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Ausgabe:

1910 Nr. 7

Spalte:

201-203

Autor/Hrsg.:

Stiefenhofer, Dionys

Titel/Untertitel:

Die Geschichte der Kirchweihe vom 1.-7. Jahrhundert 1910

Rezensent:

Schian, Martin

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Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 7.

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handelt. Doch fleht hier faft nichts, was uns nicht fchon j der gefchichtlich zu ermittelnden Daten und Motive das
den Arbeiten Harnacks bekannt wäre. Daß der j Wichtigfte ift, hätte den § 1 der Einleitung (,Die Weihe

Dialogus von Tertullian, Irenäus und Tatian angeführt
wird, ift bekannt, A. aber gibt genau die Stellen an,
p. LXI—LXIII für Tertullian, p. LXIII/IV für Irenäus,
p. LXV/VI für Tatian. Am wichtiglten und anregend-
flen fcheinen mir aber die Ausführungen Archambaults
über das, was Eufebios und Photios von den Werken

der Kultusftätte und das Naturgefetz*) gern entbehrt. Es
kam ja durchaus nicht darauf an, das .unverkennbare
fchon im Naturgefetz begründete Streben aller Völker,
der Gottheit ein möglichft würdiges und angemeffenes
Heim zu bereiten', darzulegen und die Weihung der
Kultorte als ,eine im Wefen der menfchlichen Natur

Juflins gewußt und geurteilt haben. Bekanntlich hat über j liegende Erfcheinung' zu erweifen; im Gegenteil: diefe
beide, befonders über Photios, ein lebhafter Meinungsaus- j Frageftellung fchiebt dem Chriftentum von vornherein
taufen der Forfcher flattgefunden, und Harnacks Dar- einen Begriff der Kirchweihe unter, wie ihn das Heiden-
ftellung der fchriltftellerifchen Anführungs- und Abhängig- | tum auch hat, und verhindert fo die Erfaffung der chrift-
keitsverhältniffe hat dabei mit Recht im Vordergrunde I liehen Befonderheit. Dabei ift höchft charakteriftifch der

der Verhandlungen geftanden. Dies ift auch noch in
Archambaults Einleitung (bef. p. XL—LIII) der Fall. Die
Einwendungen, welche A. hier gegen verfchiedene Auf-
ftellungen Harnacks erhebt, find wohlbegründet. Sie
decken fich in mehrfacher Hinficht mit denen, die ich,
— was freilich dem Herausgeber entgangen ift — in
Übereinftimmung mit Caspari und Hilgenfeld, in der
Zeitfchiift f. Kchgcfch. (VI, 1884) in meiner Arbeit über
,Diepfeudojuftinifche"7fxtf£ö<e jiiorsmq tjTöt sieqi TQiaöog',

bei Befprechung der Altarweihe fich findende Satz:
,Diefem Gedanken (daß das euchariftifche Opfer eine
möglichft geziemende und gottgefällige Stätte erheifcht)
Rechnung tragend, hat die Kirche, nachdem fie einmal
den Frieden erlangt, gar bald durch paffende Zeremonien
die Altäre zu ihrem erhabenen Dienfte eingeweiht,
zumal fchon die Heiden und Juden ihren Altären
eine religiöfe Weihe gegeben hatten' (106). Die
kurzen Daten über die Einweihung der heidnifchen Tempel

S. 6—9 gegen Harnack zum Ausdruck gebracht habe. | (2ff.) hätten fchärfer auf ihre Beziehungen zum werden-
Auf fie möge A. hier nachträglich verwiefen werden, den chriftlichen Brauch hin unterfucht werden können;
Es würde doch — ich habe, wie ich meine, fchon früher von den Ausführungen über Einweihung der Stiftshütte, des
in anderem Zufammenhange darauf hingewiefen — falomonifchen und des nachexilifchen Tempels (7 ff.) gilt das
höchft wunderlich fein, daß Photios die fchon von Leon- ; Gleiche; fo, wie fie jetzt gegeben find, ohne die mindefte
tios, Anaftafios und Nikephoros fo viel angeführte j hiftorifch-kritifche Sichtung, haben fie keinen Wert. Daß
"Exüeötg nlOTEcoq fcheinbar gar nicht kennt, während er in der Einleitung fodann unter dem Titel ,Begriff, Zweck
nach Harnack ,keine der Schriften, deren Titel Eufebius | und Name der chriftlichen Kirchweihe' die katholifche
überliefert hat, mehr in Händen gehabt' haben foll, j Kirchenlehre über diefen Punkt genau auseinandergefetzt
andererfeits dagegen die beiden Apologien Juftins, deren wird, ift methodifch verfehlt, und zwar um fo mehr, als
Spuren bei Leontios und den 55. Parall. ftecken diefer Begriff nachher ftillfchweigend als der von Anfang
follen, — eine Behauptung, auf die auch A.p.XLV—XL VIII gültige vorausgefetzt zu werden fcheint; damit wird die Aufnäher
eingeht — und die auch Photios ,noch gekannt' gäbe der Schrift auf die Ermittlung des Werdens einer
haben foll, feitdem fpurlos verfchwunden find! Photios' Weihe überhaupt, der Riten und der rechtlichen UmWorte
, in denen er Juftins Eigenart und fchriftftellerifche ! ftände eingefchränkt, während Wandlungen im VerBedeutung
zumeift wohl auf Grund der zuerft von ihm ltändnis des Weihebegriffs völlig außer Betracht bleiben,
genannten 'Ajto/Loyia vjisq XqiOticcvwv xdX xara 'EAP.ijvcop j § 4 (Widmung der Kirchen) gibt nützliches Material,
y.ai xara 'iovöaicov fchildert, paffen ganz ungezwungen greift aber der eigentlichen Ausfuhrung vor. Diefe felbft
auf die uns noch heute erhaltenen beiden echten Apo- lieft man mit erheblich erfreulicheren Eindrücken als die
logien Juftins und deffen Dialogus cum Tryphone. j Einleitung, fie zeigt ja ein ernftes Sichmühen um Er-
Sicherlich find im byzantinifchen Mittelalter Juftins mittelung des hiftorifchen Tatbeftandes. Zuerft prüft St.
echte Schriften nicht ,fo gut wie verfchollen' gewefen, die über vorkonftantinifche Weihe aufgeftellten Behaup-
da, worauf auch A. (p. LIII—LV) aufmerkfam macht, j tungen. Statt von den einzelnen Gelehrten auszugehen,
Johannes von Damaskus um 750 Apologie und Dialog ; die Unhaltbares feftzuftellen verfucht haben, hatte er
Juftins gekannt und benutzt hat, und der am Ii. Sept. freilich lieber die fachlichen Beweife in gefchichtlicher
1364 abgefchloffene Cod. Par. 450 an dritter, vierter Folge zum Leitmotiv nehmen follen. Aber auch fo
und fünfter Stelle den Dial. c. Tryph. und beide Apolo- wird das Ergebnis klar feftgeftellt, daß alle Verfuche, die
gien aufweift, eine Tatfache, die unzweifelhaft auf Kirchweihe als apoftolifche Inftitution zu erweilen, vereine
längere Überlieferung der echten Werke des ; gebhehe Liebesmühe; find (37), daß erft um die Mitte
Mannes im byzantinifchen Reiche hinweift. — Daß A. ; des 3. Jahrhunderts das chrittliche Verfammlungshaus
der Intcgrite du Dialoguc (IV, p. LXVII—LXXXI) und 1 aus feiner ,liturgifchen Indifferenz' heraustritt, daß es
der Composition du Dial. avec Trypkon (V, p. LXXXII trotzdem noch keine eigene Weihe vor feinem Gebrauch
—XCVI) einen befonderen Abfchnitt widmet, ift felbft- erhielt, fondern daß die Weihe fich einfach in der erft-
verftändlich. Die faubere Textherrichtung und die den : maligen heier der damals gebräuchlichen Liturgie voll-
Inhalt des Dialogus in reichlichen Anmerkungen um- zog!(3°): Sätze, die aufzuhellen einem katholifchen Autor
faffend und gründlich erläuternden Ausführungen Archam- nicht ganz leicht gefallen fein muß. Der Schluß diefes
baults verdienen unumwundene Anerkennung. ' Ablchnitts fpricht dann allerdings in einer durch das

„, , , . , - 3nn« n,yfPke Vorige nicht recht begründeten und im Folgenden nicht

Wandsbeck. Johannes Draieice^ näher erläuterten Weife von einem ,Keim', der vorhanden

~ ^ «• « r u- u»„ aar ! gewefen fein müffe, und der im 4. Jhd. nur zu fchönerer,

Stiefenhofen, Stadtkapl. D. Dionys, Die Gefcnicnte aer herrlicherer Entfaltung gelangt fei (38). Der Hinweis auf
Kirchweihe vom 1. -7. Jahrhundert. (Veröffentlichungen die allmählich biegende Betonung des Opfercharakters
aus dem Kirchenhiftorifchen Seminar München. Her- der Euchariftie hat hier feinen Platz; vielleicht verwehrte
ausp-ep-eben von A Knöpfler. III. Reihe Nr. 8.) j eine Anfchauung, welche das langfame Werden diefer
ausgegeben von t. i^nop 1 Anfchauung verneinen muß, dem Verf. den klaren Ein-

Munchen, J. J. Lentncr 1909. (VIII, 141 blick in diefen Zufammenhang? Angedeutet wird

M- 3- j eine ähnliche Erkenntnis übrigens nachher bei der Altar-
St will eine fyftematifche und erfchöpfende Dar- j weihe (101 ff.), zu deutlicher Ausführung kommt fie auch
ftellung der Kirchweihe vom 1.—J. Jahrhundert nach hier nicht -- Daß nun, von 313 n. Chr. ab, nicht der
ihrer rechtlichen und liturgifchen Seite' geben (VIII). einlache hturgifche Hergang und feine Entwicklung in
Wer der Anficht ift, daß dazu eine nüchterne Würdigung den Vordergrund geftellt wird, fondern die rechtliche

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