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Ausgabe:

1911 Nr. 13

Spalte:

395-396

Autor/Hrsg.:

Schönewolf, Otto

Titel/Untertitel:

Die Darstellung der Auferstehung Christi 1911

Rezensent:

Stuhlfauth, Georg

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Seite 1

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395

Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 13.

396

Schönewolf, Otto: Die Darfteilung der Auferstehung Chrifti.

Ihre Entftehung und ihre älteften Denkmäler. Herausgegeben
von Johannes Ficker. Mit 2 Tafeln u.
1 Abbildg. im Text. (Studien über chriftliche Denkmäler
. 9. Heft.) Leipzig, Dieterich 1909. (88 S.)
gr. 8» M. 3 —

Es ift nicht leicht diefer unvollendet hinterbliebenen
Schrift rein wiffenfchaftlich gerecht zu werden. Sie ift
äußerlich und innerlich unfertig; äußerlich wohl allerdings
noch weit mehr als innerlich. Schönewolf unternahm es
Ende 1904 auf Anregung des Herausgebers der Studien
über die Darftellung der Auferftehung und Himmelfahrt
in der altchriftlichen Kunft zu arbeiten. 1906 promovierte
er in Straßburg, 1908 (2. September) ftarb er
als Pfarrer in Eski Schehir. 1907 ließ er von Rom aus
als Reichsftipendiat den Pflichtteil feiner Differtation
drucken; dem ,Bruchftück' follte die größere Arbeit in
den Fickerfchen Studien folgen. Was jetzt vorliegt, ift
wohl an Umfang verdoppeltes, aber doch auch nur
,Bruchftück' und wird es bleiben. S. 75 bemerkt Sch.,
er fchließe die Szene der Himmelfahrt auf der Münchener
Elfenbeintafel von feiner Unterfuchung aus; fie finde
,aber dann in der Ikonographie des Himmelfahrtsbildes
ihre Berückfichtigung'. Und S. 77 A. 1 heißt es noch einmal
: ,Über den fpezififch helleniftifchen Chriftustyp . . .
wird bei der ,Himmelfahrt' zu fprechen fein'. Diefer
ganze Teil aber über das Himmelfahrtsbild ift nie zu-
fammenhängend niedergefchrieben und infolge deffen
auch nicht veröffentlicht worden: er fehlt. Man muß
das auch aus fachlichem Grunde bedauern, weil, von
anderen vermutlichen neuen Erkenntniffen abgefehen,
einzelne Lokalifierungen von Denkmälern bzw. Bildtypen
in dem erften Teil der Studie ihre Beftätigung oder Ergänzung
erhalten hätten. Es fehlt ferner die Entwickelung
des Auferftehungsbildes über die behandelten Anfänge
hinaus. Es fehlt außerdem ein einleitender Hauptteil:
der eigentlich religions- und dogmengefchichtliche. Auch
innerhalb des jetzt Gebotenen läßt fich eine gewiffe Unausgeglichenheit
nicht verkennen. Überdies haben zuvorkommende
neue Erfcheinungen während seiner Arbeit
: die Differtation von Petkowic über die Münchener
Elfenbeinplatte (74) und das Buch von W. Altmann,
Die italienifchen Rundbauten (79) den Heimgegangenen
zu wefentlichen Änderungen und Streichungen feines
Textes veranlaßt. Das erfte Stück feiner Textnieder-
fchrift, das er als Differtation druckte, befriedigte den
Verfaffer felbft nicht (vgl. Briefe aus Kleinafien von einem
Frühvollendeten, hg. von J. Schönewolf, 1910, S. 58), das
Weitere ift in der Tat ,reifer, gegründeter' (ebda).

Was nun die von Johannes Ficker, dem Lehrer
und Freund, herausgegebene .Studie' in ihrer jetzigen
Geftalt bietet, ift dies: Nach einer kurzen Darlegung der
mit der Schaffung eines Auferftehungsbildes formal und
inhaltlich verknüpften Schwierigkeiten, betitelt: Das
Problem (1 f.), folgt §1: Die fymbolifche Darftellung
der Auferftehung. Auf breiter Grundlage ift hier jene
fo charakteriftifche Kompofition: Kreuz mit Monogramm
Chrifti im bänderverflochtenen Lorbeerkranz am Kopf
des Vertikalbalkens, zwei pickenden Tauben auf den Querarmen
und zwei (fitzenden, fchlafenden oder flehenden)
Soldaten darunter zu Seiten des Schaftes, die auf der
Mitte der Schauwände einer großen Reihe gallo-italifcher
Sarkophage erfcheint und feit Ferd. Piper als fymbolifche
Darftellung der Auferftehung gilt, in ihrer formalen
Abhängigkeit von dem Konftantinifchen Labarum einer-
feits, ihrer Beziehung zu dem Votivkreuz in Jerufalem
andererfeits, ferner im Rahmen der fie umgebenden
Relief bilder fowie hinfichtlich ihrer Provenienz unterfucht
mit dem Ergebnis, daß fie, in Gallien entftanden, weder
als Symbol noch als Vorftufe einer Auferftehungsdar-
ftellung aufgefaßt werden könne; ihr komme nicht der
Sinn eines konkreten gefchichtlichen Ereigniffes zu, fondern
nur der eines allgemeinen Ideenkreifes: Sieg- und
Triumphzeichen und Amulettcharakter. Es fcheint aber,
als wäre es methodifch richtiger, für das vorgetragene
Deutungsrefultat freilich auch nicht günftig gewefen, die
Kompofition mehr aus den Denkmälern als aus dem allgemeinen
Ideenkreis, wie er fich dem Verfaffer fpeziell
in dem Labarum Konftantins kriftallifiert, zu erklären
und den in § 2 behandelten Sarkophag, der bei genau
dem gleichen Kompofitionsfchema durch das Auftreten
der Frauen des Oftermorgens anftatt der .Grabeswächter',
die Sch. als Doppelpoften am Kreuz (nicht am Grab!)
nach Art der Labarumswache auffaßt und in denen er
keinen wefenbeftimmenden Faktor der ganzen Kompofition
erkennt (21 f.), fo wie ihm auch die Tauben nur
dekorative Gebilde des .Wappenftils' find, während ihn
allerdings die vereinzelt wiedergegebenen Sol- und Luna-
bilder über der Nifche des .Symbols' ftutzig machen und
an die Analogien bei Kreuzigung und Himmelfahrt erinnern
, ja zu der Frage zwingen: .Sollten diefe fiderifchen
Gottheiten Repräfentanten des Univerfums fein, das einem
Wendepunkte der Menfchheitsgefchichte (!) feine Teilnahme
bezeugt?' (22), die Abficht der ganzen Kompofition
fchon von ihrem erften Entwurf an fo eindeutig
bezeichnet als eine fymbolifche Darftellung der Oftertat-
fache, mit der ganzen Gruppe der übrigen Sarkophage
zufammenzufaffen und aus ihm die weniger deutlich
redenden zu verftehen. Jedenfalls kann aus der Beweisführung
Sch.s nichtdie Negation der Piperfchen Erklärung
der Kompofition gefolgert werden, fondern höchftens
dies, daß in der erft behandelten Gruppe der Sarkophage
die Szene der Auferftehung nur unklar wiedergegeben
fei und vielleicht eine Reihe anderer Ideenaffoziationen
mitfpreche, am Ende gar überwiege. Überdies hat Verfaffer
felbft S. 22 es ausgefprochen: ,Reftlos ift unfere
Kompofition noch nicht erklärt'. So flehen wir denn
erft mit § 2: Die Mifchung des fepulkralen Symbols mit
dem biblifchen Bild (51—54) auf feilem Boden. § 3:
Die hiftorifche Szene (55—86) erörtert die im Anfchluß
an die Konftantinifche Entdeckung und bauliche Ausge-
ftaltung des Grabes Chrifti entflandenen beiden Typen der
bildlichen Darftellung der Auferftehung, vertreten in den
realiftifchen Prägungen der Szene nach den Golgathabauten
auf den Monzefer Ampullen einerfeits, der helleniftifchen
Idealfchöpfung der, in wohlgelungenem Lichtdruck beigegebenen
, Münchener Elfenbeinplatte andererfeits.

Wir haben mithin trotz des Bruchftückcharakters
der vorliegenden Schrift und trotz der in ihr bemerkbaren
Unausgeglichenheiten doch ein dankenswertes
Ganzes: die Genefis und älteften bildnerifchen Formulierungen
des Auferftehungsbildes, foweit fie auf uns gekommen
find. Und im einzelnen behalten die Ausführungen
über das Labarum, die Monzefer Ampullen,
das Münchener Relief, deffen Heimat er in Gallien erkennt
und deffen Datierung in vorkonftantinifche Zeit
Schönewolf mit allem Recht als eine fachliche Unmöglichkeit
betont, mehr oder weniger dauernden Wert. Die
feine äfthetifche Analyfe aber, die Sch. eigen war, und
die gerade den altchriftlichen Bildwerken gegenüber
fo wohltuend berührt, wird als folche immer befonders
anziehend bleiben.

Wörth a. Rhein. G. Stuhlfauth.

Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium curantibus J.-B.
Chabot, I. Guidi, H. Hyvernat. Scriptores syri.
Series secunda. Tomus CI. Dionysius Bar Salibi in
Apocalypsim, Actus et Epistulas catholicas, interpre-
tatus est I. Sedlacek. Romae. Lipsiae, O. Harraffo-
witz MDCCCCX. (133 S.) gr. 8° M. 4 —

Seit dem Erfcheinen des entfprechenden Textbandes
im Jahr 1909 — angezeigt in diefer Zeitung 1910 Nr. [9
Sp. 592 f. — ift auf dem Titel des Gefamtwerks der Name