Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1911 Nr. 7

Spalte:

218-219

Autor/Hrsg.:

Steinmetz, Rudolf

Titel/Untertitel:

Die Bereitung zur Konfirmation in Lehre und Leitung nach dem Kleinen Katechismus 1911

Rezensent:

Bornemann, Wilhelm

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

217

Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 7.

218

ftändlich erörtert werden, gipfelt naturgemäß, was feinen
erkenntnistheoretifchen Stoff anlangt, in der Frage nach
Realität und Objektivität der Offenbarung, zu deren
Gunften jedoch Verf. nur zwei .Kriterien' anzugeben hat,
das fittliche Bewußtfein und die Gleichheit der unmittelbaren
Erfahrung von Objektivität in mehreren Subjekten.
Da das erfte diefer beiden Momente, dem man eine Orientierung
an W. Herrmann wünfchen möchte, nicht durchgeführt
ift, fo fcheint die Objektivität auch für den, der
die unmittelbare Glaubenserfahrung wirklich macht, nicht
über den wiffenfchaftlichen Geltungswert einer Hypothefe
hinauszukommen; jedenfalls hätte die im Rahmen von
Eckerts Gedankenführung hier vorhandene Schranke freimütiger
eingeftanden werden follen. — Im III., .methodi-
fchen' Teile wird die Zweiteilung der Theologie in hi-
ftorifche und fyftematifche vorgenommen und dabei ein
doppelter enzyklopädifcher Zweck verfolgt; einmal nämlich
der, die praktifche Theologie als eigentliche Krone
der theologifchen Wiffenfchaft zur ftreng gefchloffenen

dartun, daß ihre Urteile nicht bloß einer ehrwürdigen
Überlieferung entflammen, fondern aus der Sache felbft,
d. h. aus dem Glaubensverftändnis der gefchichtlichen
Offenbarung heraus, gefällt werden' (VII—VIII).

Abgefehn von zahlreichen formellen Änderungen, die Undeutlich-
keiten befeitigen oder pn'izifere Formulierungen bringen, beziehen fich die
Erweiterungen und Umgeäaltungen meifteus auf neu entftandene Fragen
und in der Gegenwart umftrittene Probleme. So nimmt z. B. der Verf.
Stellung zur Anwendung der religionsgefchichtlichen Methode auf die
dogmatifche Wiffenfchaft (§ 3), und bringt eine wertvolle Ergänzung (§ 8)
über die pfychologifche Erfcheiuung der Religion. Die Deutlichkeit und
Cberfichtlichkeit wird wefentlich dadurch gefördert, daß der frühere fehr
belaftete § 32 (.Glauben und Wiffen') min in drei §§ zerlegt wird, der
den reichen Inhalt unter die drei klarer gefonderten Titel fubfumiert : § 32
die Entftehung der Glaubenserkenntnis, § 33 die Erkennbarkeit der Glaubensobjekte
, § 34 die Vereinbarkeit von Glauben und Wiffen. — Im
zweiten, das .dogmatifche Syftem' darfteilenden Teil, gibt § 34 eine, in
den früheren Auflagen fehlende, dankenswerte, wenn auch etwas fchema-
tifche .Überficht der chriftologifchen Anfchauungen'. Intereffant ilt die
Wendung, die der Präexiftenzgedanke § 35 erfährt: ,Wir würden richtiger
von dem übergefchichtlichen Charakter der Gottesoffenbarung in
Chriftus als von der vorgefchichtlichen Exiftenz Chrifti beim Vater reden'
(S. 107). — Ob die § 44 vorgefchlagene Deutung des Scheinbaren Wider-
Art einer fyftematifchen Disziplin zu beftimmen, loclann fpruchs. ewifchen Art. 5 und Art. 20 der Auguitana die dort vorliegende

der die Lehre von der theologifchen Wiffenfchaft in die Schwierigkeit ohne Reit löft, mag dahingeftellt bleiben. Eine forgfältige,

nnu:f.l,P Theologie die Anweifuntr zum Studium der meid glückliche Revifiou ift den §§ 49—5' «"er das Sakrament, Taufe

praktilcne ineoto le, uic ™"^'x & . f hron. und Abendmahl zu Teil geworden.

Theologie in die Ethik emzubegreifen — eins lo amon Von einzeluen Anderungeil wird man biiiig fragen dül(eD< ob fie

derlich und fo wenig ftichhaltlg begründet Wie das andere. | dnen wirklichen Fortfchritt darfteilen. Warum § 25 des crften Teils der

Vieles einzelne aber, das aus dem reichen Inhalt des mit j gat7 Qber d;e altkirchlichen und die reformatorifchen Bekenntniffe weg-

oroßem Fleiß o-earbeiteten Buches hier nicht aufgeführt gefallen, ift nicht erfichtlich. Wenn man im zweiten Teil die Bezeichnung

werden Wann ift der Nachprüfung; wert. Daß das Dogma i der formalen und materialen Eigenfchaften Gottes als metaphyftfche und

werden kann, Ütaerbf ^g™^^^_^,; • übenalTen ! ethifche kaum beanftanden wird, ift kein Grund angedeutet, weshalb die

im alten Sinn der kathol fchen Kirche allein uDerianen j Allgegenwart GotteSi die der Verf. bisher erwähnt hatte, aus jener

wird, Während die evangellfche eine Kirche des glauDen- , erften Gruppe verfchwunden ift. An die Stelle der früher erörterten
den Bekenntniffes werden foll, wird fo ernfthaft erörtert, Seligkeit Gottes ift nunmehr feine Herrlichkeit getreten,
daß man von einer weiteren Verfolgung diefes Gedankens Die Literaturangaben find an vielen Stellen vermehrt (Erfter Teil

bei dem Verf. Fruchtbares erwarten darf. Nur will es
fcheinen, als flehe zurzeit der konfequenten Durchführung
diefes Grundfatzes entgegen, daß die theologifche Wiffenfchaft
im ganzen nur als .amtlich gebundene wiffenfchaft-
lich-theologifche Tätigkeit' zur Verhandlung geftellt wird,
womit weiterhin auch die Art zufammenhängt, wie Verf.
feine Forderung der Gefühlsmäßigkeit bis an die Formel
heranführt: ,es muß in die Vorlefungen grundfätzlich das
feelforgerliche Moment eingeführt werden' (S. 458). Auch
die in Ausficht genommene Befchränkung des kirchen

gefchichtlichen Stoffs, die erf.chtlich aus zu geringer gerechtfertigt finden

19. 20. 25. 26. 31; Zweiter Teil § 4. 7. 11. 21. 23. 43.
45. 46, 53. 55). Zu wiederholten Malen war der Verf. in der angenehmen
Lage, auf eigene Veröffentlichungen, Vorträge, Artikel in der neueften
Auflage der Hauck'fchen Enzyklopädie, zur Erläuterung und Begründung
feiner hier nur angedeuteten Gedanken verweifen zu können. In den
meiften Fällen find die Nachträge zur Literatur folche Schriften, die feit
der 3. Auflage erfchienen find; zuweilen holt K. weiter aus und bringt
auch Einiges aus früherer Zeit; fo ift z. B. § 43 (Prädeftination) die Anführung
der immer noch höchft wertvollen Abhandlung Schleiermachers
über die Erwählungslehre durchaus am Platz. Die Streichung einiger in
den erften Auflagen zitierten Schriften (z. B. Seite 7, Hackenfchmidt.
Der chriftliche Glaube 1901, 19094) wird man vielleicht nicht hinreichend

Würdigung des Individuellen in der alten Gefchichte der
chriftlichen Religion felbft hervorgegangen ift, wird nicht
ohne Grund auf härteften Widerftand treffen.
Wien. Beth.

Kirn, krof. D. Otto: Grundriß der Evangelifchen Dogmatik.

Dritte, durchgefehene Auflage. Leipzig, A. Deichert'
fche Verlagsbuchh., Nachf. 1910. (XII, 141 S.) gr. 8°

M. 2.40; geb. M. 3 —

Zum dritten Mal tritt nach kurzem Zwifchenraum
Kirns gediegener und bewährter Grundriß feinen Gang
durch den Zuhörerkreis des Verfaffers und durch die
weitere theologifche Welt an. Einer langen Anzeige,
gefchweige denn einer befonderen Empfehlung bedarf
das durch den Gebrauch dankbarer Lefer fanktionierte
Buch nicht (vgl. Jahrg. 1905, Nr. 21; 1907, Nr. 4).
Anlage und Charakter der Schrift find wefentlich diefelben
geblieben; doch war K. bei der wiederholten Durcharbeitung
des Stoffs bemüht, den Grundriß feinem Zweck
noch entfprechender zu geftalten. .Insbefondere war es
mir ein Anliegen, gemäß den fchon im erften Vorwort
ausgefprochenen Grundfätzen auf die Ergebniffe der
hiftorifchen Schriftforfchung gebührende Rückficht zu
nehmen. Liegt die für unfer religiöfes Leben maßgebende
Offenbarung in gefchichthchen Kundgebungen Gottes, fo
gehört es mit zum Glaubensgehorfam des evangelifchen
Chriften, daß er die wirkliche Gefchichte — freilich

Kirns gehaltvolle Schrift, die ihren Zweck nicht, wie
manche berühmt gewordene Kompendien, in der Zu-
fammentragung gefchichtlichen Stoffs erblickt, fondern dazu
angetan ift, auch das dogmatifche Verftändnis zu fördern,
wird gewiß auch in diefer neuen verbefferten Geftalt ihren
Dienft verrichten, der theologifchen Wiffenfchaft und dadurch
der evangelifchen Kirche zum Segen gereichen.

Straßburg i. E. P. Lobftein.

Steinmetz, Paft. Superint. D. R.: Die Bereitung zur Konfirmation
in Lehre und Leitung nach dem Kleinen Katechismus
. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 1910.
(VI, 159 S.) gr. 8° M. 2.80; geb. M. 3.40

Der ehrwürdige Verfaffer bietet hier eine Ausführung
feines vor 20 Jahren erfchienenen und mehrfach aufgelegten
Konfirmandenbüchleins ,Das gute Bekenntnis'. Er will
im Lehren .mitteilen, wecken und üben', im Leiten, zeigen,
bewegen und begleiten'. Als Norm und Rahmen des
Konfirmandenunterrichtes verwertet er bewußt und grundfätzlich
lediglich Luthers Kleinen Katechismus, und zwar
zuerft das 4., dann das 2. 1. 3. und 5. Hauptftück. Einleitend
handelt er von der Konfirmation und den Konfirmanden
, vor dem 5, Hauptftück von der Beichte. Meift
ichließt fich die Auslegung genau an Luthers Wortlaut
an, zum Teil — fo beim Dekalog — bewegt fie fich mit
Glück in freieren, durch praktifche und pfychologifche
:hten eingegebenen Formen. Mancherlei wertvolle

Rückfichte

fo, wie fie der Graube verfteht — zur Bafis feiner Über- j Winke, feinfinnige Beobachtungen, treffende Worte und
zeugung macht. Dadurch allein kann auch die Dogmatik I Gefchichten find eingefügt. — Die Behandlung des 4