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Ausgabe:

1910 Nr. 13

Spalte:

404-405

Autor/Hrsg.:

Haupt, Hans

Titel/Untertitel:

Staat und Kirche in den Vereinigten Staaten von Nordamerika 1910

Rezensent:

Niebergall, Friedrich

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403 Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 13. 404

chinefifche Sprache zur Kirchenfprache zu machen. Paul V. beachtenswerte Bemerkungen über den Unterfchied
kam ihren Wünfchen entgegen, beftätigte in einem Breve zwifchen dem Miffionsverfahren der alten auf dem Sta-
ihr Gefuch, aber die Durchführung unterblieb und die bilitätsprinzip der Benediktiner ruhenden Orden und den
Genehmigung wurde unter feinen Nachfolgern zurück- fpäteren, die ,den beweglichen Kolonnen einer Erobe-
gezogen. Was damals die Jefuiten zu Gunften ihrer rungsarmee gleichen'. Dagegen find feine Ausführungen
Forderung geltend machten, lautet fo verftändig und ift über die nachteiligen Wirkungen der fpanifch-portugie-
fo unmittelbar einleuchtend, daß, wenn bei der Prüfung fifchen und der franzöfifchen Kolonialregierung, die der
ihrer Vorfchlägelediglich miffionsmethodifcheErwägungen Ausbildung einheimifcher Kleriker ablehnend gegenübermaßgebend
gewefen wären, die Entfcheidung hätte für ftanden, einzufchränken, indem fie doch nur für die ältere
fie ausfallen müffen. Ich mache auch darauf aufmerkfam, Zeit größere Bedeutung hatten, dagegen nur noch geringe
daßHuonder, indem er den mannigfachen Veranftaltungen für das neunzehnte Jahrhundert. Auch der ,Europäismus'
nachgeht, durch die Eingeborene für die klerikale Lauf- der chriftlichen Miffion und die Überhebung des Weißen
bahn herangebildet werden follten, wertvolle Beiträge gegenüber dem Eingeborenen haben naturgemäß die
zur Gefchichte des katholifchen Miffionsfchulwefens liefert, Entwicklung des einheitnifchen Klerus gehemmt. Es
das ebenfo noch eines Bearbeiters harrt wie die Ent- 1 liegt nahe, die Verfäumniffe der Vergangenheit dadurch
wicklung der Schulen der evangelifchen Miffion, die in I wieder gut machen zu wollen, daß nun die entgegen-
deren Organismus eine noch weit bedeutendere Rolle | gefetzte Praxis energifch befürwortet wird, dadurch aber
fpielen. Eine Statiftik über die Zahl der im Laufe der | können leicht andere Gefahren entftehen. Diefer Even-
letzten vier Jahrhunderte geweihten einheimifchen Priefter 1 tualität begegnet Huonder mit den befonnenen Worten:
gibt Huonder, fo viel ich fehe, nicht. Daß im Laufe I ,1m Allgemeinen ift der einheimifche Priefter, viele ehren-
diefes Zeitraumes nicht mehr als höchftens 40 bis 50 volle Ausnahmen abgerechnet, dem Europäer an Lei-
Eingeborene zu Bifchöfen ordiniert worden find (S. 265), i Itungsfähigkeit, Klugheit, Regierungstalent, Zuverläffig-
ift allerdings eine recht befcheidene Ziffer. Was die j keit nicht ebenbürtig, und wäre eine zu große und zu
Anftalten für die Ausbildung einheimifcher Priefter be- frühe Selbfländigkeit diefer Miffionskirchen auch für den
trifft, fo berechnet H. die Seminarien in den Heidenländern I Fall, daß die Zahl der einheimifchen Priefter ausreichte,

nach den Missiones catholicac auf 135 mit 5200 Alumnen.
Unter den Miffionsfeminarien, die für diefen Zweck in
Europa errichtet worden find, ift das Kolleg der Propaganda
das bekanntefte, das Kolleg der heiligen Familie

in Neapel dient nicht mehr der Ausbildung chinefifcher j ffantifche Miffion will ich verzichten.
Priefter, fondern ift eine Lehranftalt für orientalifche
Sprachen geworden, außerdem wurden verfchiedene
Negerfeminarien begründet, die junge Neger für den ,
Miffionsdienft erziehen follten, aber die daran geknüpften; Haupt, Paft. Hans, Staat und Kirche in den Vereinigten
Hoffnungen haben fich nicht erfüllt, zum Teil weil die Zog- Staaten von Nordamerika. (Studien zur praktifchen
linge das europäifche Klima nicht vertrugen. Von einer Theologie, herausgegeben von C. Clemen. 3. Band
grundsätzlichenWernachläffigung der Heranbildung eines j Heft ^ Gießen, A. Töpelmann 1909. (IV, 76 S.) gr. 8»

in ihrem eigenen Intereffe nicht zu wünfchen'.

Huonders Buch gehört zu den erfreulichen Erfchei-
nungen der neueften katholifchen Miffionsliteratur. Auf
die Zurückweifung einiger Ausfälle gegen die prote-
antifche Miffion will ich verzichten.

Marburg i. Heften. Carl Mirbt.

eingeborenen Klerus kann bei diefer Sachlage daher nicht
geredet werden. Es ift vielmehr von den in Betracht
kommenden kirchlichen Inftanzen wie durch die Mifftons-
orden viel Eifer gerade auf die Löfung diefer Aufgabe
verwandt worden, wie H. mit Recht bemerkt (S. 281), und
der Umftand, daß zur Zeit etwa 3600 eingeborene Priefter

M. 2.20

Clemen, Priv.-Doz. Prof. D. Dr. Carl, Der Religions- und
Moralunterricht in den Vereinigten Staaten von Nordamerika.

(Studien zur praktifchen Theologie, herausgegeben
von C. Clemen. 3. Band. Heft 2.) Gießen, A. Töpel-

angeftellt find, für deren Erfatz rund 3200 Seminariften in . 'T , on '" '»»

der Ausbildung flehen, beweift, daß es eine Übertreibung mann I9°9- (VI, 54 S.) gr. 8» M. 1.75

war, von einem vollftändigen Mißerfolg zu reden. Aber Unfere Praktifche Theologie fucht in der Befchrei-

,das eigentliche Ziel einer bodenftändigen Kirche, die im ; bung kirchlicher und religiöfer Zuftände eine Grundlage,
Lande felbft fich hinreichend ergänzt und durch Landes- j die beffer fein wird als die bisherige, die bloß aus der
kinder getragen wird, ift, abgelehen vielleicht von Goa 1 Gefchichte der einzelnen Tätigkeiten der Kirche beftand.
und der Thomaskirche an der Malabarküfte nirgends i Kaum fängt die Kirchen- und Religiöfe Volkskunde an
erreicht'. Diefes unbefriedigende Refultat führt den Ver- I fich einzubürgern, fo greift die erftere wenigftens fchon
faffer auf die Frage nach den Urfachen, die es herbei- | nach dem Ausland, um unfere Erfahrung möglichft zu
geführt haben. Dazu rechnet er die Schwierigkeiten, j erweitern. Das gehört zu den Abheilten der Studien
die in der Sache felber liegen', vor allem die Forderung zur Praktifchen Theologie, und ift von Clemen in feiner
des Zölibates, die ,in manchen Fällen ein faft unüber- Reformfchrift zuerft grundfätzlich gefordert worden. —
brückbares Hindernis für einen einheimifchen Klerus zu Amerika ift für diefen Zweck von befonderem Wert;
bieten fcheint' — ,0 könnten wir unfern indifchen Prie- j darum befchäftigen fich fchon drei Hefte der Sammlung

ftern Weiber geben!' fchrieb 1840 ein Kapuziner — und
den Mangel an den erforderlichen Geldmitteln. Huonder
verweift ferner darauf, daß in der Neuzeit ,die Kirche'

mit feinen kirchlichen Verhältniffen. Außer dem Heft
über die amerikanifche Predigt von H. Haupt find es
die oben genannten Schriften, die mannigfach einander

ihre Anfprüche an die Perfon des Priefters und befonders ergänzen. — In der erften wird die Trennung von Staat
des Bifchofs gegen frühere Zeiten gefteigert hat und daß ! und Kirche zuerft in einer mufterhaft gefchichtlichen
der modernen Miffion die Mitwirkung der Staatsgewalt Weife dargeftellt, wie fie zum Verftändnis der Gegen-
nicht wie im Altertum und Mittelalter zur Seite fleht. I wart unentbehrlich ift. Sehr überfichtlich werden alle
Zu den Ausführungen über diefen Punkt ließen fich einige I Formen neben einander gehellt, die von Haus aus das
Fragezeichen machen. Aber es hat endlich auch nicht 1 Verhältnis der beiden Größen angenommen hat, von der

an ,Fehlern und Mißgriffen der Millionäre' gefehlt. Der
Verfaffer beftreitet nicht, daß die Miffionsorden infofern
Schuld tragen, als von ihnen die Bedeutung eines ein-

theokratifchen exklufiven Form im Staat Maffachufetts
an bis zur Toleranz der Quäker und der Freiheit der
Baptiflen. Nicht aus fpekulativen, fondern aus praktifch

geborenen Klerus nicht in vollem Umfang erkannt wor- ! gefchichtlichen Beweggründen bahnte fich langfam die
den ift und daraus ergab fich dann von felbft, daß ihr j allgemeine Trennung an, die fich an die Verfaffung
Intereffe fich mehr der Heranbildung eines Ordens- ftatt von 1789 und an den Namen Franklins knüpft. Freilich
eines Weltklerus zuwandte. Dabei macht der Verfaffer j ift die Trennung nicht fo gründlich, daß nicht eine Reihe