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Ausgabe:

1911 Nr. 7

Spalte:

204-207

Autor/Hrsg.:

Franz, Adolph

Titel/Untertitel:

Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter. Zwei Bände 1911

Rezensent:

Drews, Paul

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Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 7.

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die ganze vetus latina durch den lateinifchen Tatian be- I
einflußt worden ift, recht, fondern auch die Hypothefe,
die er dann leider nur ausfpricht, daß, diefe lateinifche
Evangelienharmonie den 1. Verfuch darfteilt, das Evangelium
in das römifche Gewand zu kleiden', dürfte das
Richtige treffen. Drängen doch auf dem fyrifchen Sprachgebiet
die Textverhältniffe zu derfelben Hypothefe: das
I. fyrifche Evangelium war Tatians Diateffaron, das 2.
das altfyrifche Evangelium der Getrennten, uns in Cure-
tons und dem Sinai-Kodex erhalten. Aber freilich, hier
ift nicht weiter zu kommen, wenn nicht endlich die auf
dem Gebiet der neuteft. Textkritik zur Zeit dringendfte
Aufgabe gelöft wird, den vorhieronymianifchen fogenanten
Itala-Text herzuftellen, refp. feine Gefchicke aufzuhellen.
Die Hypothefe, daß nicht nur die in den Zeugen gemein-
fam vertretenen Abweichungen des Italatextes vom grie-
chifchen UrtextNachwirkungen des lateinifchen Diateffaron
feien, fondern daß auch die Varianten innerhalb der
Italazeugen zum großen Teil als Tatianismen anzufpre-
chen find, wird, fo weit ich fehe, Licht bringen in die
fcheinbar unentwirrbare Überlieferung.

Freilich darf man dann den Kredit der Ergebniffe
nicht durch allzurafche Schlüffe gefährden, wie das unfer
Vf. tut, wenn er aus dem aus Schreibfehlern fcharffinnig
und unwiderleglich erbrachten Nachweis, daß in einem
der Vorfahren des C. C. der lateinifche Text linien-
weife über den griechifchen gefchrieben war, fchließen
zu dürfen meint, daß auch das lateinifche Diateffaron fo
angeordnet war.

Berlin. Hermann v. Soden.

Stolch, Oberpfr. Lic. G.: Die Apoitolitchen Sendlchrei-
ben nach ihren Gedankengängen dargeftellt. III. Band.
Inhalt: Der Brief an die Römer. Gütersloh, C. Bertelsmann
1910. (III, 165 S.) gr. 8° M. 2.50; geb. M. 3 —

Stofch bietet in edler Sprache eine populäre Auslegung
des Römerbriefes, die den reichen Gedankengehalt
des Briefes klarlegen und zugleich dem Bedürfnis
der Erbauung und der Anwendung des apoftolifchen
Wortes auf die Gegenwart in knappfter Form dienen
will. Bei der Lektüre des Buches bin ich zwei Bedenken
nicht los geworden: 1) müßte nicht St.'s Sprache
noch mehr das theologifch Gefchraubte ablegen, überhaupt
mancherlei Eigenheiten der Ausdrucksweife? Ich
hebe z. B. hervor: S. 5: „Die Heilsauffaffung der Propheten
weitet fich in wachstümlicher Weife", S. 8: „Die
Weitfchaft des Evangeliums", S. 6b: „Sollen wir der
Sünde gewähr bleiben?", S. 146: „Die Verbundenheit an
weltliche Staatsordnung". 2) genügt es wirklich in der
Exegefe, noch dazu in der populären Exegefe, lediglich
darzulegen, was der Apoftel fagt und denkt? Heutige
Lefer wollen doch vor allem auch eine deutliche Stellungnahme
zu den Gedanken des Apoftels. Der Mangel
des Buches ift befonders in St.s Bemerkungen zu 3,21 ff.
fühlbar (S. 37). Kein heutiger Chrift wird aus folgenden
Worten St.s ein wirkliches Verftändnis diefer Stelle gewinnen
: „Offenkundig ift das gnadenreiche Bild der Sün-
denfühnung dem Glauben . . . Aus dem fchuldlofen
Herzen Jefu . . . brach eine lebendig rinnende Blutquelle
hervor, als es mit dem Speer des Kriegsknechtes geöffnet
wurde (das Herz?). In diefem heiligen Blut brach
die Sühnung der Sünde durch Gerechtigkeit hervor".
Solchen Anfchauungen gegenüber muß doch jeder heutige
Chrift fragen: wie foll ich das verliehen? Was foll
das heißen?

Gotha. Fiebig.

Hölfcher, Priv.-Doz. Lic. Dr. G.: Die Getchichte der Juden
in Palältina feit dem Jahre 70 nach Chr. Eine Skizze.
Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung 1909. (64 S.)
gr. 80 M.i.so

Diefe Skizze, eine erweiterte Neubearbeitung eines 1905
gehaltenen Vortrages, gibt einen gut orientierenden Überblick
; fie zeigt in großen Zügen, welche wechfelvollen
Schickfale die Juden erlebt haben. H. hat fich dabei
einer erfreulichen Objektivität befleißigt. Zu Beginn wird
die Bedeutung der Zerilörung Jerufalems für die Entwicklung
der inneren Gefchichte des Judentums gut ge-
fchildert. Doch unterfchätzt H. die jüdifche Volkskraft.
Das Judentum nach dem Jahre 70 war nicht fo fchwach,
wie es dargeftellt wird. Das beweifen in erfter Linie
die folgenden Aufftände. Erft feit der Niederlage unter
Barkocheba befitzt das Judentum keine Macht mehr, mit
dem Schwert die äußere Lage zu ändern. Mit Recht
wird S. 17 befonders hervorgehoben, daß im 3. Jahrhundert
der griechifch-römifche Einfluß das paläftinen-
fifche Judentum vollkommen aufzulöten drohte. Der
Schwerpunkt des Judentums wurde in die Euphratländer
verlegt, und Babylon unter der Herrfchaft der Saffaniden
eine zweite Heimat der Juden. Ein gutes Bild von der
Ausartung der meffianifchen Hoffnungen gibt die Dar-
flellung der fchwärmerifchen Strömungen im 8. und
16. Jahrhundert. Am Schluß wird gezeigt, wie durch die
Judenverfolgung in Damaskus im Jahre 1840 das Solidaritätsgefühl
der Juden Europas geftärkt, und die Verbindung
mit den orientalifchen Juden gefertigt wurde.

Breslau. G. Hoennicke.

Franz, Adolph: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter.

Zwei Bände. Freiburg i. B., Herder 1909. (XXXVIII
646 u. VII, 764 S.) gr. 8° M. 30 — ; geb. M. 33 —

In diefen 2 umfänglichen Bänden behandelt der Ver-
faffer, der den Liturgikern vor allem durch feine Werke:
,Die Meffe im Mittelalter' (1902) und ,das Rituale von St.
Florian aus dem zwölften Jahrhundert' (1904) auf das Belle
bekannt ift, die kirchlichen Benediktionen fyftematifch und
gefchichtlich. Von feiner urfprünglichen Abficht, auch
die nichtkirchlichen Segen des Mittelaters, alfo die Segen
, die wohl vom Volke gebraucht wurden, aber nicht
kirchlich anerkannt waren, mit zu behandeln, ift er zurückgekommen
, da eine Sammlung und Bearbeitung diefes
Materials Profeffor Dr. Schönbach in Graz vorbereitet.
Außerdem fchied Franz von den kirchlichen Benediktionen
aus die mit der Sakramentsfpendung und der
Weihe der Kultperfonen verbundenen Benediktionen,
fowie die der Kultorte und Kultgeräte. Immerhin blieb ein
überreiches Material, das in folcher Vollftändigkeit bisher
längft nicht zufammengebracht, gefchweige bearbeitet
war. In einer Einleitung (S. I—42) werden zunächft
die liturgifchen Schriften, in denen fleh die Benediktionen
finden, behandelt, fodann die Literatur, die fich mit dem
vorliegenden Gegenftand bisher befchäftigt hat. Diefen
hat man vorwiegend unter dogmatifchem Geflchtspunkt
behandelt, während Fr. fich die Aufgabe im Wefent-
lichen gefchichtlich fteckt. Doch find die weiteren
Paragraphen feiner Einleitung auch dogmatifchen Inhalts
neben reichen dogmengefchichtlichen Beiträgen. Den
Hauptinhalt bilden nun fünfzehn Abfchnitte mit folgenden
Überfchriften: Das Weihwaffer; Salz und Brot; die
Weinweihe; Öl, Feld- und Gartenfrüchte, Kräuter; die
Weihen an Epiphanie und die Kerzenweihe an Mariä
Lichtmeß, St. Blafius fowie zu anderen Zeiten; die Weihen
in der Quadragefima und in der Ofterzeit; Haus, Hof,
Gewerbe; klöfterliche Benediktionen; (zweiter Band)
Naturereigniffe (befonders ausführlich die Wetterlagen);
die Tiere; Ehe, Mutter und Kind; in Gefahr (Reifen, Wallfahrten
, Kampf, Gottesurteil); in Krankheiten (fehr aus-