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Ausgabe:

1910 Nr. 13

Spalte:

398-399

Titel/Untertitel:

Zwingliana. Mitteilungen zur Geschichte Zwinglis und der Reformation. 1909. (Bd. II, Nr. 9 u. 10.) 1910

Rezensent:

Bossert, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 13.

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Aus den Grüßen, welche Dürer 1523 und 1524 mit
Zwingli und Capito wechfelte, läßt (ich dafür vor dem
eigentlichen Ausbruch des Abendmahlsflreites nichts
fchließen. Wenn Dürer in Gegenwart Melanchthons im
Nov. 1525 oder im Mai 1526 gegen Pirkheimer beftimmt
und fchlagfertig die Argumente eines Zwingli und Oko-
lampad vertrat" und damit Melanchthons Verwunderung
erregte, fo ift damit noch gar nicht gefagt, daß Dürer (ich
damit wirklich als Gegner Pirkheimers, Melanchthons
und Luthers in der Abendmahlslehre und als wafch-

Thüngen erfahren. Vgl. Roth, Einführung der Ref. in
Nürnberg S. 264 fr. Aus diefen Verhältniffen heraus verliehen
wir, daß Melanchthon in feiner Weiherede für die
neue Schule in Nürnberg im Mai 1526 fich mehrmals
gegen die Bifchöfe wandte, die, ,ftatt die Studien nach
den Vorfchriften der Kaifer und der Kirche zu leiten',
,nur dem Gefchäft der Waffen obliegen'. Jetzt fehen wir.
daß niemand den guten Künften feindfeliger ift, als
die Bifchöfe und die Mitglieder der Stifter' (Schmidt, Melanchthon
S. 112). Und Dürer follte von diefen Gedanken

echter Zwinmhaner entpuppt und darum in den Verdacht bei feinem perfönlichen Verkehr mit Melanchthon un-
der Schwarmgeifterei gebracht habe. Er konnte als Laie j berührt geblieben fein? Er follte nicht den Glaubenseinfach
geltend machen, daß diefe Argumente Zwingiis j mut des Nürnberger Rats geteilt haben, der am 25. Juni
für den Laien verftändlicher feien als die andere Auf- 1526 feine Gefandten in Speier ,zu chriftlicher Be-

ftändigkeit bei dem Wort Gottes' mahnte (Möller,
A. Ofiander 106), für das diefe nun kräftig eintraten?
Vgl. Egelhaaf, Deutfche Gefchichte im 16. Jahrh. 1653.

faffung. Jener fcharfe Gegenfatz, wie er fich vollends
unter Althamers Einfluß in Nürnberg ausbildete, darf in
die Entftehungszeit der Apoftelbilder nicht hereingetragen

werden. Engere Beziehungen Dürers zu Denk hat Kolde I Es genügt nicht, mit Zucker zu fagen, daß Dürer mit
(BBKG* VIII, (1902)21, nicht 1,(1895) 21, wie S. 24 1 feinen Bildern die in Nürnberg ftattgehabte Durchfuhrung
Anm. gefagt ift) mit Recht gegen Keller beftritten. j der Reformation gutheiße (Albr. Dürer S. 146). Nein,
Ebenfo hängt die Annahme, daß Dürer wegen feiner fie find der Ausdruck der Freude an der Haltung des
perfönlichen Beziehungen als Maler zu der Malerfchaft, Rats, an dem Gewinn der evangelifchen Sache durch
welche der Schwärmerei verdächtig geworden war, und den Reichstag und ein mächtiger Kampfruf für Gottes

zumal zu den ,3 gottlofen Malern' in das Gerücht einer
engen Verbindung mit den Schwärmern gekommen fei,
völlig in der Luft.

Die Anwendung der vier Sprüche auf die Schwärmer
hätte von vornherein abfehrecken follen. Mit Recht
findet Zucker, daß der Vorwurf des Geizes 2 Tim. 3

Sache wider Rom und feine Geiftlichkeit, und zugleich
eine Warnung. Dazu ftimmen allein die Bibelfprüche.
Von 2 Tim. 3, I ff. gibt Luther in der großen Epipha-
nienpredigt eine ausführliche Auslegung mit der Spitze
gegen den Klerus. E. A. 10, 395 -427. Ebenfo verwendet
er diefe Stelle und 2 Petr. 2, I ff. 1521 in der Schrift ,Wider

auf die Wiedertäufer nicht paffe, fondern nur auf die I den falfch genannten geiftlichen Stand des Papftes und

römifche Kirche. Auffallend ift, daß Heidrich dagegen
an den Bauernkrieg erinnert, wie er denn auch S. 36 von .brutalem
Auftreten der Wiedertäufer im Jahr des Bauernkriegs
' redet, was in diefer Allgemeinheit ein völlig
falfches Bild vom Bauernkrieg und dem Täufertum gibt.
Man kann Münzers Gebaren in Thüringen nicht mit

der Bifchöfe'. E. A. 28, 152. W. A. 10, 2. 114. Daß fich
Marc. 12, 38 ff. im Jahre 1526 nicht anders deuten ließ,
als auf die Geiftlichkeit, die fich im Mainzer Ratfchlag
und auf dem Speierer Reichstag wieder den Platz an der
Sonne zu fichern fuchte, leuchtet ein. Aber 1 Joh. 4, ifif.?
Einer der Grundgedanken in Luthers Theologie ift, daß

dem Bauernkrieg iu Süddeutfchland in Verbindung brin- das Papfttum dem Glauben an Chriftum nicht gerecht

gen. Auch Karlftadt in Rothenburg kann man keine
zu große Bedeutung zufprechen. Und vollends ,unkeufch'
,die Wolluft mehr lieben, denn Gott', konnte man die
Schwärmer nicht ohne die größte Ungerechtigkeit nennen.
Hetzer, Claus Frey und feine Elsbeth von Pfersfeld,
die Baiersdorfer .Träumer', können nicht ohne weiteres
auf Rechnung des ganzen Täufertums gefetzt werden,

werde, ihn nicht zum Seligmacher, fondern mehr zu
einem Tyrannen mache, E. A. 7, 301 ff., daß die Papillen
Chriftum nicht für den rechten Sohn Gottes halten, der
allein Genugtuung für die Sünden geleiftet habe, E. A.
6. 287. 297. Ja er kann geradezu fagen, der Artikel von
der Gottheit Chrifti liege im Papfttum, im Judentum, im
Türkentum im Drecke, E. A. 47, 335. Und diefes Urteil

wie die Verbrecher der Münfterer Rotte. j über das Papfttum eignet fich Dürer an, wenn er 1 Joh.

Der Standpunkt Albrecht Dürers aber ift ein viel j 4, 1 unter feine Apoftelbilder fchreibt, weil er mit Luthers
höherer, als der lokale, war doch die Lage des ganzen Anfchauung vom Papfttum aus feinen Schriften bekannt
Proteftantismus im Reich eine gefahrvolle. Der Kaifer war. Die Bedeutung der Bilder ift m. E. eine viel klarere
fchien durch den Sieg bei Pavia die Hände für die und gewichtigere, als Heidrich fie mit feiner Deutung auf
Durchführung des Wormfer Edikts frei bekommen ! den Kampf mit den Schwärmern erfaßt hat.
zu haben. Der Sieg über die Bauern galt im katholifchen >■ Für die fpätere Stellung Dürers ,zu den Lutherifchen'
Lager als Sieg über die lutherifche Sache. Im Süden darf man aus dem Brief des tief verbitterten Pirkheimer
fchickte der Schwäbifche Bund feinen Profofen Aichele an Tfcherte ebenfowenig ein ficher zutreffendes Urteil
aus, um alle evangelifchen Prädikanten zu hängen. Im erfchließen, als aus feiner ungerechten Äußerung über
Norden fchloffen fich die Fürften zu Deffau zum Kampf Dürers angebliche Xanthippe.

gegen die evangelifche Bewegung zufammen. Am 14.Noy. : Stuttgart> q boffert

1525 appellierten die Domkapitel des Mainzer Sprengeis &__ u. ponert.

an die Gewalt für welchen Zweck alle katholifchen .

Fürften aufgeböten wurden. In Wittenberg kannte man ^wingiiana. Mitteilungen zur Gefchichte Zwingiis und
den Mainzer Ratfchlag. Am 27. März 1526 fchreibt der Reformation. Herausgegeben vom Zwingliverein
Luther an Spalatin: Vixcredis, quanta moliatur Satan per n Zürich. Redaktion: G. Meyer von Knonau. 19/39
Ducem Georgiam et episcopos (Enders 5, 329). Von dem j rßand n Nf_ u ^, Züricfa Zürcher& Furrer. (S. 257
bevorftehenden Reichstag in Speier konnte man nur _ , A.
Kampf gegen die evangelifche Bewegung, von der kai- , •> > 0

ferlichen Propofition nur das Verlangen ftrenger Durch- ; Das erfte Heft des Jahrgangs 1909 ift dem Andenken
führung des Wormfer Edikts erwarten. Zugleich regten des Grunders der anregenden und reichhaltigen, wiffen-
fich die wieder mutig gewordenen fränkifchen Bifchöfe von | fchaftlichen Gehalt und Volkstümlichkeit glücklich verBamberg
Eichftätt und Würzburg. Wie fie die Regierung in I bindenden Zeitfchrift des Zwinglivereins, des am 31. Dez
Ansbach' durch Klagen beim Schwäbifchen Bund bedrängten
, vgl. Schornbaum, Die Stellung des Markgrafen
Kafimir zur reform. Bewegung S. 93, 222. Auch Nurn

1908 verdorbenen D. Emil Egli, gewidmet und gibt denen
Bild. Wir lernen das gediegene Wefen des 1893 vom
Pfarramt zur Profeffur berufenen Mannes in dem warmen
berg hatte die feindfelige Gefinnung des Bambergers Nachruf Meyers von Knonau, feine umfaffende fchrift-
Weigand von Redwitz und des Würzburgers Kon. von ; ftellenfche Tätigkeit durch das Verzeichnis feiner Publi-