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Ausgabe:

1910 Nr. 12

Spalte:

365-368

Autor/Hrsg.:

Scherffig, Paul

Titel/Untertitel:

Friedrich Mekum von Lichtenfels. Ein Lebensbild aus dem Reformationszeitalter, nach den Quellen dargestellt 1910

Rezensent:

Bossert, Gustav

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365 Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 12. 366

Motiv liegt aber in dem ,heroifchen Beifpiel der Stark- ' Bugenhagens Plan noch eine 16. vom heil. Abendmahl
mut' das Chriftus nach II, 18 durch feinen Tod den gekommen fein muß. Uie zweite Reihe von 1532 leidet
Menfchen gab. ebenfalls an einer Schwierigkeit in der Datierung, indem

Die ganze Fülle fcharffinniger Schlüffe und Inter- j fie nach der Überfchrift tempore pentecostes gehalten
pretationen, durch die in diefer Arbeit verfucht wird, j wurden, während Bugenhagen wegen der Hopfenernte
die rationale Tendenz von Anfelms Cur deus hotno auf j {propter temptts lupidi congregandi) die Katechismusein
Minimum zu reduzieren, macht es nur um fo deut- ' predigten diefes Quatembers mit dem Vaterunfer beliehen
, daß es vergeblich ift, Anfelm im Intereffe feines j fchloß und die Predigten über die Sakramente auf fpäter
kirchlichen Anfehens den Ruhm zu fchmälern, auf den : verfchob (S. 94). Auch die Zwifchenbemerkung S. 88
er felbft Anfpruch macht, wenn er Bofo fagen läßt: nach dem erften Abfchnitt der Einleitung zum Haupt-
Sicprodas deum ficri kontinent ex necessitate, ut... etiam ftück vom Glauben: Deinde accidit, ut abiret D.Pomeranus
paganis sola ratione satisfacias. adversus Torgaw et hatte concionem Diaconi perfecerunt,

„ ,. c jr 1 Heim niI^ das Rätfei nicht löfen. Ebenfo wenig laßt lieh feft-

Halle a- b"___^ Hellen, von wem die Nachfchrift diefer Predigten von

1552 flammt.

Bugenhagen's, Johann, Katechismuspredigten, gehalten 1525 Albrecht hat genau nachgewiefen, wie Bugenhagen
und 1532. Aus den Handfchriften zum erftenmal in feinen Katechismuspredigten Luthers Gedanken wiederherausgegeben
von D. Geor" Buchwald. Mit Ein- : gibt, aber keineswegs in fklavifcher Abhängigkeit. Ganz
leitung verfehen von Lic. Otto Albrecht. (Quellen ; ^ntufPr^end Predigten von 1523 WA. 11 3off.

* rvrrmVhte de« Refer behandelt er Dekalog, Gredo und Paternofter; reichlich

und Darftellungen aus der Gefch.chte des Refor- die Hä,fte ^ predigten fäUt den zehn Geboten zu

mationsjahrhunderts. Herausgegeben von G. Berbig. , Aber er läßt das Ave Maria weg, dem Luther noch in
IX. Band.) Leipzig, M. Heinfius Nachfolger 1909. ! feinem Betbüchlein fei 1522 und in den Katechismus-
(VII, 94 S.) gr. 8° M. 3— ! predigten 1523 eine Auslegung gewidmet hatte. Gegen-

6.l *Mi n n. d 1 f ■ a -„u iumm „„„ 1 i„ut„„«„io "ber diefer echt evangelifchen Befchränkung fleht aber
Scherff.g, Paftor Paul. Fr.ednch Mekum von Lichtenfels. dje Erweiterung des k&atechetifchen Stoffs durch Hinzu-
Ein Lebensbild aus dem Reformationszeitalter, nach nahme der Lehre von den Sakramenten. Ift auch nur
den Quellen dargeftellt. Mit einem Fakfimile von die Predigt von der Taufe erhalten, fo zeigt doch der
Mekums Handfchrift. (Quellen und Darftcllungen aus Überblick über die ganze Predigtreihe in der erften
der Gefchichte des Reformationsjahrhunderts. Her- j Predigt (S. 5) daß die Predigt über das Abendmahl

u r n^u:„ vtt r,„ji kv,a '• notwendig in ihren Rahmen gehörte. Damit hat Bugen-

ausgegeben von G. Berbig. All. Band.) Ebd. 190g. , u 1- t ,u s ^ ■ . , L -7 .

riTr * c n/r hagen auch für Luthers Katechismen vorbildlich gearbeitet.

(VIII, 167 S.) gr. 8 M. 5.50 sehr fchön zeigt Albrecht noch im einzelnen, wie

In der Sammlung, welche G. Berbig unter dem Bugenhagen fich Luthers Gedanken aneignet, aber fie
oben genannten Titel herausgibt, nimmt Nr. IX fchon auch eigenartig neu ausprägt (S. 7. 8). Aber auch Urban,
formell eine hervorragende Stellung ein, denn fie gibt i Rhegius ,Die zwölf Artikel unferes chriftlichen Glaubens
forgfältige, tiefgründige Arbeit fowohl in der Einleitung | 1523' hat auf ihn eingewirkt, wenn er S. 67 fagt: Credo
von Otto Albrecht als in dem Abdruck von Bugen- Catholicam ecelesiam. Non du', ut sttpra; credo sequen-
hagens Katechismuspredigten von 1525 und 1532, von I tia, sed non ,in ea' i. e. non fido ulla creatura, sed tribus
denen Buchwald mit feinem Finderglück die erfteren in personis. Schon finden (ich auch Anfätze zur Ver-
der Oktavhandfchrift Bos. 0. 17 B der Jenaer Univerfitäts- knüpfung des Vaterunfers mit den 10 Geboten, wie fie

bibliothek von der Hand Rörers gefunden hat, während
er die letzteren dem Codex Solger der Nürnberger Stadtbibliothek
entnahm. Aber auch inhaltlich ift Nr. IX
fehr beachtenswert. Denn wir erhalten einen willkommenen
Beitrag zur Biographie Bugenhagens, lernen
fein Verhältnis zu Luther nach einer neuen Seite kennen

fpäter Brenz durchgeführt hat (S. 9).

Neben einer fchlichten pofitiven Bezeugung der
chriftlichen Grundwahrheiten, entfprechend den Be-
dürfniffen des gemeinen Mannes findet fich reiche zeit-
gefchichtliche Polemik. In der 3. und 5. Predigt fpielt
B. auf Luthers Lied ,Dies find die heiligen zehn Ge-

und fein Verdienft um die religiöfe Unterweifung des : bot' an, das zuerft im Erfurter Enchiridion 1524 er
Volks und der Jugend von ihren erften Anfängen an j fchien und jede Strophe mit dem eigenartig geformten
würdigen. Zugleich bietet Albrecht einige Ergänzungen ■ Kyrioleys fchließt, oder auch auf das kürzere ,Menfch,
zu Geifcnhofs fchöner Bibliographia Bugenliageniana. , willt du leben feliglich', aus dem Wittenberger Geift-
Namentlich gewinnt aber er aus den Katechismus- ; liehen Gefangbüchlein von 1524, das ebenfalls mit Kyrio-
predigten von 1525 eine ftarke Stütze für die Vermutung : leys fchließt (S. 12). Beide Lieder wurden jedenfalls

von Gohrs und Drews, daß das anonyme .Büchlein für
die Laien und Kinder 1525' Bugenhagen zum Verfaffer
hat (S. 5). Wir lernen auch den ganzen Betrieb des
katechetifchen Unterrichts in Wittenberg, wie er jeden

feit 1533 nach der Wittenberger Kirchenordnung beim
Katechismusgottesdienft gefungen, wahrfcheinlich aber
fchon 1525 (S. 17, Anm.).

Wie die ganze Einleitung mit ihren 3 Kapiteln, 1. die

falls fchon 1528 länger in Übung war und in Bugen- j Predigten vom Jahre 1525 (2—14), 2. Bugenhagens fernere
hagens Kirchenordnungen feit 1528 überging, genau j katechetifche Tätigkeit (14—16), 3. die Predigten vom
kennen. ,Es wird eine im wefentlichen zuverlaffige Er- ; Jahre 1532 (16—22), fo verdient auch der Schluß mit der

innerung des Wittenberger Diakonus (Seb. Fröfchel) fein,
daß Luther und Bugenhagen von Anfang an (alfo von
ca. 1523 an) gemeinfchaftlich die Beftimmungen über
die Katechismuspredigten in Wittenberg feftgefetzt haben,
über die Zeit, die Abgrenzung des Stoffes und die
Methode' (S. 21). Sie gingen weit über die altkirchlichen

Beleuchtung des Katechismus Seb. Fröfchels Beachtung
(S. 20f.). Hier fei nur ein Stück herausgehoben: ,Die
Höhe einer frifchen, lebendigen, praktifch-religiöfen Auslegung
, wie fie noch in Bugenhagens Predigten vorliegt
, behauptete fich nicht, fondern es wurde in der
Kinderlehre allmählich mehr dogmatifiert'. .Fröfchel hat

Katechismuspredigten in der Faftenzeit hinaus und ' zutreffend als Quelle feiner Auslegungen Melanchthon
ordneten für alle Vierteljahre 8 Predigten innerhalb angeführt. Diefer Syftematiker hat unverkennbar die
2 Wochen neben den fonntäglichen Frühpredigten, bezw. doktrinäre Einengung der Katechismuslehre, die bei
Nachmittagspredigten über den Katechismus an. Ja : Fröfchel zu beobachten ift, mit veranlaßt. Es ift aber
Rörers Handfchrift bietet für die Faftenzeit 1524, was zu beachten, daß Bugenhagen daran keinen Anftoß
Buchwald als unmögliches Datum betrachtet und als : nahm, denn er hat ja Fröfchels Weife gelobt und emp-
Schreibfehler für 1525 anfleht, 15 Predigten, wozu nach | fohlen' (S. 22).