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Ausgabe:

1910 Nr. 11

Spalte:

329-330

Autor/Hrsg.:

Hühn, Eugen

Titel/Untertitel:

Die fünf Bücher Moses und das Buch Josua (der Hexateuch) 1910

Rezensent:

Volz, Paul

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329

Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 11.

330

Immer wieder figuriert der Name .Konftantin von
TifchendorP auf den Blättern, und die Verwunderung
darüber (wird doch fonft kaum ein Sinaireifender genannt)
wandelt fich in Mißvergnügen, wenn dem Lefer drei-,
viermal bemerklich gemacht wird, daß ,Konftantin von
TifchendorP der Schwiegervater des Verfaffers gewefen
ift. Ebenfo mehrfach wird bemerklich gemacht, daß
der Verfaffer Arabifch fpricht; S. 139 mit dem Satze:
»Ich nehme ruhig meinen Stift in die Hand, fchreibe ihm
in tadellofem Arabifch von A bis Z die erfte Sure auf
einen glatten Granitblock, und lefe fie ihm vor'. Auch
daß der Verfaffer feine letzten Schuhe in New York gekauft
hat, teilt er mit. Diefe garftige Verliebtheit in
fich felber ift kaum angebracht. Sein Arabifch z. B. ift
nichts weniger als tadellos. Er fchreibt: ,Scheccti, aber
,Sitrc' (in einem Frakturdruck!), ,Aynd, ,Makrizi< (S. 115)
und jfakrist (S. 130), ßhauäge' (in Antiqua (S. 30),
,Muäfßn' (S. 20) und ,Jl/ueddm' (S. 208), ftets ,Mußa'
und ßßafßäfe'. Diefe Schar von Fehlern und Ungleich-

fonders wäre es fehr intereffant und lehrreich, tiefer in
den Lebensprozeß der alten Erzählungen und der
Schriftwerke eingeführt zu werden; män müßte in der
populären Darfteilung zeigen, wie mannigfaltig die lite-
rarifchen Gattungen find, mit Angabe der beften Proben,
wie verfchieden im religiös fittlichen Gehalt die Erzählungen
find (z. B. die nebeneinanderftehenden Stücke
Gen. 121-9 und 12 10ff.), wie ganz antike Stoffe in neuer
Bearbeitung erfcheinen ufw.; das ift wichtiger als J, E,
P und gar J1, J2, J3, und daran ließe fich die wirkfamfle
Aufklärung über die religiöfe Qualität und die heutige
Bedeutung des Pentateuchs anknüpfen.

Tübingen. Volz.

Preufchen, D. Dr. Erwin, Vollftändiges Griechifch-Deutfches
Handwörterbuch zu den Schriften des Neuen Teltaments

und der übrigen urchriftlichen Literatur. Gießen,

A. Töpelmann 1910. (VIII S. und 1184 Sp.) Lex. 8°
heiten vermehrt fich mit jedem weitem arabifchen M __ . M

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Wort. Flüchtig ift die Art der Bibelverwendung: bald
rationaliftifche Auflöfung des Berichtes, bald maffive
Gläubigkeit, bald kluges Verfchweigen (fo über den Tot-
fchlag des Mofes), bald törichtes Aufnehmen von außer-

Wer ein Buch fchreibt, hat das Recht, fich dafür
nach feinem Belieben das Ziel zu ftecken; ich betone
diefen Satz, da ihn die Kritik bei der Beurteilung diefes

biblifchen Traditionen und Hypothefen (die Hebräer < Buches zum Teil vergeffen hat. Freilich ift es andererhaben
es vor dem Exodus durch Handel zu großen feits das Recht des Kritikers, feine Meinung über das

Reichtümern gebracht, und alle ägyptifchen Kunfthand
werker waren unter ihnen am Sinai vertreten). Dazu
kommen Ungenauigkeiten; fo läßt Schneller die Säis
Ägyptens heute noch Dienft tun, obwohl fie längft für
alle außer für die königliche Familie verboten find. Er
läßt einen Kahn dadurch geftakt werden, daß der Schiffer
,vom Hinterteil bis an die Spitze des Schiffes'' geht (S. 29)

gefleckte Ziel ausz.ufprechen. Doch foll das vorliegende
Buch hier zunächft nur im Hinblick auf das beurteilt
werden, was der Verfaffer wollte.

Es foll ,in erfter Linie ein Buch für die Hand des
Studenten und Geiftlichen fein, das zunächft nicht
fprachgefchichtlichen Studien dienen, fondern ein genaues
Verftändnis des neuteftamentlichen Urtextes er-

und fo fort. möglichen will' (S. III). Und man darf ruhig fagen, für

Die Kenntnis der Sinailiteratur geht ihm in hohem diefen Benutzerkreis und für diefen Zweck ift es gut
Maße ab, die Gewiffenhaftigkeit, durch Überlefen der brauchbar. Denn die Dispofition und Faffung der Artikel
Niederfchrift das Buch von den vielen Wiederholungen lft verftandig, die Ausdrucksweife durchfichtig, der Druck
(über feine Schwiegerfohnfchaft, feine Sprachkenntniffe, , angenehm und überfichtlich, und — für ein Wörterbuch

die ewigen einzigen Sonnenaufgänge und vieles andere)
zu fäubern ebenfalls.

In Summa: trüge das Buch nicht die Widmung,
würde man von ihm fchweigen. Da man reden muß,
kann man nur klagen.

Aeugft (Zürich). Ludwig Köhler.

Hühn, Pfr. Dr. Eugen, Die fünf Bücher Mofes und das Buch

Jofua (der Hexateuch). (Einführung in die biblifchen
Bücher. Altes Teftament. Erftes Heft.) Tübingen,
J. C. B. Mohr 1909. (IV, 96 S.) 8° M. — 80

Anfchaulich, knapp, freimütig und pietätvoll orien- I fteht allerdings der' Nachteil des etwas höheren Preifes

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nicht das Unwichtigfte — die Stellenangaben find, fo
viel mir einige Stichproben ergaben, zuverläffig; auch
kann das Buch tatfächlich oft die Konkordanz erfetzen,
da bei allen nicht gerade ganz häufigen Wörtern fämt-
liche Belege aufgeführt find. Daß man da und dort
einen Artikel gerne gekürzt oder anders disponiert, eine
felbft für Obergymnafiaften gar zu elementare Bemerkung
geftrichen fähe, daß Verfehen mit unterlaufen und Aus-
laffungen nachzutragen wären, das alles ift begreiflich
und vom Verfaffer felber vorausgefehen. Gegenüber der
Wilke-Grimm'fchen Clavis, die Pr. offenbar erfetzen will,
hat fein Werk den wohl von manchem Mußlateiner hoch
gefchätzten Vorzug, deutfch gefchrieben zu fein; dem

tiert Hühn das weitere Publikum über die Einleitungs- ; gegenüber. Sehr erfreulich und auch für fprachliche
fragen zum Hexateuch. Nach der äußeren Einleitung Forfchungen bequem ift die Verarbeitung des Wort-

und der Inhaltsangabe berichtet er über die Gründe, die
zur Pentateuchkritik führten, und über die wechfelvolle
Gefchichte diefer Kritik; dann werden die vier Quellen-
fchriften und die Redaktion nach der Graf-Wellhaufen-

fchatzes der ,übrigen urchriftlichen Literatur', d. h. der
apoftolifchen Väter und der Refte außerkanonifcher Evangelien
.

Nun aber zur Kritik der von Pr. aufgeftellten und

fchen Theorie und Methode befchrieben; die babylonifch- j befolgten Grundfätze! Zweierlei Beziehungen kommen
affyrifchen Infchriften, befonders für die Urgefchichten für das Verftändnis des ntlichen Wortfchatzes, wie der

und für die Gefetzgebung, bilden eine wertvolle Ergänzung.
Zum Schluß ein kurzes Wort über Bedeutung und Wert
des Hexateuchs. auch für die heutige Zeit, und im Anhang
erörtert H. eines der fchwierigften Stücke des
Hexateuchs, die Paradiesgefchichte, um an diefem Bei-
fpiel die oft komplizierte Entwicklung der literarifchen
und inneren Geftalt der alten Gefchichten zu zeigen.

So trefflich dies alles ift, muß doch bedauert werden,
daß H. in den faft zur Feffel gewordenen Schranken
des bisherigen Einleitungsfyftems geblieben ift, trotzdem
in den letzten Jahren eine freiere Bahn bereits eröffnet

ntlichen Sprache überhaupt, in Betracht, diejenigen zur
jüdifchen Welt (Einfluß des Hebräifchen und Aramäifchen
und der LXX) und diejenigen zur griechifchen (befonders
der gleichzeitigen .helleniftifchen1) Welt. Die erfte Seite
berückfichtigt Pr. infofern, als er von Wilke:Grimm den
Grundfatz der Beifügung der .hebräifchen Äquivalente'
übernimmt, d. h. — ja, ich muß geliehen, nicht recht
zu wiffen, was mit diefem Ausdruck gemeint ift; wenn
ich die Bemerkung des Verfaffers auf der zweiten Um-
fchlagsfeite der zweiten Lieferung recht interpretiere fo
hat er aus den hebräifchen Wörtern, die durch ein 'bewurde
(vgl. befonders Gunkels Abriß in ,Kultur der ftimmtes griechifches Wort wiedergegeben werden das
Gegenwart', I, 7). Auch für den Laien und für ihn be- jenige oder diejenigen ausgewählt, denen ihm das'grie