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Ausgabe:

1911 Nr. 23

Spalte:

730-731

Autor/Hrsg.:

Lahusen, Friedrich

Titel/Untertitel:

Er wohnte unter uns. Predigten aus dem Leben Jesu. 3. Aufl 1911

Rezensent:

Achelis, Ernst Christian

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 23.

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fondern aus der Tiefe des myftifchen Empfindens. Wir 1 M. fpricht darum von der hiftorifch-kritifchen Seite einer
müffen den vorübergehenden Eindrücken aus dem Tiefen- | Gefchichte oder eines Gleichniffes, zeigt dann, wie die
wefen der Dinge fo treu bleiben als nur irgend möglich Behandlung zu geftalten ift, um dann noch eine Fülle

— das ift Glaube; und wir müffen ,das Wefenhafte in uns
felbft erkennen in dem Wefenhaften der andern' — das
ift Liebe. Wir müffen verneinen und befeitigen alles,
was dem in uns fich regenden wahren Wefen fich ent-
gegenftellt. Das muß nicht bloß Forderung, fondern
Lebensbewegung fein. Das Ziel der Menfchheit ift, ,daß
fie fich in einen lebendigen Organismus verwandelt, in
dem jedes Glied feiner eigentümlichen Anlage und Schönheit
gemäß völlig frei und völlig notwendig zum Wohl
des Ganzen fein Innerftes darleben kann und darleben
will, indem jeder einzelne perfönlich innerlich feftgehalten
und zugleich mit allen andern innerlich zufammen-
gehalten ift durch den im Tiefiten des Weltgefchehens
verborgenen, einheitlichen, mächtigen, göttlichen Grundwillen
'. Eine eigentliche Kritik Müllers hält R. ,für eine

von guten neuen Erläuterungsftoffen und Winken für die
chriftliche Geftaltung des kindlichen Lebens anzufügen.
Er bietet eine merkwürdige Auswahl: neun Gleichniffe
bilden den Kern feiner Abfchnitte, dazu kommt der Gichtbrüchige
, Zachäus, der zwölfjährige Jefus, Taufe, Ver-
fuchung, das erfte Auftreten, die Tempelreinigung und
einige Stücke aus der Apoftelgefchichte. Schwere Wunder-
gefchichten, Sagen und Paffions- und Auferftehungs-
gefchichten fehlen. Das ift nach dem Titel die Abficht
des Verfaffers gewefen. Aber hier liegen doch gerade
die großen Schwierigkeiten. Aber das Gebotene ift gut.

Heidelberg. Nie bergall.

Lahufen, Pfarrer D. Friedrich: Er wohnte unter uns. Predigten
aus dem Leben Jefu. 3. Auflage. (VIII, 254 S.)
Verkennung ferner gefchichthchen Stellung, doch erwähnt g0 BerU M VVarneck 191,. M. 2-; geb. M. 3_

er die hauptfächlichen gegen ihn vorgebrachten Einwendungen
, befpricht u. a. Müllers Beurteilung Jefu, fein
Verhältnis zum bisherigen Chriftentum ufw. und gibt
allerlei Mängel bei M. zu, die jedoch gegenüber feiner
unvergleichlichen Bedeutung nicht wefentlich feien. Johannes
Müller ift ein elementares Ereignis in der Gefchichte
des Chriftentums'. ,Auf dem Weg zum neuen,

In der erften (1901) und zweiten Auflage find vorliegende
23 Predigten nicht zur Anzeige in diefer Zeit-
fchrift gebracht. Um fo erwünfchter ift es, daß fie in
der dritten Auflage zur Befprechung eingefandt wurden.
Nach dem Vorwort follen die Predigten verfuchen, Probleme
aus dem Leben Jefu zu befprechen, über die fra-

höheren Menfchentum hat er von allen weitaus die reich- ■ gende und buchende Menfchen in unterer Zeit viel nach-

ften Erfahrungen gemacht, die tiefften Beobachtungen
gebammelt, die ernfteften Verbuche gemacht' . . . ,Man
muß fchon die elf Bände Grüner Blätter und die beiden
Tefusreden — Bücher Müllers durcherlebt haben, um
von der Fülle und Mächtigkeit des Lebens, das hier pul-
fiert, eine wirkliche Vorftellung zu haben'. Die Bergpredigt
Johannes Müllers ift ,nicht nur das ftärkfte Buch
des Gotterlebens, fondern auch das tieffte Buch des Jefus-
verftehens, das wir feit lange, lange gehabt haben'. Er
felbft ift ,ein Lebenskünftler, wie ihn die Menfchheit nur
feiten gehabt hat'. Ja, er urteilt, daß .Müllers Gotterlebnis
prinzipiell zentraler und fchöpferifcher fei als irgend
eines, das wir fonft kennen'. — Inwieweit die Darfteilung
c

denken, und deren Löfung ihnen ernftlich am Herzen
liegt. Der Verfaffer möchte aus der unerfchöpflichen
Fülle des Lebens und Wirkens Jefu, aus feiner Herrlichkeit
, einige Lichtftrahlen faffen, die zur anbetenden
Freude an der Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes vom
Vater, voller Gnade und Wahrheit, führen. Nach zwei
Adventsreden werden wir von dem erften Worte Jefu
(Lc. 2) zur Berufsweihe, zur Bewährung und Verklärung,
zum Löfegeld, zur Auferftehung, Himmelfahrt und Geiftes-
gabe geführt. Das innere Leben Jefu leuchtet in dem
Allem hervor; ohne Anknüpfung an einzelne Gefchehniffe
nicht weniger herrlich in den Predigten über Jefus und
feine Bibel, über Jefu Gebetsleben und in anderen bis hin

Jen eigentlichften Intentionen Müllers entfpricht, wird J zu den drei letzten Predigten, welche die Stellung Jefu
diefer felbft am bebten entfcheiden. Eine Auseinander- j zum Vaterland, zu feiner Gemeinde, zu unferem Familien-
letzung mit den einzelnen Urteilen R.s ift hier nicht mög- : leben behandeln. Das Auszeichnende in Lahufens Pre-
lich, verbietet fich auch durch den poetifch-überfchwäng- digten ift ihre ftrenge Biblizität, nicht im Sinne des In-
lichen, perfönlich-panegyrifchen und zuweilen orakelhaften j fpirationsdogmas, das auch für ihn abgetan ift, aber in dem
Charakter der Darfteilung, der viele reizen, viele ftutzig j Sinne Jefu, wie der Verfaffer ihn in Jefus und feine Bibel'
machen wird. Ich perfönlich habe den Eindruck, daß j enthüllt hat: das Wort der Bibel Autorität, der Geift Jefu
hier weniger mehr gewefen wäre, zumal auch ich wünfchte, j fem Interpret und Meifter. Daher die forgfältige Exegefe
daßJohannesMüllerrechtftudiertwürde. Aber ich wünfchte j und Verwertung des Textes, doch wiederum fo, daß der
auch, daß nicht bloß die Bücher Müllers, fondern alle , Prediger kraft innigen Verfenkens in das Wort eins ift
guten Bücher fo gelefen würden, wie R. es S. 22f. fordert. | mit dem Wort und aus diefer Einheit heraus die Predigt
t- 1 r „» • ü „«, zum Zeugnis eigenen Erlebens geftaltet. Damit hänp-t

Frankfurt a/Main. W. Bornemann. i woh, zufanimen>ß der yerfaffe! auf alle BluratS

Meier, Ob.-Lehr.Dr. Frdr.: Jefu frohe Botrchaft im Unterricht.

Eine Erklärg. neuteftamentl. Erzählgn. zur Vorbereitg.
des Religionslehrers. Mit dem 1. Preife v. der Ludwig-
ftiftg. zu Bremen gekrönte Arbeit. (Religionspäda-
gogifche Bibliothek. Nr. 6.) (IV, 92 S.) gr. 8°. Göttingen,

Vandenhoeck & Ruprecht 1911. M. 2 — j nicht feiten auch ein natürliches, herzbewegendes Pathos

Diefe Schrift will die Mitte innehalten zwifchen den j hervor, das jedoch nur da auftritt, wo es kraft innereiunmittelbar
für den Schulgebrauch zurechtgemachten Nötigung nicht fehlen darf. Die ausfchließliche Tendenz

auch faft auf alle Zitate außerbiblifcher Worte verzichtet;
feine Seele ift erfüllt von dem Gotteswort, dem er Zeugnis
gibt, und auf den durch Analogie veranfchaulichen-
den Schmuck der Rede kann er keine Rückficht nehmen.
Meift in kurzen Sätzen und in rafcher Gedankenfolge
fließt die Rede dahin, die Sache felbft und die Bewegtheit
des Predigers wehren aller Eintönigkeit, fie treiben

Vorbereitungswerken, die man fogar mit aufs Katheder
nehmen kann, um nach ihrem Schema die Lektionen zu
geftalten, — und den populär-theologifchen Werken, wie
die Schriften des NT. von Joh. Weiß, nach denen die
ftrebfamften Lehrer greifen. Sie ift nämlich darauf ein-
geftellt, die Vorbereitung zu erleichtern. Sie fchneidet
alfo weder das Futter gebrauchsfertig vor noch bleibt fie
im Allgemeinen ftecken, fondern fie will Gefichtspunkte
und Winke für die Behandlung bieten. Das wird ficher

ift, an dem Bilde Jefu lebendiges evangelifches Glaubensleben
zu wecken und zu fördern, und vor diefer Tendenz
gilt alles Parteiwefen, alle bloße Kirchlichkeit, alle nur
korrekte Rechtgläubigkeit nichts. Wie aber der Prediger
eins ift mit d em Wort, fo ift er auch eins mit der Gemeinde
. Der Erbe der Kanzel Schleiermachers fpricht
als Bruder zu den Brüdern, und den Brüdern gleich ftellt
er fich unter dasfelbe Wort, das er in fchönem Adel der
Sprache und doch einfach und in ihrer warmen Herzlich-

ler Normaltyp folcher Werke werden und bleiben müffen. i keit allgemein verftändlich verkündet. Gewöhnlich folgt