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Ausgabe: | 1911 Nr. 11 |
Spalte: | 341-342 |
Autor/Hrsg.: | Petrakakos, Demetrios A. |
Titel/Untertitel: | Symbolai eis to poinikon dikaion tes orthodoxou anatolikes ekklesias 1911 |
Rezensent: | Meyer, Philipp |
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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. II.
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derbliches geleidet haben' (18) vermag den kaufalen Zu-
fammenhang zwifchen dem Calvinismus und den mufi-
kalifchen Schöpfungen jener Meifter nicht ohne weiteres
fedzudellen. Einige von Kn. vertretene Ausfagen laffen
fich gleichfalls nur unter Heranziehung anderer Faktoren
und vielverfchlungener Vermittelungen aufrecht erhalten.
— Der Literaturnachweis im Text und in den Anmerkungen
ift ein fehr reicher und dankenswerter; daß er nicht lückenlos
fein konnte, verfteht fich von felbft.
Knodts Schrift ift das 30. Heft der Vorträge der
theologifchen Konferenz zu Gießen. Allen denen, die fich
eingehender mit Calvin befchäftigen wollen, wird fie wefent-
liche Dienfte leiden; zu einer rafchen und ficheren Orientierung
auf dem Gebiet der Calvinliteratur ift fie geradezu
unentbehrlich.
Straßburg i. E. P. Lob dein.
rferQaKitKoq, At]p]XQioq, A. ^vißoXai eiq xö stoivixöv
(ftxaior rfjg öq&oöö^ov ävaxoX. ixxXrjoiag. Leipzig,
A.Deichert Nachf. 1910. (X, 114 p.) gr. 8° M. 3.40
In diefem Werke des durch feine Arbeiten zum orthodoxen
Kirchenrecht wohl bekannten Verfaffers liegt eine
Buchausgabe des Artikels vor, der in den beiden letzten
Heften von 1908 und den beiden erden von 1909 im
'ExxXrjOiaoxixog <Pagog von Alexandrien erfchienen id.
Den Inhalt bildet eine höchd abfprechende Kritik
des Iloivtxov dixcuov von K. M. PaXXqq, das auch in diefer
Zeitfchrift, Nr. 21 des Jahrgangs 1908, befprochen id. Die
Vorwürfe des Kritikers laffen fich dahin zufammenfaffen:
Rhallis kenne nicht genügend die Quellen des orthodoxen
Kirchenrechts, benutze fie daher zu wenig, dagegen
fchöpfe er zu viel aus dem lateinifchen Kirchenrecht und
werde fo der orthodoxen Lehre nicht gerecht, verfetze
fie vielmehr mit abendländifchen Gedanken. Noch per-
fönlicher id der Vorwurf, daß Rhallis fich zu fehr an
fremde Dardellungen anlehne, infonderheit an Kobers
und Hinfchius' kirchenrechtliche Arbeiten, was hinficht-
lich Kobers mit ausführlichen Nebeneinanderdellungen
(bis S. 102) nachgewiefen wird. Hier geht der Kritiker
fo weit, daß er feinem Gegner fogar XoyoxXonla vorwirft
(S. 10).
Referent fieht fich nicht zum Schiedsrichter zwifchen
den beiden Gelehrten berufen, glaubt aber doch feine
Stellung angeben zu follen, nachdem er fich in feiner
Befprechung von 1908 nur auf dem Standpunkt des theo-
logifchen Sachbeurteilens gehalten hat.
Es id zweifellos, daß Rhallis fich in verfchiedenen
Partien an Kober, Die Depofition und Degradation nach
den Grundfätzen des kirchlichen Rechts, Tübingen 1867,
fehr nahe angefchloffen hat. Übrigens tritt die Quantität
der Abhängigkeit etwas zurück, wenn man die Ver-
gleichungen an Rhallis Schrift felbd vornimmt. Es muß
auch bemerkt werden, daß Rhallis in der Einleitung
ausdrücklich fagt: *Ex xmv tgycov xmv igfirjvevxmv xoü
xavovixov öixalov avxrjg (d. h. der römifchen Kirche),
xal 6t/ xmv xov 'ivaiov (Hinfchius) Koßrjgov xal 'OXßtxxiov
fieyaXrjv iXoyiodfirjv m<ptXtiav. Aber immerhin wäre es
beffer gewefen, auch an den einzelnen Stellen die Quellen
befonders zu nennen. Was den erden Vorwurf anlangt,
fo id es eine Abficht bei Rhallis, die abendländifche
Literatur dark heranzuziehen. Auch tritt das Recht der
eigenen Kirche keineswegs zurück, was man fchon am
Ende des Buchs aus dem Verzeichnis der zitierten Synoden
erkennen kann. Auch Böckenhoff hat in feiner Befprechung
des Rhallisfchen Werks (Byz. Zeitfchrift XVII, 1908, S.2IO)
anerkannt, daß der Verfaffer erhebliches Quellenmaterial
aus dem orthodoxen Recht ,in felbdändiger Arbeit herangezogen
' hat. Daß die orthodoxe Kirche bei der Arbeitsmethode
von Rhallis Schaden erlitten hat, id nicht zu erkennen
. Und Petrakakos, als ficherem Kenner der orthodoxen
Literatur, id ficher nicht verborgen, daß in der
orthodoxen Kirche die beiden Strömungen immer neben
einander hergegangen find, die, welche die Kenntnis der
abendländifchen Wiffenfchaft vermittelt hat und diejenige,
die aus eigenen Quellen allein hat entfpringen wollen.
Möchte es den beiden Gelehrten gefallen, nicht mit
weiteren Streitfchriften das Publikum zu ermüden. Die
vorliegende Angelegenheit fcheint mir wenigdens hinlänglich
geklärt zu fein.
Hannover. Ph. Meyer.
Buchwald, D. Georg: Guftav Adolf Fricke. Verfuch einer
Biographie. Leipzig, J. A. Barth 1911. (III, 244 S.)
8° M. 4 —
In unferer verärgerten, vom Parteihader zerriffenen
Zeit id es eine wahre Erquickung, das Lebensbild eines
Mannes an fich vorübergehen zu laffen, der ein opti-
midifcher Idealid im fchönden Sinne war. In jüngeren
Jahren fchwärmte er in einer anonymen Brofchüre für
eine Vereinigung aller Kirchen und Konfeffionen und
eiferte gegen jeden ,Bekenntniszwang', was fad die Genehmigung
zu feiner theologifchen Habilitation verhindert
hätte. Aber er wußte den Minider zu überzeugen, daß er
es gerade aus Liebe zum evangelifchen Bekenntnis getan
hatte. Wie er auch in der philofophifchen Fakultät
habilitiert war, fo las er neben fad allen theologifchen
Difziplinen mit Vorliebe über religionsphilofophifche
Fragen. Er war der Überzeugung, die biblifche Heilswahrheit
und den Glauben der Reformatoren im weiteden
Umfang philofophifch begründen zu können. Die Studenten
feuerte er in feinen Konverfatorien zu tiefgründenden
philofophifchen Studien an, ohne die es keine fedgegründete
Überzeugung und keine lebenfchaffende Verkündigung
des Evangeliums gebe; und einem Liebknecht hat er in
dundenlanger Difputation die Hohlheit des Feuerbach-
fchen Atheismus anzudemondrieren gedieht. In der Politik
war die nationale Gerinnung in allen Wandlungen der
Zeit die Seele feines Wirkens. An das Frankfurter Parlament
hat er Petitionen in liberaldem Sinne richten geholfen
, im Kampf für Schleswig-Holdeins Landesrecht
und feinen Herzog hat er in erder Reihe gedanden, als
Feldpropd id er im beden Einvernehmen mit dem
katholifchen Kaplan an feiner Seite mit dem fächfifchen
Heer nach Oderreich gezogen, um gegen Preußen zu
kämpfen. Aber es kam die Zeit, wo er Kaifer Wilhelm
und feinen Paladinen entgegenjubelte, wo er Bismarck
mit Begeiderung feierte; und den warmen Händedruck des
Kaifers bei der Hauptverfammlung des Gudav Adolphvereins
in Potsdam hat er für den Höhepunkt feines
Lebens gehalten.
Was ihm die Natur mitgegeben, war ein unverfieg-
barer Rededrom, der felbd feine Brautbriefe und feine
Tagebuchblätter durchflutet, bei dem es ihm nach gut
fächfifcher Manier gleich war, ob er deutfeh oder lateinifch
redete. Aber nie waren es rhetorifche Phrafen, immer
wertvolle Gedanken, in denen religiöfe und patriotifche
Wärme pulfierte. Er hat unermüdlich geredet auf Kanzel
und Katheder, in Synoden und in der fächfifchen Kammer,
in Konferenzen von Geidlichen und Lehrern, auf der
Rednerbühne in Volksverfammlungen und bei vaterländischen
und kirchlichen Fedfeiern. Dabei unterdützte
ihn eine Arbeitskraft ohne Gleichen. Hörte man den
weder großen noch darken Mann im Freundeskreife, wo
die Zigarre im Nu vor feinem Munde verfchwand, oder
in der Öffentlichkeit eifern, fo meinte man, er müffe fich
rafch aufreiben; aber er war noch aus der Zeit, wo man
Nerven nicht kannte, und id zu hohen Jahren gekommen.
Seine Lebenszeit hat er Stunde für Stunde ausgenutzt.
Oft Schrieb er bis an den hellen Morgen feine zündenden
Briefe und trug fie felbd zur Pod. In feinem amtlichen
Wirken hat er am Krankenbett, wie in der Seelenpflege
aller Art feine Stelle ausgefüllt und den Kirchbau in
feiner Gemeinde mit praktifchdem Gefchick geleitet, im