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Ausgabe:

1911 Nr. 4

Spalte:

116-117

Autor/Hrsg.:

Mergentheim, Leo

Titel/Untertitel:

Die Quinquennalfakultäten pro foro externo. Ihre Entstehung und Einführung in deutschen Bistümern. Zugleich ein Beitrag zur Technik der Gegenreformation und zur Vorgeschichte des Febronianismus. 2 Bde

Rezensent:

Hoffmann, H.

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 4. 116

Wertlegung auf Klarheit und Reinheit religiöfer Symbolik,
verluftig gegangen war und felbft zu einem guten Teil
in orientalifches Dämmerwefen zu verfinken begann. Hier
gewinnt, nebenbei bemerkt, dann der Kampf Auguftins
mit dem Manichäismus weltgefchichtliche Bedeutung.
Hier kämpfte die abendländifche Kultur den letzten ent-
fcheidenden Kampf gegen den Orient, und es hegte die
Vereinigung der relativ vom Mythus und Dualismus
freieren Religion des Chriftentums mit der griechifchen
Philofophie in ihrem Ausläufer, dem Neuplatonismus,
eine Vereinigung, die in Auguftin vorbildlich vollzogen ift.

Im zweiten Abfchnitt behandelt St. die Stellung des
Manichäismus zur Kirche und geht hier namentlich auf
die charakteriftifche Umwandlung des Manichäismus zu

dinäle 1735' follte die geheimen Fäden offen dargelegt
haben. Der Verfaffer zieht nun die maßgebenden Archivalien
des Vatikanifchen Archives zu Rate, um zu prüfen, ob
diefe Anfchauung berechtigt ift. Er kommt nach gewif-
fenhatter Verwertung derfelben zu dem Schluffe, daß he
fich mit dem tatfächlichen, aktenmäßigen Befunde nicht
vereinigen läßt. Weder der Gefchicklichkeit ihrer Diplomaten
, gefchweige denn einem großzügigen, einheitlichen
Vorgehen, fondern allein dem mehr oder minder
großen Entgegenkommen der katholifchen Fürften verdankt
die Kurie ihre damaligen, wenn auch nicht allzugroßen
Erfolge.

Ein abfchließendes Urteil kann hier noch nicht gegeben
werden. Denn der vorliegende Abfchnitt hehan-

Propagandazwecken ein. Er fchildert, wie der Manichäis- j delt zunächft nur den Kampf um die Wiedereinführung
mus fich allmählich dem Chriftentum adaptiert habe, wie j des Katholizismus in der Pfalz, die ja 1685 nach dem
er der Perfon Chrifti eine ftärkere Würdigung angedeihen I Ausfterben der älteren Kurlinie in die Hände der katho-

läßt, die Bedeutung Manis reduziert, ja die chriftliche
Trinitätslehre fich aneignet. Hier hätte noch ftärker hervorgehoben
werden können, wie eigentlich überhaupt die
ganze Chriftologie im Manichäismus, die Lehre von dem
Chriftus patibilis und von Jefus, dem Offenbarer in der
Urgefchichte der Menfchheit, fremdes Gewächs und erft
fpäter eingetragen ift. In einem dritten Abfchnitt geht der
Verfaffer auf die Stellung des römifchen Imperiums zu der
neuen Religion ein. Keine Religion hat der römifche
Staat, der heidnifche fowohl wie der chriftliche, fo grimmig
verfolgt wie den Manichäismus. Als Hauptgrund

lifchen Neuburger Herzöge gekommen war, bezw. um
die Aufrechterhaltung und Durchführung der Ryswiker
Klaufel, deren Abfchaffung lange Zeit das Ziel der Politik
der prot. Reichsfürften fein mußte. Hier zeigt es
fich allerdings, daß der Einfluß der Kurie ein relativ
geringfügiger war; die päpftlichen Gefandten hatten es
nicht verftanden, die Fäden in den Händen zu behalten;
auch fehlte es an einer gefchickten Leitung in Rom. Der
Kaifer wie der König von Frankreich folgten in der
Hauptfache politifchen Gefichtspunkten; das zeitweilige
Entgegenkommen des Kurfürften Joh. Wilhelm gegen

gilt dem Verfaffer der durch feine ftarre asketifche Hai- die Pläne der Kurie war bedingt von höchft egoiftifchen

tung hervorgerufene ftaatsfeindliche Charakter der neuen
Religion. Sollte hier nicht auch ein inftinktives Empfinden
der orientalifchen Barbarei, mit der der Manichäismus

weltlichen Motiven.- Doch dürfte der Einfluß der Kurie
meines Erachtens auch nicht unterfchätzt werden. Denn
wenn auch die Kurie mehr oder minder auf das Entge-

verbunden war, mitgewirkt haben? ! genkommen der katholifchen Mächte angewiefen war,

Im vierten und fünften Abfchnitt kommt der Verfaffer
zu feinem eigentlichen Thema und behandelt die
Ausbreitung des Manichäismus zunächft im Morgenland
und dann im Abendland. Was hier zu fagen war, hat
der Verfaffer im großen und ganzen wohl zufammen-
getragen; auf die neu entdeckten Fragmente von Turfan
und das eigentümliche Licht, das fie über die Ausbreitung
des Manichäismus weit nach Often geben, hat er fich
allerdings gar nicht eingelaffen. Im übrigen find ja bekanntlich
die Quellen für die Gefchichte des Manichäismus
fehr dürftig, und eine Gefchichte feiner Ausbreitung
läßt fich eigentlich nur auf die Daten feiner literarifchen
Bekämpfung Mützen. So erhalten wir hier zugleich einen
Überblick über die literarifchen Gegner des Manichäismus
. Unter dem Titel: Der Manichäismus in Spanien,
bringt St. eine DarMellung des Priscillianismus; in dem
Abfchnitt: Der Manichäismus in Afrika, fchildert er vor
allem den Kampf zwifchen dem Manichäer FauMus und
AuguMin, und gibt einen Einblick in den intereffanten
Entwicklungsgang AuguMins. Das Thema Auguftin in
feinem Verhältnis zum Manichäismus iM eigentlich fo
wichtig und intereffant (vergl. auch das oben Gefagte),
daß hier eine eingehendere Monographie erwünfcht wäre.

Göttingen. Bouffet.

Hiltebrandt, Philipp: Die römirche Kurie und die Proteltanten
in der Pfalz, in Schießen, Polen und Salzburg.
(Aus: Quellen und Forfchungen aus italienifchen
Archiven und Bibliotheken, herausgegeben vom Kgl.
Preuß. HiMorifchen InMitut in Rom. Band XIII, Heft 1,
S. 135—216.) Rom, Loefcher & Co. 1910. Lex 8° M. 2.40

In Droyfens Gefchichte der pr. Politik, IV, 2 S. 361
iM dem Gedanken Ausdruck gegeben, daß alle Verfolgungen
der ProteManten feit der Aufhebung des Ediktes
von Nantes bis weit herein in das Aufklärungszeitalter
in einem inneren Zufammenhange Mänden und nach
einem einheitlichen Plan der Kurie erfolgt feien. Eine
angebliche ,Denkfchrift der heiligen Kongregation der Kar-

fie zeigte auch in diefer Periode eine ihrer alten Eigen-
fchaften, die nicht zum mindeMen fchon früher ihre Erfolge
bedingt hatten: man ließ das einmal geMeckte Ziel
nicht aus dem Auge, zähe kam man immer wieder auf
dasfelbe zurück. Und diefe Beharrlichkeit hat auch hier
ihre Früchte gezeitigt.

Alfeld bei Hersbruck. Schornbaum.

Mergentheim, Dr. jur. Leo: Die Quinquennalfakultäten pro
foro externo. Ihre EntMehung und Einführung in deut-
fchen Bistümern. Zugleich ein Beitrag zur Technik
der Gegenreformation und zur Vorgefchichte des
Febronianismus. 2 Bände. (Kirchenrechtliche Abhandlungen
. Herausgegeben von U. Stutz. 52 — 55.
Heft.) Stuttgart, F. Enke 1908. (XX, 306 u. VIII,
336 S.)gr. 8» M. 23-

Unter Fakultät verMeht das Kirchenrecht Vollmachten
, die ein höherer kirchlicher Oberer aus feiner ihm
ordentlicherweife zuMehenden Amtsgewalt an Untergebene
zur Ausübung einzelner Befugniffe überträgt. Verfaffer
unterfucht in feinem gründlichen und umfichtigen vorliegenden
Werke die Gefchichte derjenigen Fakultäten,
welche den Bifchöfen vom PapMe verliehen werden. Er
erblickt feine Aufgabe darin, Otto Mejers Anfchauung,
welche dahin ging, daß die fog. Quinquennalfakultäten
der Bifchöfe ebenfo wie die der Nuntien Miffionsfakul-
täten gegenüber den ProteManten feien, nachzuprüfen.
Auf Grund eines, in einem Anhange veröffentlichten
Quellenmaterials, welches bedeutend reichlicher als dasjenige
Mejers iM, Mellt M. feine Unterfuchung an. Es
wird zunächM die Entwicklung der Bifchofsfakultäten bis
1634 in Mittel-, Süd- und Weltdeutfchland in der Refor-
mations- und Gegenreformationsperiode dargeMellt, die
dem Abwehr- und dem Angriffsftreben der katholifchen
Kirche gegenüber dem ProteMantismus im wefentlichen
ihr EntMehen verdanken und die Tendenz verfolgen, die
Bifchöfe in die Lage zu verletzen, fchnell und wirkfam