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Ausgabe:

1911 Nr. 15

Spalte:

464-469

Autor/Hrsg.:

Palmieri, Aurelio

Titel/Untertitel:

Il progresso dommatico nel concetto cattolico 1911

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 15.

464

ftändigen Jndex der Namen und Gegenftände und 3 Karten,
die feinen Text erläutern.

Oxford. Fred. C. Conybeare.

Siedel, Pfr. Lic. Dr. Gottlob: Die Myftik Taulers, nebft
einer Erörterung über den Begriff der Myftik. Leipzig,
J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung 1911. (V, 130 S.) 8°

M. 2.40

Der Verfaffer meint, das Herannahen des Reformationsjubiläums
ftelle die Reformationshiftoriker vor die
Aufgabe, das Verhältnis Luthers zur Myftik aufzuhellen.
Er wolle für den Vergleich ,nur die eine Seite präparieren,
nämlich die Theologie eines der klaffifchen deutfchen
Myftiker' (S. 4 u. 124); .mögen die Lutherforfcher dann
von der andern Seite das Ihre tun'. — Ja, weiß denn S.
gar nicht, daß die Reformationshiftoriker fich längft mit
diefem Thema befchäftigt haben? Kennt er Hering's
Schrift nicht über die Myftik Luther? Weiß er nicht,
daß W. Köhler in feinem Buche .Luther und die Kirchen-
gefchichte' I (Erlangen 1900), S. 236 ff. fpeziell über Luther
und Tauler gehandelt hat? Auch Hunzingers Artikel über
Luther und die deutfche Myftik, Neue kirchl. Ztfchr. 19,
972—988 ift beachtenswert. —

Daß Verf. Taulers Myftik neu darzuftellen gefucht hat,
ift an und für fich fehr verdienftlich, zumal da er den
einzig richtigen Weg gegangen ift, d. h. mit der alten
Lokalmethode, von der fich bekanntlich Preger nicht frei
gemacht, refolut gebrochen, das Hineintragen fpäterer
Definitionen, Diftinktionen, Frageftellungen in Taulers
Predigten völlig vermieden und das, was bei diefem wirklich
wefentlich und charakteriftifch ift, in den Mittelpunkt
geftellt und alles übrige darum herumgruppiert hat. Und
doch befriedigt auch diefe neue Darfteilung der Myftik
Taulers nicht ganz, und zwar deshalb, weil der Verfaffer
zu fehr mit oft recht langen wörtlichen Zitaten operiert.
Er hätte, fo fchwer das auch ift, fo viel Sprachkenntnis
und Sprachgefühl das auch erfordert, in viel ausgedehnterem
Maße verfuchen müffen, Taulers Gedanken
in die Sprache unfrer Zeit umzugießen. So aber kommt
es uns oft vor, als reiche uns S. nur fein Handexemplar
der Frankfurter Ausgabe der Predigten Taulers von 1826
hin, in der er mehrere Stellen rot angeftrichen und mit
ein paar Bemerkungen verfehen hat.

Trotzdem fteckt in dem Buche viel Gutes und Beachtenswertes
. Trefflich ift die ftete Herleitung bzw.
Vergleichung und Gegenüberftellung Taulerfcher Gedanken
mit Stellen aus dem Aquinaten. Ob freilich da,
wo S. Gegenfätze fieht (S. 20 ff. 52 ff), wirklich Gegen-
fätze vorliegen, fcheint mir zweifelhaft. Auch für die
Biographie Taulers fällt einiges ab. So macht es S.
wahrfcheinlich (natürlich nicht aus dem Meifterbuch,
fondern aus Predigtftellen, die als Selbftbekenntniffe gewertet
werden), daß Tauler in feinem 40. Lebensjahre d. h.
,wohl fchon 1339' (das Geburtsjahr würde auf diefe Weife
über 1300 zurückrücken) eine Bekehrung erlebt habe,
zufammenfallend mit feinem Bekanntwerden mit den
Gottesfreunden (S. 86 richtige Definition:_ .myftifche Ge-
finnungsgenoffen, kein organifierter Verein, keine Sekte;
innerhalb und außerhalb des Klofters find fie anzutreffen'.)

Zum Schluß glaubt S. auf Grund feiner Darftellung der
Taulerfchen Myftik unter Heranziehung eines ganz ungenügenden
Vergleichsmaterials aus anderen Gedankenwelten
eine allgemeingültige Definition von dem, was .Myftik
eigentlich ift', geben zu können: .Aufleben eines anderen
Subjekts im Menfchen. Das ift formal der einzig richtige
und mögliche Begriff für Myftik'. Diefe fo zuverfichtlich
vorgetragene Definition fcheint mir jedoch an demfelben
Mangel zu leiden wie alle bisher gegebenen: fie ift ein-
feitig orientiert und zu unbeftimmt. Dann wären ja doch
wohl alle Extatiker, Pneumatiker,Wiedergeborene Myftiker!

Zwickau i. S. O. Clemen.

Bugenhagens, Johann, Ungedruckte Predigten aus den Jahren
1524 bis 1529. Zumeift aus Handfchriften der großherzoglichen
Univerfitätsbibliothek zu Jena zum erften-
mal veröffentlicht von Pfr. D. Dr. Georg Buchwald.
(Quellen und Darftellungen aus der Gefchichte des
Reformationsjahrhunderts. Bd. XIII.) Leipzig, M. Hein-
Aus Nachf. 1910. (XVIII, 350 S.) 80 M. 11.50

H. Hering, der die letzte größere Biographie Bugen-
hagens gefchrieben, mußte noch vor 25 Jahren klagen, wie
wenig Predigten des Reformators wir befäßen (Ofterpro-
gramm Halle 1885). Seitdem find vereinzelt neu aufgefundene
Predigten Bugenhagens bekannt geworden,
zuletzt feine auch in der vorliegenden Sammlung (Nr. IX)
veröffentlichten Katechismuspredigten aus den Jahren 1525
und 1532. Aber nicht im entfernteften reicht das bisher
Veröffentlichte heran an das in diefem Bande aus Handfchriften
der Univerfitätsbibliothek in Jena, der Ratsfchul-
bibliothek in Zwickau und der Stadtbibliothek in Nürnberg
publizierte Material, das 86 Bugenhagenfche Predigten:
15 aus dem Jahre 1524, 56 aus 1525, 12 aus 1526, 1 aus
1527 und 2 aus 1529, meiftens über die herkömmlichen
Perikopen, umfaßt.

Dennoch tragen zur homiletifchen Beurteilung der re-
formatorifchen Verkündigung die Predigten kaum Neues
bei. Vielfach find fie ziemlich lang, find zum Teil überreich
an biblifchen Zitaten, im ganzen kunftlos in der Form, oft
einfache Auslegungen des ftückweis verlefenen biblifchen
Textes. In dogmatifcher Hinficht bieten fie die uns wohlbekannten
reformatorifchen Gedanken in immer neuen Variationen
. Intereffant find fie dagegen in ethifcher Hinficht
und in Bezug auf gemeindliche Einrichtungen. Bezeichnend
ift die Stellung Bugenhagens zur Ordination. Er, der
wenige Jahre fpäter die Ordination in feinen Kirchenordnungen
agendarifch feftlegt, eifert 1525 noch gegen
die unter Handauflegung vollzogene Ordination Georg
Rörers: wer von der Gemeinde erwählt und angenommen
fei, der fei ordiniert. Buchwald will auch hinfichtlich der
Taufe Gleichgültigkeit gegen agendarifche Formulierungen
aus den Predigten herauslefen und meint eine Äußerung
Bugenhagens (S. 209, 27 ff.) fo verftehn zu füllen, als ob
es erlaubt fei, ftatt der trinitarifchen einfach die Formel: ,im
Namen Chrifti' zu gebrauchen. Es wäre das eine für die
anfängliche liturgifche Stellung Bugenhagens fehr bedeut-
fame Äußerung, wenns fo gemeint ift; mir ift jedoch
zweifelhaft, ob die Stelle, die durch einige etc. verdunkelt
wird, fo zu verftehn ift; mir fcheint von der Forderung
des Glaubens für die Taufe die Rede gewefen zu fein.
Sehr lehrreich zur Erkenntnis der damaligen Wittenberger
Gemeindeverhältniffe find die Äußerungen über die Beerdigungen
, ihren Verlauf und ihre Beurteilung, ethifch
wichtig auch die Äußerung über das Tanzen: S. 305, 17ff.

Möchten die trefflichen .Quellen und Darftellungen'
rüftig fortfahren der Reformationsgefchichte zu dienen.

Ilfeld (Harz). Ferdinand Cohrs.

Palmieri, P. Aurelio, O. S. A.: La chiesa russa, le sue

odierne condizioni e il suo riformismo dottrinale.
Firenze, Libreria editrice Fiorentina, 1908. (XV, 759 S.)
gr. 80 L. 5 -

— Mohlianismus et Panpolonismus eorumque methodus
polemica et consectaria. Apologia operis „La chiesa
russa". Romae, V. Salviucci Typogr. 1910. (VII, 38
p.) gr. 80

— II progresso dommatico nel concetto cattolico. (Biblioteca
di Apologia Cristiana N. 1.) Firenze, Libreria Editrice
Fiorentina 1910. (XX, 303 p.) 8° L. 3.50

— Theologia dogmatica orthodoxa (ecclesiae graeco-russicae)

ad lumen catholicae doctrinae examinata et discussa.