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Ausgabe:

1911 Nr. 26

Spalte:

804-806

Autor/Hrsg.:

Posselt, Wenzel

Titel/Untertitel:

Der Verfasser der Eliu-Reden 1911

Rezensent:

Herrmannn, Johannes

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 26.

804

apologetifche, aber anziehende und lehrreiche Schilderung
burmanifchen Buddhatumes, wie es in dortigen gehobeneren
Laienkreifen gepflegt wird, und eine wohl fehr idealiflerte
Schilderung des Mönchtumes und der Methoden mönchi-
fcher Kontemplation, die nach feiner Schilderung am
Irawaddi noch gepflegt werden. Befonders intereffant find
die Ausführungen über die Methoden der Selbftbefinnung
über den Anfang des eigenen Lebens rückwärts in die
früheren Leben hinein. Auch Stimmung und Gemütshaltung
des Buddhatumes kommen gut und verftändlich
zur Geltung.

Aus dem weltumfpannenden englifchen Kultur- und
Sprachgebiete ift fchon feit langem geradezu ein Typus
des kulturgefchichtlichen Romans hervorgegangen, der das
Geiftesleben der verfchiedenen ,natives' zum Gegenftande
nimmt und es oft mit Tiefe und Feinheit vor Augen ftellt.
Für Indien ftand hier früher J. A. Steel im Vordergrunde
(On the face of the waters, the hosts of the Lord), ift
aber neuerlich entfchieden überholt von Kiplings Kim.

Das Buch follte der Theologe lefen. Die religiöfe,
kulturelle, foziale Mifch- und Wunderwelt Nord-Indiens
ift fo erftaunlich fcharffichtig, fo packend lebendig und
in Stimmung und Farbe fo echt gefchildert, daß das
Buch gradezu Anfchauungsunterricht erteilt: die großartig
gezeichnete Figur des tibetifchen Lamas in der Mitte, und
Heidentum und Sikhs, afghanifche Moslem und erdgeborenes
Heidentum mit Dämonenfurcht und Zaubermanipulation
ringsum.

Hall Caine's Buch führt nach Ägypten und in die
Welt des Islam. Der ,weiße Prophet' und die mahdiftifche
Bewegung, die er in Alexandrien, Karthum und Kairo
hervorruft, ift deutlich als Parallele gezeichnet zu der
galiläifch-meffianifchen der chriftlichen Urgemeinde, und
Weltreich Rom und Weltreich Albion find in eine interef-
fante Beziehung zueinandergebracht. Dabei ergeben fleh
dann zwar grobe Einfeitigkeiten und eine höchft unzulängliche
Schätzung des Urchriftentums. Aber für das
geiftliche Klima der Welt des Islam und feiner inneren
Regungen, für Religion als Maffenbewegung, für Legende,
Motive und Art der Legendenbildung, für Pfychologie des
Prophetentums und Rückwirkung von Gefühl und Glaube
der religiös erregten Schar auf den Führer felber, für Entfliehen
der religiöfen Gemeinde und des Kultus und der
Verehrung des Führers innerhalb ihrer ift das Buch lehrreich
, fo fehr es auch im Einzelnen zur Kritik herausfordert.

Sven Hedin's liebenswürdige belehrende und unterhaltende
Bücher hätten wohl auch in andrer Hinficht in
diefer Zeitfchrift Anfpruch auf Beachtung: in ethifcher und
pädagogifcher nämlich als gefunde Volks- und Jugendlektüre
. Religionsgefchichtlich enthalten fie manchen fehr
wertvollen Stoff. Den Islam, wie er fleh in Mittelaflen
dem kirgififchen Schamanentume, Geifter- und Naturdienfte
übergelagert hat, alten Berg- und Ortskultus, wiederkehrend
in islamifcher Heiligengrabverehrung, Dämonenbannen
und Zauberwefen, fehr urfprüngliche Formen von Berg-
und Wüftenmythen, die Charaktereigenart öftlich-islami-
fchen Wefens bringt gelegentlich ,Durch Abens Wüllen'
vor Augen, ,1m Herzen von Afien' bringt die Wanderung
im tibetifchen Gebiete, Bilder aus Leben und Geiftesart
der Lama und ihres Volkes, den Kampf um das heilige
Lhafa, Wallfahrten und Klöfter und Tempelbauten, Phy-
fiognomien und Typen von Mönchen und Laien, eine
Schilderung des großen Klofters Kumbum (über das wir
von einem anderen Reifenden, Filchner, eine fo ausgezeichnete
Schilderung haben), die Entdeckung der alt-buddhi-
ftifchen Stadt unter dem Sande der Wüfte und fpäter
Bilder aus dem Leben der chinifchen Mohammedaner
und ihres Gegenfatzes zum übrigen Chinertum. ,Zu Land
nach Indien' gibt — allerdings nicht fehr ausgiebig —
Skizzen aus dem fchiitifchen Islam Perfiens. Sehr bemerkenswert
find hier die ausgezeichneten Photographien
aus der Huffei'n-Paffion und den Pafflonsfpielen und -Riten,
von der Halle und der Bühne der Pafflonsfeftfpiele und

ihrem ganzen Verlaufe. Am reichften an religionsgefchicht-
lichen Stoffe ift ,Transhimalaja'. Die reichen, mit ganz
hervorragenden Photographien gezierten Schilderungen
des Klofterlebens beim Großlama von Taffilumyo, mit
Mönchsleben, Liturgien, Ordinationen, Feftfeiern, geift-
lichem und weltlichem Regiment, Studien und Disputationen,
Asketentum, eingemauerten Mönchen, alles das aus eigenfter
und lebendiger Anfchauung: das ift im höchften Grade
wertvoll.

Göttingen. R. Otto.

Minocchi, Salvatore: Mose e i libri Mosaici. (Biblioteca
di varia coltura. Nr. 1). (XVI, 79 S.) 8°. Modena,
A. F. Formiggini 1911.

Wenn als erfte Nummer einer Biblioteca di varia
coltura eine Darlegung der Pentateuchfrage und des Mofe-
problems erfcheint, fo darf das wohl als Anzeichen dafür
begrüßt werden, daß in dem modernen Italien ein
verbreiteteres Intereffe für Fragen, wie die genannten, da
ift. Das Büchlein führt mit voller Beherrfchung des Stoffs
in überlegter und gefchickter Weife in den Gegenftand
ein. Der Verfaffer hat in fchwerer Auseinanderfetzung
zwifchen kirchlichem Gefühl und wiffenfehaftlichem Ge-
wiffen den Standpunkt der modernen Kritik gewonnen,
im Unterfchied von dem deutfehen Moderniften TL Engert
(das A. T. im Licht moderniftifch-katholifcher Wiffen-
fchaft 1910) ohne Hinneigung zu religionsgefchichtlichem
Radikalismus (vgl. z. B. S. 69, Anm. 1).

Der Druck ift, namentlich in den Namen nicht ganz
fehlerlos (z. B. gleich auf den erften Blättern S. X, L. 17
v. o. Watke und Georg, S. 1, L. 2 v. u., Israele ft. Ismäele).

Stuttgart. H. Holzinger.

PofTelt, Dr. Wenzel: Der Verfaffer der Eliu-Reden (Job Kap.
32—37). Eine krit. Unterfuchg. (Bibl. Studien, hrsg. v.
O. Bardenhewer. 14. Band, 3. Heft.) (XI, 111 S.)
gr. 8°. Freiburg i. B., Herder 1909. M. 3 —

Die vorliegende Unterfuchung ift eine umgearbeitete
katholifche Doktordiffertation. Sie erwägt vor allem das
Für und Wider, trägt aber in den Hauptpunkten be-
ftimmte Refultate vor. Der Verfaffer konnte fleh nämlich,
wie er im Vorwort fagt, von der durch die katholifchen
Gelehrten gebotenen Beweisführung für die Echtheit nicht
durchgehends überzeugen. Anderfeits aber fleht er der
Annahme der Unechtheit fern, die, wie er meint, prote-
ftantifcherfeits trotz des entfehiedenen Eintretens Buddes
für die Echtheit als ausgemacht gilt. Das letztere ift
nun freilich nicht richtig, und P. hätte gut getan, wenn
er wenigftens die weiteft verbreitete proteftantifche Einleitung
ins A. T. nachgefehen hätte; er hätte dann gefunden
, daß Cornill und Wildeboer die Echtheit annehmen
und befonders der erftere fie aufs wärmfte verteidigt.

In einem Einleitungsabfchnitte kommt der Verf. im
erften Abfatz zu dem Ergebnis, daß das Buch Hiob
wahrfcheinlich längere Zeit nach der Zerftörung des
Reiches Ifrael, aber vor Jeremias, am wahrfcheinlichften
bald nach Beginn des babylonifchen Exils anzufetzen fei;
die Begründung ift allerdings nicht zureichend. Ein
zweiter Abfatz ift überfchrieben ,Stand der Frage über
die Urfprünglichkeit der Elihureden'; es werden aber nur
einige Bemerkungen gegeben.

Die Abhandlung felbft befteht aus zwei Teilen. Im
erften werden die fachlichen Beweife erörtert. Erftens
wird einiges über die fchriftftellerifchen Befonderheiten
der Elihureden gefagt, zweitens über die Spuren fpäterer
Abfaffung, drittens über das Verhältnis zur äußeren Anlage
des Buches. Viertens handelt P. über das Verhältnis
zum Gedankengange des Buches. Hier wird zunächft
das Problem des Leidens eines Gerechten als Gegenftand
des Buches hingeftellt. Weiterhin wird die Frage der
Bewährung Hiobs erörtert. Daß Hiob feine Prüfung be-