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Ausgabe:

1911 Nr. 26

Spalte:

806-809

Autor/Hrsg.:

Otto, Walter

Titel/Untertitel:

Priester und Tempel im hellenistischen Ägypten. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Hellenismus. 2. (Schluß-) Bd 1911

Rezensent:

Bousset, Wilhelm

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 26.

806

ftanden habe, geht aus dem Prolog, der vom Buche nicht
getrennt werden darf, und dem Urteilsfpruche Gottes hervor
. Dagegen erhebt fich die Schwierigkeit, daß nach
den Worten Hiobs felbft diefer anfcheinend wiederholt
als Gottesläfterer dafteht. Daß dies aber nur fcheinbar
fei, fucht P. durch eine Reihe von Sätzen darzutun, die
er salva reverentia SS. patribus et exegetis catholicis
debita aufftellt. Zwar fchreitet die Bewährung Hiobs nicht
ftetig vorwärts, aber ein anderer Fortfehritt läßt fich bemerken
: im Verlaufe des Redeftreites erfcheint Hiob als
Sieger. Aber die Streitfrage wird im Redeftreit nicht
gelöft, und nun ift ihre Löfung noch dringender als zuvor
. Die Theophanie löft das Problem nicht; fie würde
einen höchft gewaltfamen Abfchluß des Gedichtes bilden,
wenn die Elihureden fehlten. Läßt nun der Verfaffer den
Elihu die richtige Löfung des Problems vortragen? Elihu
erklärt den Hiob weder direkt noch indirekt für gerecht
vor feinem Leiden und befchuldigt ihn fchwerer beim
Redeftreit felbft begangener Sünden. Als den Zweck
des Leidens Hiobs lehrt er die Läuterung. Diefe Löfung
haben die Freunde tatfächlich nicht gefunden, da nach
ihnen der Zweck die Sündenftrafe bleibt, trotz des An-
fatzes zur befferen Erkenntnis bei Elifaz cap. 4—7. Demnach
hält es P. ,keineswegs für unmöglich', daß der
Dichter den Elihu einführt um ihn den Läuterungszweck
der Leiden, welchen Elifaz wegen der fchlechten Funda-
mentierung nicht zu halten vermochte, richtiger vortragen
zu laffen. Die Gründe dafür, daß die Elihureden mit dem
Buch in keinem Zufammenhang ftünden, hält P. nicht für
ftichhaltig. Gegenüber der Behauptung, das Elihus Ausführungen
aus lauter Rede- und Gedankenfetzen beftün-
den, legt er einen beftimmten Gedankengang dar. Was
über Entlehnungen des Elihuabfchnittes aus dem Buche
Hiob zu gunften der Unechtheit gefagt worden ift, weift
er zurück.

Im zweiten Teil des Buches werden die fprachlichen
Beweife erörtert. Hier verwertet der Verf. die Unter-
fuchungen Budde's, bringt aber auch fonft Material bei;
auf Dillmanns Kommentar nimmt er mannigfachen Bezug
und Kautzfch's Schrift über die Aramaismen zieht er
heran. P. behandelt zunächft den Sprachgebrauch im
einzelnen, ift fich aber wohl bewußt, daß das Problem
der Echtheit damit nach der fprachlichen Seite hin noch
nicht erledigt wird; deshalb fpricht er fich auch über die
Sprache der Elihureden im allgemeinen aus. Die gerügte
Weitschweifigkeit erklärt er fich pfychologifch. Von einer
größeren Dunkelheit der Sprache könne man nicht reden,
auch der Vorwurf der Manieriertheit fei unberechtigt. Das
die Reden weniger kunftvoll find, könne beabfichtigt
fein; es follte dem dann erfcheinenden Jahwe die erfte
Stelle gewahrt werden.

Poffelt hat im fprachlichen Teil feiner Unterfuchung
mit großem Fleiße Material zufammengetragen und im
fachlichen Teile vielfach gefchickt die Echtheit des Elihuabfchnittes
verteidigt und in der Polemik manches Beachtliche
beigebracht. Das Gute und Richtige, was er
zu fagen weiß, würde freilich gewiß eindrucksvoller zur
Geltung kommen, wenn er nicht fo viel die Meinungen
anderer anführte. Sie wirkt die Darfteilung nun vielfach
unfertig; auch methodifch ift fie öfter nicht zureichend.
Wenn er fich nicht feiten etwas zu leicht über die
Schwierigkeiten hinwegfindet, fo hat er fie doch meift empfunden
, und fein Buch ift jedenfalls wohl geeignet, gerade
die Vielfeitigkeit des Problems fühlbar zu machen. Wenn
P. den Lefer fchließlich doch nicht ganz überzeugt, fo
dürfte das letzlichdaran liegen,daßdieLöfung desProblems,
der er beitritt, in diefer Geftalt überhaupt nicht zu befriedigen
vermag. Wenn m. E. die fprachliche Unterfuchung
die Abfaffung der Elihu-Reden durch den Verfaffer des
übrigen Buches wahrscheinlich macht und auch mancherlei
fachliche Gründe im einzelnen dafür fprechen, fo bleiben
doch die fachlichen Bedenken gegen die urfprüngliche Zugehörigkeit
des Abfchnittes zu Hi 1 —31,38ff unüberwindlich
. Einen Ausweg bietet die kürzlich von Sellin (in
deffen ,Einleitung in das A. T.') geäußerte Anschauung,
daß Hi 32—37 nebft anderen Stücken vom Dichter felbft
aus beftimmten religiöfen Gründen feinem urfprünglichen
j Werk fpäter angefügt worden fei. Prinzipiell wird diefe
Löfung, die Sellin feinfinnig begründet, jedem annehmbar
erscheinen mühen, der im A. T. lebendige Schriftfteller-
perfönlichkeiten reden hört.

Breslau. J. Herrmann.

Humbert, Paul: Le Messie dans le Targum des Prophetes.

Extrait de la Revue de theologie et de philosophie.
(71 S.) 8°. Lausanne, Imprimeries reunies (S.A.) 1911.

Die Unterfuchung Humberts über den Meffias im
Prophetentargum (d. i. in dem fogenannten Targum Jonathan
) bafiert auf der Ausgabe diefes Targum durch La-
garde, Prophetae Chaldaice 1872.

Nach einleitenden Bemerkungen über Sprache und
Alter des Targum wird dann 1) das exegetische; 2) das
religionsgefchichtliche Problem erörtert. Sub 1 werden
die wirklich meffianifchen Stellen befprochen. Hier erfcheint
z. B. auch Jef. 52, 13 — 53, I2- Freilich einen leidenden
Meffias kennt der Targumift nicht. Die Leiden
werden auf Ifrael oder die Heiden gedeutet. i/XTCBÜ "lOtt
"IttJBD befage nur: er riskiert felbft fein Leben, wenn es
gilt, den Gehorfam gegen das Gefetz herbeizuführen (S.30).
Es folgen die wahrscheinlich meffianifch zu faffenden Stellen,
z. B. Sach. 9,9 und endlich folche wichtige Stellen, die
im Targum nicht meffianifch erklärt find, z. B. Jef. 7, 14.
In dem religionsgefchichtlichen Abfchnitt wird Zeit, Perfon
und Werk des Meffias behandelt. Die jüdischen Theologen
im Zeitalter lefu reden bekanntlich von einem doppelten
Aon: der jetzigen und der künftigen Welt. Die
meffianifche Zeit ift nach unferem Targum nur die Brücke
von diefer zu jener Welt (S. 57). Der Meffias ift ein
gefetzestreuer Davidide (S. 62). Er interzediert für Ifrael;
er vernichtet den Antichrift, vertreibt die Heiden aus
Paläftina, errichtet ein Weltreich und baut den Tempel
(S. 66). Über das Endfchickfal des Meffias reflektiert
der Targumift nicht. Summa: das meffianifche Ideal des
Targumiften ift irdisch und jüdisch (S. 68). Der Meffias
bleibt Jude; feine vornehmfte Aufgabe ift das Wohl Ifraels.

Die Arbeit ift verdienftlich, die Beschränkung des
Stoffes nur zu loben. Aus derartigen Einzelunterfuchungen
ift ein richtigeres und volleres Bild zu erhoffen, als das,
was wir bis jetzt von der jüdischen Theologie zur Zeit
der großen Religionswende befitzen.

Heidelberg. Georg Beer.

Otto, Walt: Priefter u. Tempel im helleniltifchen Ägypten.

Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Hellenismus.
2. (Schluß-)Bd. (VI,4i7S.)gr.8o. Leipzig, B.G.Teubner
1908. M. 14 — ; geb. M. 17 —

Den erften Band diefes Werkes hat noch Schürer
felbft in diefer Zeitschrift (1906, Sp. 200) angezeigt. Wenn
ich die Fortfetzung der Anzeige übernommen habe, fo
tue ich das in dem lebhaften Bewußtfein, nicht foaufdiefem
Gebiet zu Haufe zu fein, wie es ein Referent eigentlich
fein müßte. Aber einer eingehenden Empfehlung bedarf
ein fo vortreffliches Buch nicht mehr, deffen Verf. es ver-
ftanden hat, ein ungeheuer weitfehichtiges und entlegenes
Material zu fammein, kritisch zu flehten und in trefflicher
Weife zu ordnen. Ich kann mich darauf befchränken, diejenigen
Partien hervorzuheben die für Re igionsgefchicht-
ler und Theologen befonders intereffant und ergiebig find.

Ich übergehe daher das 5. Kap. (die Ausgaben der
Tempel) wie das 6. (Kultus-Verwaltung) und wende mich
nur dem 7. und 8. zu. In dem erfteren (die foziale Stellung
der Priefter) mache ich auf I. B. ,Der Erwerb aus
nichtpriefterlicher Berufstätigkeit aufmerkfam'. Das Re-
fultat einer ausführlichen Unterfuchung lautet: ,Außer in