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Ausgabe: | 1910 Nr. 16 |
Spalte: | 493-497 |
Autor/Hrsg.: | Hoffmann, Georg |
Titel/Untertitel: | Die Lehre von der fides implicita. Dritter Band: Vom Ende des Reformationszeitalters bis zur Gegenwart 1910 |
Rezensent: | Ritschl, Otto |
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Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 16.
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und dem Evangelium befchirmen mögen und mit I Darftellungsprinzips, fondern fie ift rein äußerlich teils
anderer leichtfertiger Rede ftill zu flehen'. S, 76. Egli, , der allgemeinen chronologifchen Folge, teils der nun
Aktenfammlung Nr. 301, S. 107). einmal unumgänglichen Notwendigkeit angepaßt, die
Zum kirchlichen Beftand im Kanton Glarus im An- j fimultanen Erfcheinungen der lutherifchen und der refor-
fang des 16. Jahrh. ift jetzt die Konftanzer Steuerlifte : mierten Theologie fukzeffiv zu behandeln. Innerhalb der
von 1508 (Freiburger Diözefanarchiv N. F. 8, 104 ff.) zu | einzelnen Kapitel aber bietet uns der Verf. meid nur
vergleichen. Röublis Abgang von Bafel läßt fich, wie ein Aggregat von Auszügen aus einfehlägigen Schriften
fchon Bl. f. württb. K.G. 1889 S. 74 nachgewiefen ift, j dar, das er zwar oft durch eigne Urteile über die in
aus feiner Quittung über feine Befoldung genau datieren. 1 dielen enthaltenen Anflehten unterbricht, ohne doch
Er tritt anf 27. Juni 1522 in Bafel außer Dienft, ift aber einen innerlich zufammenhängenden Pragmatismus in
fchon zum Leutpriefter in Laufenburg beftellt. R.E. 163, deren hiftorifcher Reproduktion zu erreichen.
679. Bei Dr. Seb. Meyer S. 177 ff wäre eine Erwähnung Doch find diefe allgemeinen Mängel, die in der Be-
der Schriften ,Des Bapfts und feiner Geiftlichen Jar- 1 fprechung des vorliegenden Buches nicht verfchwiegen
markt' 1521, ,Vom Pfründmarkt der Kurtifanen' 1522 werden durften, allein dem Verf. zur Laft zu legen?
(Schade, Satiren 3, 50 ff.) und ,Ein kurzer Begriff von Liegen fie nicht vielleicht vor allem auch in dem Stoffe
Hans Knüchel', herausgegeben von Götze, Fftugfchriften ; felbft, den er in einem fo weiten Umfange zu behandeln
aus den erften Jahren der Reformation Bd. 1 Heft 6, j fich einmal vorgenommen hatte? Ich muß bekennen, daß
am Platz. Wonnecker S. 149 ift kein Theologe (vgl. ich jetzt diefer Anficht zuneige und daß ich es bedauern
S. 161). Hier wäre die von H. Zwicker neu herausge- j müßte, wenn mein am Schluffe der Rezenfion feines
gebene Flugfchrift ,Commentum seit lectura cuiusdam erften Bandes ausgefprochener Wunfeh, daß er diefen
theolagorum minimi ff. (Flugfchriften Bd. 1 Heft 7) zu durch eine Unterfuchung über die gleichartigen Erfchei-
erwähnen. Hans Huiuf (290, 294) ift nicht ein geborener nungen im Gebiete des Proteftantismus ergänzen möchte
Schwabe aus Schwäbifch Hall, londern ein Sachfe aus | (Jahrg. 1904, Sp. 415), dazu beigetragen haben follte, ihn
zu ermutigen, feine Arbeit über die fides implicita in
demfelben Stile wie bisher fortzufetzen. Andererfeits aber
hatte ich zugleich doch auch fchon vermißt (Sp. 414),
merkfamkeit' der Freunde vaterländifcher Gefchichte | daß der Verf. die Entwicklung diefer Speziallehre nicht
emptohlen, aber es verdient Lefer weit über die , auf dem Hintergrunde einer Gefchichte des chriftlichen
Schweiz hinaus. | Glaubensbegriffes im ganzen darzuftellen in Ausficht
genommen habe. War nun diefes Defiderium bereits
dem erften Bande gegenüber zu erheben, fo befteht es
noch ungleich mehr dem dritten gegenüber zu recht.
Denn die Fragen nach fides implicita und explicita find
wie überhaupt, fo unbedingt in der getarnten pröteftan-
tifchen Theologie durchaus nur von fekundärer, ja tertiärer
Bedeutung. Blieb alfo der Verf. mit feinem Hauptintereffe
an ihnen hängen, fo begreift es fich auch, daß es ihm
nicht gelingen konnte, feinem dritten Bande eine geHalle
a. d. S., weshalb er Kunde über Vorgänge in
Sachfen hatte. S. 153 Anm. 413 1. Ccmtiuncida.
Geo. Meyer von Knonau hat Eglis Werk der Auf
Stuttgart. G. Boffert.
Hoffmann, Priv.-Doz. Paft. D. Georg, Die Lehre von der
fides implicita, dargeftellt. Dritter Band. Vom Ende des
Reformationszeitalters bis zur Gegenwart. Leipzig, J. C.
Hinrichs'fche Buchhandlung 1909. (VII, 536 S.) gr. 8°
M. 10—; geb. M. n —; vollftändig M. 22.50; geb. M.25.50
Die Befprechung diefes letzten Bandes des großen fchloffenere und innerlich zufammenhängendere Struktur
Werkes kann ich nur mit einem aufrichtigen Glückwunfeh zu verleihen. Allerdings hat er es fich mit Recht an-
dazu beginnen, daß es dem Verf. dank feinem eifernen gelegen fein laffen, in feinem Bericht immer wieder auch
Fleiß und feiner unermüdlichen Geduld gelungen ift, die 1 auf die verwandten Ausführungen über die altproteftan-
crewaltige Arbeit, die er über fich genommen hat, glück- tifche Dreiteilung des Glaubens, über fundamentale und
lieh zu Ende zu führen. Gerade in unferer Zeit, in der weniger fundamentale Glaubensartikel, über die An-
in der Theologie wieder einmal die popularifierende Schrift- 1 erkennung oder Geringfehätzung des apoftolifchen Glau-
ftellerei — fo trefflich auch manche ihrer Produkte find 1 bensbekenntniffes und dergl. einzugehen. Aber wenn
_ weit über Gebühr und Bedarf den Büchermarkt be- | eine auch ätiologifch begründete Gefchichte der prote-
herrfcht, ift es eine erfreuliche Erfcheinung, daß es doch j ftantifchen Auffaffungen vom Glauben hätte zu Stande
auch noch Gelehrte gibt, die die PIntfagung und das nur
auf die Sache gerichtete Intereffe befitzen, die Gefchichte
eines einzelnen Begriffs fo gründlich und mit folcher
Gelehrfamkeit zu behandeln, wie es der Verf. auf im
ganzen faft 1200 Seiten getan hat.
Allerdings hätte er fich gerade auch in dem dritten
kommen follen, fo hätte einer diefer anderen Gefichts-
punkte und nicht gerade die Frage nach der fides implicita
zu dem roten Faden der ganzen Darfteilung werden müffen.
Ohnehin ift ja der Begriff der fides implicita, wie
auch der Verf. felbft wiederholt hervorhebt, nicht eindeutig
ausgeprägt. Im engern Sinne bezeichnet er die
Bande in den meiden Darlegungen fehr viel kürzer faffen | im Katholizismus von den Gläubigen als Minimum ge
dürfen. Der Bericht über den Inhalt nicht weniger
Bücher, die doch von recht ungleicher Bedeutung find,
verliert fich oft fo fehr im Detail, daß jede Überficht
verloren geht. Überhaupt hat der Verf. auf überfichtliche
Darfteilung, auf gruppierende Gedankenzufammenfaffung
forderte Bereitwilligkeit, in Baufch und Bogen zu glauben,
was die Kirche glaubt, auch wenn man gar nicht weiß,
was dies ift. Diefe Auffaffung ift im Proteftantismus
ftets abgelehnt worden. In einem weiteren Sinne aber
deckt der Begriff der fides implicita die verfchiedenften
auf deutliche Herausarbeitung der entfeheidenden und Erfcheinungen eines Glaubens, der mit einer größeren
beherrfchenden Gefichtspunkte viel zu wenig Gewicht ! oder geringeren Unkenntnis oder auch Leugnung hergelegt
. So ift das Buch wohl ein dankenswertes und j kömmlicher Glaubensobjekte verbunden ift. Lediglich
brauchbares Repertorium geworden, namentlich für An- nun um einen folchen fei es dunkeln fei es vorftellungs-
fichten, die aus entlegenen und feltenen Schriften wieder- | mäßig nicht vollftändig ausgeprägten oder auf mehr oder
gegeben werden. Aber der Gang der Fintwicklung, den weniger Überlieferungsftoff verzichtenden Glauben kann
doch gerade die proteftantifche Auffaffung vom Glauben es fich handeln, wenn Proteftanten teils felbft fides im-
genommen hat, tritt ebenfo wenig klar hervor, wie die 1 plicita für irgendwie berechtigt erklärt haben, teils von
Gründe, auf die die Wandlungen diefer Lehre zurückzu- j anderen als Vertreter einer fides implicita in Anfpruch
führen find. Auch die Einteilung der 10 Kapitel, in denen genommen werden. So habe auch ich, wie der Verf
der Verf. die verfchiedenen proteftantifchen Theologen | (S. 504 unten) ganz richtig erkannt hat, in meiner Rezen-
und Religionsphilofophen Revue paffieren läßt (c. 3—12), i fion feines zweiten Bandes (Jahrg. 1907, Sp 140) aus
rgibt fich nicht aus der Anwendung eines organifierenden ! fchließlich in diefem Sinne mich gegen eine grundfätz-