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Ausgabe:

1910 Nr. 2

Spalte:

51-54

Autor/Hrsg.:

Burn, A. E.

Titel/Untertitel:

Facsimiles of the Creeds from early manuscripts 1910

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 2.

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dici (S. 602) ihr direktes Gegenbild in der Leda des dortigen
National-Mufeums von der Hand desfelben Meifters?
Über ihn das Nähere zu erfahren, muß man bei feiner
Vielgewandtheit vermöge der weiteren Anlage des Buches
an verfchiedenen Stellen nachfchlagen. Aber ein vorzüglich
vollftändiges Regifter erleichtert den Gebrauch
des dreibändigen Werkes ungemein.

B. Ein vortreffliches Werk der proteftantifchen For-
fchung, welches allen Anforderungen der Überfichtlich-
keit und umfaffendften Belehrung entfpricht, ift Gradmanns
Gefchichte der chriftlichen Kunft. Verf., foviel
ich weiß, vordem Pfarrer in Dettingen bei Urach, fodann
Konfervator der vaterländifchen Kunftdenkmäler in Stuttgart
, hat die erften beiden Bücher (Die Kunft des chriftlichen
Altertums — Die Kunft des Mittelalters) verfaßt,
wurde aber durch Krankheit gehindert, die Arbeit am
letzten (Die chriftliche Kunft der Neuzeit) felbft zu übernehmen
; feine Beteiligung befchränkt fich hier auf Durchficht
und Ergänzung. Das Buch ift nicht gelehrt ge-
fchrieben — alles Beiwerk wird vorausgefetzt — und
zeichnet fich durch ftraffe Dispofition, große Klarheit
und Knappheit und meifterhafte Beherrfchung der
Sprache, gerade auch mit Rückficht auf die technifche
Seite, aus. Ich erinnere mich kaum, etwas gleich Vollendetes
in dem Aufbau des Vortrages durch Aneinanderreihung
kurzer Sätze an anderer Stelle gelefen zu haben.
In vieler Beziehung liegt hier ein wertvolles Gegenftück
zu Kraus vor, deffen abftrakte Formulierung der Probleme
vermieden wird, in anderer bedeutet es durch
die Hinausführung bis zur Gegenwart und die Einbeziehung
der getarnten nordifchen Kunft eine unfchätz-
bare Ergänzung. Aber auch für die frühere Periode
werden wir z. B. über die Baudenkmäler des Oftens
(S. 137 fr.) wie über die barbarifchen Anfänge im Frühmittelalter
(S. 171 ff.) ausgiebig unterrichtet. Diefe werden
alfo — fachgemäßer — bei der zweiten Periode
behandelt. Die erfte teilt fich in urchriftliche (beffer
wohl: altchriftliche) Kunft und die altkirchliche Kunft
feit Konftantin; die zweite hat die Abfchnitte: Die chriftliche
Kunft in den orientalifchen Ländern, Die chriftliche
Kunft des Frühmittelalters im Abendlande, Die romani-
fche Kunft, Die gotifche Kunft (unter die Giotto und
die älteren Schulen Italiens noch einbezogen werden);
die dritte behandelt nacheinander die chriftliche Kunft
des 15., des 16., des 17. und 18., des 19. Jahrhunderts.
Intereffant ift die Feftftellung (S. 490), daß der Grundriß
von St. Peter in Rom endgültig nach der dortigen Kirche
del Gefü umgeformt wurde. Wohltuend berührt ein Urteil
wie diefes (S. 356): ,1m Zeitalter und im Vaterlande
Dantes kann nicht ausbleiben, daß die Kunft mit Aufgaben
gequält wird, die ihrer Natur zuwiderlaufen, mit
fcholaftifchen Programmen und dramatifchen Allegorien'.
Auf S. 181 Z. 15 v. u. lies Philaftrius (ft. Philoftratus)
in Brescia. Die nach ihm genannte Krypta (Unterkirche
der fog. Rotonda, des alten Domes) ruht auf
42 kleinen antiken Säulen. — Die Auswahl der Abbildungen
des Buches ift mit großer Sorgfalt getroffen,
wenn fie auch im einzelnen, namentlich für die Anfangszeit
, nicht auf der Höhe flehen; der Druck ift in zwei
Größen gegeben. Ein gutes Regifter bildet den Ab-
fchluß.

Betheln (Hann.) E. Hennecke.

Burn, A. E., D. D., Facsimiles of the Creeds from early
manuscripts. With palaeographical notes by the late
Dr. Ludwig Traube. (Henry Bradshaw Society,
Vol. XXXVI). London, Harrifon & Sons, 1909. (VIII,
53 p., XXIV pl.) gr. 4°

Ein monumentaler Beitrag zur Symbolgefchichte der
alten Zeit. Burn hat gleichmäßiger, als irgend einer,
alle drei ,ökumenifchen' Symbole zum Gegenftande

feiner Forfchung gemacht und betätigt fein Intereffe an
ihnen auch hier ohne Vorzug eines vor dem anderen.
Die Henry Bradshaw Society, die 1890 gegründet worden
, hat zur fpeziellen Aufgabe, Mittel für die Edition
von ,rare liturgical texts', alfo von fchwer erreichbaren
und doch für den Hiltoriker unentbehrlichen Texten,
zur Verfügung zu (teilen. Burn hat mit ficherem Griff
im ganzen 12 Texte gewählt, um von ihnen, auf 24
Tafeln, eine photographifche Reproduktion und dann
auch, danebenftehend, eine moderne Transfkription zu
bieten. Unbekannt war keiner diefer Texte, aber jeder
fpielt in der Forfchung über die Gefchichte der Symbole
feit längerer oder kürzerer Zeit eine befondere Rolle.
Es find ausgezeichnet deutliche Photographien, die uns
geboten werden, tadellofe Vorlagen für paläographifche
Übungen; ich möchte alle, die fich für frühmittelalterliche
Urkunden intereffieren, darauf aufmerkfam
machen. Dem eigentlichen Korpus des Werkes, den
Tafeln, hat Brun zur Einleitung knappe Jiistorical notes',
die der Orientierung über den fachlichen Wert der
zur Anfchauung gebrachten Texte dienen, vorangefchickt.
Dann folgen ,palaeographical notes', die LudwigTraube
zu dem Werke beigefteuert hat. Diefe Ausführungen
des nur zu früh hingefchiedenen geiftvollen Münchener
Philologen werden auch im deutfchen Original mitgeteilt
. Burn hat feinerzeit Traube den Anftoß gegeben
zur Abfaffung feiner berühmten Abhandlung über Perrona
Scottorum (Sitzungsberichte der Münchener Akademie
1900, S. 469fr.). Was Traube in dem vorliegenden Werke
bietet, find meift kurze, aber fehr vielfeitige Bemerkungen
aus feiner großen Kenntnis des paläographifchen Materials
heraus. Er ift geftorben, ehe ihm alle Photographien
zugefchickt werden konnten; über einige der Texte hat er
fich auch fchon früher (in Perrona Scott, und fonft) geäußert.
Es ift eine befondere Zierde des Werks, daß Traube
daran mitgearbeitet hat.

Ich berühre in einer Überficht die einzelnen Texte,
die Burn mitteilt:

1. Cod. Colon. 212 (Darms tad. 2326) fol. 113, fol.
113^., fol. 114: Der Teil des Briefes Cyprians von
Toulon an Maximus von Genf, der das bymbol verwendet
. Leider hat gerade zu diefem Stücke fich Traube
nicht mehr äußern können, da es zu lange dauerte, ehe
Burn aus Köln eine Photographie erlangen konnte. Mir
ift befonders intereffant, worauf Burn kein Gewicht zu
legen fcheint (denn er überfieht es zwar nicht bei der
Transfkription, verwertet es aber nicht, wo er S. 3
das Symbol des Cyprian ,zufammenftellt'), daß Cyprian
bei ,et in jfesum Christum filium ejus unigenitum (sie!)
dominum nostrum' vor ,unigenitum' einen Punkt macht,
alfo diefes Prädikat zu dominum nostrum zieht. Ich habe
in meinem Werke über das Apoftolikum die Behauptung

j vertreten, daß dies die echte, urfprüngliche Beziehung.
Sie ift mehrfach in Formeln erhalten (f. meine Zufammen-
ftellung II, 591); bei Cyprian wird fie (was befonders
zu urgieren ift) im Widerfpruch mit feiner eigenen
theologifchen Verwendung des Prädikats im Zitat
markiert.

2. Cod. Bernensis N. 645,/i?/. 72: Der von E. Bratke
zuerft mitgeteilte Symboltext, der auch unicum dominum
hat, wie die Photographie unzweifelhaft macht. Traube
fetzt die Handfchrift mit ziemlicher Gewißheit in die
Mitte des 8. Jahrhunderts, wagt fie aber nicht örtlich zu
beftimmen. Zur Würdigung des Symbols (welches ich
als vielleicht ,iiofchottifch' angefprochen habe) kommt
ein Sermon in Betracht, für den Burn noch neue Hand-
fchritten fignalifiert.

3. Cod. Paris, lat. 13246 fol. 88: Das erfte Symbol
| des fog. Sacramentarium Gallicanum (oder Bobbiense).
j Traube weift den Gedanken, daß das MS. in Bobbio (wo

es gefunden iß) gefchrieben fein könne, fehr beftimmt
ab; es könne aber fehr wohl in Luxeuil gefchrieben fein,
j im 7. Jahrhundert. Es fcheint alfo doch, daß wir in Zu-