In der Auffaffung einer Konfiruktion kann man
natürlich oft verfchiedener Meinung fein. Im allgemeinen
dürfte das Urteil des Verf. wohl begründet fein.
Nur feiten kann ich ihm nicht zuftimmen.

So, wenn er I 22,5 n"OrV! als vorausgeftelltes Objekt zu dem
Infin. puab betrachtet und letzteren famt feiner Fortfetzung von PU^rx
abhängen läßt, wodurch die Konfiruktion für mein Gefühl etwas unnatürlich
wird. Bei auffallenden Konftruktionen, wie PX vor dem Subjekt
(deren Vorkommen ich prinzipiell nicht anzweifele), hätte m. E. doch
fchärfer geprüft werden müffen, ob hier nicht befondere Umftände mit-
fpielen. Z. B. I 2,9 dürfte nach Analogie der weiteren Teile des Stammbaumes
als urfprünglicher Text ...PX Tdslpl )1PXP1 anzunehmen, der
jetzige Text aber einem Abfchreiber zu verdanken fein, der der Analogie
der vorausgehenden Stammbäume folgend "pIXPl 1331 begann und nun
das libtrt wohl oder übel ändern mußte; I 16,39 f- fcheiDt mir ein
Nachtrag zu fein, der zu 3W,'l (v. 37) noch ein zweites Objekt angibt;
II 31,10 dürfte PPUPA unter dem Einfluß des vorhergehenden PPIPn
aus "iPiSl verfchrieben fein; II 31 ,17 ift fachlich fo unklar, daß der
Text kaum in Ordnung ift.

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