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Ausgabe:

1911 Nr. 14

Spalte:

444

Autor/Hrsg.:

Möller, Julius

Titel/Untertitel:

Vom Worte des Lebens. 25 Predigten, gehalten an den Jahresfesten des Pflegehauses zu Obernfelde bei Lübbecke 1911

Rezensent:

Achelis, Ernst Christian

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443

Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 14.

444

rufen wurde. Er ift Ferd. Freiligraths Pate gewefen, S. 63.
Der bedeutendfte unter ihnen war ohne Zweifel Friedr.
Adolph Krummacher (1807—1812), der dann einem Rufe
nach Bernburg und 1824 nach Bremen folgte. Es ift
verftändlich, daß der Verf. bei ihm am eingehendften verweilt
und Proben feiner anziehenden Dichtungen mitteilt
, S. 70—82. Eine fchmückende Beigabe zu dem Buche
bilden die iöfauber ausgeführten Illuftrationen, welche teils
Anflehten von der Stadt K. oder von einzelnen Gebäuden
derfelben, teils Porträts von Geiftlichen und von einem
Lehrer, die in der dortigen Gemeinde gewirkt haben,
darftellen.

Beiden vorftehend befprochenen Büchern ift freundliche
Beachtung in den für Lokalgefchichte intereffierten
Kreifen zu wünfehen.

Göttingen. K. Knoke.

Traub, Pfr. Lic: Konfirmationsnot u. apoftoüfches Glaubensbekenntnis
. EinMahnwort an befinnl.Eltern. 1.—3.Tauf.
(50 S.) 8°. Berlin-Schöneberg, Proteftantifcher Schriftenvertrieb
1911. M. —50

Traub gibt zunächft eine gedrängte Überficht über
die gefchichtliche Entftehung und Entwicklung der Konfirmation
und fchildert dann ihre Feier auf Grund der
Preußifchen Agende. Die daran geknüpfte Kritik fcheint
mir in allen wefentlichen Punkten berechtigt zu fein. In
ablehnendem Sinne behandelt er fodann den Vorfchlag,
die Konfirmation in ein fpäteres Alter zu verlegen. Andrer-
feits tritt er ein für eine Trennung der Konfirmation und
der erften Feier des Abendmahls. Er verlangt aber vor
allem die Ausfchaltung des apoftolifchen Glaubensbe-
kenntniffes aus der Konfirmationsfeier und begründet
diefe Forderung durch eine Gefchichte und Kritik des
Apoftolikums, bei der ich allerdings zu unbedeutenden
Einzelheiten Fragezeichen machen möchte. Endlich macht
er dankenswerte Vorfchläge für eine Reform der Feier
und legt dabei eine Anzahl verfchiedenartiger Konfirmationsfragen
, zuletzt diejenigen von Pfarrer Jatho, vor.
Bei diefer Gelegenheit darf ich vielleicht auch auf die
von mir formulierten Fragen hinweifen (vgl. meine Schrift
Der Konfirmandenunterricht und der Religionsunterricht
in der Schule, 1907, S. 76 f.), fowie auf meine Schrift ,Der
Streit um das Apoftolicum' 1892, und auf die Predigten,
die mir feiner Zeit einen behördlichen Verweis zugezogen,
aber auch heutzutage inhaltlich noch ihr Recht behalten
haben: ,Proteftantifche Grundfätze über Gottesdienftord-
nungen' (Magdeburg 1894). Traubs Schrift ift vom Standpunkt
des evangelifchen Gewiffens gefchrieben und follte,
zumal von den Eltern, fehr beherzigt werden. Nicht bei-
ftimmen kann ich ihm in feiner Erklärung der Sitte der
Privatkonfirmationen im 18. Jahrhundert, die er lediglich
aus der Neigung zur feierlichen Sentimalität ableitet; fie
war vielmehr notwendig, weil die öffentliche kirchliche
Ordnung nichts Derartiges kannte und erft allmählich und
widerftrebend die Konfirmation zuließ. Und nicht recht
zur Geltung kommt bei Traubs Darlegung der Gefichts-
punkt, daß das Apoftolikum in die öffentliche Konfirmationsfeier
deshalb fo leicht und fo allgemein aufgenommen
worden ift, weil Luther in feinem kleinen Katechismus
es trotz aller feiner Umdeutung oder feines neuen
Verftändniffes doch zur Grundlage der kirchlichen Unter-
weifung über den Glauben gewählt hat. Es ift auch
wohl nicht zufällig, daß ungefähr um diefelbe Zeit, als
fich allmählich die Konfirmation als öffentliche Ordnung
allgemein durchgefetzt hatte, der preußifche König das
Apoftolikum in die fonntägliche Gottesdienftordnung einführte
.

Frankfurt a/Main. W. Bornemann.

Referate.

Eliahab: Die hundertjährige Religionskriris im Judentume, in ihrer

Bedeutung für das judenchriftliche Problem. Ein Aufruf zur Säkular -
feier der Juden-Emanzipationen, nebft einem Programm. Berlin,
H. Schildberger (1910). (64 S.) gr. 8° M. 1.50

Zahlreiche Bemühungen find gemacht worden, judenchriftliche Gemeinden
zu gründen; fie haben trotz der von Miffionen und Miffions-
freunden gewährten Unterftützung ftets, wenn fie überhaupt ins Leben getreten
find, ein fchnelles Ende gefunden. Für alle die Gegenden, in
welchen nicht Juden, bezw. Judenchriften in großen Mafien beifammen
wohnen, find folche Verfuche ausfichtslos und zu verwerfen; denn die
einzelnen durch die Taufe zu Jefu als dem Chrift Geführten müffen in
chriftlichem Verkehr, alfo als Glieder einer fichtbaren Kirche, wurzelfefte
Chriftusgläubige werden. Ober Gegenden, wo die Juden als gefchloffene
Volksmaffen beieinander find, will ich hier nicht urteilen. — Ein neuer
Verfuch, zunächft in Deutfchland die Jefum als den Meffias annehmenden
Ifraeliten zu vereinigen liegt vor in dem Eliahab-Bunde, (der Name ift
übrigens falfch gebildet) ,dem Bunde der Gottfucher'. Der VerfafTer des
zur Förderung diefes Bundes auffordernden Schriftchens, Dr. jur.
Alfred Rahmer, Sohn eines Rabbiners und auch Neffe eines Rabbiners,
hat fich nicht genannt: ich glaube ihn nennen zu dürfen, da er am
19. Febr. 1911 in Berlin in federn Glauben au Jefum als den Meffias ge-
ftorben ift und er bei einem Neudruck fich felbft genannt haben würde.
Manche ihm gleichdenkende Freunde beabfichtigen in feinem Sinne
weiterzuarbeiten. Ob fie Ausdauer und Kraft genug befitzen und ob es
in Gottes Willen liegt, daß jetzt eine mehr denn ephemere Vereinigung
zu ftande kommt? — Das Schriftchen enthält manches Beachtenswerte;
fo wird S. l6. 4of. anerkannt, daß feitens der Juden an Jefu ein Juftiz-
mord verübt worden ift, und es wird (wie fchon von Anderen) ,Revifion'
diefes Prozeffes verlangt. Anderes fordert zur Kritik heraus; ich glaube
aber auf folche hier verzichten zu follen. Wenn das Schriftchen neugedruckt
werden foll, ift vor allem die geradezu greuliche Tranfkription
der hebräifchen Sätze zu ändern, welche erft dann verftändlich wird, wenn
man die großgedruckten Buchftabeu ins Hebräifche zurückumfehrieben
hat (a = 6«, e = 5).

Berlin-Großlichterfelde W. Heim. L. Strack.

Möller, Paft. D. Julius: Vom Worte des Lebens. 25 Predigten, gehalten
an den Jahresfeften des Pflegellaufes zu Obernfelde bei Lübbecke.
Gütersloh, C.Bertelsmann 1910. (176 S.) 8" M. 2.40; geb. M. 3 —

Im Jahre 1856 fliftete die Familie v. d. Reck in Obernfelde ein
Pflegehaus für unverforgte Alte, Sieche und Kinder aus der Gemeinde
Blasheim. Ein kleines privates Liebeswerk, das einen öffentlichen Charakter
wohl nur durch das helfende Intereffe gewonueu hat, das größere Kreife
an dem einfachen, patriarchalifch familienartigen, von aufpruchlofem
chriftlichem Liebesgeifte durchwalteten Haufes gefunden haben. Statt
einer Vorrede teilt ein Bericht ,aus der Gefchichte des Pllegehaufes' das
zur Kenntnisnahme Nötige mit.

Die Feftpredigten, die D. Möller darbietet, nehmen nur zum kleinen
Teil auf das Pflegehaus und feine Schickfale Bezug; es find einfache
Predigten, fürjeden Sonntag geeignet. Daß derVerfaffer feft im lutherifchen
Bekenntnis lieht, fo feft, daß er die Lehre der Apoftel und die der luth.
Kirche oder des Kleinen Katechismus identifiziert (76) und das ,feile
Herz' nicht von der Gnade (Hebr. 13), fondem vom Bleiben in der lutherifchen
Lehre abhängig macht, kann den nicht wunder nehmen, dem die Ver-
hältniffe nicht fremd lind. Auf derfelben Bahn unanfechtbarer neuluthe-
rifcher Orthodoxie bewegen fich alle Predigten, ohne daß jedoch ein
warmer feelforgerlicher Herzenston ausgefchlolfen wäre. Befonders glücklich
ift der Verfalfer in der Wahl von Illuftrationen, die fparfam angewendet
außerordentlich zur Belebung der Rede beitragen. Weniger anerkennenswert
ift feine Schriftverwertung. Man findet Predigten, die den
Text fehr vernachläffigcn, andere, die ihn durch gepreßte Anwendung
martern (z. B. über Joh. 2, 1—11); den Schriftzitateu fehlt es an Sorgfalt
und Richtigkeit, was nicht feiten wie Mangel au Refpekt vor der
Schrift erfcheint. Peinlich berührt es, daß der Verfalfer 1. Petri 3,15
dem Apoftel Paulus in den Mund legt (145) und 2. Kor. 5,9 im Philipperbrief
gefunden haben will (174). — Das Buch ift der Theologifchen
Fakultät zu Greifswald als Dank für die verliehene Doktorwürde gewidmet
.

Marburg. E. Chr. Achelis.

Mitteilungen.

41. Die deutfehe Orient-Gefellfchaft veröffentlicht in Heft 45 ihrer
Mitteilungen Berichte über die Ausgrabungen in Babylon und in
Affur, die bis zum 10. April (refp. 1. Mai) reichen. Aus dem interef-
fanten, auch für die heutigen türkifchen 7-uftände lehrreichen Inhalte heben
wir nur das religionsgefchichtliche Material heraus. Von dem großen,
dem Marduk geweihten Haupttempel Esagila ift die ganze Wellfront
(87 m) und ein Teil der Nordleite freigelegt worden. Auch Hieß man in
dem eigentlichen Wohngebiet der alten Stadt unerwartet auf einen kleinen
Tempel, der von Nebukadnezar auf der Stelle eines altem Heiligtums
angelegt worden ift und der fich durch die wohlerhaltene fchwarzweiße
Bemaluug feiner Wände auszeichnet. — Von wilfenfchaftlichen Veröffentlichungen
der Deutfchen Orient-Gefellfchaft feien neben Koldewey (vgl.
,Mitt.' Nr. 30, Sp. 348) die jüngfterfchienenen ,hiltorifchen Keilfchrifttexte
aus Affur' von Delitzsch und Mefferfchmidt genannt.

42. Neue Belege dafür, daß dem Buche Tobit ein femitifchrs