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Ausgabe:

1911 Nr. 22

Spalte:

686-687

Autor/Hrsg.:

Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst

Titel/Untertitel:

Werke. Auswahl in vier Bänden. Hrsg. u. eingel. von Otto Braun u. Joh. Bauer. I. u. III. Bd 1911

Rezensent:

Kirn, Otto

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 22.

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daß die Abeffinier das, was die Jefuiten fie gelehrt haben,
ausgezeichnet verftanden und behalten haben. Zu beachten
iß auch Nr. XIII, ein Brief des alexandrinifchen
Patriarchen Johannes an den Gouverneur von Tigre
Walda Seiläse, dazu gefchrieben, diefen aufzußacheln,
eine drohende römifch katholifche Miffion eines Abba To-
bijä und Abba Kenfu unfchädlich zu machen. In diefem
Dokumente iß; übrigens Vers. p. (100) lin. 29—34 Zitat und
zwar II. Kor. 11, 13—15. Es hätte alfo hinter l'Apotre
lin. 29 ein Doppelpunkt gefetzt werden muffen.

Vieles in diefen Texten bleibt uns einfach deshalb
unverßändlich, weil wir die abeffinifchen Inßitutionen und
Sachen und deren Gefchichte nicht genügend kennen.
Ohne die Kenntnis der Sachen gibt es ja kein vollßändiges
Verßändnis der Sprachen. Einzelnes kann, wie der Herausgeber
zeigt, aus den neuerdings edierten Werken der
jefuiten des 17. Jahrhunderts, die in Abeffinien miffioniert
haben, zur Aufhellung herangezogen werden; zufällig hat
auch die deutfche Akfumexpedition auf einen Ausdruck
Licht geworfen.

Die Edition iß mußerhaft. Neben kleineren Druckfehlern
in Text und Überfetzung iß mir nur aufgefallen,
daß in der Überfetzung bei den Doppelämtern mit Ausnahme
von p. (31) lin. 5, wo alles in Ordnung iß, immer
rechts (qan) und links (gerä) vertaufcht iß.
Daffenfen, Kreis Einbeck. Duenfing.

Constant, G.: Rapport sur une mission scientifique aux ar-
chives d'Autriche et d'Espagne. Etüde et Catalogue
critiques de Documents sur le Concile de Trente.
(Nouvelles Archives des Missions scient. et litt.
Tome XVIII, fasc. 5.) Paris, E. Leroux 1910. (364 p,)
gr. 8».

Während deutfche Forfcher feit dem Erfcheinen von
Döllinger's .Ungedruckten Berichten' etc. (1876) mehr und
mehr Arbeit darauf verwendet haben, archivalifches Material
für die Gefchichte des Trienter Konzils zu fam-
meln und zugänglich zu machen, und während fie fchon
1901 beginnen konnten mit der Veröffentlichung des
Standard work über das Tridentinum, welches Merkle
in fo vorzüglicher Weife durch den erßen Band eingeführt
hat, haben fich bisher die franzöfifchen Hißoriker
betreffs des Gegenßandes mehr zurückgehalten. Nunmehr
liegt aber in der obigen Publikation eine ausgezeichnete
Arbeit vor, die Frucht einer wiffenfchaftlichen Reife des
früheren Mitglieds der Ecole francaise de Rome, welche
der Sammlung von Dokumenten zur Gefchichte des Konzils
fpeziell im Wiener Staatsarchiv und in fpanifchen
Archiven, d. h. im wefentlichen in Simancas, galt.

Der Verfaffer will Beiträge liefern nicht fowohl zur
Gefchichte der theologifchen oder fpezififch kirchlichen,
als der allgemeinen diplomatifchen Verhandlungen in der
letzten Phafe des Konzils 1559—1563. Bei der Katalogi-
fierung der Wiener Befunde fetzt er mit den Berichten
des ößerreichifchen Gefandten in Rom, Franz von Thurm,
ein und gibt eine Überficht auch über die Korrefpondenz
feiner nächßen Nachfolger. Als zweite Abteilung folgt
dann die vielgeßaltige Korrefpondenz, darunter natürlich
auch die gerade den Wiener Hof intereffierende theologifche
, welche von Trient felbß aus fich an den Kaifer
und vom Kaifer an feine drei Botfehafter beim Konzil
richtet. Conßant hat ja hier ein mehrfach beackertes
Feld abermals gepflügt — aber die Fülle und die Genauigkeit
feiner zahllofen Noten, die fich auf Sickels
Publikation aus dem gleichen Bereich (Zur Gefchichte
des Konzils von Trient 1872) beziehen, wird jeden fofort
überzeugen, daß die Revifion nötig und fruchtbringend
iß, und auch zu den neueren Publikationen von Steinherz
(Nuntiaturberichte II, 1897 fr.) und Susta (Die röm.
Kurie und das Konzil, 1904) ergeben fich willkommene
Feßßellungen. Obwohl der Verfaffer weder in diefem

erßen Teil noch in dem die fpanifchen Quellen behandelnden
zweiten Teile Aktenßücke felber zum Abdruck
bringt, bildet doch feine Katalogifierung mit ihren reichhaltigen
Noten eine unentbehrliche Handreichung für den,
der in dem weiten Bereiche der Gefchichte des Konzils
quellenmäßig arbeitet, und die inßruktiven einleitenden
Darlegungen über die diplomatifche Vertretung einer-
feits des Kaifers, andrerfeits Philipps II. von Spanien wird
man gern entgegennehmen. Den Schluß bildet eine Inhaltsangabe
deffen, was heutzutage noch übrig iß von
dem auf des Königs Befehl gefammelten Dokumentenwerk
des Vergofa, dem im XVI. Jahrhundert nur eins
an die Seite geßellt werden kann — Marino Sanutos
Diarien.

Königsberg. Benrath.

Schleiermacher, Fr. D. E.: Werke. Auswahl in vier
Bänden. Mit 1 Bildnis Schleiermachers u. einem Geleitwort
von Prof. D. Dr. Aug. Dorner, hrsg. u. eingeleitet
von Dr. Otto Braun u. Prof. D. Joh. Bauer.
I. u. III. Bd. (III, CXXVIII, 547 u. XI, 748 S.) 8".
Leipzig, F. Eckardt Verlag 1910. Je M. 7—;

geb. M. 8 —

Wer der Überzeugung iß, daß Schleiermachers Gedankenarbeit
unter unferen Gebildeten lange nicht in dem
Maße bekannt iß, wie fie es nach ihrem inneren Gehalt
zu fein verdiente, der wird diefe neue Auswahl feiner
Schriften gerne willkommen heißen. Sie gilt nicht fowohl
dem Mann der Kirche als dem Philofophen und fittlichen
Erzieher. Darum find aus den theologifchen Schriften,
dem chrißlifchen Glauben und der chrißlichen Sitte nur
kurze, meiß der Einleitung entnommene Stücke aufgenommen
, während die Arbeiten zur philofophifchen Ethik
in großer Vollßändigkeit dargeboten werden. Die Grundlinien
einer Kritik der bisherigen Sittenlehre, deren Studium
durch die Unüberfichtlichkeit der Darßellung nicht
wenig erfchwert wird, erfcheinen in Band I durch eine
eingehende Inhaltsüberficht, durch Seitentitel und vermehrte
Abfätze im Druck lesbarer gemacht. Den Reß
des Bandes füllen die wichtigßen von Schleiermacher in
der Akademie gelefenen ethifchen Abhandlungen. Der
noch nicht erfchienene II. Band verfpricht einen auf Grund
handfehriftlichen Materials revidierten Text der philofophifchen
Sittenlehre. Band III enthält Abfchnitte aus der
Dialektik, denen der Text von Halpern zugrunde liegt,
ein Stück aus der chrißlichen Sitte, die Predigten über
den chrißlichen Hausßand, Partien aus der Pädagogik
und aus der Staatslehre, fowie die Einleitung der Glaubenslehre
(§ 3—14.) Ein IV. Band foll die Reden, Monologen
und die Weihnachtsfeier enthalten. Eine folche Auswahl
wird jeder, der fie zu treffen hat, wieder anders geßalten;
man muß aber anerkennen, daß fie hier mit Bedacht und
nach einheitlichem Plan getroffen iß. Das die Ausgabe
einführende Geleitwort von D. Aug. Dorner zeichnet
Schleiermachers Stellung in der Gefchichte der Philofophie
in großen Linien. Als fein Verdienß wird die realißifche
Ergänzung des Kantfchen Idealismus bezeichnet und
weiterhin die feine Perfönlichkeit wie fein Denken auszeichnende
Verbindung von Begeißerung und Kritik, von
Empirismus und Spekulation, in feiner Religionsphilofophie
fpeziell die Verknüpfung von Vernunft und Gefühl hervorgehoben
. Die ganze Abhandlung erfüllt in ausgezeichneter
Weife den Zweck, die Aufmerkfamkeit des Lefers
auf die bedeutfamen Punkte der Gedankenarbeit Schleiermachers
hinzulenken. Die von Schleiermacher als Formenlehre
des gefchichtlichen Vernunfthandelns entwickelte
Ethik könnte ich freilich nicht fo unbedingt über die
Gefinnungsethik Kants ßellen, wie dies Dorner S. XVI
tut. Die von Otto Braun verfaßte .Allgemeine Einleitung'
iß wefentlich biographifchen Inhalts. Bringt fie auch dem
Kundigen begreiflicherweife wenig Neues, fo iß fie doch