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Ausgabe:

1911

Spalte:

257-259

Autor/Hrsg.:

Simons, Eduard (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Theologische Arbeiten aus dem Rheinischen wissenschaftlichen Prediger-Verein. Neue Folge. 12. Heft 1911

Rezensent:

Zillessen, Alfred

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack
Fortgeführt von Professor D. Arthur TitiUS und Oberlehrer Hermann Schuster

Järirüch 26 Nrn. Verlag: J. C. Hlnrichs'fche Buchriandlung, Leipzig_HalbjährUch 9 Mark

Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find ausfehließlich an __. _ 1f-.,,

flß .TanriT Nr 9 Profeffor D. Titius in Göttingen, Friedländer Weg 26, zu fenden. ^y. April Lxf LL

viu. uam0. * Rezenfionsexemplare ausfehließlich an den Verlag.

Theologifche Arbeiten aus dem Rheinifchen
wiffenfchaftlichen Prediger-Verein (Zilleffen).

Wecker, Lamaismus und Katholizismus
(Beckh).

Dreyfus, Babismus und Behaismus (Becker).

Carra de Vaux, Der Islam in feinem Verhältnis
zur modernen Zivilifation (Derf.).

Grünert, Arabifche Lefeftücke, zunächfic ftir
Vorlefungszwecke zufammengedellt (Schwally).

Wiener, The Origin of the Pentateuch (Holzinger
).

Budde, Auf dem Wege zum Monotheismus
(Gunkel).

Sola Pool, The Old Jewish-Aramaic Prayer

The Kaddish (Fiebig).
Koch, Gleichniffe Jehl (Jülicher).
Pell, Jehl Opferhandlung in der Euchariftie

(Goetz).

Zwaan, II. Petrus en Judas (Hague).
Budge, Texts relating to Saint Mena ofEgypt

and Canons of Nicaea (C. Schmidt).
Schade, Die Infpirationslehre des heiligen

Hieronymus (Grützmacher).
Hirzel, Abt Heriger von Lobbes 990—1007

(Ficker).

Körner, Erasmus Alber (Schornbaum).

Luther, Die Titeleinfaffungen der Reformationszeit
(Brandi).

Schleiermacher und feine Lieben (Vietor).

Münfter, Gefchichte der Kongregation der
Franziskanerinnen von der Buße und der chrift-
lichen Liebe (Lempp).

Oefterreich, Die deutfehe Philofophie in der
zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts
(Dorner).

Lipps, Leitfaden der Pfychologie (E. W.
Mayer).

Stöhr, Der Begriff des Lebens (R. Otto).
Kaftan, Gemeinfame Weltanfchauung, L'ltra-

montanismus, Proteflantismus (v. Hoensbroech).
Vorwerk, Kinderfeelenkunde als Grundlage

des Konfirmandenunterrichts (Bornemann).
Rothes, Chriffus, des Heilandes, Leben, Leiden,

Sterben und Verherrlichung in der bildenden

Kunft aller Jahrhunderte (Bergner).
Ficker, Neuer Druck und Schmuck des evan-

gelifchen Gefangbuches für Elfaß-Lothringen

(Rendtorff).

Referate: Baehler, Der Buddhismus. — Bigg,
The Origins of Christianity. — Der Brief-
wechfel des Eneas Silvius Piccolomini. —
Möller, R. Pearsall Smith. — Koch, Lehrbuch
der Moraltheologie. — Schanz, Apologie
des Chriftentums.

Erklärung von E. Chr. Achelis.

Wichtige Rezenfionen. — Neuefle Literatur.

Theologifche Arbeiten aus dem Rheinifchen wiffenfchaftlichen
Prediger-Verein. In Gemeinfchaft mit den übrigen
Vorftandsmitgliedern herausgegeben v. Prof. D. Simons.
Neue Folge. 12. Heft. Tübingen, J. C. B. Mohr 1910.
(III, 178 S.) gr. 8» M. 6.80

1. Heinrich Müll er, Was können wir vom kirchlichen Leben
in Holland lernen? Eine Betrachtung zur Dreihundertjahrfeier der
I. Generalfynode zu Duisburg.

2. Peter Bockmühl, Ante portas.

3. Karl Seil, Der Zufammenhang von Reformation und po-
litifcher Freiheit.

4.. Lukas Vietor, Die Auffaffung Schleiermachers von Freund-
fchaft, Liebe und Ehe in der Auseinanderfetzung mit Kant und Fichte.

5. Wilhelm Rot fcheidt, Bibliographie der Jahre 1908 und 1909.

6. Mitgliederverzeichnis.

Die wertvolle Skizze Müllers geht aus von der
Buntheit des kirchlichen Lebens in Holland und der
charakteriftifchen Einheit von Beweglichkeit und ftarrem
Fefthalten am einmal Angenommenen. Im Gegenfatz
zu unferer einigenden dort eine fortwährend trennende
und fpaltende Entwicklung, die der Vf. über die ,Ab-
gefchiedenen', die Trennung der Hervormden Kirche vom
Staat, bis zur Doleanz verfolgt. Der Schaden der religions-
lofen Schule tritt kraß hervor in der Bildung eines vollkommenen
Heidentums, namentlich in den großen Städten:
Trennung vom Chriftentum und jeglicher religiöfen Gedankenwelt
— in Holland zu wenig beachtet, eine Warnung
für unfere Dränger auf Trennung von Kirche und
Staat Der Proteftantismus wird im politifchen Leben
zurückgedrängt, der Katholizismus gewinnt. Im innerkirchlichen
Leben ift bezeichnend die fehr autonome
Stellung der Einzelgemeinde dank der rein fynodalen
Verfaffung — ihre Schattenfeite der Mangel anZufammen-
fchluß, an Hülfe feitens der Gefamtheit, die Geldnot —
ihr Vorteil u. a. die freiere Stellung der Pfarrer, die
Fülle von Perfönlichkeiten auf chriftlichem und kirchlichem
Boden, die muftergültige Heranziehung zur kirchlichen
Mitarbeit. Betont wird auch der Vorzug der fpäteren
(freiwilligen) Konfirmation und der charakteriftifche Grund-
fatz: niet op de velen, mar op de heelen komt het
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aan. — Bockmühl berichtet über die im März 1567 bei
Rodenkirchen durch denBacharacherPfarrerJakobusFifch-
bach gehaltene Feldpredigt unter Beifügung der darauf
bezüglichen Abfchnitte aus dem Buch Weinsberg, den
Kölner Ratsprotokollen und dem Turmbuch, und über
den Hintergrund der Mechterner Predigten Johannes Otzenraths
1582, woran er die Protokolle über die Verhandlungen
zu Hermühlheim 13. Juli 1582 (Düffeld. St.-A.)
mit der Rechtfertigung Adolfs v. Neuenar wegen diefer
Veranftaltung anfchließt. — In weitem Umblick geht Seil
dem Zufammenhang von Reformation und politifcher
Freiheit nach. Die Reformation ift nicht Kampf um Freiheit
, fondern um die Wahrheit, gewährt daher zunächft
keine Gewiffensfreiheit, wie denn der Staat des Calvinismus
Religionsftaat bleibt. Erft der Independentismus
der englifchen Revolution ftellt im Zufammenhang mit
der einfügen friedlichen Anarchie des Täufertums die
Forderung der um der Religion willen notwendigen
bürgerlichen Freiheit auf, und die religiöfe Neutralität des
Staates, die den Zwangsfchutz der Gottheit aufgibt, wird
zuerft verwirklicht in der neuen Welt: die Weltlichkeit
des Staates Folgerung einer durch und durch chriftlich-
religiöfen Autfaffung des Lebens. In Europa wird die
Emanzipation des Staates langfam vorbereitet durch
die rationale Philofophie, den Pietismus, die Aufklärung
, den Idealismus. Das alte Nebeneinander der
ihre Notwendigkeit in fich tragenden Gottheit und einer
zufälligen Welt wird erfetzt durch die notwendige Be-
zogenheit beider, die von der menfehlichen Einficht
erkannten Prinzipien des Dafeins werden in die Sphäre
des Göttlichen aufgenommen. In den katholifchen Ländern
vollzieht fich ein fcharfer Bruch, in den prote-
ftantifchen eine allmähliche Enttheokrakitifierung des
Staates und Freilaffung der Religion. Dank der Aufklärung
fteht im Vordergrund der im großen politifchen
Kampf erftrebten bürgerlichen Freiheiten die der Religion.
Das Humanitätsideal bewirkt eine große allgemeine Um-
ftimmung, einen ftolzen Schwung des individuellen Frei-
heitsbedürfniffes, befeelt vom beften Erbteil der Reformation
. Die von der franzöfifchen Revolution aufgebrachten
neuen Ideen und der Kampf gegen ihre gewaltfame
Verbreitung durch die napoleonifche Fremdherrfchaft

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