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Ausgabe:

1911 Nr. 25

Spalte:

777-778

Autor/Hrsg.:

Boyd, J. Oscar (Ed.)

Titel/Untertitel:

Bibliotheca abessinica. Vol. III: The Octateuch in Ethiopic, according to the text of the Paris Codex, with the variants of five other manuscripts. Part. I. Genesis 1911

Rezensent:

Duensing, Hugo

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 25.

778

fowie Mufti und Dalman immer klarer herausgeftellt j aber erfcheinen zwei Lesarten, die auf diefen älteren
haben. Nach einem kurzen Hinweis auf den Einfluß der ! Text ein eigentümliches Licht werfen. In 4, 18 bringt jene
römifch-byzantinifchen Zeit weift T. in feinen Schlußbemer- j ältefte Handfchrift (nicht fpäter als das 15. Jahrhundert)
kungen darauf mit Recht hin, daß die Israeliten niemals j fxairjX gegen fiaXeXe?jX aller anderen Handfchriften, d.h. der
eine eigene Kultur erzeugten und niemals eine folche i Pariftnus tritt hier in die nichtlukianifche Gruppe bw 108 ein.
hatten. Sie find aus der Steppe kommend in die Kultur j In 19,19 haben die Handfchriften FHCR das lukianifche
der Kanaaniter hineingewachfen, aber zu der Zeit, wo | eXeog, nur G hat xaQiq, wie es die Gruppe b w 108
fie unbefchränkte Herren waren, beobachtet man deutlich ' aufweift; die ältefte Handfchrift hat eine Addition beider
einen Niedergang, erft mit dem Siege der helleniftifchen Lesarten. Daraus ergibt fich, daß fchon die unrevidierte
Kultur kommt ein neuer Auffchwung. Ref. kann der aethiopifche Bibel in der Genefis einen Mifchtext gehabt
anfprechenden, von gründlicher Kenntnis zeugenden Dar- ! hat. Damit foll aber über den Charakter der allererften
Heilung nur viel fleißige Lefer wünfchen. aethiopifchen Verfion nichts, und insbefondere das nicht

den Namen der Amoriter bedarf einer Modifikation
Straßburg i/E. W. Nowack.

Die auf S. 23 u. fich findende Bemerkung über gefagt fein, daß diefe fchon Überfetzung eines Mifchtextes

gewefen ift. Das Letztere ift wohl möglich, mir fogar
wahrfcheinlich; möglich ift aber auch, daß die altaethio-
pifche Verfion rein lukianifchen Charakter gehabt hat und
im Laufe der Zeit in unvollkommener Weife durchkorrigiert
oder durch Benutzung von Handfchriften anderen Charakters
kontaminiert worden ift.

Der Text diefer Ausgabe ift einfach ein Abdruck
des Parisinus mit feinen Ausfällen und Fehlern, nur einige
leichtere Korrekturen find angebracht. Unter einem erften
Strich werden die durch jene Korrekturen verdrängten
wirklichen Lesarten diefer Handfchrift, Erfcheinungen
von Korrekturen und Hinzufügungen in der Handfchrift
felbft und endlich folche Lesarten aus anderen Handfchriften
notiert, welche im Text verworfene Lesarten

Bibliotheca abelfinica. Studies, concerning the languages,
literature and history of Abyssinia. Ed. by Prof.
Dr. Enno Littmann. III. The Octateuch in Ethiopic.
According to the text of the Paris codex, with the
variants of 5 other manuscripts ed. by Prof. Dr.
J. Ose. Boyd. Part. I. Genesis. (XXII, 158 S.) gr. 8°.
Leiden, Buchh. u. Druckerei vorm. E. J. Brill. M. 8 —

Der Herausgeber verzichtet mit Bewußtfein darauf,
den Text der alten aethiopifchen Verfion zunächft der

Genefis, weiterhin des Oktateuches zu rekonftruieren; er des Parisinus ftützen. Unter einem zweiten Strich werden

will vielmehr nur die bis jetzt erreichbaren wichtigften die Lesarten der von Dillmann einft für feine Ausgabe

Materialien zu einer folchen Rekonftruktion vorlegen. Die benützten vier Handfchriften fowie die der Haverforder

fo geübte Befchränkung ift durchaus zu billigen. Denn Handfchrift mitgeteilt. Das Variantenverzeichnis ift —

die neuen Materialien, die der Herausgeber über die nach Stichproben zu urteilen — zuverläffig.

Dillmann'fche Ausgabe hinaus zu bieten hat, entflammen r> „ v„ t». .„ , n

. ■ ....& . , -r, -r . r* 1 u *. ! Daiienlen, Kr. Einbeck. Duenfinp-.
einer einzigen alteren und der Revifion der Ge ehrten

des 16 und 17 Jahrhunderts entgangenen Handfchrift, 6ogue, Maurice: Juifs et Romains dans l'Histoire de la

jener Panfer Handfchrift, die von Mac Lean für die b««.u- iz? * j 1 z> j i>u- 4. j z> 1 c

große Cambridger Septuaginta-Ausgabe fchon verglichen ^ssm- (Extra,t de la Revue de 1 Hlst des Rel- *■ 62)-

worden ift. Und wenn diefe Handfchrift auch mehrfach (45 P-) gr. 8°. Paris, E. Leroux 1911.

durch eine Handfchrift der Bibliothek des Haverford j G. behauptet, daß in den Evangelien 2 Traditionen

College, über die der Herausgeber fchon einmal in einer ; vorliegen: nach der älteren diefer Traditionen ging der

befonderen Schrift berichtet und die er hier wieder ver- Anftoß zur Verfolgung Jefu von Pilatus aus, nach der

wertet hat, unterftützt wird, fo ift diefe Bafis für die
Herftellung eines kritifchen Textes doch zu fchmal. Auf
einem Bein ift nicht gut flehen, ganz befonders dann
nicht, wenn diefes Bein fich im fchlechten Zuftande befindet
. Und die in den beiden betagten Handfchriften
vorliegenden Überbleibfei der unrevidierten aethiopifchen
Bibel befinden fich in einem traurig verwahrloften Zuftande

jüngeren vom Sanhedrin und den Juden. Jene hält G. für
die urfprüngliche Überlieferung, den Prozeß Jefu für einen
nach römifcher, nicht nach jüdifcher Prozeßordnung vor
fich gegangenen Prozeß. Dennoch will er als gefchicht-
lich zugeben, daß der Sanhedrin von Pilatus um Rat gefragt
fei. Als man fpäter ein Intereffe daran hatte, den
Juden die Hauptfchuld am Tode Jefu zuzufchreiben, fei

Um ein Urteil über den Charakter der aethiopifchen die jetzige Darfteilung der Evangelien entftanden, die
Verfion zu ermöglichen, will ich hier das Refultat einer ( alfo eine Verfchiebung des wirklichen Sachverhaltes zum

Unterfuchung über das Verhältnis des aethiopifchen
Textes zur Lukiangruppe fixieren. Man hat, da, nach
bekannten Anzeichen zu fchließen, Aramäer bei der Einführung
des Chriftentums in Abeffinien beteiligt gewefen
zu fein fcheinen, angenommen, daß die ältefte aethiopifche j

Nachteil der Juden darfteilt. — G.s Unterfuchung ift beachtenswert
. Wie G. freilich angefichts Lc. 22, 66 ff. fagen
kann, daß bei Lc. ,il n'y a aueune allusion ä un proces
juif', ift mir unerklärlich. G. hätte m. E. fowohl das
jüdifche als das römifche Prozeßverfahren, ebenfo die

Verfion von den Miffionaren auf Grund griechifcher Hand- J Unterfchiede der Evangelien noch viel genauer fixieren

fchriften der fyrifch-okzidentalifchen Rezenfion angefertigt
worden fei. Diefem Schluß wird man a priori
Wahrfcheinlichkeit zubilligen muffen. Die Sache ift zu
prüfen. Man kann dabei die Lifte zu Grunde legen,
welche Hautfeh in feiner Abhandlung über den Lukian-
text des Oktateuches S. 10—13 gegeben hat. Von den
dort konfrontierten Fällen find 71 zur Vergleichung
brauchbar. In 50 von diefen 71 Fällen nun flehen Handfchriften
der aethiopifchen Verfion auf Seiten der Lukiangruppe
, während fich andererfeits 21 Lesarten der Gruppe
b w 108 finden; d.' h. die aethiopifche Verfion der Genefis

müffen. Nur fo ift in diefen Fragen ein Fortfehritt zu
erzielen. G. arbeitet zu rafch mit Hypothefen, anftatt
erft einmal den Tatbeftand feftzuftellen. Das jüdifche
Prozeßverfahren der Mifchnazeit kann man jetzt bequem
nach Strack's und Hölfchers Bearbeitung des Traktats
Sanhedrin-Makkot ftudieren. G. geht über diefe Probleme
zu rafch hinweg.

Gotha. Fiebig.

De iß mann, Prof. D. Adolf: Paulus. Eine kultur- und reli-

gionsgefchichtl. Skizze. (X, 202 S. m. 2 Taf. u. 1 färb,
ift ein Mifchtext vorwiegend lukianifcher Parbung. Fragen |", ° rmM^imT ivr * • u - q„

wir weiter, ob vielleicht durch die neuen Lesarten der Karte)- Tubingen,J.C.B.Mohr 1911. M.6 — , geb. M.7.80

Deißmann veröffentlicht in dem vorliegenden Buche
Vorlefungen, die er in der Univerfität Upfala im März
1910 gehalten hat. Man kann fich fragen, ob man bei

wir

vorliegenden Textausgabe der lukianifche Charakter ver-
ftärkt worden ift, fo ergibt fich die merkwürdige Antwort,
daß nicht diefes, fondern das Gegenteil der Fall ift. Nicht

eine Lesart der Lukiangruppe taucht hier neu auf, wohl einer Kritik derartiger Vorträge den ftrengften wiffen