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Ausgabe: | 1911 Nr. 4 |
Spalte: | 106-109 |
Autor/Hrsg.: | Schnitzer, Joseph |
Titel/Untertitel: | Hat Jesus des Papsttum gestiftet? Eine dogmengeschichtliche Untersuchung. 2., verb. Aufl 1911 |
Rezensent: | Baldensperger, Wilhelm |
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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 4.
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der Einleitung behandelt er folgende Themen: the hfe
and times of Jer., the teaching of Jer., the book of Jer.
as literature, the origin and growth of the book of Jer.,
the text und die fchon erwähnte selected literature. Den
zweiten Hauptteil bildet die revised Version mit zahlreichen
fachlichen Erklärungen. Überall merkt man die
religiöfe Wärme und das auf genauem Studium ruhende
Urteil, fo daß das Ganze mit gutem Recht als eine vorzügliche
Quelle der Belehrung für bibelintereffierte Laien
bezeichnet werden darf. In diefem Charakter des Buches
und wohl noch mehr im Wefen feines Verf.'s liegt es,
wenn feine Ausführungen befonders über die .Lehre' des
Jeremias eine konlervative Richtung zeigen; man braucht
nicht radikal zu fein, um über die Stellung des Propheten
zur jofianifchen Reform bzw. zum Deuteronomium, ferner
zum ,Bund' und zu andern Fragen eine abweichende
Meinung zu vertreten. Doch können folche Differenzen
in Schulfragen den Gefamtwert der Arbeit nicht vermindern
, und wir wünfchen, daß der Verf. an ihrer Vollendung
nicht, wie bei dem vorliegenden erften Bande,
durch Überladung mit Berufsgefchäften und durch Krankheit
gehindert werden möge.
Königsberg i. Pr. Max Lohr.
Schlatter, Prof. D. A.: Wie fprach Jofephus von Gott?
(Beiträge zur Förderung chriftlicher Theologie. 14. Jahrgang
1910. I.Heft.) Gütersloh, C.Bertelsmann. (82S.)
gr. 8° M. 1.80
Während über Jofephus als Hiftoriker und Schrift-
fteller eine ganze Literatur vorhanden ift — Schürer
konnte mit darauf bezüglichen Angaben mehr als vier
enggedruckte Seiten der letzten Auflage feiner Gefchichte
füllen! —, mangelt es auffallend an Unterfuchungen über
feine Theologie und über ihn als religiöfe Perfönlichkeit.
Soweit ich fehe. ift zu den wenigen Arbeiten, die Schürer I
3I, S. 103 notiert hat, in letzter Zeit nichts nennenswertes I
hinzugekommen. Außer einer Lemberger Differtation
von Balaban über Fl.Jof., feine Charakteriftik als Menfch
und Hiftoriker auf Grund der Zeitereigniffe (1904), die
mir nicht zugänglich geworden ift, wäre nur die trotz
mancher übertriebenen Behauptung wertvolle Arbeit von
Krüger, Philo und Jofephus als Apologeten des Judentums j
(Leipzig igoö, vgl. ThLZ 1907, Sp. 108 f.) zu nennen.
Offenbar ftehen alfo z. Zt. bei Jofephus die theologifchen
und religiöfen Probleme weit hinter den gefchichtlichen ]
und hterarifchen zurück. Darüber kann man fich freilich 1
nicht wundern, wenn felbft ein fo gründlicher und fcharf- j
linniger Forfcher wie Bouffet den Theologen Jofephus
mit einer Handbewegung bei Seite fchiebt, vgl Rel. d.
J.2 S. 45: ,Für feine Perfon kommt J. als halber Renegat
and als kluges Weltkind, für das die Religion nicht viel
bedeutet, bei unfrer Darfteilung kaum in Betracht'. Ich |
kann diefes Urteil nicht für richtig halten. Das moderne
Gewand, das J. — zum Teil aus fehr praktifchen Gründen
— feinem Judentum gibt, kann feine wahre religiöfe
Stellung nicht verdecken. Er ift in feiner Art ein
frommer Jude gewefen und geblieben. Man muß |
ihn nur nicht mit den Maßftäben' des Pharifäers aus dem
Evangelium meffen, fondern ihn mit anderen Repräfen-
tanten des kosmopolitifch freieren Judentums vergleichen.
Er gehört m. E. neben Philo als Zeuge für die religiöfe
Oberfchicht im Judentum, die aus feiner Berührung mit
der helleniftifchen Geifteskultur hervorgegangen ift. Jeder
von beiden ftellt eine eigenartige Erfcheinung innerhalb
diefes Synkretismus dar. Mag uns alfo auch Jofephus
als Menlch und Literat reichlich unfympathifch fein, fo
geht es doch nicht an, feine Schriften bloß nach der
kultur- und religionsgefchichtlichen Seite hin auszubeuten,
ihn felbft aber als Perfönlichkeit, die wir in diefen greifbar
deutlich haben, zu ignorieren.
Ich begrüße darum obige Skizze Schlatters als eine
wertvolle Bereicherung der verhältnismäßig dürftigen Literatur
über die religiöfen Anfchauungen des Jofephus.
Schi, geht darin in den Bahnen der Arbeiten von Paret
(Über den Pharifäismus des Jofephus. ThStuKr 1856,
809ff.), Langen (Der Theologifche Standpunkt des Fl.
Jof. ThStuKr 1865, iff.), Poznanski (Über die religions-
philofophifchen Anfchauungen des Fl. J., Halle 1887 —
nicht Breslau, wie Schürer a. a. O. und danach in RE3,
IX, S. 378 zitiert) und Lewinsky (Beiträge zur Kenntnis
der religionsphilofophifchen Anfchauungen des Fl. J.,
Breslau 1887), aber er befchränkt fich nicht wie diefe auf
die Befprechung einiger weniger einfehlägiger Stellen,
fondern führt das Material in breiter Fülle vor. Dabei
hat er die Monotonie der Statiftik recht glücklich in
feiner Darfteilung zu vermeiden gewußt.
Der aus den Werken des J. forgfältig zufammen-
getragene Stoff ift auf elf Abfchnitte verteilt: Der Herr,
Der Vater, Die Einzigkeit Gottes, Das Wefen Gottes,
Gottes Geilt und die Geifter, Der Schöpfer, Gottes Regierung
, Der Richter, Der zürnende Gott, Der gnädige
Gott, Der Gott Israels. Statt diefes etwas lofen Schemas
hätte fich vielleicht eine ftraffere Dispofition mit Haupt-
und Unterteilen finden laffen; das wäre m. E. der An-
fchaulichkeit der Darftellung fehr zuftatten gekommen.
Indeffen ergänzt das Regifter der behandelten Termini
(S. 80—82) diefen Mangel in etwas. Auch vermißt man
am Schluffe ungern eine kurze Zufammenfaffung der Re-
fultate diefer eindringenden Unterfuchung in Form einer
fcharf umriffenen Skizze der theologifchen Eigenart des
Jofephus und feiner Stellung innerhalb des zeitgenöffifchen
Judentums. Der Wert von Sehls Arbeit liegt jetzt in
erfter Linie in den darin verarbeiteten Materialien zur
religiöfen Sprach- und Begriffsgefchichte und in den feinen
Verbindungslinien, die Schi, an geeigneter Stelle zum
rabbinifchen Judentum und zum Neuen Teftament zu
ziehen weiß. Schi, bringt hier manche bisher nicht bekannte
oder nicht beachtete Beziehung, überrafchende
Parallelen und Differenzen bei, was übrigens durch ein
Verzeichnis wenigftens der angezogenen neut. Stellen
hätte unterftützt werden follen.
Über Einzelheiten in der Auffaffung läßt fich Breiten.
So ift es doch wohl zuviel gefagt, wenn Schi. S. 31 behauptet
, bei J. feien nirgends Einwirkungen Philos fichtbar
. Aber alles in allem: eine höchft willkommene Studie
zur Geiftesgefchichte des Judentums in neuteftament-
licher Zeit und damit eine dankenswerte Vorarbeit für
die neuteftamentliche Exegefe und Theologie. Sie wird
ficher dazu beitragen, daß die mancherlei falchen Anflehten
über des J. theologifche Stellung und das eingewurzelte
Vorurteil gegen ihn als religiöfe Perfönlichkeit
und gegen feine Bedeutungfürdie Darftellung des Judentums
an der Wende der Zeiten zerftreut werden.
S. 17 1. avrdQxrjg und d(ioiß?jg. Die Art, wie Schi, die
zum Vergleich herangezogene talmudifche Literatur zitiert
, ift nicht klar genug, z. B. wird mancher, der mit
ihr nicht ganz vertraut ift, Abkürzungen wie B. R. Gen.
1,5 (S. 18) oder R. Gen. 26,8 (S. 33) = Midras Beresith
rabba kaum verliehen.
Jena. W. Staerk.
Schnitzer, Prof. Dr. Jofeph: Hat Jefus das Papsttum gelüftet
? EinedogmengefchichtlicheUnterfuchung. 2.verb.
Auflage (3. u. 4. Tauf.) Augsburg, Lampart & Co. 1910.
(X, 85 S.) 8» M. 1 -
— Das Paplttum eine Stiftung Jefu? Eine erneute dogmen-
gefchichtliche Unterfuchung, Fritz Tillmann gewidmet.
Augsburg, Lampart & Co. 1910. (IV, 74 S.) 8° M. 1 —
Während die proteftantifchen Theologen fich längft
darin einig waren, daß von einer Stiftung des Papsttums
durch Jefus oder von einer Einfetzung des Petrus in ein
höchftes kirchliches Amt nicht die Rede fein kann, find
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