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Ausgabe:

1911

Spalte:

586

Autor/Hrsg.:

Steinmetz, Rudolf

Titel/Untertitel:

Das Gewissen des Paulus 1911

Rezensent:

Windisch, Hans

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Seite 1

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586

diefe Gemeinfchaft zu gewinnen, dabei die Punkte markierend
, welche auf Grund des dürftigen Quellenmaterials
undeutlich find. Allem Anfchein nach hielten fie nach
jeder Berührung mit anderen Juden fowohl als mit Heiden
ein Wafchen des Leibes zur Reinigung für notwendig.
Die Ablution beftand jedesmal in Bädern. Ob fie damit
heterodoxe Anflehten verfolgten, wiffen wir nicht; doch ift
es fehr wahrfcheinlich, daß fie den Ablutionen noch andere
Wirkungen als die des rituellen Badens zufchrieben. Was
B. über die Taufftätten des Johannes I, S. 71 f. fagt, läßt fich
nicht beweifen. Als fraglich muß die Ausführung bezeichnet
werden: Johannes hat der Taufe das Vermögen zuerkannt
, die Menfchen, die fich zu Gott bekennen, von ihren
Sünden rein zu wafchen, fodaß die Sünde nicht mehr den
göttlichen Zorn auf fich ziehen kann. Man dürfe nicht in
der Johannestaufe den Urfprung der chriftlichen finden;
ihr eignete nicht ein Charakter, welcher der jüdifchen
und chriftlichen Profelytentaufe ähnlich war. In Anknüpfung
an feine frühere Thefe, daß die Mandäer nicht
für Nachkommen der Johannesjünger zu halten find, macht
hier B. nachdrücklich darauf aufmerkfam: dem Täufer
kam es nicht in den Sinn eine Gemeinde zu gründen; er
wollte nur in dem Glauben, daß der jüngfte Tag vor der
Tür ftehe, das ganze Volk zur Bekehrung auffordern. Die
Exiftenz einer Johannesgemeinde foll auch durch AG. 19
nicht bezeugt fein.

Der folgende Teil behandelt den Baptismus mit dem
Tauchbad zur Sündenvergebung bei den vom Judentum
ausgegangenen Sekten. Hier wird die Thefe durchgeführt,
daß von helleniftifch-jüdifchen Prämiffen aus ein Baden
oder Untertauchen zur Vergebung der Sünden angenommen
wurde. Von den judenchriftlichen Sekten hat die Großkirche
die Verbindung der Taufe mit der Sündenvergebung
entlehnt. Bei diefer Darlegung kommen als Quellen außer

Überlieferung uns wiffen laffen will, mit dem häretifchen
Baptismus zufammen. Die johannei'fchen Schriften bezeugen
befonders durch ihre Polemik das Vorhandenfein
einer ftarken chriftlichen Partei, der das Waffer als alleiniges
fakramentales Element zum Heil diente. Zweitens, die
auf die Reinheit bezüglichen Ausfprüche Jefu (Mark. 7, 15 f.,
Matth. 15, 11. 15f. und Matth. 23,25f., Luk. ii, 39f.), welche
in ihrem Kern einen Widerfpruch gegen das gefchriebene
Gefetz enthalten, können dem hiftorifchen Jefus nicht zuerkannt
werden. Ihren Urfprung facht B. durch eine
griftreiche Hypothefe zu erklären.

Breslau. G. Hoennicke.

Steinmetz, Lic. Rud.: Das Gewiffen bei Paulus. 4. Tauf.
(Biblifche Zeit- u. Streitfragen. VI. Serie. 8. Heft.)
(33S.)8°. Gr.Lichterfelde-Berlin,E.Rungei9n. M.—50

Der Verf. diefes Heftes behandelt exegetifch, bisweilen
in kritifcher Auseinanderfetzung mit abweichenden Meinungen
, die einzelnen Stellen, in denen Paulus vom
Gewiffen redet und kommt dabei zu folgenden Hauptreful-
taten: Das Gewiffen ift nach Paulus allen Menfchen eigentümlich
als ein Urteil oder Zeugnis über das vollbrachte
oder beabfichtigte eigene Tun oder das Tun andrer, ift
wirklich der Widerhall der Stimme Gottes im Menfchen,
freilich nicht fo deutlich, daß es auch die Wahrheit des
Chriftentums und die Gewißheit der Offenbarung bezeugte;
auch das unvollkommene Gewiffen ift zu achten, doch
foll es fich erziehen und bilden laffen, daß es zu der
Vollkommenheit und Klarheit gelange, wie fie innerhalb
der chriftlichen Offenbarung erreichbar ift. Gegen die
Ausführungen wird man, von einigen exegetifchen Einzelheiten
etwa abgefehen, nichts Wefentliches einwenden
der pfeudoclementinifcheiÜLiteratur die Angaben der ein- I können — das Thema ftellt ja auch nicht eigentlich eine

zelnen Kirchenväter, befonders die des Epiphanius in .biblifche Zeit- und Streitfrage' dar. Nur Ergänzungen
Betracht. In vielen Punkten ift es hier freilich unmöglich, I würde ich wünfehen. Einmal follte einiges über den fehr bebefriedigende
Ergebniffe zu konftatieren. Oft muß man fich deutfamen Gebrauch des Wortes in der griechifchen Literatur
mit wenig Sicherem begnügen. Das gilt fpeziell von den ! angegeben werden, fodann wäre es wünfehenswert, wenn
Angaben des Epiphanius über die Elchafaiten, Offäer ■ die Ergebniffe mit den fonftigen Urteilen des Paulus über
(nachB. identifch mit denEffäern und auch den Nafaräern) I das ethifche Denken und Handeln des Menfchen und des
und Sampfäer. Von B. werden 2 Hauptftrömungen unter Chriften verglichen würden.

den Sekten konftatiert, die Ebionäer und Elchafaiten, die j Leipzig. Hans Windifch

beide in wafferreichen Gegenden ihren Sitz hatten. Erftere '
legten dem Waffer geheime Kräfte zu, badeten täglich -

und begründeten das Inftitut der Taufe zur Sündenver- Harnack, Adolf: Em judifch-chriftliches Pfalmbuch aus dem

gebung mit eingehenden Theorien (vgl. I, S. 98fr.); letztere erlten Jahrhundert [The Odes . . . of Solomon, now
betrachteten das Tauchbad als Mittel, von jedweder ', first published from the Syriac Version by J. Rendel
Sünde, auch der gröbften, ledig zu werden, und gebrauch- ' Harris, 1909], aus dem Syrifchen überf. von Johannes
Jen außerdem Wafchungen bei verfchiedenen Krankhe.ts- piemming, bearb. u. hrsg. von H. (Texte u. Untertanen
. Uber Urfprung und Alter beider Strömungen &' ° v •
läßt fich pofitives nicht ausmachen. Man darf vielleicht Eichungen z. Gefch. d. altchnftl. Ltt. 3. Reihe, 5. Bd.,
mit B. behaupten, daß die Elchafaiten unter anderer, mehr ; Heft 4.) Leipzig, J. C. Hmrichs 1910. (VII, 134 S.)
allgemeiner Bezeichnung fchon früh vorhanden waren: fie j gr. 8° M. 4.50; geb. M. 5.50

al? mreK Tlleich^bd,Juft!n bs Mrrf m-' rl^Ä Ostrich, Pfr. Lic. Dr. G.: Die Oden Salomes unter Be-
ms Masbothaer. Doch will B. die Möglichkeit offen 1 -i_ i- c ^ 1 ,

'nflen, daß im 3. Jahre Trajans der elchafaitifche Baptis- j ruckfichtigung der überlieferten Stichenghederung.
mus im Oftjordanland durch Anregungen vom Euphrat J Aus dem Syrifchen ins Deutfche überfetzt und mit
her entftanden ift. Unbedingt ficheres wird fich hier | einem Kommentar verfehen. (Neue Studien zur Gefch.
rtchwerlich Eigen laffen. Feftfteht nur, daß die Lehren j der xheolo„ie u. der Kirche. 9. Stück.) Berlin, Tro-
oer Elchafaiten lange Zeit und weithin nach Offen ver- i ,„:f.,r. <? c u„ /yyttt „äqi ^ an %n r

breitet waren. Eingeleitet wird diefer Teil der Darlegung j Wltzfch & Sohn l9ll> (XXIII> J36 S") &■ 8° ^. 5
mit einer eingehenden Befprechung von orac. sibyll. IV, 1 Ich muß um Entfchuldigung bitten, daß ich über
löiff. und im Gegenfatz zu verfchiedenen Forfchern be- ; die erfte Schrift, deren Vorrede vom 25. März 1910 ge-
wiefen, daß hier nicht an die Profelytentaufe zu denken j zeichnet ift, erft jetzt berichte; eine längft angefangene
rtei. Orac. sibyll. IV, 161 ff. ift allem Anfchein nach ein | Anzeige blieb liegen, weil ich über Richtigkeit oder UnProdukt
des häretifchen Judentums, wo das Tauchbad zur 1 richtigkeit der von Harnack aufgeftellten Hypothefe, daß
Sündenvergebung zu Haufe war. An effäifche Luftrationen uns hier ein jüdifches Pfalmbuch in chriftlicher Uber-
•ft nicht zu denken. j arbeitung vorliege, zu keinem fiebern Urteil kommen

Am Schluß feiner beiden Schriften zieht B. die Pol- j konnte. Seither hat mehr als ein Viertelhundert von
gerungen aus feinen Unterfuchungen. Erftens, die chrift- 1 Gelehrten zu dem merkwürdigen Fund zum Teil mehrliche
Religion in ihrer älteften Geftalt auf femitifchem fach das Wort genommen; ich nenne: Barnes, Batiffol,
Boden hängt mehr, als die evangelifche und katholifche Börner, Bultmann; Giemen, Conybeare; A. D., Diettrich|

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