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Ausgabe:

1911 Nr. 7

Spalte:

200-201

Autor/Hrsg.:

Margolis, Max L.

Titel/Untertitel:

Lehrbuch der aramäischen Sprache des babylonischen Talmuds 1911

Rezensent:

Landauer, Samuel

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199

Theologifche Literaturzeitung 1911 Nr. 7.

200

richtig ftatt "U^D bietet. Ich verweile im übrigen hier auf Gafters

Iiefprechung des Merx'fchen Buches in der ZDMG 64(1910)8. 445 fr.
Gafter hat hier den Text und die Überfetzung an einer Reihe von Stellen
berichtigt, z.T. nach dem — übrigens weder hier, noch fonft, wo man
es erwarten würde, genannten — Cowley. Seine eignen Bemerkungen
find aber nicht immer zutreffend, z. B. hat Merx bei der letzten Zeile des
auf S. 9 und bei den erften Zeilen des auf S. 10 veröffentlichten Liedes j
das Richtige, und auch fonft find Gafters Verbefferungen öfters zu be-
anftanden.

Auch das dritte der von Merx veröffentlichten Stücke
(S. 50 ff) kann nicht als .bisher unbekannte Quelle' bezeichnet
werden. Freilich wird man es Merx nicht zu
fehr verargen dürfen, daß er ,The Messianic Hope of the
Samaritans by Jacob, Son of Aaron, translated from the
Arabic by Abdullah ben Kori, Profeffor of Arabic at
Pacific University, edited with an Introduction by William
Eleazar Barton (reprinted from the Open Court, May
and September 1907'), in dem eine englifche Überfetzung
des Stückes veröffentlicht ift, nicht gekannt hat. übrigens
berühren ficht diefe Ausführungen fehr mit dem
Gedicht des Ibrahim el-Kabäsi, auf das Cowley 1895 hin-
gewiefen hat (f. o.). Wie Gafter auf Grund von zwei in
feinem Befitze befindlichen Handfchriften diefes Textes
berichtet, ift der Verfaffer ein gewiffer Ghazal ed-Doweik;
über ihn ift nichts weiter bekannt. Ghazal ift natürlich
auch das von Merx in der Unterfchrift feiner Handfchrift
als ,Azal' gelefene Wort zu lefen.

Die beiden letzten Texte können alfo eigentlich allein
als bisher unbekannte Quellen angefprochen werden. Der
erftere flammt von dem fchon mehrfach erwähnten Ibrahim
el-Kabäsi, deffen fchon mehrfach erwähntes, von Merx
nicht berückfichtiges liturgifches Gedicht jedenfalls klarer
und ausführlicher feine Anficht wiedergibt. Betreffs des
letzten Stückes verweife ich auf Gafters Befprechung
(a. a. O. 451 ff).

Auch fonft hat Merx fehr zum Schaden feiner Arbeit
alle neuere über die Samaritaner handelnde Literatur uns
berückfichtigt gelaffen. Hätte er etwa das über alle die
Samaritaner betreffenden Fragen vorzüglich orientierende
Buch von J. A. Montgomery ,The Samaritans, the earlien,
Jewish Sect, their History, Theology and Literature
(Philadelphia 1907) eines Blickes gewürdigt, fo hätte deffen
Abfchnitt ,Eschatologie' S. 239—251 ihn noch auf manches
andere, was für die Behandlung des Meffiasglaubens der
Samaritaner von Wichtigkeit ift, hinweifen können, fo be-
fonders auf die Schriften des bedeutendften famaritanifchen
Schriftftellers, des im vierten chriftlichen Jahrhundert,
alfo IOOO Jahre vor Abifcha, blühenden Marka, von deffen
,Carmina' Merx felbft in den Atti della R. Äccademia dei
LinceiHI 1887 mehrere veröffentlicht hat (jetzt bei Cowley,
Sam. Lit. p. iöffi), und von deffen berühmtem ,Memar',
einem urfprünglich den ganzen Pentateuch umfaffenden
Midrafc-h, 6 größere Stücke auf uns gekommen find, von
denen etwa die Hälfte von Heidenheim in feiner Bibliotheca
Samaritana III (Weimar 1896) freilich fchlecht veröffentlicht
und noch fchlechter überfetzt find1, undderanverfchiedenen
Stellen," von dem Ta'eb handelt2.

Daß trotz aller diefer Ausftellungen Merx ein Buch
gefchrieben hat, das des Wertvollen und Intereffanten
mancherlei bietet, foll hier zum Schlurfe ausdrücklich
anerkannt werden. Geradefeine Ausführungen auf S.32—49
find ein fchönes Beifpiel für feinen Scharffinn und feine
Belefenheit, fie zeugen auch von der Liebe, mit der fich
der Verfaffer in den Stoff verfenkt hat. Und auch die
eingehende Behandlung des Liedes des Abifcha wird für 1
jede künftige Arbeit über den Ta'eb der Samaritaner die
Grundlage bilden. Man bedauert bei der Lektüre des j

1) außerdem gibt es darüber einige Differtationen.

2) Ziemlich das ganze noch erreichbare handfchriftliche Material für
Marqas Memar ift jetzt in Berlin, bis auf die ältefte Handfchrift, die ich
kürzlich im Orient kaufte. Wahrfcheinlich gehören die Ta'ebftellen einer
fpäteren Überarbeitung an. In der älteften Handfchrift linden fie fich nicht.
Die ältefte Handfchrift in Nablus (datiert 938H = 1531/2D), von der j
fich eine genaue Abfchrift in Berlin befindet, enthält diefe Stücke bereits. ;
Sie mögen aus derfelben Zeit Hammen wie die von Merx behandelten Texte. !

Buches nur immer wieder, daß er die Literatur der letzten
40 Jahre fo fouverän ignorierte. Sein Buch hätte viel wichtiger
fein können.

Halle a/S. P. Kahle. •

Marge-Iis. Prof. Dr. Max L.: Lehrbuch der aramailchen
Sprache des babylonifchen Talmuds. Grammatik, Chre-
ftomathie und Wörterbuch. (Clavis Linguarum Semi-
ticarum ed. H. L. Strack. Pars III.) München, C. H.
Beck 1910. (XVI, 99 u. 184* S.) 8» Geb. M. 10 —

Das Aramäifche, wie es uns im jüdifchen Schrifttum
vorliegt, zerfällt in eine Reihe verfchiedener Dialekte, die
fich unter die beliebte Zweiteilung, babylonifch und pa-
läftinifch, nicht recht fubfumieren laffen. Von den bib-
lifchen Stücken abgefehen, kennen wir durch die Veröffentlichungen
der letzten Jahrzehnte die Sprache der älteren
Targume am genaueften, und an fie müffen wir uns notgedrungen
hauptfächlich halten, wenn wir andere Texte
mit Vokalen zu verfehen wagen. Nur will mir fcheinen,
daß wir in ihnen vielfach gelehrte Konfervierung des
Biblifch-Aramäifchen zu erblicken haben, fo wenig das
dem urfprünglichen Zwecke diefer Verfionen entfpricht,
die den breiten Schichten des Volkes das Verftändnis der
Heiligen Schrift vermitteln wollten. Im Gegenfatz dazu,
repräfentieren die haggadifchen Stücke des babylonifchen
Talmuds, wenn wir die wenigen Traktate mit paläftinifcher
Färbung bei Seite laffen, die Sprache der jüdifchen Bevölkerung
in Babylonien, die fich fehr enge mit dem
Mandäifchen berührt. Leider läßt der gedruckte Text,
vom philologifchen Standpunkte betrachtet, recht viel zu
würdchen übrig und, was noch beklagenswerter ift, die
Mehrzahl der uns erhaltenen Hff. flammt aus Ländern,
in welchen das Gefühl für die Feinheiten der Sprache
nahezu vollftändig verloren gegangen ift. Dazu kommt
noch, daß gerade in diefen der Erbauung gewidmeten
Teilen des Talmuds der Wortlaut größeren Schwankungen
unterworfen ift als in den gefetzlichen. Trotz alledem
find wir dem genialen Rabbinovicz überaus dankbar, daß
wir von ungefähr 2/3 des umfangreichen Werkes den Tat-
beftand der Hff, der erften Drucke und der Zitate in der
älteften jüdifchen Literatur bequem überfehen können.
Lexikalifch ift der gefamte Wortfehatz längil von ver-
fchiedenen Seiten gebucht worden, aber mangelhafte
grammatifche Schulung, ungenügende Bekanntfchaft mit
den anderen femitifchen Sprachen geben diefen fonft
höchft fchätzenswerten Leiftungen ein etwas dilettantifches
Gepräge. Um nicht vieles beffer fleht es mit den bisherigen
grammatifchen Bearbeitungen.

Um fo erfreulicher ift es, in diefem kleinen Lehrbuch
eine knappe, aber für den Studenten hinreichende Skizzierung
der fprachlichen Erfcheinungen begrüßen zu
dürfen. Die erften 8 Seiten geben einen Abriß der Lautlehre
, S. 16—61 find der Formenlehre gewidmet, 62—97
behandeln die Syntax. Diefer grammatifche Teil bildet
etwa V3 des ganzen Büchleins. Hieran fchließen fich
83 S. Chreftomathie, wovon die erften 34 S. eine er-
wünfehte Sammlung von Formen und Sentenzen enthalten,
und IOO Seiten Gloffar, letzteres in deutfeher und eng-
lifcher Überfetzung. Bloß das Wortverzeichnis ift durch-
gehends vokalifiert, fo daß eigentlich nur Kenner des Tar-
gumifchen oder Syrifchen die Formen ohne Schwierigkeiten
verliehen können. Noch fchlimmer fleht es aber
mit den Lefeftücken, denen keinerlei Erklärung beigefügt
ift. Selbft gewiegte Sachverftändige werden häufig die
Ausgaben des Talmuds zu Rate ziehen müffen, weil fie
in den überall beigedruckten hebräifchen Glorien reiche
Belehrung finden.

Von diefer unpraktifchen Einrichtung abgefehen, verdient
die verftändige Auswahl des Lefe-Stofles nebft dem
im Ganzen recht korrekt vokalifierten Vokabular ebenfo,
unfere volle Anerkennung wie die grammatifche Skizze