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Ausgabe:

1911 Nr. 18

Spalte:

548-549

Autor/Hrsg.:

Knabenbauer, Iosephus

Titel/Untertitel:

Commentarius in Proverbia 1911

Rezensent:

Löhr, Max

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 18.

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diefen Texten fowie in allen übrigen Grenzfteintexten der
3. und 4. babylonifchen Dynaftie vorkommenden Keil-
fchriftzeichen, endlich ein ausführliches Wörterverzeichnis
mit englifcher und deutfcher Überfetzung. Eine Einleitung
orientiert kurz über die Bedeutung der Kudurrus
und gibt die wichtigfte Bibliographie. In älterer Zeit
(die älteften kudurru flammen aus der die Hammurapi-
dynaftie ablöfenden ,Kaffiten'-Dynaflie, etwa 1750—1250
v. Chr.) werden diefe Grenzfteine nur bei Landfchenkungen
des Königs an hohe Beamte etc. verwendet, fpäter auch
bei Landübertragungen zwifchen Privatperfonen. Die In-
fchrift gibt genau die Grenzen des betreffenden Land-
ftückes an, das feinem neuen Befitzer fowie deffen Nachkommen
dauernd zugefichert wird. Schwere Fluchformeln
bedrohen eine etwaige Verletzung des Eigentumsrechtes.
Die auf den Grenzfteinen eingemeißelten religiöfen Embleme
, welche den in der Infchrift zum Ausdruck kommenden
Rechtsakt dem Schutze beftimmter Gottheiten unterftellen,
kommen in diefem Bändchen, das lediglich in die In-
fchriften einführen will, nicht zur Behandlung.

Heidelberg. Ranke.

Sittig, Ernestus: De Graecorum nominibus theophoris. (Diss.
phil. Hai. Vol. XX Pars 1.) Halis Sax., M. Niemeyer
1911. (XI, 167 p.) gr. 8° M. 5 —

Die Erforfchung der Ortsnamen hat eine Schicht
vorgriechifcher Namen und wichtige gefchichtliche Zu-
fammenhänge feftgeftellt. Zur methodifchen Verwertung
theophorer Namen für die Gefchichtsforfchung find erft
Anfänge gemacht worden. Der wefentliche Sinn der Beilegung
folcher theophorer Namen ift, daß der im komponierten
Namen enthaltene Gott als Ahnherr bezeichnet
oder das Kind ihm zugeeignet und in feinen Schutz gefleht
wird. Ich will hier nicht auf die von S. behandelten
Details der griechifchen Religionsgefchichte und
Sprachgefchichte eingehen, fondern vor allem die fehr
fruchtbare Methode kennzeichnen, die zur Anwendung auf
andern Gebieten lockt.

Die Hauptgötter der Landfchaft erweifen fich vielfach
als folche auch durch die Frequenz der theophoren
Namen. Das häufige Vorkommen derfelben läßt mitunter
fonft nicht bezeugte Kulte erfchließen, wie das Fehlen
eine wichtige negative Inftanz ergeben kann. Die ver-
fchiedene Frequenz in verfchiedenen Zeitaltern geblattet
öfter Schlüffe auf die wechfelnde Bedeutung des Gottes.
Wie wichtig find die theophoren Namen (S. 12 u. 157)
zur Ergänzung des wenigen, was wir vom Gotte Sandas
oder von Ai]loxxi]c, wiffen. Mandros (?) ift mit Sicherheit
nur aus folchen Namen erfchloffen (S. 43 ff). Ähnliche
Beifpiele S.48f. 71. —Die Eigennamen erweifen die Form
'AxaXlmv als urfprünglich (ft. 'Anöllcov) und beflätigen
die Herleitung von cijceXXa (S. 35 ff). Äiöwaog wird in
vielen Namen Thrakiens und Nordioniens vorausgefetzt;
da nun das e flatt t in der mit der thrakifchen nächfl
verwandten phrygifchen Sprache nachgewiefen ift, dürfen
wir nicht nur den Gott, fondern, worüber Zweifel beftan-
den, auch den Namen aus Thrakien herleiten (S. 85 ff).
Für helleniftifche Religionsgefchichte befonders intereffant
ift das für Ma und Men gefammelte Material und die
wechfelnde Fülle der Asklepiosnamen.

Diefe Beifpiele mögen genügen; aber darauf fei noch
hingewiefen, daß der Verf. fein Material glücklich verwertet
zur Kontrolle moderner Hypothefen über Verbreitung
und Urfprungsort der Kulte, bald beftätigend,
bald mit Recht aufräumend. Die Arbeit ift im ganzen
fo gehaltvoll und anregend, daß ich dem Autor bedauerliche
Verftöße feines Latein nicht vorrechnen möchte.

Göttingen. Paul Wen dl and.

Zapletal, Prof. Dr. Vincenz, O. R: Über einige Aufgaben
der katholifchen altteftamentlichen Exegefe. Rektoratsrede,
gehalten am 15. November 1910. Freiburg (Schweiz),
Univerfitätsbuchh. 1910. (39 S.) gr. 8° M. — 80

Der kleine, ziemlich nüchtern gehaltene Vortrag ift
ohne befondere Urfprünglichkeit und nur deshalb intereffant
, weil er zeigt, was von der altteftamentlichen Wiffen-
fchaft gegenwärtig in Freiburg ertragen werden kann.
Das ift neben dem Betrieb der orientalifchen Sprachen,
der Gefchichte des Orients, der Archäologie und Geographie
bezeichnender Weife die Textkritik in ihrem vollen
Umfange, ferner gewiffe Anfänge der literarifchen und der
hiftorifchen Kritik, wobei freilich die Annahme, daß Irrtümer
in der heiligen Schrift vorkommen, nicht zugelaffen
wird, und der hiftorifchen Kritik demnach die Aufgabe zufällt
, die Wahrheit des Erzählten in Schutz zu nehmen.
Es fehlt bezeichnender Weife der Hinweis auf die
eigentlich hiftorifchen Fächer: die Gefchichte des Volkes
Israel, die Religionsgefchichte, die ja auch unfern ,Pofi-
tiven' lange als radikales Fündlein gegolten hat, und —
felbftverftändlich — die Literaturgefchichte. So fauer alfo
auch unferer Wiffenfchaft durch einige unferer Regierungen
und nun auch durch manche unferer Fakultäten das
Leben zuweilen gemacht wird, fo dürfen wir uns doch
freuen, nicht — in Freiburg zu fein.

Gießen. Hermann Gunkel.

Knabenbauer, Iosephus, S. ].: Commentarius in Proverbia.

Cum appendice: De arte rhythmica Hebraeorum,
auctore Francisco Zorell, S. I. (Cursus scripturae
sacrae. Commentariorum in vet. test. pars II in
libros didacticos III.) Parisiis, sumpt. P. Lethielleux
1910. (271 p.) gr. 8° fr. 5.25

Der vorliegende Kommentar zu den Proverbien behandelt
in den prolegomena die üblichen Einleitungsfragen
, ohne aber auf die Literaturgattung diefer Sprüche
und ihr Vorkommen bei anderen antiken Völkern, wie
z. B. den Ägyptern, einzugehen. Immerhin bemerkenswert
aus diefem Teile ift, daß K. als flehende Kunftform
im Buche der Proverbien das Diftichon bezeichnet und
es nach dem Vorgang von Bickell, Müller-Kautzfch u. a.
rundweg zugibt, daß alle Trifticha kritifch verdächtig feien
und durch Konjektur befeitigt werden müffen. — Für
c. 1—9 verfucht er ein Anordnungsprinzip nachzuweifen.
— Sehr beachtenswert find die Unterfuchungen über die
griechifche und fyrifche Überfetzung, befonders über die
erftere. — Im eigentlichen Kommentar find die früheren
exegetifchen Bearbeitungen von den patriftifchen bis auf
die neueften, proteftantifchen und katholifchen, wo es
nötig war, herangezogen. Leider hält fich der Verf. in
der Einzelerklärung und in feinen kritifchen Entfchei-
dungen bei Textverderbniffen nicht auf der wiffenfchaft-
lichen Höhe, die man nach dem Voraufgehenden erwarten
follte: fo z. B. zu 11,16, wo er mit dem hebräifchen Text,
deffen Bedenklichkeit außer Frage fleht und die er felbft
einräumt, doch fehließlich glaubt auskommen zu können.
Noch fchlimmere Konfequenzen zeitigt diefer Konferva-
tismus z. B. 14,32, wo K. das fehlerhafte iniES gegen
■pana fefthält und dazu bemerkt: certum est doctrinam
de immortalitate Israelitis fuisse notam, itemque retri-
butionem vitae alterius post mortem ex eadem doctrina
necessario consequi; at quamvis in hoc libro eius rei
ceteroquin darum indicium non habeatur, lectio textus
mas. tarnen poterit sustineri. Auch das ift eine unerlaubte
Eintragung, wenn K. zu 22,28, dem Verbot, die
Grenzen des Ackers zu verrücken, bemerkt: sententia

sane magis generali notione capienda erit,......ne

temere subvertantur consuetudines antiquitate et auctori-
tate maiorum consecratae. Diefer Art Beifpiele ließen
fich leicht vermehren. Nichtsdeftoweniger wird man den