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Ausgabe:

1910 Nr. 12

Spalte:

368-370

Autor/Hrsg.:

Heep, J.

Titel/Untertitel:

Juan de Valdes, seine Religion, sein Werden, seine Bedeutung. Ein Beitrag zum Verständnis des spanischen Protestantismus im 16. Jahrhundert 1910

Rezensent:

Benrath, Karl

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Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 12.

368

Große Freude bereiten kurze Sentenzen, an denen j
die Predigten reich find. Gegenüber der Unterfchätzung
des religiöfen Memorierens fleht das Wort S. 26, Z. 30:
Pueris vcrba discenda, tum intelligent suo tempore. Scharf
trifft B. den Zeremoniendienft mit dem Wort ,Externa
nihil sunt' S. 36, Z. 29 und ,Quidquid externi est, non
sinas conscienliam tuam illaqucari, quae multo plus est j
illaqueata lege Dei' S. 27, Z. 2. Bismarcks berühmtes
Wort ,Wir Deutfchen fürchten Gott und fonft niemand
in der Welt' hat fein Gegenftück in dem freudigen, gewiß
in einem gehobenen Augenblick geprägten, keineswegs
fchon als Sprichwort zur geläufigen Münze gewordenen
Glaubenswort ,Saxones habemus Deum et saüs',
in dem Rom. 8, 31 und Prov. I, 33 wiederklingt und
die Stimmung der Wittenberger gegenüber den Feind- J
feligkeiten des Herzogs Georg und den auffleigenden I
Wolken der Bauernunruhen fich ausfpricht. S. 33, 13 ift
das Wort zu beachten: Non solum eredas unum Deum,
sed habeas. Diabolus credit. Für den Text wäre öfters
mehr Erläuterungen erwünfeht. Z. B. S. 27, 25. Hic re-
censuit catalogum. S. 52i 2 Verte folium. S. 73, 23
Coronas. S. 33, 4 1. Grus Jesaias Ezechie [sanavii]. S. 35,
l0l. Jes. 2[9] v. 13. S. 42, 321. Joh. 17 [v. II/jA Den
Gegenfatz bildet esse in mundo und non esse de mundo, l
was nach Gal. 6, 14 mit mortuus sunt mundo ausgedrückt j
ift. S. 43, 13 1. nonne, wofür der Schreiber nachläffig
non fetzte. S. 50, 5 ift bei Alibi. . iuvenculae an 1 Tim.
5, 14: iuniores, Tit. 2,4: adolescentulas zu denken, Anm.
1: 1 Tim. 3, 2, 12. S. 52,2S1. sermo ftatt servo. S. 53, 22
ift zu dem Schreibfehler azinae — asinac zu vergleichen
S. 88, 2fi Zophistae. S. 87, 14, beuten heißt nicht nur
taufchen, fondern auch leihen, borgen. Henifch Thesaurus
Sp. 358. Druckfehler begegnen S. 33, f, S. 40, 37,
S. 68, 2, S. 71, fl. Ein Anachronismus ift die Anwendung
des füddeutfehen, wohl erft der Zopfzeit entflammenden,
unevangelifchen Titels Stadtpfarrer auf Bugenhagen
(S. 1. 11).

Nr. XII gibt eine frifch und anfprechend gefchriebene
Biographie einer der fympathifchften Gehalten der Reformationszeit
, Friedrich Mekums oder Myconius
aus Lichtenfels, aus der Feder des Leipziger Paftors
Paul Scherffig, der allerdings keine neuen Quellen er- j
fchloß, fondern fich begnügte, das, was feit Ledderhofe,
Meurer u. a. durch Arbeiten von Burkhardt, Sehling,
Brieger, Drews, Clemen, Bartfeh, Wuftmann ufw. an
neuem Licht für Mekums Leben und Charakter gewonnen
wurde, zu verwerten. Wenn der Verf. dabei
auf einen weiteren Kreis von gebildeten Gemeindegliedern
rechnet, fo möge ihn feine Hoffnung bei dem
hohen Preis von M. 5.50 für 167 S. nicht enttäufchen. !
Wenn er aber die Einbuße an wiffenfehaftlichem Wert
infolge der Rückficht auf den Leferkreis durch möglichft |
genaue Angabe der Quellen und ihrer Fundorte einigermaßen
auszugleichen meint, fo enttäufcht er dabei die
Lefer durch die unzulängliche Art feiner Quellenangaben,
wenn er z. B. wiederholt (105, 109, Iii, 117) C. R. III
ohne Angabe der Spalte und Nummer oder gar bloß j
,Kawerau Briefwechfel' S. 123, Anm. zitiert. Ebenfo wäre
eine bibliographifch genaue Angabe der Titel von Mekums
gedruckten Schriften, wie auch der nur handfehriftlich
vorhandenen S. 166 oder doch wenigftens eine Ver-
weifung auf die früheren Angaben z. B. für i auf S. 132,
für 1 auf S. 131 angezeigt gewefen. Aber jenes Verzeichnis
S. 166 ift nicht einmal vollftändig, denn es fehlt j
die Schrift ,Von der wohlriechenden und köftlichen Salbe' |
1544. Es ift zu bedauern, daß der Herausgeber ,der
Quellen und Darftellungen' den Verf., der wohl zum
erftenmal mit einer gefchichtlichen Arbeit hervortritt,
nicht auf diefe notwendigen Ergänzungen aufmerkfam
gemacht hat.

Scherffig verfteht Mekum feinen Lefern lieb und
wert zu machen und ihn hübfeh zu charakterifieren, vor
allem im zweiten Buch als Paftor in Gotha S. 51—66, 1

als Vifitator S. 67—87, als Theolog S. 87—134, als
Schulmann 134—141, als Hiftoriker S. 141—165, und
weiß feine Verdienfte als Organifator, als Prediger und
Seelforger in helles Licht zu ftellen, nennt er ihn S. 71
doch ,den Vater des Superintendentenamts', deffen Bedeutung
für die Kirche Mekum klar erkannte, und das
er trefflich führte. Vgl. auch den Schluß S. 161. Freilich
bleibt für eine künftige wiffenfehaftliche Unter-
fuchung von Mekums Leben und Schriften noch reichlich
zu tun, wie Scherffig felbft im Vorwort fagt: Jmmer
noch liegt auf großen Partien des Vifitationswerkes, auf
der englifchen Reife, auf dem Anteil an Religions-
gefprächen, Fürften-Konventen und Reichstagen Dunkel'.
Zunächft wäre der Familienname ficher feftzuftellen, was
wohl mit Hilfe von Lager- und Gültbüchern, Steuer- und
Reisregiftern des reichen Bamberger Kreisarchivs und
wohl auch von Lichtenfelfer Quellen nicht unmöglich
und für einen Schüler D. Koldes nicht zu fchwierig fein
dürfte. Nicht recht klar ift, warum die 4 Freitage der
Exkommunikation vom Karfreitag 25. März 1524 rückwärts
gerechnet werden follen, fo daß der 4. 11. 18.
25. März gemeint wären (S. 35. 37). Das widerfpricht
Mekums Worten vom 31. März, wonach am nächft
vergangenen guten d. h. Karfreitag die Bannverkündigung
begann und an den folgenden 3 Freitagen wiederholt
wurde. Mekum war es gelungen, vor dem Karfreitag zu
entfliehen und fo dem fichern Tod zu entgehen. Denn
er befand fich am 24. März in Zwickau. Verfaffer der
Spottfchrift: Von der rechten Erhebung Bennonis eyn
fendbriff J. N. kann Hartmann Ibach Naffawienfis
nicht wohl fein, denn er hätte dann vor J. N. ficher noch
H. gefetzt. Entgangen ift Sch. die Rolle Mekums als
Feldprediger der fächfifchen Mannfchaft, welche infolge
der Packfchen Wirren Ende Mai 1528 gegen die Bifchöfe
von Bamberg und Würzburg zogen. (Einicke, Zwanzig
Jahre Schwarzburgifcher Ref.-G. 1, 382, Egelhaaf, Deutfche
Gefchichte im 16. Jahrhundert 2, 76.J Willkommen ift
die Richtigftellung des Textes des Ketzerkatalogs in dem
Brief an Paul Eber. Aber in der Erläuterung desfelben
begegnen S. 95 mehrfach falfche Angaben. Jäckel neben
Grickel ift nicht ein Diakonus Jakob, fondern Jakob
Schenk. Aquila war nicht Pfarrer in Arnftadt, fondern
in Saalfeld. Unrichtig ift Seite 100. daß der Abend-
mahlsftreit anfangs zwifchen Zwingli und Brenz entbrannte
, und daß es 1536 Mekum vergönnt war, in den
Sakramentsftreit einzugreifen, ift fchief ausgedrückt, denn
er griff in die Konkordienverhandlung ein. S. 102, Z. 241.
Germanus ftatt Garmani. Ein Reichstag war 1539 nicht
in Frankfurt, fondern die Verfammlung des Schmalkaldi-
fchen Bundes. Dort wurde ein Religionsgefpräch nach
Nürnberg verabredet, für das Mekum in Ausficht genommen
war (S. 108). Vgl. Schieß, Briefwechfel der
Gebr. Blaurer 2, 252. Wünfchenswert wäre Auskunft
über Dr. Matthäus in Halle S. 121, Dr. Melchior Sophifta
und den Dominikaner Balthafar S. 122. Dr. Maurus
S. 151 wohl J. Mörlin. Pfalm 15 {Vidgatd) ift in der
Lutherbibel Pf. 16 (v. 10).

Stuttgart. G. Boffert.

Heep, Pfr. Lic. theol. J., Juan de Valdes, feine Religion,
fein Werden, feine Bedeutung. Ein Beitrag zum Ver-
ftändnis des fpanifchen Proteftantismus im 16. Jahrhundert
. (Quellen und Darftellungen aus der Gefchichte
des Reformationsjahrhunderts. Herausgegeben
von G. Berbig. XI. Band.) Leipzig, M. Hein-
fius Nachf. 1909. (LXVI, 194 S.) gr. 8" M. 8 —

Eduard Boehmers literarifches Vermächtnis an die
Heidelberger Univerfitätsbibliothek wird hier ausgekauft.
Wer die außergewöhnlichen Schwierigkeiten kennt, die
fich einer auch nur annähernden Vollftändigkeit biblio-
graphifchen Zufammenbringens auf dem Gebiete ent-