Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1910

Spalte:

10-12

Autor/Hrsg.:

Grabmann, Martin

Titel/Untertitel:

Die Geschichte der scholastischen Methode. 1. Bd 1910

Rezensent:

Heim, Karl

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 1. 10

Schon Mabillon {Liturgia Gallicana p. 103) hat j ausgeben diefem Schlußbande ein gemeinfames alpha-
darauf aufmerkfam gemacht, es ift aber fe.tdem fo gut betifches Verzeichnis aller Adreffaten der bisher
wie vergeffen worden, daß man im 5. Jahrhundert in publizierten papftlichen Kegelten anhängte, hat er die
Gallien zwei verfchiedene Ofterfefte feierte, nämlich | vier Mittelitalien umfaffenden Bande in dankenswerter
Pafcha als bewegliches Feft und Refurrectio alljährlich Weife auch äußerlich zu einer Einheit zufammenge-
am 27 März. Piper hat die betreffenden Daten in den fchloffen. Wie er des weiteren bereits ankündigt, toll
Kaiendarien für einfache hiftorifche Notizen genommen, . nach Abfchluß der ganzen Italia pontificia ein voll-
die keine eigentlichen Feite bezeichneten, fondern nur ftändiges chronologifch.es Verzeichnis famtlicher itahfcher
eben fo zu fagen referierend den Tag der Auferftehung Papfturkunden juxta ordmem Romanorum pontificum'
des Herrn angeben feilten. Diefe Anficht ift aber allen denjenigen Benutzern des Werkes entgegen-
gegenüber den beftimmten Vorfchriften, welche der kommen, die lieber eine Gefamtanordnung a la Jaffe
Bifchof Perpetuus von Tours über die Festfeiern ge- ! gefehen hätten. An Indices aller Art wird fonach gegeben
hat {Greg. Tur. H. P. X, 31) unhaltbar. Hier wird wiß kein Mangel fein. Im übrigen fei auf die früheren
ausdrücklich ,Sexto Kalcndas Aprilis resurrectio domini Rezenfionen in diefer Zeitfchrift verwiefen.
nostri Jesu Christi' für ein durch Vigilien zu begehen- j3onnt Siegmund Keller,

des Feft erklärt. Bemerkenswert aber ift dabei, daß

wahrend Pafcha, wie Weihnachten, Epiphania und Grabmann, Prof. Dr. Martin, Die Gelchichte der fcho-
Pfingften, in der Kathedrale {ecclesia) gefeiert wird, die |am,chen Methode. Nach den gedruckten und unge-
Feier von Refurrectio, wie die von Himmelfahrt und ioiuiwi» J> j t-. ru

einer Reihe von Heiligenfeften, ,adbasilicam domni druckten Quellen dargeftellt. Erfter Band: Die fcho-
Martini' ftattfindet. Es frägt fich nun, wie lange fich laftifche Methode von ihren ertten Anfängen in der
diefer Gebrauch gehalten. Aus den Worten des Gregor Väterliteratur bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts,
von Tours ,Hic {Perpetuus) instituit ieiunia vigiliasque, Freibur^ i. B., Herder 1909. (XIII, 354 S.) gr. 8°
quuliter per circulum anni observarentur, quod hodieque j . g_-, ^ ^ ggQ

apud nos tenetur scriptum' geht nicht mit Sicherheit her- j •:>•>£>•■■
vor, daß er zu feiner Zeit noch in Tours beobachtet wurde, Durch die grundfätzliche Abkehr des unter dem

und aus den fpäteren Kaiendarien läßt fich kein völlig j Einfluß der proteftantifchen Theologie flehenden ,Mo-
ficherer Schluß ziehen. Dagegen fcheint mir eine Stelle i dernismus' von der fcholaftifchen Methode einerfeits und

in der Vita S. Salvii dafür zu fprechen, daß der Brauch
noch zur Zeit Karl Martells beffanden hat. Dort heißt
es nämlich {Acta Sanctoram Jun. VII /. 176 B): ,Erat
autem sacratissima die illa dominicae resurreeiionis'.

andererfeits den fehr energifchen Hinweis der Enzyklika
,Pasccndi' auf die fcholaftifche Methode ift diefe für die
katholifche Welt zu einem der bedeutfamften Gegenwartsprobleme
geworden. Daß gerade M. Grabmann

Von Oftern (Pafcha) kann nicht die Rede fein, aber auch | fich dadurch veranlaffen ließ, ein auf mehrere Bände
die Erklärung von Plenfchen und Papebroch (S. 178) angelegtes Werk über die Gefchichte der fcholaftifchen
fcheint mir unhaltbar zu fein. Sie meinen, es handle , Methode (1. Band: Von den Anfängen der fcholaftifchen
fich um einen gewöhnlichen Sonntag, ,quia omni die Methode in der Patriftik bis zur Ausgeftaltung derfelben
dominico »rysterium recolitur resurgentis Christi'. Denn durch Anfelm, 2. Band: Die Weiterentwicklung vom Be-
der Ausdruck, ,sacratissima dies Uta' ift zu ftark, als ginn des 12. Jahrhunderts bis an die Schwelle der Hoch-
daß ein Lefer an einen allwöchentlich wiederkehrenden , fcholaftik, 3. Band: Die Vollendung der fcholaftifchen
Tag denken möchte. Ich bin daher zu der Annahme Methode in der Ära der Hochfcholaftik) zu beginnen,
geneigt, daß die Feier der Refurrectio in Gallien erft j wird auch von proteftantifcher Seite dankbar begrüßt
etwa gleichzeitig mit der Einfuhrung der Dionyfifchen I werden. Denn unter den katholifchen Kennern der
Ära aufgehört haben wird. Wenn man in Gallien wirk- Scholaftik ift M. Grabmann vielleicht derjenige, bei dem
lieh jemals Refurrectio nach dem Anfatz des Theophilus [ der Thomismus der offiziellen Kirchenlehre am wenigften
am 25. März begangen haben follte, fo war diefer Ge- ! die gefchichtliche Darfteilung des Mittelalters trübt,
brauch jedenfalls fchon zur Zeit Bedas außer Übung i Während z. B. die gelehrten Mönche von Quaracchi immer
gekommen (Beda de temp. rat. c. 47) und hat mit der die Tendenz haben, die für den Katholiken immerhin

Feier, von welcher Gregor von Tours fpricht, nichts
zu tun.

Königsberg i. Pr. Franz Rühl.

unangenehme, aber für die Genefis der Scholaftik fo be-
deutfame Spannung zwifchen dem Neuplatonismus Au-
guftins und feiner Schule und dem Ariftotelismus des
Thomas zu verdecken, den Auguftinismus thomiftifch
zu interpretieren, hat M. Grabmann diefe Spannung be-
Regesta pontiticvm romanorvm. Ivbente regia societate fonders in feiner Schrift über die philofophifche und
Gottingensi congessit Pavlvs Fridolinvs Kehr. Italia theologifche Erkenntnislehre des M. von Aquafparta in
pontificia. Vol. IV. Vmbria. Picenvm. Marsia. der unbefangenften Weife ans Licht geftellt und auch durch
Berolini, apvd Weidmannos MDCCCCIX. (XXXIV, -fine f°nlüigen Veröffentlichungen dazu beigetragen ein
r . L. Q0 «. ciogmatiicn unvoreingenommenes rein hntorifch.es Ver-

330 p.) gr. Eex. 8 rvJ. 12 ftändnis der Entftehung der mittelalterlichen Theologie

Dem eben erft angezeigten dritten Bande ift bereits ; aus entgegengefetzten philofophifchen und kirchlichen
der vierte gefolgt, der zugleich den Schlußband von Einflüffen anzubahnen. Ein Urteil über den Wert diefes
.Mittel Italien'bildet. Er umfaßt demgemäß die Kirchen- neuen Werkes über die Gefchichte der fcholaftifchen
provinzen Umbrien, mit dem äußerft wichtigen Bistum Methode läßt fich auf Grund des vorliegenden erften
Spoleto und den Bifchoffitzen Terni, Rieti, Narni, | Bandes noch nicht gewinnen, da die Entftehung des Tho-
Amelia, Orvieto, Todi, Foligno, Nocera, Affifi, Perugia, mismus, deren Darftellung die gefchichtliche Objektivität
Gubbio und Cittä di Castello; Picenum, bekannter als des katholifchen Forfchers vor die entfeheidende Probe
,Mark Ancona', mit den Bistümern Camerino, Fermo, ftellt, erft im 2. und 3. Band behandelt werden foll. Der
Ascoli Piceno, Rimini, Pefaro, Fano, Sinigallia, Ancona, erfte Band geht zunächft auf die Anfätze der fcholafti-
Umana, Iefi, Ofimo, Foffombrone, Urbino, Cagli und fchen Methode, d. h. der fpekulativen Durchdringung und
Montefeltro; und als dritte Kirchenprovinz Marsia (auch Syftematifierung des Offenbarungsinhalts in der griechi-
provincic d Abruzzo genannt), zu welcher nach Cencius, fchen Väterliteratur ein, dann in der lateinifchen Badem
Kehr fich hier anfchließt, die Bistümer Valva- triftik (Tertullian, Laktanz, Hilarius, Ambrofius, Hiero-
Sulmona, Chieti, Penne und Teramo, das eigentliche nymus, Viktorinus Afer); dies führt auf die vorbildliche
vescovado d'Abruzzo, gehören. Dadurch, daß der Her- | Bedeutung Auguftins für die fcholaftifche Methode. Die

**