Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1911 Nr. 9

Spalte:

284

Autor/Hrsg.:

Möller, Max

Titel/Untertitel:

R. Pearsall Smith. Ein Lebensbild 1911

Rezensent:

Loofs, Friedrich

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

283

Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 9.

284

gelifchen Kirche, durch das Mittel künftlerifcher Anfchau-
ung in neuer Weife lieb zu machen. In feierlicher Schönheit
verbunden mit der Schlichtheit, die der evangelifchen
Art wefentlich ift, in reicher Mannigfaltigkeit alter und
neuer Kunftformen, aber unter Vermeidung jeder katho-
lifierenden Symbolik, jeder myftifchenVerftiegenheit, fchöp-
ferifch individuell, wie ein proteftantifches Kunftwerk fein
muß, aber in vertrautem Anfchluß an gefchichtlich Gewordenes
und Gewöhntes, kein Bilderbuch, keine Illuftra-
tionenfammlung, fondern ein Werk, in dem Text und
Schmuck zur Einheit innig verwachfen find, um alte
Weifen in neuer Form dem Volk ins Herz zu bringen,
fo fteht dies Gefangbuch da, ein Kunftwerk aus einem
Guß, das feinen Meifter lobt. Die leichte Farbentönung der
Bilder, die durch die Vervollkommnung und Verbilligung
des Farbendrucks ermöglicht wurde, die große Fülle
neuer und vielgeftaltiger, zum Teil farbiger Originaleinbände
, der bei aller gefchichtlichen Treue neu befeelte
Lutherkopf find befondere Vorzüge der Neuen Ausgabe.
Befonders erfreulich ift, daß das Buch hinfort nur in
Originaleinbänden abgegeben wird, wodurch allein das
Unwefen der bei allem aufdringlichen und unfeinen Prunk
fo armfeligen, öden Fabrikeinbände befeitigt werden kann.
— Daß neben der künftlerifch reich ausgeftattetenSchmuckausgabe
jetzt auch die größere (Schul-) Ausgabe, das Gefangbuch
im Werktagskleid, einen einfachen aber würdigen
Schmuck erhalten hat, wird von allen Beteiligten dankbar
begrüßt werden. Die evangelifche Kirche aber nicht nur
der Reichslande fondern in ganz Deutfchland fchuldet dem
Veranftalter diefer Ausgaben wie der Berichte über fie
bleibenden Dank. Hat feine Schrift vom Jahre 1903 den
Anftoß zu einer längft noch nicht erfchöpften Bewegung
für Gefangbuch-Schmuckausgaben gegeben, fo ift die
vorliegende Schrift mit den ihr zugrunde liegenden Gefangbuchausgaben
in hervorragendem Maße geeignet,
den gedeihlichen Fortgang diefer Bewegung heilfam anzuregen
und zu befruchten. Zwar fo günftig liegen die
Verhältniffe kaum irgendwo fonft wie im Elfaß, wo kein
gefetzlich eingeführtes und privilegiertes Gefangbuch dem
Neuen im Wege ftand und wo ftatt kirchlicher Behörden
und Synoden mit ihren unvermeidlichen Rückfichtnahmen
und Kompromiffen eine unabhängige und vermögende
Paftoralkonferenz als Herausgeberin in der Lage war, den
Mann ihres Vertrauens in ungehinderter Freiheit fchaffen
zu laffen. Aber auch hiervon abgefehen — nachmachen
kann und foll niemand das Straßburger Werk, das als
ein durchaus bodenftändiges fich nicht beliebig verpflanzen
läßt. Aber nacheifern dem hier gegebenen edlen Vorbild
werden hoffentlich noch viele Landeskirchen. Der
fchönfte Erfolg des Straßburger Vorgangs aber wäre,
wenn des Verfaffers Wunfeh in Erfüllung ginge, daß
,außer dem Schmuck des Gefangbuchs unferm Volk auch
bald eine wahrhaft künftlerifche, fchlichte und edle Bibelausgabe
gefchenkt würde'.

Leipzig. Rendtorff.

Referate.

Baehler, Dr. Louis A: Der Buddhi8mus. Eine Skizze. Deutfche Bearbeitung
von Carl Dietz. Breslau, W. Markgraf 1910. (54 S.) gr. 8U

M. — 80

Wer fich mit dem Buddhismus befchäftigt, ift gewohnt, auf das, was
aus Holland kommt, mit befonders günftigen Erwartungen hinzufehen.
Diesmal werden fie enttäufcht. Der Vf., zu Quellenftudien offenbar außer-
ftande, ließ es fich angelegen fein, fich einem Führer anzuvertrauen, der
fich ,nicht nur durch die Gelehrten und Führer unter den Buddhiften hat
unterrichten laffen, fondern auch die beften Werke, die über Buddhismus
gefchrieben worden find, ftudiert und zu Rate gezogen hat'. Diefer Führer
war Olcott. So ift es begreiflich, daß für die alten Perioden des Buddhismus
die Arbeit wertlos ift. Die Jetztzeit kommt nicht beffer zu ihrem
Recht.

Göttingen. H. Oldenberg.

Bigg. f Reg. Prof. Canon Charles: The Origins of.ChHstianity. Edited
by Dean T. B. Strong. Oxford, Clarendon Press 1909. (VIII, 5i8pp.)
gr. 8° s. 12.6

Dies ift ein fehr anziehendes Buch. Es ift für gebildete Lefer be-

ftimmt, nicht für Fachmänner. Doch war der Verfaffer Fachmann und
genau über Alles unterrichtet. Unter feiner Führung wandern wir von der
Gründung des römifchen Reichs und der Gründung der chriftlichen Kirche
in Rom durch die Jahre hindurch bis zum Anfang des vierten Jahrhunderts.
Der Weg ift eine Art Schlangenlinie, die bald links die heidnifchen Kaifer
umkreift und ihre Perfon wie ihre Regierung mit kräftigen Strichen vor
Augen führt, bald rechts die chriftlichen Bewegungen in ihren Leitern oder
in ihren Ideen an jene heidnifchen Weltfürften anknüpft. Die kundige
und unabläffige Verwendung der heidnifchen Literatur bildet einen Hauptreiz
der Schilderung. Der Verfaffer gibt überall fei ne Belege, aber in einer
einfachen, den Gang des Werks nicht aufhaltenden Weife. Jeder Theolog
wird das außerordentlich kernig und knapp gefchriebene Buch gern lefen.
Leipzig. Caspar Rene Gregory.

Der Briefwechfel des Eneas Silvius Piccolomini. Herausgegeben von

Rudolf Wolkan. I. Abteilung: Briefe aus der Laienzeit (1431—1445!.

I. Band: Privatbriefe. — II. Band: Amtliche Briefe. Vorgelegt in der
Sitzung am 23. Oktober 1907. (Fontes Rerum Austriacarum. Öfter-
reichifche Gefchichts-Quellen. Herausgegeben von der Hiftorifcheu
Kommiffion der Kaiferlichen Akademie der Wiffenfchaften in Wien.

II. Abteilung: Diplomataria et Acta. LXI. und LXII. Band.) Wien,
A. Holder 1909. (XXVIII, 595 u. 216 S.) Lex. 8» M. 15.90

In der zweibändigen Sammlung von L. Schmidt, ,Die Renaiffance in
Briefen von Dichtern, Künftlern, Staatsmännern ufw.' (1909) findet fich
von Enea Silvio's Briefen nur eine fpärliche Probe — um fo reicher fließt
in dem obigen Werke die für ihn und die Zeit bedeutfame Quelle, in der
wir infolge fyftematifchen Sammeins befonders in Siena, in den Vatika-
nifchen und anderen Bibliotheken (vgl. Einleitung) gegenüber dem Inhalte
der früheren Ausgaben nicht weniger als 84 neue fchon im 1. Bande erhalten
. Auf Herftellung zuverläffiger Texte hat der Herausgeber, Rudolf
Wolkan, die größte Sorgfalt verwendet, was um fo nötiger war, als gerade
die ältefte Ausgabe (Koeln 1478) ,den jüngften und fchlechteften Text'
enthält (Einleitung p. XXIV). Was den Inhalt der Briefe angeht, in die
dann auch einige größere literarifche Produkte wie die Novelle 'Euryalus
und Lucrezia3 (S. 353—393) fowie ,über das Elend der Hofleute' (S. 453—
487) eingereiht find, braucht nicht darauf hingewiefen zu werden, daß fie
eine Fülle von charakteriftifchen Daten enthalten, wie folche eben nur
in Briefen fich finden, deren Verfaffer eine hervorragende Stelle in der
Zeitgefchichte einnehmen. Natürlich beziehen fich, obwohl wir hier nur
diejenigen Briefe vor uns haben, welche Piccolomini in der Laienzeit',
d. h. vor 1445 gefchrieben hat, viele von diefen auf kirchliche Fragen
und Vorgänge, befonders die amtlichen, welche den 2. Band füllen. Zu
feinen 'Commentarien' bieten fie willkommene Ergänzungen. Der berüchtigte
Brief an feinen Vater mit der Wendung 'scis qualis gallus tu
fueris' findet fich unter n. 78.

Königsberg. Benrath.

Möller, Max: R. Pearsall Smith. Ein Lebensbild. Wandsbeck, Verlagsbuchhandlung
.Bethel' (1910). (59 S.) 8" M. — 50
Eine brauchbare Biographie des Mannes, der für die Entftehung der
modernen Gemeinfchaftsbewegung in Deutfchland die allergrößte Bedeutung
gehabt hat, des Amerikaners Robert Pearfall Smith (f in London
17. April 1898), wäre eine dankenswerte Sache. Aber dies von einem
Geiftlichen der badifchen Landeskirche, Pfarrer Kayfer in Buch am Ahorn,
mit erbaulicher Breite bevorwortete und ,von einem durch die Schriften
von P. Smith gefegneten jüngeren Bruder' verfaßte Lebensbild verdient
wenig Dank. Das Büchlein ift ein modernes Heiligenleben, von dem die
Kirchengefchichte nichts hat. Ohne alle Quellennachweife erzählt es, was
der Erbauung der Gefinnungsgenoffen dienen kann. Nebenfachen werden
mehrfach in breiter Darftellung vorgeführt; aber Smith's Entwicklung wie
feine Kataftrophe hat der Verf. nicht verftändlich gemacht. An letzterem
ift offenbar abfichtliche Zurückhaltung beteiligt; für die erftere, gefchicht-
liche Aufgabe hat es dem Verfaffer felbft an Verftänduis gefehlt.
Halle a. S. Friedrich Loofs.

Kooh, Prof. Dr. Anton: Lehrbuch der Moraltheologie. Dritte, verm.

und verb. Auflage. Freiburg i. B., Herder 1910. (XIV, 688 S.)

gr. 8° M. 11—; geb. M. 12.50

Kochs Schrift ift in dieser Zeitung 1907, 184 ff. von O. Ritfehl
eingehend befprochen und als ,eine in ihrer Art hervorragend tüchtige
Leiftung' anerkannt worden. Weitere Befprechungen find 1907, 623 zu-
fammengeftellt. .Anlage u. Charakter des Buches find fich gleich geblieben
'. Doch enthält die neue Auflage mancherlei Zufätze, ,die die
praktifche Brauchbarkeit des Buches erhöhen', insbefondere ift, foweit
aus Stichproben zu fchließen ift, die Literatur überall bis auf den neueften
Stand gebracht. Um das Buch auch als Nachfchlagewerk brauchbar zu
machen, follte dem Sachregifter, das jetzt nicht feiten im Stiche läßt,
bei weiteren Auflagen erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Schanz, weil. prof. Dr. Paul: Apologie des Chriltentums. (in 3 Teilen.)
Erfter Teil: Gott und die Natur. 4., verm. u. verb. Auflage, herausgegeben
von Prof. Dr. Wilh. Koch. Freiburg i. B., Herder 1910.
(IX, 848 S.) gr. 8° M. 10 — ; geb. M. 12 —

Das umfallende Werk von Schanz ift getragen von einem ,ge-
wiffen Empirismus, der keine volle und lebendige Überzeugung von einer
objektiven Wirklichkeit aufkommen laffen will, ohne daß die theoretifchen
Gründe durch konkrete Tatfachen beftätigt werden' (S. 185). Demgemäß
wird auf einen zur Auseinanderfetzung mit der modernen Naturwiffen-
fchaft ausgeftalteten kosmologifchen Gottesbeweis das größte Gewicht
gelegt. ,Der Stoff ift nicht aus fich selbst; das organische Leben, die
erfte Zelle ift Schöpfung, ein Wunder; die organifche Welt fteigert fich