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Ausgabe:

1910 Nr. 17

Spalte:

520

Autor/Hrsg.:

Hautsch, Ernst

Titel/Untertitel:

Der Lukiantext des Oktateuch 1910

Rezensent:

Klostermann, Erich

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Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 17.

520

hierher. R.s Charisma ift nicht die für Grundzüge nötige | An der urfprünglichen Einheit von Pf. 22 mit R. zu

Genauigkeit und Kürze des Ausdrucks.

Der metrifche Katechismus R.s umfaßt I2; der ftro-
phifche 15 Paragraphen. Natürlich kann ich fie nicht alle
hier aufzählen.

zweifeln, wird wohl doch auf Grund des anderen Rhythmus
der Schlußverfe von 24b an nötig fein.

So gibt es viele Punkte, in denen der altteftament-
liche Metriker zu den gleichen Refultaten wie R. ge-
Das Wefen der hebräifchen Metrik befiehlt auch nach I langen wird. Oft wird es fich dabei um Entdeckungen
R. wie für die meiften Gelehrten, die eine Metrik im A. T. handeln, die auch fchon von anderen (z. B. Duhm und
annehmen, in der Zählung der Hochtüne oder Akzente. | Baethgen) gemacht worden find; aber auch, wo R.
Jedes Wort hat eine Hochtonfilbe; ausgenommen find Neues bietet, wird er vielfach auf Zuftimmung rechnen
Partikeln, u. dgl., die bald den Hauptton haben können, j dürfen. Rothfteins Buch als Ganzes ift bedeutfam für
bald nicht, je nach der ,den Satz beherrfchenden Logik' I die Pfalmenforfchung. Selbft wo er manchen Fach-
(S. 29). Längere Wörter können 2 Haupttöne haben, genoffen in der Skepfis gegen den Text zu weit gehen
Die Nomina segolata werden bald oxytoniert, bald als ■■ wird, wird er fie wenigstens zur Kontrolle ihres text-
Paroxytona gelprochen. Desgleichen fchwankt die Be- kritifchen Gewiffens nötigen und fo indirekt ihren Dank
tonung der Glieder einer Status constructus-Kette. Auch | verdienen. Hätte R. nur von feiner Virtuofität des Aus-
fonft können 2 Wörter außerhalb des st. constr. bald mit fcheidens unnötiger Zufätze u. dgl. bei feinem eigenen
einem, bald mit 2 Tönen verfehen werden. Die zwifchen Kommentar Gebrauch gemacht — er wäre dadurch um
den Hochtönen liegenden Senkungen find normiert, fie i Vieles genießbarer geworden. Hoffentlich gelingt es R.
fchwanken zwifchen 1—3. Der Aufftieg zum erften Hoch- j uns bald den ganzen Pfalter rhythmifiert vorzulegen.

ton des je erften Halbverfes (warum nicht auch des je
zweiten Halbverfes?) befteht meift aus je einer Silbe
(S. 43); hat der Dichter fo fein Lied begonnen, fo führt
er diefesSchema durch die übrigen Verfe durch. Warum?

Daß es bei diefen metrifchen Regeln vielfach vom
Gefühl des Lefers abhängen wird, ob er diefe oder jene
Silbe betont, wird wohl auch R. bei ruhigem Erwägen
zugeftehen!

Rhythmifche Einheit ift nach R. die Verszeile oder
der Stichos, nicht der Halbvers. Ein Übergreifen (Enjambement
) der rhythmifchen Zeile in die Sinnzeile ift
nicht ftatthaft (gegen Sievers). Mit anderen Gelehrten
unterfcheidet R. gleichhebige Schemata 4: 4, 3: 3, 2: 2
und 3: 3: 2, und ungleichhebige Schemata 4: 3, 4: 2, 3: 2,
und 3: 2: 2. Mifchmetren find ausgefchloffen (gegen
Sievers). Grundform der Strophe ift der Zweizeiler. Rein
ift die Strophe nur dann, wenn die beiden Verszeilen
nicht bloß rhythmifch, fondern auch logifch ein in fich
gefchloffenes Ganzes bilden.

Probieren geht über Studieren! Ich beginne mit
einigen Notizen zu R.s Strophentheorie. Klagelieder 1—3
liegen Strophen vor, die alle aus 3 Verszeilen beliehen!
Pf. 119 befteht aus 22 8zeiligen Strophen, von denen
keine lieh etwa weiter in 4 zweizeilige Strophen zerlegen
ließe! In den Kehrverspfalmen 42/3 find gewiß die
zwifchen den Kehrverfen liegenden Zeilen zu Strophen
zufammenzubinden. Jede Strophe hat hier ficher mehr
als 2 Verszeilen. R.s Zerreißung des Textes (S. 90) in
2zeilige Strophen ift hier ganz vom Übel. Seine Theorie,
daß es nur zweizeilige Strophen gebe, ift alfo korrekturbedürftig
. Übrigens nimmt R. b. 88/9 und S. 258 für
Pf. 24 B auch dreizeilige Strophen an. Pf. 3 würde ich

Allmählich werden wir wohl zu ficherer rhythmifcher
und ftrophifcher Lefung der altteftamentlichen poetifchen
Texte fortfehreiten. Errando diseimus! Energifche Pionierarbeiten
wie die Rothfteins werden mit zur Erreichung
des Zieles verhelfen.

Heidelberg. Georg Beer.

Hautreh, Ernft, Der Lukiantext des Oktateuch. (Mitteilungen
des Septuaginta-Unternehmens der Königlichen Ge-
fellfchaft der Wiffenfchaften zu Göttingen. Heft 1.
[Aus den Nachrichten der K. Gefellfchaft der Wiffenfchaften
zu Göttingen. Philologifch-hiftorifche Klaffe,
1909, S. 518—543.]) Berlin, Weidmann 1910. (28 S.)
gr. 8° M. 1 —

Die Gefellfchaft der Wiffenfchaften zu Göttingen hat
es unternommen, den urfprünglichen Text der Septua-
ginta auf Grund einer Durchforfchung des gefamten Materials
zu rekonftruieren. Die dazu erforderlichen Einzel-
unterfuchungen follen in den Nachrichten der Gefellfchaft
erfcheinen, jedoch auch feparat, mit befonderer Seitenzählung
, als Mitteilungen des Septuagintaunternehmens
ausgegeben werden, und in ihrer Gefamtheit einen Band
bilden, der fchließlich noch einen Generaltitel und ein
Inhaltsverzeichnis bekommen wird.

Das erfte Heft diefer Mitteilungen bildet eine Unter-
fuchung von E. Hautfeh über den Lukiantext des Oktateuch
. Während man für die auf den Oktateuch folgenden
hiftorifchen Bücher des A.T. den lukianifchen
Text in der Handfchriftengruppe 19. 82. 93. 108. 118
bis v. 7 wie R. in 2zeiHge Strophen zerlegen. Aber R.s ! gefunden hat, war die Sachlage für den Oktateuch felbft

4. Strophe ift nicht einleuchtend. Hier bilden zweifellos j noch nicht klargeftellt. Field hatte die Vermutung, daß
die Halbverfe, die von R. zerriffen werden, ns mstt 13 1 auch hier die Handfchrifcen 19. 108. 118 den Lukian
Tlb "O^K br) und fiTl© SP>©A at? eine Verszeile. böten, nur mit Referve geäußert; und Dahfe, der neuer-

Nun noch ein Wort zu R.s Rhythmik. In der Lefung
von Pf. 1,1 a wird R. kaum Nachfolger finden. Er fkandiert

c'ytn nsyn ybn || <b ts^an "n««. Er lieft alfo den

dings eine Gruppierung der Handfchriften der Genefis
unternommen hat (ZATW. 28, II ff. iölff.), deren Richtigkeit
Hautfeh anerkennt, erklärt vielmehr die Gruppe 53.

Vers als Doppeldreier und fetzt die Zäfur hinter Si/b! ' 56- I29 fur Lukian. Hautfeh feinerfeits hält die Gründe
Richtiger wird aber iaals Sechfer zu lefen fein, indem die ■ für diefe Identifizierung nicht fur zutreffend. Zur Ent-
Zäfuren hinter ffiiKtt und ybn fallen: HBSS || ©i«h iUE» j fcheidung der Frage unterfucht er, was Faeld als fehr
nrshrn nsya || Tbn S?b. Warum foll 2, 1 rTbb und nicht ' fchwierig anfah, und was Dahfe unterließ, nämlich mit
ffibV fkandiert werden? Vielleicht hat R. recht, wenn er j welcher Klaffe von Septuagintahandfchrilten der Okta-

teuchtext der antiochenifchen Väter, Diodor, Theodor von
Mopfueftia, Theodoret und Chryfoftomus am engften,
verwandt erfcheint. Das Ergebnis ift, daß nicht 19. 108
und w, fondern eine Gruppe, in der befonders die Hand-

Pf. 2 Fünfer annimmt. Freilich läßt fich die 2. Hälfte
feiner Fünfer nicht überall ungezwungen lefen; z. B. 2, 9
würde ich ciE3n t4yi "bbs fkandieren. Plaufibel ift im
Allgemeinen die Skandierung von Pf. 3. Doch ift vielleicht
ftatt 3,4 pa, was R. ftreicht, beffer mm als [ fchriften 54. 75 hervortreten, diefe Eigenfchaft zeigt,
rhythmifch überflüffig einzuklammern. Auch mit R.s Kiel. E. Kloftermann.

Rhythmifierung von Pf. 6 kann ich mich im Allgemeinen
einverftanden erklären. Gewiß hat er auch Recht, wenn
er Pf. S in Fünfern gedichtet fein läßt; jedoch finde ich
feine Äusfcheidungen in diefem Pfalm vielfach unnötig.