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Ausgabe:

1909

Spalte:

163-165

Autor/Hrsg.:

Ramsay, W. M.

Titel/Untertitel:

Luke the Physician and other studies in the history of religion 1909

Rezensent:

Harnack, Adolf

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163

Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 6.

§ 16,1: .Offene Silben find die fo befchaffenen: a) die ,
erfte Silbe von qä-pla, und fo ftets eine Silbe mit unbetontem
, langem Vokal; b) meift eine Silbe mit betontem,
langem Vokal. Eine folche ift z. B. die Schlußfilbe jener
Form qä-pld. Ausnahmen find folgende: d) Formen, wie
qätdlta . . . . ß) Formen wie jebk .... 2) Die andern
Silben zerfallen in zwei Gruppen: a) halbgefchloffene ....
wie in qi(-)t{')lü... b) Alle anderen Silben find gefchloffene j
Silben, nämlich zunächft die in § 16,1 erwähnten Ausnahmen
: die Paenultima von qataltä ufw.' Ob danach
die Schüler den Charakter der erften Silbe von b'TJpl wohl
richtig erraten ? Da König außer bei — vor — kein Metheg
fetzt, kann der Schüler ja nicht wiffen] ob das — lang oder
kurz ift! König traut auch dem Schüler zu viel zu; er
erklärt ihm nicht, was Paufa, was K>re und Kethibh ift,
wie Paufalformen gebildet werden (auch die Formenlehre
läßt meift im Stich); er fagt, daß der Artikel nach b fyn-
kopiert wird, aber ob auch nach 3, 3, 1? Daß das Impf,
cons. Hiph'il bt!p*n heißt, wird gefügt; aber heißt es auch
büpttl? In § 40,2 wird die Femininendung t"i ftatt ath
nicht erwähnt, § 41,2 b wird fie als bekannt vorausgefetzt.
Nach § 41,3 tritt die Dualendung ajim an den Sing., wie
lautet nun aber das Fem.? Paradigmentafeln fehlen völlig.
Ganz befonders unpraktifch find die ,Materialien zur Einübung
der Grammatik'. Die erfte Frage zu § 1—4 lautet
gleich: ,Wie lautet alfo das Verb, deffen drei Konfonanten
b-i-I find, im Äth? (Hier mit s) im Affyr.? im Hbr.? im
Aram.?' Übungen zum Überfetzen aus dem Hebr. ins
Deutfche fehlen in viel zu ftarkem Maße; z. B. zu den
Paragraphen über das Pronomen zähle ich nur 8, zu denen
über das ftarke Verbum gar nur 4 ganz kurze Sätze!

Halle a. S. C. Steuernagel.

Ramsay, W. M., Luke the Physician and other studies in the
history of religion. With 38 illustrations. London,Hodder
and Stoughton 1908. (XIV, 418 p.) gr. 8»

Diefes Werk bringt einen Neudruck von 12 Abhandlungen
des Verfaffers aus verfchiedenen englifchen Zeit-
fchriften (Contemp. Rev., Expositor, Journ. of the Royal
Asiatic Society, Geograph. Journ). Die Mehrzahl ift ftark
verändert und bereichert. So gut wie neu ift die 12. Abhandlung
p.329—410'The church of Lycaonia in tlicfourth
Century), die aus 6 älteren Auffätzen erwachfen ift.

1. Luhe the Physician (p. I—68): eine Auseinander-
fetzung mit meiner gleichnamigen Unterfuchung zur
Apoftelgefchichte (meine zweite Arbeit ift nicht
benutzt) mit prinzipiellen Bemerkungen über englifche
und deutfche Kritik und über literarifche und
Sachkritik. Man kann aus diefen Bemerkungen
manches lernen, aber ruhig abgewogen und gerecht
find fie nicht. Der Verfaffer hat den Auffatz augen-
fcheinlich in einer griesgrämigen Stimmung oder an
einem Tage, da ihm nicht wohl gewefen ift, gefchrieben.

2. The oldest writtcn Gospel (p. 69—101): fchließt
fich an meine Unterfuchung über die Quelle des
Matth, und Lukas an und fucht am Schluffe wahr-
fcheinlich zu machen, daß diefe Quelle noch vor
der Kreuzigung Jefu entbanden ift.

3. Asia Minor: the country and ils religion (p.
103—140).

4. The orthodox church iti the By zantinc cmpire
(p. 141—168): Diefer fchöne Vortrag bildete den
Schluß der allgemeinen Vorträge auf dem Berliner
Internationalen Hiftoriker-Kongreß.

5. The Peasant God: the creation, destruction
and restoration of agriculture in Asia Minor
(p. 169—198).

6. 1 he religion of the Hittite sculptures at Bpg-
has-Keui (p. 199—216). Hier hat der Verf. die Änderungen
gegenüber der erften Ausgabe von 1882
genau angegeben; bei den übrigen Auffätzen hat er
das unterlaufen.

7. The Morning Star and the chronology of the
life of Christ (p. 217—246): fchließt an die Abhandlung
des Colonel Mackinley, ,The Magi: How the
recognised Christ's Star (1907)' an. Die Schätzung
fand im Jahr 8 v. Chr. ftatt.

8. A criticism of recent research regarding the
N. T. (p. 247—265): eine Kritik der Kritik mit be-
fonderer Beziehung auf Prof. Sanday (ift mit Nr. 1
verwandt).

9. The historical geography of the Holy Land (p.
267—281).

10. St. Paul''s use of metaphors from Greek and
Roman life (p. 283—298).

11. The date and autorship of the epistle to the
Hebrews (p. 301 — 328), angefchloffen an Auffätze
von Rev. W. M. Lewis (in ,The Thinker1 1893 Oct.
und Nov. und ,Bibl. World' 1898 Aug., 1899 Apr.).
In den Hauptpunkten ftimmt er mit Lewis überein,
aber in der Verfafferfrage trennt er fich von ihm.
Ramfay hat fein Urteil über die Abfaffungsverhältniffe
des Briefs alfo zufammengefaßt:

,Der Hebräerbrief wurde im April oder Mai 59 (wenn
man der in „St. Paul the Traveller" gegebenen Chronologie
des Paulus folgt] gegen Ende der Amtszeit des
Felix beendigt'.

,Der Brief behandelt gewiffe Lehrpunkte, die während
der Gefangenfchaftszeit zwifchen Paulus und den leitenden
Männern der Gemeinde von Cäfarea häufig diskutiert
worden find, und giebt den Haupteindruck und das Ergebnis
diefer Diskuffionen wieder'.

,Der Brief ift alfo in gewiffen Sinn der Brief der
Kirche von Cäfarea an die jüdifche Partei der Kirche in
Jerufalem; das involviert, daß der Schreiber, „practically
speahing", der Diakon Philippus war; gewöhnlich fpricht
er im Brief als Repräfentant der cäfareenfifchen Kirche
(1. Perfon Plur.), aber ein paarmal fpricht er als Autor
in der 1. Perfon Sing.'

,Der Plan des Briefs ift vorher mit Paulus befprochen
und der fertige Brief ift ihm unterbreitet worden; er
fetzte dann die wenigen Schlußverfe hinzu'.

,Die Abficht des Briefs war, die jüdifchen Lefer auf
ein neues Gedankenniveau zu verfetzen, auf dem fie
Paulus' Anfchauungen und Werk beffer verftehen follten,
ferner den Zwift zwifchen der extremen jüdifchen Partei
und der paulinifchen in der Kirche zu heben — nicht
durch eine apologetifche Darlegung der paulinifchen Anfchauungen
, fondern durch den Verfuch, die Judaiften auf
eine ganz andere Gedankenlinie zu bringen, die fie zu
einem höheren Standort der Betrachtung führen follte'.

,Der Brief, weil er eine Mehrzahl von Verfaffern hat
und nur an einen Teil einer Gemeinde fich richtet, hat
| die gewöhnliche Adreffe (N. N. an N. N.) vermieden;
man darf vorausfetzen, daß der Überbringer die näheren
Umftände darlegen follte'.

Diefe Hypothefe hat eine Reihe von Vorzügen und
I verdient daher Beachtung. Sie wird der älteften (alexan-
| drinifchen) Tradition über den Brief gerecht; fie erklärt
die merkwürdigen Schlußverfe, die wie von Paulus felbft
gefchrieben lauten; fie erklärt das ,Wir und Ich' im
! Schreiben, und fie kommt der Beobachtung entgegen, daß
j der Brief nicht an eine ganze Gemeinde, fondern an einen
beftimmten Kreis gerichtet ift (ohne die rjyovurvoi). Aber
| die Hypothefe ift m. E. doch unannehmbar, weil fie über
c. 2, 3 fchwer hinwegkommt, vor allem aber weil, felbft
! wenn der Brief an Judenchriften gerichtet wäre und den
I Judaismus bekämpfte, ein fo totales Abfehen von den
praktifchen Streitpunkten nicht wahrfcheinlich ift. Der
Verfaffer bezeichnet freilich die Annahme, der Brief fei
j an Heidenchriften gerichtet, als die paradoxefte und ver-
kchrtefte Meinung, die es gibt, und er kann fich gegen
fie auf die Adreffe, die alte Überlieferung und die große
Mehrzahl der Kritiker berufen. Allein die Bekämpfung
des Judaismus in dem Briefe wäre eine fo fublime und