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Ausgabe:

1910 Nr. 5

Spalte:

141-144

Autor/Hrsg.:

Connolly, R. H.

Titel/Untertitel:

The liturgical Homilies of Narsai 1910

Rezensent:

Diettrich, Gustav

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I4i

Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 5.

142

Connolly, Dom R. H., M. A., The liturgical Homilies of

Narsai. Translated into English with an Introduction.
With an Appendix by Edmund Bishop. (Texts and
Studies. Edited by J. A. Robinson. Vol. VIII. No. 1.)
Cambridge, University Press 1909. (LXXVI, 176 p.)
gr. 8° s. 6 —

In Nr. 26 des 31. Jahrganges diefer Zeitfchrift hatte
ich die Ehre, die erde von Mingana beforgte Ausgabe
der Homilien Narfais anzuzeigen. Heute darf ich auf die
erfle Überfetzung und Bearbeitung der vier fogenannten
liturgifchen Homilien diefer Ausgabe aufmerkfam machen.

Es find dies die Homilien:
No. XVII: Eine Auslegung der Sakramente (eigentl. des

Abendmahls)
No. XXII: Über die Taufe

No. XXI: Über' die Sakramente der Kirche und die Taufe
No. XXXII: Über die Kirche und das Prieftertum.

Es fei mir geftattet, zur Illuftration der Bedeutung
diefer Homilien für die Gefchichte des chriftl. Gottes-
dienftes die wichtigften als Appendix angehängten Beobachtungen
Edmund Bifhops {pag. 87—150) vorauszuschicken
. Kap. I {Ritual splendour) wird zunächft für die
neftorianifche Kirche des 5. Jahrhunderts eine liturgifche
Prachtentfaltung konftatiert, wie fie im Abendlande kaum
in den glknzendften Kathedralen des 14. Jahrhunderts zu
finden ift. , Whatcver may be the case in regard to this
or that detail, tlie point tliat is of irnportance is indubitable,
viz. the rapidity with which ritualism was developed in
the East as compared with the West' (pag. 89). Daß
diefer ungeahnte ritualiftifche Pomp fich in der Kirche
Narfais vor den Augen der ganzen Gemeinde entfaltete,
wird höchft wahrscheinlich gemacht. ,Narsai not only
does not mcntion veil or impediment, but he nowhere
snggests in any way that the altar, the ceremonies, the
sacrifice were at any point withdrawn from the eyes of
the faitkful' {pag. 90). Kap. II {Fear and awe attaching
to the eucharistic Service) wird eine weit über Cyrill und
ChryfoSomus hinausgehende Betonung von Schrecken
und Furcht als vornehmfler Empfindung der Gläubigen
im Konfekrationsmomente beobachtet. ,Hardly any
change could work so potverfully or profoundly on the
Christian wind as one whereby that which is preeminently
the sacramcnt of love became in itself invesled with attri-
butes of cultual dread' {pag. 93). Bei der Unterfuchung
über die Diptychen (Kap. III The Diptychs) findet B.
zwar eine auffallende Verwandtfchaft Narfais mit dem
Verfaffer der pfeudodionyfifchen Schrift de ecclesiastica
hierarchia hinfichtlich der Stellung der Diptychen innerhalb
des liturgifchen Aufbaues, hebt aber hinfichtlich des
Inhaltes als Hauptunterfchied hervor, daß in Narfais Ritus
fowohl die Namen der Lebenden wie die der Toten j
verlefen werden {pag. 112). Das Refultat von Kap. IV
(The litanics) läßt fich dahin zufammenfaffen, daß in der
Abendmahlsliturgie Narfais die Litanei als Wechfelgefang
zwifchen Diakon und Gemeinde gefehlt hat (ganz ähnlich
fo Cytill, die fogenannte Peregrinatio Silviae und die j
fyrifche Verfion der ,Liturgie des Jakobus') cfr. pag. 118.
Kap. V {Silent recitals in the mass of the faithful) wirft ,
die Frage auf, ob die Meffe leife oder mit einer der ;
Gemeinde hörbaren Stimme verlefen wurde. B. faßt fich
dahin zufammen, ,that with the exception of a few words l
the canon ivas, in the rite followed by Narsai at the end
of the fifth Century, said in a voice not audible to the
congregation, in muck the same way as at Constantinople at
the end of the eighth' {pag. 126). Kap. VI (The moment of
consecratiori) hat die Verlegung desKonfekrationsmomentes
auf die fogen. Epiklefe Satt auf die Rezitation der verba
testamenti für den Kenner orientalifcher Liturgien nichts
Auffalliges. Überrafchend aber wirkt die Bezeichnung
des heil. Geiftes als des Inhaltes der Euchariftie. Was j
fchon Watterich (Konfekrationsmoment im heil. Abendmahl
, Heidelberg 1896) an einigen Äußerungen Ephraems
beobachtet, aber infolge ungenügender Kritik als wertlos
bei Seite gelegt hatte, begegnet bei Narfai aufs neue:
, The Holy Ghost, not the Saviour, is the „content" of the
Eucharist' {pag. 148).

Nach diefen Mitteilungen bedarf es keiner befonderen
Einladung, Connollys Arbeit felbft zur Hand zu nehmen.
DieArbeit zerfällt in eine Einleitung {pag. IX—LXXVI)
und die eigentliche Überfetzung der Homilien {pag.
1—74). Der Inhalt der Einleitung ift aus folgenden
Kapitelüberfchriften erfichtlich: I. The manuscripts. II. Au-
thorship of hom. XVII: a) Evidence of Ebedjesu b) Internal
evidence. III. The rite of baptism in Narsai's homilies
resp. the formula of renunciation. IV. Narsai's liturgy
and the existing Nestor ian rites, resp. hom. XVII in relation
to the liturgies of , Theodore' and ,Nestorius'. V. The
creed in hom. XVII.

Das Befte in diefer Einleitung find ohne Frage die
Ausführungen von Kap. IV und V. Sie haben einen
bleibenden Wert. Kap. IV hat ein doppeltes Ergebnis:
1) Abgefehen von dem Anaphorateil, läuft die in hom.
XVII kommentierte Abendmahlsliturgie Narfais parallel
mit der noch jetzt bei den Neftorianern gebräuchlichen
Liturgie der ,Apoftel' Addai und Mari. , This fact together
with the tradition as to the great antiquity of the Apostles
supplies a fair presumption that the extra-anaphoral
portion of „Apostles" is earlier than the second half of the
tth centurf. 2) Die Anaphora, welche Narfai in hom.
XVII kommentiert hat, ift nicht die der ,Apoftel', fondern
höchftwahrfcheinlich die des Neftorius. Wenn alfo Ebed-
jefu in feinem Schriftftellerkataloge behauptet, Narfai habe
eine Liturgie kompiliert, fo wird das in der Hauptfache
darauf zu befchränken fein, daß er an Stelle der Anaphora
der ,Apoftel' diejenige des Neftorius in die herr-
fchende Abendmahlsliturgie eingefügt hat. Der Ausdruck
,qurräbh qurbänä — eine (Ordnung der) Darbringung der
Oblation', den Ebedjefu in jenem Zufammenhange gebraucht
, ift eine Beftätigung diefer Auffaffung. — Kap. V
beweift, daß das Glaubensbekenntnis Narfais, das heute
noch in der neftorianifchen Kirche gebraucht wird, im
großen und ganzen mit demjenigen identifch ift, welches
zur Zeit des Neftorius in Antiochien gebraucht wurde.
Ob diefe Identität fchon vor Narfai beftand oder erft
durch ihn refp. die Gründer der Hochfchule von Nifibis
gefchaffen wurde, bleibt eine offene Frage. Die größere
Wahrfcheinlichkeit fpricht für die letztere Alternative. —
Auch das Hauptergebnis von Kap. III ift richtig. Narfai
fowohl, wie alle fyrifchen Schriftfteller des 4. und 5. Jahrhunderts
, kennen nur drei Akte der Tauffeier: 1) Die
Behandlung des Täuflings mit Öl, 2) die eigentliche
laufe, 3) die Abendmahlsfeier. Die zwifchen den beiden
letztgenannten Akten fich einfchiebende Ölfalbung (Konfirmation
) tritt in der Tat zum erften Male in der von
mir ins Deutfche überfetzten Taufliturgie Isojahbs III
<V4£— 58) auf. Und die Vermutung Connollys, daß
lso jahb diefe fogenannte Konfirmation aus der Großkirche
in die neftorianifche Kirche eingeführt habe, hat viel für
fich. Indes gerade in diefem Abfchnitte bleiben noch
manche Rätfei. Die Annahme Connollys z. B., daß der
erfte Akt des Taufritus bei fämtlichen fyrifchen Schrift-
ftellern des 4. und 5. Jahrhunderts in einer Signation der
Stirn mit Ol und in einer Salbung des ganzen Leibes
mit Ol beftanden habe, ift falfch. In den Thomasakten
wenigftens {cfr. Wright, Apocryphal acts of the Apostles
vol. II pag. 166 und 267) wird bei der Taufe von Gunda-
phar und Sifur das Öl nur aufs Haupt gegoffen und
das beweift ein Schwanken in der Behandlung mit Öl
Umgekehrt ift gerade das, was Connolly auffällig findet*
daß nämlich bei der in den Thomasakten (/ c tag- 188I
erwähnten Frauentaufe die ganze Behandlung mit Ol in
eine bloße Signation an der Stirn zufammenfchrumpft
und die gnechifche Verfion das Waffer unerwähnMaßt
z.emhch Telbftverftändlich. Bei Frauentaufe riommt die