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Ausgabe:

1910

Spalte:

205-209

Autor/Hrsg.:

Bohatec, Josef (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Calvinstudien. Festschrift zum 400. Geburtstage Johann Calvins 1910

Rezensent:

Lobstein, Paul

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20;

Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 7. 206

Der Hauptzweck des Buches gilt aber umgekehit I herausgegeben, die fad alle aus der Feder dortiger

der Entwicklung des Neuen aus der älteren Kultur. ,Die

Bfarrer und ehemaliger Mitglieder des Elberfelder Kan-

Auseinanderfetzung der neuen höfifch-frauenhaften [Welt- j didatendiftes dämmen. Von diefen Beiträgen, die ,eine
anfchauung] mit den beiden älteren, der geiftlich-aske- | Apologie des großen Organifators und Vollenders des
tifchen der Kirche und der weltlich-kriegerifchen der Proteftantismus fein follen', gehören die drei erden in
Ritterfchaft an der Hand der Quellen aufzuzeigen, foll in ■ die durch Calvin bedimmte Kirchen- und Kulturge-
diefen Studien verfucht werden'. ,Dabei wird der Minne- i fchichte, die drei letzten tragen mehr ein theologifches
fang dets nach zwei verfchiedenen Seiten zu betrachten Gepräge.

fein: als Kulturertrag, infofern darin die mannigfachen Joh. Neuenhaus fchreibt über .Calvin als Hu-

Bildungsquellen der Zeit einmünden, und als Kulturträger, ; manid, dargedellt an feinem Bildungsgang und
infofern von ihm eine neue MenfchheitsbilJung ihren i an feinem Wirken' (1—26). Ein fehr dankbares Thema,
erden Ausgangspunkt genommen hat' (VI). hei deffen Behandlung der Verf. leider nur andeutend,

Mit einer weitausgreifenden, fehr dark mit auf Ilar- 1 nicht ausführend verfährt. Seine lebendige Skizze be-
nacks Dogmengefchtchte beruhenden, Charakteridik der | rührt zwar die wefentlichden Punkte, bleibt aber auf die
kirchlichen Weltanfchauung beginnt das Buch (Kap. I). angeregten Fragen eine eingehende Antwort fchuldig.
Dazu wird die höfifchc Weltanfchauung im Zeitalter der Bereits Calvins Erdlingsfchrift verdiente eine genauere
Kreuzzüge in Gegenfatz gedellt (II) Weltlichkeit, Körper- Charakteridik. Daß ,der Reformator nie aufgehört hat,
pflege, insbefondere Coricsia {urbanitas) joi (gaudium) Humanid zu fein' (12), hat N. wohl behauptet, aber
und' mezura {modus) werden der Antike nahegerückt; nicht nachgewiefen. Es wäre lohnend gewefen, die be-
als neu dagegen die FYauenminne herausgedellt. Deshalb achtenswerten Winke M.Schulzes über Calvins Abhängigwendet
fleh ihr die folgende Unterfuchung vor allem zu: keit von den religiöfen Schriften des Erasmus weiter zu
Rechtslage, Wertfehätzung und perfönliche Stellung der ; verfolgen und zu prüfen. Der gewiß unanfechtbare
Frau (fo nach Marianne Weber) in Südfrankreich (III), Satz, daß ,die Institutio bis zu ihrer letzten Umarbeitung
gelehrte Bildung fürfllicher Frauen (IV), Aufgabe, Wert- 1 unter darken humanidifchen Einflüffen gefchrieben wor-
fchätzung und perfönliche Stellung des dienenden Frauen- den id', bedurfte einer näheren Begründung, die dem
fängers (V), gelehrte Bildung dienender Frauenfanger (VI), j Hauptwerk des Reformators vielfach intereffante, bisher
der Individualismus feit dem erden Kreuzzuge, wobei wenig beobachtete Seiten abgewonnen hätte. Endlich
gegenüber der allein in Stand und Diend liegenden älteren mußte gezeigt werden, in welchem Maße die humanidi-
Ehre die neue durch den Diend vermittelte der Perfön- fche Bildung der Schriftauslegung des größten Exegeten
lichkeit des Sängers gemeint id (VII). Der erde Teil der Reformationszeit zugute kam. Alle diefe Aus-
fchließt ab mit Frauenlob, Frauendienft und Liebens- dellungen laufen darauf hinaus, daß der Verf. es bei
wehe (VIII—X). einem Entwurf bewenden ließ, den er nicht zu einer

Der zweite Teil geht auf das innere Wefen der umfaffenderen Dardellung erweitert und verarbeitet hat.
Minne. Während man im erden Teil die Kompilation Viel umfangreicher ift der Beitrag von Kolfhaus

aus modernen Dardellungen und Zitaten der Minnefänger , über den .Verkehr Calvins mit Bullinger' (27—125).
erträgt, berührt ,das häufige Zitieren' im zweiten höher 1 Daß der Bund mit dem Züricher Reformator zu den
gedeihen Teil doch peinlich. Nicht nur, daß ,die flihdifche fchönfien und gefegnetften Zügen in Calvins Lebensge-
Einheitlichkeit leidet'. Diefe Fülle antiker, mittelalterlicher fchichte gehört, hat K. in einer anziehenden, mit reichen
und allermodernder Ausfprüche (bis KrafTt-Ebing und Belegen ausdemBriefwechfel beiderFreundeausgedatteten
Forel) übertönt die einfache Darlegung des Hidorifchen. Studie dargetan. Wie bedeutfam für die ganze evangeli-
Da es (ich nicht nur um den literarifchen Gefchmack fcheWeltdiefewhhrendfadjoJahrenunwandelbarbewährte
handelt, fo will ich mich befcheiden. Erörtert werden IAeundfchaft gewefen id, erhellt aus jedem der elf Kapitel,
hier Minne und chridlicher Spiritualismus (XI) Minne und die K. feinem Gegendande widmet. Die Verhandlungen
chridliche Mydik 1 (XII), Frauenverehrung und Heiligen- über das Abendmahl und die Erwählung find naturgemäß
kult (XIII) Minne und Charitas (XIV), Minne und Eros < am meiden berückfichtigt. Den Mittelpunkt desAuffatzes
(XV), Minne und Scholadik (XVI), der [bewußte] Wider- bildet der Consensus Tigurinus (44—74); auf diefer
dreit zwifchen Frauenminne und Gottesminne (XVII), fowie Balis bewegt fleh das Vorgehen Calvins und Bullingers
der Ausaleich zwifchen Frauenminne und Gottesminne, m der Verteidigung der reformierten Abendmahlslehre
Marienminne und doke Stil nuovo (XVIII). gegen Wedphal (101-114). Im Kampf um die Prä-

Daß gute Regider das reiche Material des Buches dettinationslehre (74-84) gelangten die Züricher und die
erfchließen, will ich zum Schluß noch rühmen. Genter nicht zu einem gleich harmonifchen Ergebnis;

Brandi , tau|c?te f'ch Calvin nicht, als er annahm, daß Bul-

wei-

Gottingen._ _Branoi. Imger auf feiner, nicht auf Bolfecs Seite dand. Die

„ , . , r,, teren Erörterungen von Kolfhaus betreffen die An-

Calvinltudien. Fedfchrift zum 400. Geburtstage Johann Cal- knüpfung der Beziehungen beider Reformatoren im

vins. Unter Redaktion von Lic. Dr. Bohatec herausge- Streit mit Caroli, ihre Stellung zu Zwingli und Luther,

geben von der reformierten Gemeinde Elberfeld. Mit Bullmgers Verhalten gegenüber Calvins Kirchenzucht,'

Beiträgen von J. Bohatec, W. Hollweg, W. Kolfhaus, die £uc^ nach Genf, Bullingers Urteil über

, v, , j ,, , tv. WfrHprmann e rr0itü Servets, feine Stellung wahrend der Kämpfe

J. Neuenhaus, H. Strathmann, Th. Werdermanm Genfs m.. ^ ^ gemdnfc Handeln ^ p^P»«

Leipzig, R. Haupt 1909. (V, 441 b.) gr. 8 M. 5 zugunden verfolgter Evangelifcher, endlich ihren literari-

Inhalt: Neuenhaus, J.,Calvin als Humanift.— Kolfhaus,W., fchenund privaten Verkehr. .Neben Farel, Viret und

Der Verkehr Calvins mit Lüllingen - Hollweg, Dr. W., Calvins Beza id keiner aus Calvins großem Freundeskreis ihm

Beziehungen zu den Kheinlanden. - Strathmann, Lic. IL, Die fo vertraut gewefen wie Bullinger, von keinem hat er

Entttehung der Lehre Calvins von der Buße. - Werdermann, UCB Williger beraten lind fchließlich auch gegebenen-

cand. theol., Calvins Lehre von der Kirche in ihrer gefchichtlichen falls zurechtweifen laffen . . . Wenn Calvin mehr

Entwicklung - Bohatec, Lic. Dr. J„ Calvins Vorfehungslehre. hervortritt als Bullinger in der großen Gefchichte, wenn

Zum vierhundertjährigen Geburtstag Calvins hat die ^en g"Ä

Gemeinde Elberfeld, die größte reformierte l^itfchlands, gewor^ d

als Fedfchrift eine Sammlung von fechs Abhandlungen Romanjsmus u?d ^

. 0 Hier 2 (S. ^ »ig* — ^ ^ neiies täZ^^^^ ungeduldiges,

der Immaculata conciptw entnommen. r K'^jJ-