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Ausgabe: | 1910 |
Spalte: | 145-147 |
Autor/Hrsg.: | Daniels, Augustinus |
Titel/Untertitel: | Quellenbeiträge und Untersuchungen zur Geschichte der Gottesbeweise im dreizehnten Jahrhundert 1910 |
Rezensent: | Heim, Karl |
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Theologifche Literaturzeitung igio Nr. 5.
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ift. Immerhin gibt fie auf befchränktem Gebiet ein be- Interpretation des Arguments, wie fie neuerdings B.Adlhoch
fonders deutliches Bild von den Kloftergründungen der in einer Reihe fehr breiter und ausführlicher Auffätze im
Cluniazenfer, von der Organifation, der Wirtfchaft, dem j Philofophifchen Jahrb. der Görresgefellfchaft (Bd. VIII—X)
innern Leben, den Beziehungen der einzelnen Klöfter vertreten hat. Nach Adlhoch beginnt Anfelm nicht mit
zum Mutterklofler, zum Klerus, zur weltlichen Obrigkeit, einer abftrakt gefaßten Wefenheit, mit einem begrifflichen
Da die Darftellung nur die Blütezeit des Cluniazenfer- 1 apriori, fondern mit der aposteriori gegebenen Einzel-
tums umfaßt, fo überwiegen in ihr natürlich die Licht- tatfache, daß die Chriften ihren Gott als ein undefinier-
feiten, doch hält fich der Verfaffer von übermäßigen bares Individuum haben und daß diefer Befitz für fie
Lobfprüchen zurück, und auch Schattenfeiten werden zunächft ein pfychologifch Maximales ift, bei deffen Denken
nicht verfchwiegen, z. B. der häufige Wechfel der I fie nichts Höheres mehr finden können (a. a. O. VIII,
Prioren, der in der Ernennung derfelben vom Abt des , S. 375f.). Aus diefer pfychologifchen Tatfache wird auf
Mutterklofters feinen Grund hat. Befonders deutlich die Exiftenz des höchften denkbaren Wefens als auf ihren
wird nachgewiefen, daß die Cluniazenfer, indem fie ihre Realgrund gefchloffen (a. a. O. X, S. 265). Zwifchen
Klöfler unter den unmittelbaren Schutz der Päpfte diefen beiden entgegengefetzten Auslegungen liegt die
Hellten, nicht zugleich das Eigentumsrecht an Rom ab- ontologiftifche Erklärung des Arguments aus der Vorausgeben
wollten. Das ift ja auch bei den andern Clunia- fetzung, daß Gott das primum cognitum fei (z. B. M. Effer,
zenfer-Klöftern unbeftreitbar. Über die Richtigkeit der der ontolog. Gottesbeweis und feine Gefch. S. 42fr.)
Einzelheiten vermag ich nicht zu urteilen, aber man hat und die Zurückführung desfelben auf die Annahme einer
überall den Eindruck, daß die Schrift mit Umficht und angeborenen Gottesidee. Daniels fetzt fich nicht, wie
gründlicher Sachkenntnis ausgearbeitet ift. Möge der man erwarten könnte, mit allen hier in Betracht kommenjunge
Gelehrte uns noch bald Größeres als diefe preis- : den Auslegungen auseinander, fondern befchränkt fich
gekrönte Arbeit zum beften geben!
Stuttgart. Lempp.
feinem augenblicklichen Forfchungsgebiet entfprechend
auf 2 Fragen: 1) Liegt bei Bonaventura und feiner Schule
in der Lehre von der angeborenen Gottesidee die er-
kenntnistheoretifche Vorausfetzung für die Annahme des
Daniels, I'.Augullmus, O.S.B., Quellenbeftrage und Unter- ontol ifchen Arguments? 2) Huldigen Wilhelm von
fuchungen zur Gefchichte der Gottesbeweife im dreizehnten Auxerre, Bonaventura und feine Schuler und Johannes
Jahrhundert. Mit befonderer Berückfichtigung des Ar- Duns Scotus der ontologiftifchen Lehre, daß Gott das
guments im Proslogion des hl. Anfelm. (Beiträge zur 1 primum cognitum fei, und ift dies der Grund, weshalb fie
Gefchichte der Philofophie des Mittelalters. Band VIII. dem Gottesbeweis des Proslogion zuftimrnen? Die erfte
u u , _ Mm„o», 4M„„j^(r rvrr ,c — c i Frage führt zur Darfteilung der Lehre vom Urfprung der
Heft I—2.) Munlter, Alchendorrt 1909. (XU, Iu7 S.) r. , . • • n/r r u u • u ^ j f •
' M Gotteserkenntnis im Menlchen bei Bonaventura und feiner
8r- 8° M. 5.50 5chule. Nur die habituelle Anlage von etwas, wodurch
Die Veranlaffung zu diefer Arbeit war die Thefe die Seele zur Erkenntnis des Dafeins Gottes gelangen
R. Seebergs, daß die Entwicklung von Duns Scotus fich ; kann und bei richtigem Gebrauch ihrer Kräfte gelangen
in direktem hiftorifchem Zufammenhang mit der von muß, ift angeboren. Die aktuelle Gotteserkenntnis aber
Anfelm angebahnten englifchen Theologie vollzogen habe entfteht erft als Refultat des befonders in Bonaventuras
(Die Theologie des Duns Scotus, S. 33). H. Denifle erhob Itinerarium dargeftelltcn geiftigen Prozeffes, bei welchem
dagegen Widerfpruch (Die abendländifchen Schriftausleger die Tätigkeit der memoria Gottes Ewigkeit aus der Un-
bis Luther, S. XII), konnte die Kontroverfe aber nicht Vergänglichkeit der Grundfätze der Wiffenfchaft erkennt,
mehr zum Austrag bringen. Daniels hofft zur Entfchei- der intcllectus zum höchften Begriff emporfteigt und die
dung diefer Streitfrage eine Sammlung und Unterfuchung Auf löfung der Willenstätigkeit zur Erkenntnis des höchften
der Anfelmzitate in den Werken der Oxforder Franzis- Gutes führt. Alfo kann in der Lehre von der angeborenen
kaner des 13. Jahrhunderts veröffentlichen zu können, i Gottesidee die gefuchte Vorausfetzung des ontologifchen
Die vorliegende Arbeit befchränkt fich zunächft auf die ! Arguments nicht gefunden werden. Damit ift auch fchon
Verwertung der Kapitel II—IV von Anfelms Proslogion i die Grundlage für die Beantwortung der zweiten Frage
bei den Oxforder Autoren, dehnt aber dann die Unter- gewonnen, in der Daniels fich wieder im Wefentlichen
fuchungen über die Verwendung diefer Kapitel auf alle auf Bonaventura^ Itinerarium ftützt. Daß die Erkenntnis
Theologen des 13. Jahrhunderts aus, fo daß daraus ein Gottes aus dem Sein felbft, das nicht als nichtfeiend
Beitrag zur Gefchichte des ontologifchen Gottesbeweifes gedacht werden kann, hier erft auf der fünften Stufe
überhaupt und eine Ergänzung zu Georg Grunwalds Ge- erreicht wird, nachdem die Gotteserkenntnis aus den
fchichte der Gottesbeweife im Mittelalter (in derfelben Gefchöpfen und aus den Seelenvermögen vorangegangen
Sammlung Bd. VI, Heft 3) wird. Der erfte Teil enthält ift, alfo erft in dem myftifchen Zuftand der oratio in
eine wertvolle Zufammenftellung der Texte aus dem 13. ; caligine, ift ein Beweis, daß von einer Priorität jener
Jahrhundert, in denen Anfelms Gottesbeweis reproduziert ontologifchen Gotteserkenntnis im Sinne einer prioritas
wird. Befonders die mit großer Sorgfalt abgedruckten originis nicht die Rede fein kann. Da fomit weder die
Stellen aus den fchwer zugänglichen Sentenzenkommen- ' Lehre von der angeborenen Gottesidee noch der Onto-
taren von Richard Fifchacre, Wilhelm von Auxerre, logismus die gefuchte Vorausfetzung des Anfelm'fchen
Johannes Beckham, Matthaeus von Aquasparta, Peter von Gottesbeweifes bilden können, fo glaubt Daniels einen
Tarentaife, Richard von Middleton, Wilhelem von Ware neuen Erklärungsverfuch machen zu müffen. Er findet
werden als Grundlage für künftige Studien auf diefem in der erften Quaestio de cognittone des Matthäus von
Gebiet dankbar begrüßt werden. Der zweite Teil greift Aquafparta den erkenntnistheoretifchen Hintergrund des
in die Debatte ein, die neuerdings befonders auf katho- ' ontologifchen Arguments. Wenn die begriffsbildende
Hfcher Seite über die Frage geführt wird, welches die : Tätigkeit des Verftandes fich bloß auf die Wefenheit des
im Text nicht ausgefprochene Vorausfetzung fei, auf der • begriffenen Dings bezieht und von der Exiftenz desfelben
der Gottesbeweis des Proslogion beruht. Auf der einen I abfieht, kommt die Tatfache nicht zur Geltung, daß das
Seite fleht die auf katholifcher Seite z. B. von Gutberiet Denken fich als Erkennen einer notwendigen, ewigen
vertretene, auf proteftantifcher Seite unter Kants Einfluß Wahrheit kundgibt, und daß die gefchaffene Wahrheit
faft allgemein verbreitete Ableitung des Anfelm'fchen nur ein Abbild des Ungefchaffenen ift. ,Die vom Ver-
Gottesbeweifes aus der ontologifchen Metaphyfik des ftand erfaßte Wefenheit muß darum hinbezogen werden
extremen Realismus (vgl. z. B. Windelband, Lehrb. d. auf das ewige Urbild, auf Gott, der unfern Geift berührt
Gefch. der Philof.4 S. 244f). Im fchärfften Gegenfatz zu und bewegt'. Der im Verftand vorhandene Begriff des
diefer Auffaffung fleht die pfychologifch-apofteriorifche | summum cogitabile muß alfo feinen Grund in einem Ur-