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Ausgabe: | 1911 Nr. 25 |
Spalte: | 786 |
Autor/Hrsg.: | Kalkoff, Paul |
Titel/Untertitel: | Die Romzugverhandlungen auf dem Wormser Reichstage 1521 1911 |
Rezensent: | Holtzmann, Robert |
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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 25.
786
tigfte Quelle bildet eine Formelfammlung, die zuerft von
Dümmler in ihrem eigentlichen Werte erkannt und mit
dem etwas unglücklichen Namen ,Formulae Salomonis'
begabt worden ift. In ihr ift eine Sammlung von Briefen
erhalten, die ein St. Galler Mönch an zwei ihm befreundete
ehemalige Schüler, junge Kleriker vornehmer Abkunft
gerichtet hat. In den beiden Klerikern hat bereits
Dümmler den jungen Salomo und feinen etwas älteren
Bruder Waldo erkannt; den Mönch identifiziert Zeller
im folgenden Kapitel (S. 17 ff.) mit keinem anderen als
Notker. Neben diefer Quelle erften Ranges treten Ekkehards
150 Jahre fpäter verfaßte .Casus Sancti Galli', die
früher für die einzige Quelle der Gefchichte Salomos
galten, gebührendermaßen in die zweite Linie. Doch geht
Zeller nicht ganz fo weit wie Meyer von Knonau, der
von den beiden mündlichen Traditionen, die fich in Ekkehards
Werke niedergefchlagen haben — die eine malt
den Abt-Bifchof mit einem ftrahlenden Nimbus, die zweite
ift dem Neide und der Feindfchaft der Mönche gegen
den ihnen aufgezwungenen Abt entfproffen —, die für
Salomo unvorteilhaftere für ,die wohl mehrfach gefchicht-
lich wahrere' hält, fondern betrachtet beide Traditionen
als gleichwertig. Drittens benutzt er eine von W. Martens
im Stiftsarchiv von St. Gallen entdeckte, ungedruckte
Konftanzer Bistumschronik, die zwar von Ekkehard abhängig
ift, aber an manchen Stellen eine Geftalt des Ekkehard
-Textes zu benutzen fcheint, die älter ift als der uns
erhaltene. Aus einer intereffanten Variante weiß Zeller
S. 23 für feinen Nachweis, daß Notker der Verfaffer der
.Formulae Salomonis' fei, gefchickt Kapital zu fchlagen.
'_ Ebenfo zeugen die folgenden Abfchnitte, die die Darfteilung
der Gefchichte Salomos enthalten, von Gefchick.
Nur könnte der Verfaffer in der Aufftellung von Vermutungen
über die Motive der handelnden Perfonen wohl
ohne Schaden noch etwas zurückhaltender werden. Man
muß fich einmal klar machen, wie wenig wir die Motive
der Menfchen unferer eigenen Umgebung wirklich immer
mit Sicherheit erkennen; was will man da im Ernfte über
die Motive von Menfchen des 9. und 10. Jhs. auf Grund
fo dürftiger Quellenausfagen ausmachen! Je ferner eine
Zeit uns liegt, defto undurchdringlicher ift für den Hifto-
riker ihr Seelenleben. Je mehr wir uns da in Vermutungen
ergehen — und mögen fie fo plaufibel fein, wie die Zellers
in der Tat zumeift find —, defto näher rücken wir dem
hiftorifchen Roman.
Ein paar Beifpiele: S. 38 (unten) weiß Z. genau (.gewiß'), aus
welchen Motiven Notker in feinen Briefen .nur nüchterne, wiffcnfchaft-
liche Stoffe in trockenem Stil behandelt' hat; — S. 43 folgt eine ganze
Reihe von Vermutungen rein fubjektiver Art; — S. 52 hatte .offenbar'
bei Abt Bernhard von St. Gallen die Dankbarkeit gegen Karl III. die
politifchen Erwägungen erflickt; — S. 79 wird das Ausfeheiden Salomos
aus der Kanzlei Karls III. aus beftimmten politifchen Erwägungen erklärt
, — ufw. Ich betone, daß diefe Vermutungen alle eine gewiffe
Wahrfcheinlichkeit für fich haben, ja daß recht anfprechende darunter
find (S. 66, 94), und überfehe durchaus nicht, daß der Verf. auch kri-
tifche Selbflbefcheidung zu üben weiß (z. B. S. 70, Anm. 4), halte aber
bei derartigen Unterfuchungen ftrenge Befchränkung auf das wirklich objektiv
Feflftehende für das Erftrebenswertere.
Von Einzelheiten notiere ich als beachtenswert: S. 81 die Bemerkung
gegen die von Meyer von Knonau geäußerte Anficht, in dem
Kampf Erchangers gegen Salomo habe fich der deutfehe Volkswille gegen
kirchliche Machtanfprüche erhoben; ■— S. 97 die Bemerkungen über die
Synode von Hohenaltheim. — Zu beanttanden ifl u. a. S. 32, Z. 5—8,
wo Z. (latt mit dem Unterfchiede zwifchen den .vornehmen Kirchen-
fürften' und der ,übrigen Geiftlichkeit' wohl beifer mit dem zwifchen |
Weltklerus und Mönch tum operieren dürfte; — S. 34, Z. 3 ff. verlangt
der Verf. von einem mittelalterlichen Mönch zu viel, nämlich lriftorifch-
kritifche Lektüre der alten Kirchenhiftoriker; — S. 10 vermißt man eine
Angabe Uber das Alter der von W. Martens aufgefundenen Konftanzer
Bistumschronik. — Als ftiliftifchen Schönheitsfehler verzeichne ich: ,es
erfcheint . . wahrfcheinlich' (S. 48, vgl. S. 29).
Leipzig. Karl Heuffi.
Kalkoff, Paul: Die Romzugverhandlungen auf dem Wormfer
Reichstage 1521. Mit ungedruckten Denkfchriften des
Nuntius Caracciolo u. des kurmainzifchen Rates Capito.
(12 S.) Lex. 8°. Breslau, Trewendt & Granier 1911.
Die vorliegende kleine Schrift ftellt einen Beitrag zur
Gefchichte des Wormfer Reichstages vom Jahre 1521 dar,
indem fie uns mit zwei Denkfchriften bekannt macht, die
fich auf die Romzugsverhandlungen Karls V. mit den
Ständen beziehen. Karl verlangte für den bevorftehen-
den Krieg mit Franz I. in Italien eine finanzielle Unter-
ftützung durch das Reich und erlangte nach einigen Verzögerungen
im Mai in der Tat die Zuftimmung der
Stände. Über die fachlichen Gefichtspunkte, die von feiner
Seite bei diefen Verhandlungen geltend gemacht wurden,
unterrichten die beiden Mainzer Denkfchriften, die Kalkoff
veröffentlicht. Die erfte ift an den Erzbifchof und
Kurfürften von Mainz, Kardinal Albrecht von Brandenburg
, gerichtet und flammt aus dem Lager der an Karls
Romfahrt felbft ftark intereffierten Kurie; Kalkoff glaubt,
den Nuntius Marino Caracciolo als ihren Verfaffer nachweifen
zu können, was mir indeffen einigermaßen zweifelhaft
erfcheint. Die zweite ftellt ein Referat des damaligen
Mainzer Rates Wolfgang Capito dar, der im kurfürftlichen
Kabinett über den Inhalt des kurialen Schreibens berichtete
und es befürwortend ergänzte. Man wird einer Reihe
der in den Denkfchriften vorgebrachten Argumente die
Zuftimmung nicht verfagen können.
Den von Kalkoff gedruckten Text der erften Denk-
fchrift, die im Thesaurus Baumianus auf der hiefigen
Univerfitäts- und Landesbibliothek erhalten ift, habe ich
nachprüfen können. Das Stück ift, trotz der fehr lefer-
lichen Handfchrift Baums, nicht allzu korrekt wieder-
i gegeben. Ich erwähne nur das Wichtigere:
Z. 3 ftatt quam lies qua (vielleicht zu Recht emendiert); Z. 25 ft.
plerique 1. plerisque; Z. 48 ft. assissendum 1. assistendum; Z. 50 ft. sacri
Romani imperii 1. sacrum Romanum imperium, imperii; Z. 54 ft. hique
1. sieque; Z. 67 ft. Gallo 1. de Gallo; Z. 86 ft. Franciam L Franciamque;
Z. 101 ft. verum 1. imo; Z. 112 ft. philautiam (!) 1. petulantiam;
Z. 118 ft. sind 1. sint; Z. 119 ft. modicae divitae 1. modice divitiae.
Fehler der Abfchrift find Hill Ich weigend emendiert; bei den gröberen
hätte fich aber eine Angabe des Schriftbefundes um fo mehr empfohlen,
1 als die Verbefferung nicht immer ficher ift (Z. 126 nedum ft. ne aut des
MS. u. dgl. m.). Die einzige Variante, die Kalkoff angibt, ift falfch:
Anm. 25 zu Z. 123 saxum: ,in der Vorlage fleht das finnlofe taxum': die
Handfchrift hat vielmehr deutlich ,saxum', ihr s und t find ganz verfchieden.
Straßburg i. E. Robert Holtzmann.
Mullinger, James Bass, M. A.: The University of Cambridge.
Vol. III. From the election of Buckingham to the
chancellorship in 1626 to the decline of the platonist
movement. (LX, 743 S.) gr. 8°. Cambridge, University
Press 1911. s. 20 —
Mehr als ein Vierteljahrhundert ift verfloffen, feitdem
der 2. Band diefer Gefchichte veröffentlicht wurde, und
in dem langen Zwifchenraum hat fich der Verfaffer
forgfältigen Forfchungen gewidmet, welche diefen 3. Band
zu einer Schatzkammer von Tatfachen machen mit Bezug
auf eine Menge von Namen, deren Träger direkt mit der
Univerfität Cambridge verknüpft find. Die behandelte
Periode dehnt fich vom Jahr 1626 über einen Zeitraum
von 40 Jahren aus und fchließt gewichtige hiftorifche
Ereigniffe ein. Es ift die Zeit des Bürgerkrieges, der
Republik und der Reftauration, und in der langen Reihe
bemerkenswerter Männer findet man König Karl I, Oliver
Cromwell, König Karl II, dann den berühmten oder
berüchtigten Herzog von Buckingham, Lord Bacon, Erzbifchof
Laud, John Milton, Jeremy Taylor und die fo-
genannten Cambridger Platoniften. Die politifchen Unruhen
im Staat ließen die Univerfität nicht unberührt, wie aus
der Tatfache zu erfehen ift, daß während des Bürgerkrieges
St. Johns College zu einem Gefängnis fürRoyaliften gemacht
wurde, die ihrem Könige treu blieben. In derfelben Periode
wurde ,The Solemn League and Covenant', von den