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Ausgabe:

1910

Spalte:

118-119

Autor/Hrsg.:

Kayser, Karl (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Die hannoverschen Pfarren und Pfarrer seit der Reformation. Nr. 1, 10, 26, 27/28 u. 30 1910

Rezensent:

Cohrs, Ferdinand

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iij Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 4. 118

gaben der rh. K.-G.' fixiert die augenblicklich wichtigen
Fragen: 1. Sorgfältigere Aufhellung der Entftehung der
reformatorifchen Bewegung am Rhein — genaue Feft-
ftellung und Begrenzung des niederländifchen Einfluffes
wie der autochthonen reformatorifchen Tendenzen (Täufer-
tum; fektenhafte Unterftrömungen des mittelalterlichen
Katholizismus? Reformkatholizismus; literarifche und
Schuleinflüffe). 2. Zur Geftaltung der reformatorifchen
Bewegung: genaue Feftftellung des Bekenntnisftandes der
Neuerer; Zerreibung der reformkatholifchen Tendenz
zwifchen der alten Kirche und der evangelifchen Bewegung
und Ausprägung von Calvinismus oder Luthertum
: ftärkerer Einfluß der Pfalz, als angenommen? 3. Betreffend
das fertige, organifierte Kirchentum: Größe,
innere Höhenlage der Gemeinden; Geftaltung des inneren
Gemeindelebens (öffentliche und heimliche G.); Stellung
nach außen, leitende kirchliche Ideale. 4. Unterfuchung
der Gründe, warum die Reformation am Rhein trotz
vielen günftigen Vorbedingungen nicht gefiegt hat. —
Ift. diefes Programm auch ausdrücklich im Blick auf den
Niederrhein entworfen, fo bezeichnet es doch auch
Punkte, die für die Arbeit auf dem Gebiet der ober-
rheinifchen kirchlichen Gefchichte fehr beachtenswert
find.

Die bisher gebrachten Beiträge, die fich in Abhandlungen
und Urkunden, Notizen, Rundfragen und
Bücherbefprechungen gliedern und faft alle von rheini-
fchen Pfarrern oder Theologen verfaßt find, beziehen
fich größtenteils auf die Gebiete der Kirche von Jülich,
auch Cleve und Berg, Köln, und am Uberrhein auf die
pfälzifchen und fponheimifchen Lande. Biographifches
tritt fachentfprechend hervor. Allgemeinere Gegenftände
behandeln wefentlich nur die Auffätze von Hashagen-
Bonn: Rheinifches Revolutionschriftentum unter franzöfi-
fcher Herrfchaft (I.) und: Die Anfänge des landesherrlichen
Kirchenregiments am Niederrhein (IL).

Es ift nicht zu leugnen, das das bisher Veröffentlichte
uns in einer ganzen Reihe von Punkten wirklich
gefördert hat: es find Lücken ausgefüllt und durch Ver- j
folgung der Träger der Bewegung Zufammenhänge aufgehellt
worden. Aber die Zeitfchrift überläßt trotz
obigem Programm das, was fie aufnimmt, viel zu fehr
dem Zufall und verfolgt keinen rechten Plan. Auch die
einzelnen Sachen find nach Inhalt und Verarbeitung fehr
ungleichwertig. Wie man kirchliche Urkunden felbft bis !
in kleinfte Perfonalia hinein fruchtbar machen kann, zeigt
der wertvolle Beitrag von H. Fliedner ,Zur Gefchichte
der vier Täler' (II), wie der Auffatz von Hollweg (Verzeichnis
der notleidenden reformierten Lehrer- und
Predigerfamilien der Pfalz 1628). Auf der andern Seite j
lohnt ein Gladbacher Kirchenftuhlftreit wirklich nicht
die an ihn verfchwendeten 83 Seiten! Auch fonft werden
Urkunden von verhältnismäßig geringem Werte, für j
die eine knappe Regelte genügte, in extenso abgedruckt,
wie denn die Urkunden viel zu fehr vorwiegen. Viel
förderlicher find Bockmühls u. a. biographifche Beiträge.
— Ein bleibender Mangel aber ift, daß eine folche Zeit- I
fchrift ins Leben treten konnte, ohne Gemeinfchaft mit
dem anerkannten Führer auf diefem Gebiet, Eduard
Simons (vgl. Wolff I, 9), und fo auch bisher feiner
Mitarbeit gänzlich entbehrt, zumal die von Simons heraus- ,
gegebenen Theologifchen Arbeiten aus dem Rheinifchen
wiffenichaftlichen Predigerverein ausgefprochener-
maßen vorzugsweife der rheinifchen Kirchenge-
fchichte dienen wollen und dienen. Läßt fich nun das
Verhältnis der beiden Zeitfchriften fo regeln, daß die
Theol. Arbeiten befonders größere Artikel, wirkliche
,Arbeiten', bringen, während die Monatshefte, ohne folche
aus/.ufchließen, kleinere Mitteilungen, Notizen,Lefefrüchte
ufw. darbieten? Oder wäre es nicht doch richtiger,
wenn beide vereinigt würden unter Umwandlung des
Predigervereins in eine Gefellfchaft für rheinifche Kirchengefchichte
? Zum wenigften erfcheint die Begründung

einer folchen Arbeitsgemeinfchaft als fehr erwünfchb
die einen Arbeitsplan aufzuftellen hätte, der von den
Mitarbeitenden im Auge behalten werden und auch den
,Monatsheften' neue Richtlinien zu planvollerem Vorgehen
vorfchreiben follte. Das jetzige jeweilige Abdrucken
des fich anbietenden Stoffes kann, nachdem uns
Simons mit feinem Stabe das Urkundenbuch zu fchenken
begonnen, nicht fo weiter gehen, und ein von der
Rheinifchen Provinzialfynode unterftütztes Unternehmen,
wie die Rotfcheidtfchen Hefte, follte durch wirkliche
Arbeitsorganifation in der Lage fein, anzuführen, ftatt
— man verzeihe — oft genug in der Rolle des Anti-
quitätenfammlers hinterherzutrotten. Das mußte gefagt
werden bei aller Anerkennung, die dem Fleiß, dem
Intereffe und der Opferwilligkeit des Herausgebers in
weitem Maße gebührt.1

Lobberich bei Krefeld. Zilleffen.

Die hannoverfchen Pfarren und Pfarrer feit der Reformation.

Im Auftrage der Gefellfchaft für niederfächfifche Kir-
chengefchichte unter Mitwirkung zahlreicher hannoverfchen
Geiftlichen herausgegeben von Superint. D. Karl
Kayfer. Braunfchweig, A.Limbach G. m. b. H. gr. 8°

Jedes Heft M. 1 —

Xr. 26: Infp. ClaU8thal, Generaldiöcefe Hildesheim [bearbeitet von

P. G. Schreiber.] 56 S, 1905.
Nr. 27/28: Stadt U. Infp. Einbeck, Generald. Hildesheim [bearbeitet

von P. Th. Wedekind.] 98 S. 1905.
Nr. 10: Infp. Springe, Generald.Hannover [bearbeitet von Superint.

Th. Warnecke.] 103 S. 1906.
Nr. 30: Infp. Ofterode a. H., Generald. Hildesheim [bearbeitet

von Superint. D. K. Kayfer.] 116 S. 1907.
Nr. 1: Infp. Gr. - Berkel, Generald. Hannover [bearbeitet von

Superint. D. Kayfer.] 125 S. 1908.

Seit einer Reihe von Jahren hat die Gefellfchaft für
niederfächfifche Kirchengefchichte es unternommen, eine
Presbyteriologie der hannoverfchen Landeskirche zu
fchaffen und hat ihren langjährigen Vorfitzenden, den
bewährten Kenner der niederfächfifchen und fpeziell
hannoverfchen Kirchengefchichte, Superintendent D.
Kayfer in Göttingen, der, wie er überhaupt der Begründer
der Gefellfchaft ift, fo auch diefen Plan erfonnen hat,
mit der Ausführung des Unternehmens betraut. Alljährlich
erfcheint mindeftens ein Heft, das in zwanglofer
Folge jedesmal eine Infpektion umfaßt. Der series pa-
storutn, die möglichft immer bis auf die Reformation
zurückgeführt wird, gehen jedesmal kurze Gefchichten
der einzelnen Pfarren vorher, die nach Maßgabe des
vorhandenen Materials natürlich von fehr verfchiedener
Ausführlichkeit find. Bisher ift vorwiegend die General-
diözefe Hildesheim berückfichtigt. Aus der Generaldiözefe
Stade fowic aus Oflfriesland liegen noch gar keine Bearbeitungen
vor. Die hannoverfche Landeskirche hat
rund 100 Infpektionen, darunter allerdings einige von
ganz minutiöfem Umfang. Immerhin würde, wenn die
Publikation in gleichem Tempo, wie bisher, fortgefetzt
wird, etwa ein Saeculum vergehen, bis die gefamten Infpektionen
und Pfarren in diefer Weife regiftriert find.
Zu wünfehen ift deshalb, daß es möglich wird, jährlich
mehrere Hefte herauszugeben. Hoffentlich find dazu
immer die genügenden Mittel vorhanden und ftellen rechtzeitig
die genügenden Hülfskräfte fich ein. Denn ein
einzelner kann natürlich diefe Arbeit nicht leiften. Es
verdient fchon gebührende Anerkennung, daß der Herausgeber
zwei umfangreiche Infpektionen ganz allein
bearbeitet hat.

Wird die Sammlung einmal vollftändig vorliegen fo
befitzt die hannoverfche Landeskirche daran ein vortreff-

1) Vgl. übrigens im neuen Jahrgang S. 3ff. F. Nippolds Auffatz-
neine Ergebnifle derSpezialftudien der M.-H. f. Rh. K.-G. (IV Heft 1 )