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Ausgabe:

1910 Nr. 3

Spalte:

76-77

Autor/Hrsg.:

Ter-Mekerttschian, Karapet

Titel/Untertitel:

Timotheus Älurus‘, des Patriarchen von Alexandrien, Widerlegung der auf der Synode zu Chalcedon festgesetzten Lehre 1910

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 3.

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nicht eine Verwechilung begangen haben könne, und ob j find. Nie. kann unmöglich nur Autor des Te Daun fein;
es nicht zwei Männer des Namens Niceta(s) in ziemlich ich halte es für gar nicht ausgefchloflen, daß handfehrift-
gleicher Zeit, einen gallifchen und einen daeifchen Bifchof liehe Forfchung und glückliche Konjektur noch manches
gegeben haben möchte, fo zwar, daß jener für den ,Ge- j fördern. Aus Anfpielungen des Paulinus ift zu entnehmen,
lehrten', diefer für den ,Dichter'Niceta(s) zu halten wäre, i daß Nie. fpeziell Chriftushymnen gedichtet und viel-
Aber es wird doch kaum möglich fein, einen Doppel- leicht die davidifchen Pfalmen überfetzt (umgedichtet)
Niceta anzunehmen. Der Name zwar ift gar nicht feiten, hat! Ein anderes Thema, das freilich F. C. Burkitt (bei
auch gerade in Gallien nicht auffallend. Aber eines der j Bums S. CXLIV—CLIV) fchon fehr fachkundig, aber
Nicetafragmente zeigt, wie Hümpel in dem Artikel in : doch wohl zu kurz behandelt hat, ift der .Bibeltext'des
der Realenzyklopädie für proteft. Theologie ufw., 3. Aufl., Nie; mindeftens eine Nachprüfung der Refultate von
Bd. 14, hervorhebt (es war mir entgangen), eine Spur von Burkitt wäre erwünfeht. Sollte übrigens aus der Über-
miffionarifcher Tätigkeit des,Gelehrten', und das rückt 1 fetzung, die er benutzt, nichts über die Perfon (Herkunft,
diefen ohne Zweifel mit dem .Dichter' zufammen (fo , Bildung) des Nie. zu entnehmen fein?

merkwürdig es ift und bleibt, daß Gennadius von dichte
rifchem Schaffen feines ,Niceta episcopus Civitatis Re-
mesianae1 nichts zu wiffen fcheint!). Daß Niceta, der eine,
der daeifche Dichter und Miffionar, zu Gallien Beziehungen
gehabt haben muß, halte ich nach wie vor für
fehr wahrfcheinlich. Die Form der Abrenuntiations-
fragen fpricht dafür, wenn alle andern Argumente nicht

Halle a. S. F. Kattenbufch.

Timotheus Alurus', des Patriarchen von Alexandrien,
Widerlegung der auf der Synode zu Chalcedon fettgesetzten
Lehre. Armenifcher Text, mit deutfehem und arme-
nifchem Vorwort, zwei Tafeln und dreifachem Reverfangen
(f. darüber meine Rezenfion im Jahrgang 1896; J gifter. Herausgegeben von Lic. Dr. Karapet Ter-

die Schrift de baptismo, Cod. Notre Dame L der Parifer
Nationalbibliothek muß endlich mal ediert und kritifch
unterfucht werden! Ich habe auch in meinem Werke
über das Apoftolikum die Wichtigkeit diefer Schrift und
der Abrenuntiationsfragen bei Nie. berührt; vgl. II, 457
Anm. 40; für das Material zur Vergleichung der Abre
nuntiationsfragen f. das Regifter). Aber ich. finde nun

Mekerttfchian und Lic. Dr. Erwand Ter-Minaf-
fiantz, Archimandriten. Leipzig, J. C. Hinrichs'fche
Buchhandlung 1908. (IX* XXXV u. 396 S.) gr. 8»

M. 10 —

Die beiden Herausgeber (Archimandriten in Etfch-
miadfin) diefes Werkes des hervorragenden Monophy-

bei Patin zuerft den Hinweis auf die Spuren davon, daß | fiten find in Deutfchland nicht unbekannt. Sie haben

Niceta wohl Mönch gewefen ift! Das bringt mich auf
den Gedanken, daß er (ob Dacier oder Gallier) bei Martin
von Tours gewefen fein möchte. Die Mönche und
Schüler Martins waren vor andern bekanntermaßen begehrt
als Bifchöfe. Und Martin hatte Zulauf aus dem
ganzen lateinifchen Kirchengebiet. So kann Niceta auch
in feinem Symbol gallifche Einfchübe haben. Mir bleibt
das auch noch immer überwiegend wahrfcheinlich.

Im zweiten Kapitel fucht Patin zu zeigen, daß
Nie. fich als ,abendländifcher' Theolog erweife. Das
ift nicht zu bezweifeln, aber man kann da vielleicht noch
tiefer dringen, als Patin tut. Die abendländifche Chrifto-
logie kann aus den Schriften der ,kleineren' Theologen,

wertvolle deutfehe Werke verfaßt, und fie find beide
an deutfehen Univerfitäten Dr. phil. und Lic. theol. geworden
. Den letzteren Titel erhielt Karapet Ter-MS-
kerttfehian von Marburg, Erwand Ter-Minaffiantz von
Gießen. In der Erinnerung daran haben fie ihre gemein-
fame Arbeit nun den dortigen theologifchen Fakultäten
gewidmet. ,Wir find überzeugt — fo fchließt das Vorwort
—, daß alle Mitglieder derfelben die Notwendigkeit
und den Wert diefer Arbeit voll würdigen werden'.
Da abgefehen vom Vorworte kein deutfehes Wort in
dem ganzen Buche zu finden ift (felbft die Einleitung ift
nur armenifch gefchrieben), fo ift diefe Hoffnung vielleicht
etwas kühn, denn daß ,alle' Herren, die zurzeit in

Gregor von Eliberis, Phoebadius von Agennum, wohl 1 Marburg und Gießen die Fakultät bilden, armenifch ver-

auch Gaudentius von Brescia u. a. noch näher präzifiert
werden. Patin verrät keine Kenntnis der Forfchungen
von Loofs. Wertvoll und wohl auch zutreffend ift P.s
Bemerkung, daß Nie. die Synodika des Damafus gekannt
habe. — Mit reicher Literaturkenntnis und glücklicher
Beobachtung fpürt P. im dritten Kapitel den ,Quellen'
des Nie, oder feinen Beziehungen zu anderen Autoren'
nach, zu nicht geringem Teil neues Material bietend. In
meiner Rezenfion von 1896 hätte er fehen können, daß
Gaudentius noch mit in Betracht komme. Das vierte
Kapitel, das ex professo die Theologie des Nie. behandelt,
ift etwas fchablonenhaft. Dagegen ift das fünfte:
.Nicetas Stil und Sprache' wieder ausgezeichnet durch
Vielfeitigkeit und Selbftändigkeit der Fragftellungen.

Für die Literatur über das Magnificat (ob von Elifabeth),
worin ja Nie. auch eine Rolle fpielt, ift P. nicht ausreichend
inftruiert. Als wichtig erfcheint mir der kleine
Auffatz von H. A. Köftlin in der Zeitfchr. f. neutefta-
mentl. Wiffenfch. ufw., 3. Bd., 1902 (f. auch Schürer in
gegenwärtiger Zeitfchrift, 1903, Kol. 258—59). John
Sarum', den P. zitiert, ift übrigens niemand anderes als
der gegenwärtige Bifchof von Salisbury (Sarumiensis),
John Wordsworth, der Herausgeber der Vulgata des
Neuen Teftaments.

In Zukunft wird die Forfchung fich einmal ernftlich
der Frage zuwenden müffen, ob nicht außer dem Te Detern
(wenn es denn für ficher gelten kann, daß Nie. es gedichtet
— vielleicht ,zufammengeftellt' — hat) noch
andere carmia bzw. hymni des von Paulinus ja
gerade diefer wegen gepriefenen Daciers zu ermitteln

flehen, glaube ich faß: bezweifeln zu dürfen. Mindeftens
die Einleitung hätte wohl doppelfprachig, armenifch und
deutfeh, fein mögen. Ob Krüger, vielleicht unter den
evangelifchen Theologen in Deutfchland der felbftändigfte
Kenner der Gefchichte der monophyfitifchen Wirren,
neuerdings armenifch gelernt hat und in der Lage wäre
nach diefer Edition den Paffus über Timotheus das'
Wiefel in feinem Artikel ,Monophyfiten', PRE3 XIII,
fpeziell 377, 19—380, 17 zu bereichern, weiß ich nicht. Wie
das vorliegende armenifche fich zu dem fyrifch erhaltenen
Werke des Timotheus, das fich im British Museum
findet (Wright, Catal. S. 639 fr.), verhält, konnten die
Herausgeber nicht ficher feflftellen. Die Stücke, die aus
jenem bekannt find, laffen keinen fichern Schluß zu.
Aus dem jetzt edierten Werk geht, wie die Herausgeber
in der Vorrede bemerken, hervor — was man
übrigens doch auch bereits wußte —, daß Timotheus
kein Anhänger des Eutyches war, daß überhaupt zwifchen
Eutychianismus und ,Monophyfitismus' zu unterfcheiden
ift. Ich vermute, daß die Zitate aus andern Schrift-
ftellern zu dem wertvollften Inhalte des Werkes gehören
. Pur Neftorius z. B. fcheint es neue Stücke
(neben denjenigen, die Loofs aus dem oben genannten
fyrifchen Werke entnehmen konnte) zu bieten. Wenn
die Herausgeber doch nur das Regifter doppelfprachig
darböten! Man könnte dann wenigftens irgendwie über-
fehen, was man zu erwarten habe. Das Werk ift wahrfcheinlich
zwifchen 506 und 554 ins Armenifche uberfetzt
worden; es hat eine große Rolle in der weiteren
theologifchen Literatur der Armenier gefpielt. ,Speziell