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Ausgabe:

1911 Nr. 19

Spalte:

601-602

Autor/Hrsg.:

Reissinger, K. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Monumenta Germaniae Paedagogica. Bd. XLVII: Dokumente zur Geschichte der humanistischen Schulen im Gebiet der Bayerischen Pfalz. 1. Bd 1911

Rezensent:

Knoke, Karl

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 19.

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mit neuzeitlicher Kultur in der Theologie des Proteftan-
tismus als normale Erfcheinung anfehen und fich weigern
werden, die zahlreichen fehr modernen Begriffe und Formeln
, die L. gebraucht, aus chriftlicher Gewißheit und
Überzeugung allein abzuleiten. — Der zweite Hauptteil
behandelt 1. Hiftorifche, 2. Thetifche Theologie, ordnet jener
Biblifche und Hiftorifche im engern Sinne unter, diefer
Syftematifche und Praktifche. Die beiden letzteren werden
gegeneinander fo abgegrenzt, daß die Syftem. Theol. es
mit religiöfem Leben in perfönlicher Religiofität oder
mit der Darfteilung der Religiofität des Einzelnen, die
Praktifche es mit religiöfem Leben in der kirchlichen
Anftalt oder mit der Darfteilung der Lebensfunktionen
der Kirche zu tun hat. Das Vorwort unterrichtet, daß
L. fich gerade hier von ausgefahrenen Geleifen zu entfernen
bewußt ift.
Gießen. S. Eck.

Reirringer, Gymn.-Prof. Dr. K: Dokumente zur Gefchichte
der humaniftifchen Schulen im Gebiet der Bayerifchen Pfalz.

Mit hiftorifcher Einleitung herausgegeben. I. Band.

Hiftorifche Einleitung und Dokumente der bifchöf-

lichen Schulen in Speyer. Berlin, Weidmann 1910.

(XVIII, 446 S.) gr.8° M. 11.60

Der vorliegende, von Gymnafialprofeffor Dr. Reiffinger
in Erlangen gefchriebene 47. Band der Mon. Germ. Paedag.
reiht fich als eine forgfältige wiffenfchaftliche Leiftung
von durchaus anerkennenswerter Bedeutung den bisher
erfchienenen Veröffentlichungen des groß angelegten,
gefchichtlich orientierten Sammelwerkes pädagogifcher
Urkunden aus deutfcher Vergangenheit durchaus würdig
an. In zwei Bänden beabfichtigt der Verf. ,Dokumente
zur Gefchichte der humaniftifchen Schulen im Gebiete der
Bayerifchen Pfalz' zu veröffentlichen. In dem jetzt erfchienenen
erften Teile diefer Ausgabe folcher Dokumente
gibt er eine .hiftorifche Einleitung' und publiziert fodann
eine Reihe von bezüglichen Urkunden, welche fich auf
die bifchöflichen Schulen in Speyer beziehen. Der zweite,
noch ausftehende, Teil foll demnächft ,die Dokumente
zur Gefchichte der Gymnafien zu Speyer und Zweibrücken
fowie der kleineren Anftalten enthalten'. Das
Territorialgebiet der Unterfuchung und Veröffentlichung
befchränkt fich, wie ausdrücklich bemerkt wird, auf denjenigen
Teil der Pfalz, welcher heute zum Königreich
Bayern gehört; das Gebiet der Kurpfalz wird demnächft
befonders zu bearbeiten fein. — Der gefchichtliche Teil
handelt zuerft von den .geiftlichen' Schulen in der Pfalz.
Hier wird zunächft von den Anfängen der geiftigen Kultur
in den Pfälzer Landen berichtet S. 5—20, dann eine gefchichtliche
Überficht über die Stiftsfchulen (St. German.
Allerheiligenftift. St. Guidoftift) gegeben S. 20-23 und
Schließlich ausführlicher über die Gefchichte der Domfchule
in Speyer Bericht erftattet S. 23—53. Aus dem
zuletzt genannten Abfchnitte intereffiert der poetifche
Bericht des Walther von Speyer über feinen Aufenthalt
m der Domfchule als Schüler. Der Bericht ift S. 35«ff- abgedruckt
. Des weiteren intereffiert der wiederholte
Wechfel in der Leitung der Domfchule feit der Mitte
ues 16. Jahrh. Auch an ihr niften fich die Jefuiten ein
bls.i773. Dann wirken 4 Jahre Weltgeiftliche an ihr,
zwei Jahre fleht fie unter Franziskanern, dann wieder
unter Weltgeiftlichen, zuletzt unter Auguftinern, bis fie
zur Zeit der franzöfifchen Herrfchaft aufgelöft wird. Ein
Gharakterzug des Unterrichtsbetriebes an den katholifchen
geiftlichen Schulen feit der Reformation tritt in diefem
Berichte aufs deutlichfte hervor: Von Pädagogen, die
durch ihre Perfönlichkeit einen beftimmenden Einfluß auf
uen Unterrichtsbetrieb und die Erziehungspraxis ausgeübt
hätten, erfahren wir nichts. Es ift eben eine Eigentümlichkeit
der katholifchen Pädagogik feit jener Zeit,
daß nicht Männer, fondern Grundfätze, Maßregeln, Infti-

tutionen, Orden der Kirche das Gefchäft der Erziehung
beforgen. — Ein wefentlich anderes Bild entwirft uns der
Verf. in feinem weiteren Berichte, welcher die Gefchichte
der .weltlichen' Schulen S. 54— 328 darftellt. Hier hören
wir nicht nur von einer erfreulich großen Zahl von
Schulen, welche unter dem Einfluffe der Reformation
begründet werden (zu ihnen gehören die Schulen in
Landau, Höningen-Griinftadt, Dürkheim, Hornbach, Lauingen
, Zweibrücken, das reichsftädtifche Gymnafium in
Speyer u. a.). Hier begegnet uns auch eine Reihe edler
Fürften, welche fich der Hebung des Schulwefens in ihren
Landen mit dem perfönlichften Intereffe angenommen
haben, und eine noch größere Zahl von Rektoren und
Lehrern, welche einen unmittelbar perfönlichen Einfluß
auf die Entwicklung der einzelnen Schulen und ihrer
Schüler nach der guten Seite hin, vereinzelt freilich auch
im fchlechten Sinne, ausgeübt haben. Charakteriftifch ift
an diefen Schulen ferner, daß fie fich zum Teil unter
dem Drucke wechfelnder dynaftifcher Einflüffe, den Einwirkungen
der jeweils herrfchenden geiftigen Zeitftrömun-
gen zugänglich erwiefen und verftändnisvoll angepaßt
haben. Im 16. Jahrh. kommen die entfcheidenden Anregungen
aus Straßburg; Marbach wirkt im Sinne des
lutherifchen, Sturm im Sinne des reformierten Bekennt-
niffes. In den folgenden Jahrhunderten werden die päda-
gogifchen Einflüffe eines Ratke, eines Comenius, der
Pietiften, der Philanthropen, der Neuhumaniften und der
Vertreter der Aufklärung fpürbar. Unter den S. 329—348
aufgeführten, in der Pfalz gebrauchten Schulbüchern
finden wir auch die bekannten Lehrbücher von Comenius
und Bafedow. Daß der in aller Hinficht unzuverläffige
C. F. Bahrdt in Heidesheim ein Philanthropin begründete,
welches trotz feines kurzen Beftehens den Pfälzer Schulen
mancherlei pädagogifche Anregung gab, ift bekannt
S. 70—74. Von hohem gefchichtlichen Werte dürfte ein
Gutachten des Neuhumaniften J. M. Gesner in Göttingen
fein, von dem Reiffinger S. 181 ff. eine Analyfe gibt, und
welches demnächft im 2. Bande der .Dokumente' veröffentlicht
werden foll. Intereffant ift, daß ein zweiter
Göttinger Profeffor, der Theologe Peter Miller, zum Gutachten
über die Errichtung einer Realfchule aufgefordert
wird S. 291. — Es ift nicht möglich, auf die Menge von
Einzelheiten einzugehen, welche die .hiftorifche Einleitung,
R.s zur Pfälzer Schulgefchichte bietet. Manche derfelben
haben naturgemäß eine bloß landes- oder lokalgefchicht-
liche Bedeutung. Aber darin geht ihr hiftorifcher Wert
keineswegs auf. Sie bieten vielmehr auch ein fehr wertvolles
Illuftrationsmaterial für eine Allgemeine Gefchichte
der Pädagogik feit der Reformation. Das gilt nicht nur
von den in diefem Bande abgedruckten 35 Dokumenten,
fondern auch von der verftändnisvollen Benutzung diefer
und der noch nicht erfchienenen weiteren Dokumente in
der gefchichtlichen Überficht, welche der Verf. am Anfange
feiner Publikation gegeben hat. Wer fich mit der
Gefchichte der Pädagogik eingehender befchäftigt, wird
fich darum dem Verf. zu großem Danke verpflichtet fühlen
und dem Abfchluffe feiner Arbeit mit gefpannter Erwartung
entgegenfehen.

Göttingen. K. Knoke.

Brooks, Bifch. Phillips: Siegeskraft. Religiöfe Reden
(Neue Folge). Autorifierte Überfetzung von Katharina
Deggeller, mit einem Vorwort von Pfr. Karl Stockmeyer
. (VIII, 271 S.) 8°. Bafel, F. Reinhardt 1911.

M. 4—; geb. M. 5 —

In der Überfetzung und Herausgabe diefer Predigten
erblicke ich ein Verdienft. Es kann der deutfchen Predigt
nur gut fein, fich durch amerikanifche und englifche Vorbilder
befruchten zu laffen. Zumal wenn es fo ungewöhnlich
bedeutende Predigten find, wie die diefes Bifchofs
der Episkopalkirche in Maffachufets, die Gemütstiefe und