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Ausgabe:

1911

Spalte:

225-226

Autor/Hrsg.:

Hoffmann-Kutschke, Artur

Titel/Untertitel:

Die Wahrheit über Kyros, Darius und Zarathuschtra. Beiträge zur Erforschung der älteren arischen Geschichte 1911

Rezensent:

Weißbach, Franz H.

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgreführt von Professor D. Arthur TiÜUS und Oberlehrer Hermann Schuster

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Jährlich 26 Km. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich 9 Mark

r*r% t i_ M „ Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find ausfchlicßlich an

OD. JanrfiT. JMr. ö Profeflbr D. Titius in Göttingen, Friedländer Weg 26, zu fenden. 1 F} Anril 1Q11

Rezenfionsexemplare ausfchließlich an den Verlag. 11

Hoffmann-Kutfchke, Die Wahrheit Bber | ^^"^hmppV^^^^d^UbaxMt^,

Kyros, Darius und Zarathufchtra (Weilibach).
Friedlaender, Darftellungen aus der Sitten-

gefchichte Roms (Paul Wendland)

Heimgang und Bellattung (Boffert).
Schulte, P. Martin von Cochem (Bruckner).
D r e w s, Studien zur G efchichte des Gottesdienftes

Völter, Ägypten und die Bibel (Greßmann). und des gottesdienlllichen Lebens (Kawerau

Peters, Die jüdifche Gemeinde von Elephantine- j Lenz Ein pommerfches Paftorenleben aus dem

Syene und ihr Tempel (Wellhaufen).
Zapletal, Das Buch Kohelet (Beer).
Werner,Die pfvchifcheGefundheitjefu(Weber).
Schaefer, Jefus in pfychiatrifcher Beleuchtung

(Derf.).

vorigen Jahrhundert (Knoke).
Knöpfler, Lehrbuch der Kirchengefchichte
(Ficker).

Titchener, Lehrbuch der Pfychologie (Dürr).
Krieck, Perfönlichkeit und Kultur (Steinmann).

Seligmüller, War Paulus Epileptiker? (Derf.) Krieck, Perfönhchkei und Kul ur (bteinman
Soden Hansvon.EineneueHandfchriftdespfeu- Armftrong, Gott und die Seele (Sehnte).

doevprianifchen Uber de rebaptismate (Koch). ^^^^^^^j^^
Graf Die Philofophie und Gotteslehre des 1 burgifcher Konfeffion in Elfaß-Lothnngcn
Jahjä ibn 'Adi (Horten). | (Eger).___

Veit, Was foll der evangelifcheGemeindepfarrer
fein: Pricfter, Evangelift oder Seelforger? (Nie-
bergall).

Rendtorff, Das Problem der Konfirmation und
der Religionsunterricht in der Volksfchule
(Bornemann).

Referate: Murko, Zur Kritik der Gefchichte der
älteren füdflawifchen Literaturen. — Reck,
Das Mifiale als Betrachtungsbuch. — Seil,
Die Religion unfercr Klaffiker. — Ragaz,
Du follft.

Mitteilungen: (21) Eine datierte Jefaias-Hand-
fchrift. (22) Die Ausgrabungen der Ecole
d'Athenes auf Delos. (23) Deutfch-Evangelifch,
Monatsblätter für den gef. deut.Proteftantismus.

Neuefte Literatur.

Hoffmann-Kutfchke, Dr. Artur: Die Wahrheit über Kyros,
Darius und Zarathufchtra. Beitrage zur Erforfchung
der älteren arifchen Gefchichte. Die Perfer zur Zeit
des Darius L, nach Zarathufchtra Spitama, und ihre
Bedeutung für die Vv'eltgefchichte. Stuttgart, W. Kohlhammer
1910. (34 S.) gr. 8° M. 1.50

Die .Wahrheit über Kyros und Darius', die H.-K.
,gegen Wincklers, Rolls und Andreas' Phantafien' (S. 8),
bez. gegen den, Unfmn Wincklers, Rods und Andreas',
dem fogar F. Hommel fich anfehloß' (S. 9), verteidigt,
ift, ganz kurz ausgedrückt, das, was beide Könige in
ihren Infchriften über fich und ihre Abdämmung auslagern
Da dies von der großen Mehrzahl der Gelehrten
nicht in Zweifel gezogen wird, kann die Krage, ob es
nötig war, das Material nochmals aufzutifchen, ohne
weiteres verneint werden. Die Wahrheit über Zarathufchtra
ift, daß der König Wistäspa, den der altiranifche Prophet
zuerft bekehrte, und Wistäspa (Hyftaspes), der
Vater des Königs Darius, nicht nur annähernd Zeit-
genoffen und eines Namens waren, fondern überhaupt
eine und diefelbe Perfon darftellen. Bekanntlich find
beide Wistäspa fchon von Ammianus Marcellinus 23, 6,
32 für identifch gehalten worden. Doch hat die moderne
Forfchung im allgemeinen auf diefe Kombination nichts
gegeben. H.-K. fchließt nun folgendermaßen: König
Wistäspa ift ein Naotairja, d. h. Nachkomme des Nao-
tara; letzterer ift vecorsgog, d.h. der jüngere Sohn des
Königs Teispes, alfo Ariaramnes, der Großvater des
Hyftaspes, Urgroßvater des Darius. Folglich ift Hyftaspes
= König Wistäspa. Angefichts diefer .Beweisführung
' wird es gut fein, folgende Tatfachen im Auge
zu behalten:

1. Zwifchen Naotara und König Wistäspa flehen
nach der iranifchen Tradition 6 genealogifche Glieder,
zwifchen Ariaramnes und Hyftaspes eines.

2. Die Väter, Großväter, Söhne, Töchter, Enkel ufw.,
ja die ganzen Stammbäume der beiden Wistäspa find
grundverschieden. Vgl. Jufti, Iran. Namenbuch SS. 395
und 398 fr.

3. Wir wiffen zwar, daß Ariaramnes und Kyros I.
(Großvater Kyros' d. Gr.) Söhne des Teispes waren; aber
wir wifien nicht, welcher der ältere, welcher der
jüngere war.

4. Hyftaspes wird von feinem Sohne Darius nie
König genannt, ift alfo fchon deshalb aller Wahr-
fcheinlichkeit nach nie König gewefen.

So erklärt es fich, wie es möglich gewefen ift, daß
diefe .Wahrheit' fo lange verborgen bleiben konnte.

Den Schluß der Schrift bildet ein Vergleich des
Ariertums und des Semitentums, bei dem letzteres fehr
fchlecht wegkommt. Da aber H.-K. hier faft ausfchließlich
lange Zitate aus Schriften anderer bringt und diefe
nur gelegentlich durch eigene Zufätze würzt, brauchen
wir nicht näher darauf einzugehen.

Es ift überhaupt charakteriftifch für das Büchlein, daß es ungefähr
zur Hälfte aus wörtlichen Zitaten hefteht. Dabei paffiert es in einem
Falle, daß 6 Zeilen aus einer Schrift von H. Winckler zweimal abgedruckt
werden (S. 4 u. S. 15), das 2. Mal durch Auslaflung eine-
Wortes völlig entließt. Außerordentlich gern zitiert H.-K. fich felbfl,
was ihm um fo leichter fällt, da er nicht müde wird, immer wieder
dasfelbe vorzutragen. Erquickliche Beifpiele bilden feine Auseinander-
fetzungen über Naotairja S. 6, bzw. Nautairja S. 15, und über die Deutung
des altperfifchen duwitäparnam ,zweifach' SS. 5 t". und SS. 3 3 IT.
Er hofft, ,auf Tolmans und anderer Outfider Urteil wird man bei der
Deutung iranifcher Worte kein großes Gewicht legen' (S. 6). Weiß
H.-K. nicht, daß Toi man ,the leading American authority on üld Per-
fian' ift? Vgl. Tolman, Cuneiform Supplement, letzte Seite. S. 5
fchreibt H.-K.: ,Ich freue mich, fagen zu können, daß — entgegen
den'[!] ,anderen Forfchern — ich in duvita — immer den Begriff
„zwei(t) —" feilgehalten . . . habe.' Da H.-K. diefe Freude mit ver-
fchiedenen anderen Forfchern teilen muß, die vor ihm da waren, wird
es ihm ficherlich eine doppelte Freude fein. Leider muß ich hier aber
einen Tropfen Wermut beigeben. H.-K. fchreibt S. 14: .Eine neue
Wurzel bei Worten von derfelben Bedeutung, wo der Stamm ganz
dcrfelbe ift, anzunehmen, ift töricht, zumal wenn es nur aus Rechthaberei
, wie bei Andreas, gefchieht.' Diefes Urteil ift vollkommen
richtig, wenn man für Andreas den Namen Hoffmann-Kutfchke einfetzt.
.Sachlich gibt mir auch Wackernagel recht', fügt H.-K. naiv hinzu.
Natürlich, auch Andreas, auch ich; denn wir beide deuten ja duwi-
taparnam ebenfalls auf die beiden Herrfcherreihen der Achämeniden.
Der Unterfchied liegt nur in der etymologifchen Erklärung von
parnam: Andreas benutzt dazu eine echt iranifche Wurzel par .hinübergehen
', ich fkr. parna .Flügel', alfo ein echt arifches Wort, und
H.-K. eine Wurzel, die er aus den arifchen Sprachen nicht belegen
kann. Sapienti sat.

Goethe fagt einmal: .Wahrheitsliebe zeigt fich darin,
daß man überall das Gute zu finden und zu fchätzen
weiß'. Wenn der große Dichter damit recht hat, muß
ich mit Bedauern feftftellen, daß mir bei dem Lefen von
H.-Ks Schrift nicht die geringfte Gelegenheit geboten
war, meine Wahrheitsliebe zu beweifen.

Leipzig-Gautzfch. F. H. Weißbach.

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