Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1911 Nr. 21

Spalte:

644-645

Autor/Hrsg.:

Wessely, Karl

Titel/Untertitel:

Die griechischen Lehnwörter der sahidischen und boheirischen Psalmenversion 1911

Rezensent:

Rahlfs, Alfred

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

643

Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 21.

644

drucktafel erfcheint am Anfange des Buches die Anficht j wichtige Folgerungen: Einmal hält er aus ähnlichen
der Rekonftruktion eines der Scheingefäße des Königs j Gründen, wie fie neuerdings auch von Jacobi entwickelt
Rä-en-ufer aus der Sten Dynaftie durch Borchardt. | worden find, die Vedäntäsütras des Bädaräyana für

Bonn. A. Wiedemann. iunSer als. die ^ardaPf.dl; was geSen die bisherige An-
_________ fetzung einen Unterfchied von ungefähr einem halben

Wallerer, Max: Der ältere Vedänta. Gefchichte, Kritik j Jahrtaufend bedeutet. Zweitens ftellt er einige Upanisads

und Lehre. Heidelberg, C. Winter 1910. (VII, 82 S.) z" R Svetäsvatara zeitlich

gr. 8° M. 2.80

Auf fein Buch ,Die philofophifche Grundlage des älteren
Buddhismus' hat Wallefer nun die vorliegende Schrift
folgen laffen, die auf nur 82 Seiten eine Fülle anregender
Erörterungen über die literarhiftorifche Stellung und den
philofophifchen Lehrgehalt der bekannten Gaudapädiya-
kärikä darbietet.

Der Abhandlung erfter Abfchnitt: ,Zur Gefchichte
und Kritik des älteren Vedänta' (S. 1—38) beginnt mit
einer Erörterung des Verfafferproblems. Wallefer hält
es — meines Erachtens mit Recht — für unmöglich, daß
der Autor der den fchärfften Advaitaftandpunkt vertretenden
Kärikä mit jenem Gaudapäda identifch fein
könne, der das Bhäsya zur Sämkhyakärikä verfaßt hat.
Nur irrt er in der Annahme, daß ein Zweifel an diefer
Identität überhaupt noch nicht geäußert worden fei,
vielmehr hat fich Deußen bereits vor 14 Jahren in feinen
,Sechzig Upanisad's des Veda' (S. 574) unter ganz ähnlicher
Begründung in diefem Sinne ausgefprochen. Aber
Wallefer geht noch weiter, indem er in Gaudapäda überhaupt
keine hiftorifche Perfönlichkeit fehen will. Das
Wort päda foll die Viertel bezeichnen, in welche die
Kärikä zerfällt, und gauda ift ihm nur ein Hinweis aut
das im nördlichen Indien belegene Entftehungsland der
Schule, deren Lehrbuch die anonyme Kärikä gewefen fei.
Begründet wird diefe Annahme mit dem Fehlen eines
Hinweifes auf einen individuellen Verfaffer, wie es nach
Wallefer in allen Werken, die die Kärikä zitieren, zu kon-
ftatieren ift. Dies argumentum ex silentio fcheint mir
aber das entfcheidende Gewicht, das Wallefer ihm beilegt
, nicht zu befitzen. Genauigkeit in der Quellenangabe
von Zitaten ift doch in indifchen Werken (abge-
fehen von modernen Ausgaben unter europäifchem Einfluß
) nie üblich gewefen. So zitiert Samkara in feinem
Särirakabhäsya (ed. Poona 1900) z. B. die dritte Strophe
der Sämkhyakärikä nur mit einem allgemeinen Hinweis
auf die sämkhyäh (I, 371); ein Manuzitat wird unter

Leider fehlt hier eine Begründung, fo daß man nicht
fehen kann, welche Argumente gegen die bisherige Verlegung
diefer Upanisad in die Zeit vor den philofophifchen
Teilen des Mahäbhärata fprechen.

Man fleht fchon an diefen Beifpielen, mit wie mutigem
Griff Wallefer die intrikaten Datierungsprobleme der
indifchen Literaturgefchichte anpackt. Wie weit feine
Schlüffe zu einer erneuerten Grundlage der Forfchung
verwendbar find, wird erft durch weitere Arbeit auf
diefen Gebieten entfchieden werden können, aber fchon
heute darf man feine Freude darüber ausfprechen, daß
Fragen, deren vorläufige Löfungen feit langem einfach
hingenommen wurden, nun von neuem in Fluß gebracht
find.

Auf die anfchließenden Erörterungen über den Einfluß
der buddhiftifchen Philofophie auf den Vedänta, ein
fchon von de la Vallee Pouffin behandeltes Problem, kann
ich hier nicht eingehen, denn auch der zweite Abfchnitt
der kleinen Schrift ift der Beachtung wert. Die Lehre
des älteren Vedänta wird hier in einer Weife erörtert,
die auch dem Nichtfpezialiften zugänglich ift. Dabei begnügt
fich der Verf. nicht mit einer einfachen Darlegung
des Kärikäftandpunkts, fondern er fucht unter Heranziehung
der freilich erheblich fpäteren Kommentatoren
auch den Wert feftzuftellen, welchen der abftrakte Monismus
des Vedänta im Verhältnis zu unferer heutigen Philofophie
befitzt. Wenn auch ein folches naturgemäß ftark
fubjektives Werturteil nur relative Bedeutung beanfpruchen
kann, fo wird man doch, auch ohne den philofophifchen
Standpunkt Wallefers zu teilen, reiche Anregung aus
feinen fcharffinnigen Erörterungen fchöpfen können.

Die kleine Schrift des gelehrten Verfaffers, dem feine
ausgebreiteten Kenntniffe neben den Sanskritquellen auch
den Zugang zur tibetifchen und chinefifchen Überfetzungs-
literatur erfchließen, wird dem Indologen wie dem philo-
fophifch Intereffierten gleichmäßig wertvoll fein.

Kiel. Otto Strauß.

Hindeutung auf die Sämkhyasmrti (hier alfo nicht einmal Weflely, Dr. Karl: Die griechifchen Lehnwörter der (ahidifchen

der übliche Titel des Werks!) gegeben (I, 206); ein Zitat
aus den Nyäyasütras ift bezeichnet: iti nyäyavitsamayah
(I, 603) ufw. Was beweift es da gegen die Realität eines
Gaudapäda, wenn die Kärikä nur unter Hinweis auf ,die
den Sinn der Lehre Wiffenden' (S. 7) zitiert wird? Auch
die auf die Naiskarmyasiddhi aufgebaute Argumentation
fcheint mir nicht ftichhaltig. Dort werden zwei Strophen
aus der Kärikä den Gaudas und eine aus der Upadesähasri

und boheirifchen Pfalmenverlion. (Denkfchriften der Kaif.
Akad.derWiff.inWien. Philof.-hiftor. Kl. Bd.LIV, III.)
(II, 37 S.) gr. 40. Wien, A. Holder 1910. M. 2.90

Nachdem Weffely 1907 ,Sahidifch-griechifche Pfalmen-
fragmente' aus der Sammlung Papyrus Erzherzog Rainer
herausgegeben hatte (Sitzungsberichte der Wiener Akademie
, Philof.-hift. KL, 155. Bd., 1. Abh.), läßt er jetzt

den Dravidas zugefchrieben. Da nun Wallefer die Autor- eine Studie über die griechifchen Lehnwörter in den
fchaft Samkaras für die Up. säh. nicht bezweifelt, obwohl ; beiden vollftändig erhaltenen koptifchen Pfalterverfionen,
nur die Dravidas genannt find, fo fehe ich keinen Grund, der fahidifchen (oberägyptifchen) und boheirifchen (unter-
der Kärikä ihren Verfaffer Gaudapäda zu nehmen, wenn | ägyptifchen), folgen. Solche Lehnwörter find bekanntlich
auch nur allgemein auf die Gaudas hingewiefen ift. Der ! in der koptifchen Literatur außerordentlich zahlreich, und
Name Gaudapäda ift aber auch an fich ganz unverdäch- j ihre Sammlung ift fchon längft ein Defideratum der koptig
. Geogr'aphifche Bezeichnungen als erfter Beftandteil j tifchen wie der griechifchen Sprachwiffenfchaft. So ift
eines indifchen Namens find durchaus üblich, wie ein Blick j Weffelys Studie, die hier einmal einen Anfang macht,

in A. Hilkas ,Die altindifchen Perfonennamen' (S. 123 fg.)
zeigt. Aus diefen Gründen fcheint mir Wallefers Hypo
thefe von der nachträglichen Erfindung des Verfaffer

mit Freuden zu begrüßen.

Weffely verteilt feinen Stoff auf drei Liften: 1) Grie-
chifche Fremdwörter im boheirifchen Pfalmentexte allein,

namens Gaudapäda für die urfprünglich anonyme Män- 2) Griechifche Fremdwörter im fahidifchen Pfalmentexte

dükyakärikä nicht überzeugend. j allein, 3) Gemeinfchaftliches und allgemeines Verzeichnis

In der nun folgenden Erörterung über das Zeitalter [ der griechifchen Fremdwörter im koptifchen Pfalter. Diefe

der Kärikä kommt Wallefer unter Heranziehung der | Verteilung ift infofern lehrreich, als fie zeigt, daß gewiffe

tibetifchen Uberfetzungen von Werken Bhavavivekas und ; griech. Wörter nur in dem einen der beiden kopt. Dialekte

Bhävyas zu dem Refultat, ,daß um die Mitte des fechften j übernommen find; fo kommen z. B. tvyr) und jrQoöavyrj

Jahrhunderts, wenn nicht früher, die Gaudapädi fchon ! und die Konjunktion Iva oft im boh., aber nie im fah.

beftand'. Im Anfchluß daran erfcheinen noch zwei weitere Pfalter vor, dagegen ijttxctXelv, ivcpQalvsiv. 9-äXaOOa.