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Ausgabe:

1909 Nr. 5

Spalte:

139-141

Autor/Hrsg.:

Asmus, Rudolf (Übers.)

Titel/Untertitel:

Kaiser Julians Philosophische Werke 1909

Rezensent:

Dräseke, Johannes

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139 Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 5. 140

äußert, ob, was ihm als theophilifch vorlag, auch von dem
autor ad Autolycum flamme. Nicht einmal das ift alfo
ficher, ob er wirklich den alten Kommentar benutzen
konnte. Aber ich will es gar nicht in Abrede ftellen,
nur fcheint mir für L.s Frage nichts daraus gefolgert
werden zu können. Die nicht zu leugnenden Berührungen
zwifchen Hieronymus und Chromatius erklären fich m. E.
aus direktem Abhängigkeitsverhältnis, wobei jener gewiß
der Gebende war. Auch hier alfo bringt die Suche nach
der Vorlage keinen Erfolg. Damit aber dürfte alles
erfchöpft und die Vaterunfer-Erklärung des Theophilus
von Antiochien wieder unfichtbar geworden fein.

Ich möchte diefe Betrachtung nicht fchließen, ohne
darauf hinzuweifen — L. erwähnt nur den Titel des
Auffatzes —, daß H. Quentin in der Revue Benedictinc
1907, S. 107 ff. folgende Beobachtung veröffentlicht hat.
In dem Rheimfer Kodex 427 wird am Schluß des dort
abgefchriebenen Kommentars Johannes von Jerufalem,
der Gegner des Hieronymus, als Veranlaffer (nicht Ver-
faffer) des angeblichen, aus der Kontroverfe Harnack-
Zahn bekannten Theophilus - Kommentars bezeichnet.
Stiliflifche Indizien legen Quentin die Annahme nahe,
daß die von Gennadius {vir, Uli) ohne Angabe des Titels
erwähnte Schrift des Johannes eben jener Kommentar fei.
Er fragt: ,Les caracteres intrinseques de ces Commentaires
permettent-ils leur attribution a Jean de Jerusalem
et a son epoque 7' Ein hübfehes Thema für eine Lizen-
tiaten- oder Doktorarbeit. Dabei wären dann auch
etwaige Beziehungen zwifchen jenem Elaborat und dem
Theophiluskommentar des Hieronymus von neuem zu
unterfuchen.

Gießen. G. Krüger.

Kaifer Julians Philofophifche Werke. Überfetzt und erklärt
von Rudolf Asm us. (Philofophifche Bibliothek.
Band 116.) Leipzig, Dürr'fche Buchhandlung 1908.
(IX, 222 S.) 8° M. 3.75

Bei Gelegenheit der Befprechung von Maus .Religions-
philofophie Kaifer Julians' wurde an diefer Stelle (Theol.
Lit.-Ztg. 1908, Nr. 17, Sp. 488/489) von mir darauf hin-
gewiefen, daß die meiften bisherigen, faft ausfchließlich
von Theologen unternommenen Verfuche, der Perfönlich-
keit Julians als Menfch, Herrfcher und Religionsphilofoph
gerecht zu werden, hauptfächlich wegen mangelnder
Sachkunde als unzulänglich bezeichnet werden mußten.
Auch Mau erklärte mit Recht dort die Zeit für die Ausführung
eines neuen Gefamtbildes der Religionsphilofophie
des Kaifers noch nicht für gekommen: erft dann, behauptete
er, könne davon die Rede fein, wenn eindringende
Einzelunterfuchungen unfere Kenntnis nicht bloß der
äußeren Gefchichte der julianifchen Regierung, fondern
vor allem der religiöfen und philofophifchen Anfchauungen
des Kaifers vertieft und gefördert hätten. Was jene erftere
Forderung betrifft, fo haben die letzten Jahre uns auf
dem genannten Gebiete erhebliche Fortfehritte gebracht;
ein Gleiches gilt aber auch fchon von der zweiten Forderung
. Als ein in diefer Richtung mancherlei Vertiefung
und dankenswerte Förderung bietendes Werk mußte ich
Maus obengenanntes Buch bezeichnen. Auf Asmus' jetzt
vorliegendes Werk, eine fehr gewandte und anfprechende
Überfetzung nebft Erklärung von fechs um ihres philofophifchen
Gehalts willen befonders wichtigen und beachtenswerten
Schriften Julians, findet eben diefes Urteil
noch weit umfaffendere Anwendung. Bietet es uns doch
für die Beurteilung des vielverkannten Mannes eine breitere
Grundlage als jenes und damit eine weitere, ausfichts-
vollere Möglichkeit, in das vielfach fo widerfpruchsvoll
erfcheinende Wefen der philofophifchen Persönlichkeit des
Kaifers nunmehr tiefer eindringen zu können. Mit Recht
klagt Asmus in feinem Vorwort (S. III) die Nachwelt
eines zwiefachen an Kaifer Julian begangenen Unrechts

an, einmal der ihm einfeitig nur unter religiöfem Gefichts-
winkel zuteil gewordenen Würdigung und Beurteilung
und fodann der einfeitigen Benutzung der für die Erfaffung
feines Wefens uns zu Gebote Behenden Quellen. Gerade
die fchriftflellerifchen Leiftungen des Kaifers find dabei
durchweg zu wenig oder gar nicht berückfichtigt worden.
Und doch hat diefer den Erzeugniffen feines Geiftes einen
fehr hohen Wert beigemeffen und fich eifrig bemüht, der
Nachwelt in ihnen ein zutreffendes Abbild feines inneren
und äußeren Wefens zu hinterlaffen, gerade als ob er,
wie Asmus fehr anfprechend vermutet, dadurch felbft
fein Andenken vor fchiefer Beleuchtung habe bewahren
wollen. Aber warum ift aus diefen Texten, trotz vielfach
in fie eindringender Forfchung bis auf diefen Tag immer
noch fo außerordentlich wenig bekannt geworden und
über den engen Kreis der Fachgelehrten hinaus in die
breitere Öffentlichkeit gedrungen? Asmus kennzeichnet
kurz und, wie mir fcheint, fehr zutreffend den Grund.
,Diefe Texte', fagt er (S. IV) ,find felbft für den gründlichen
Kenner der griechifchen Sprache und Literatur
wegen ihres verwickelten Zufammenhangs inhaltlich und
fprachlich genommen ungemein fchwer zu verftehen.
und eine vollständige und ihnen im einzelnen gerecht
werdende deutfehe Überfetzung gibt es bislang noch
nicht'. Diefem Mangel hat Asmus in der vorliegenden
Überfetzung in glänzender Weife abgeholfen. Niemand
unter den zeitgenöffifchen Forfchern war meiner Überzeugung
nach zu einer Solchen Leiftung beffer befähigt,
niemand unter ihnen gründlicher für fie vorbereitet.
Schon vor dreizehn Jahren glaubte ich dem um Julian
fo verdienten Forfcher eine wiffenfehaftlich umfaffendere
Beleuchtung feiner zahlreichen auf Julian und das gleichzeitige
Schrifttum bezüglichen, von ihm felbft in der
vorliegenden Veröffentlichung (Vorwort S. VII) verzeichneten
Arbeiten um fo mehr fchuldig zu fein, als mir
ihr Erfcheinen in verfchiedenen Zeitfchriften der Erkenntnis
der Tatfache hinderlich zu fein fchien, ein wie gründ-
licher Kenner und wohlunterrichteter Mitarbeiter den auf
diefem Forfchungsgebiet tätigen Philologen und Theologen
in jenen Jahren gerade in Asmus fich zugefellt
habe. Während feine Arbeiten bei feinen philologifchen
Fachgenoffen von Anfang an gebührende Anerkennung
fanden, erwiefen fich die Theologen unfrer Tage, ebenfo
wie fchon die älteren, infolge unzureichender Sachkenntnis
, vielfach als rückftändig. Doch die Zeiten der Un-
wiffenheit Rheinen vorüber zu fein, Asmus und feine
tiefeindringende Forfchung haben fich durchgefetzt. Ihr
Ertrag, wie er, gewiffermaßen ein zufammenfaffender
Abfchluß der von ihm auf Julian gerichteten Bemühungen,
in feiner umfangreichen Programm-Abhandlung vom
Jahre 1904: Julians Galiläerfchrift im Zusammenhang mit
feinen übrigen Werken. Ein Beitrag zur Erklärung der
julianifchen Schriften', gefchloffen vorliegt, ift den Einleitungen
zu den fechs in Überfetzung gegebenen Stücken
in befonderem Maße zugute gekommen. Äußere Anklänge
wie inhaltliche Übereinstimmung gleichmäßig berücksichtigend
, hatte dort Asmus die Zergliederung der
Gedanken des Kaifers im großen und ganzen im An-
fchluß an die Galiläerfchrift gegeben, zufammengehörige
Dinge aber, auch wenn fie hier getrennt vorkommen,
gleich im Zusammenhange behandelt. Wenn irgendwo
— und dasfelbe gilt von feinen, die Grundgedanken
jener feiner Untersuchung in gedrängter Kürze wiedergebenden
Einleitungen —, fo fehen wir aus Asmus' Darlegungen
, in denen er mit der peinlichsten Sorgfalt allen,
auch den verborgenden Gedanken und Sprachlichen Wendungen
des kaiferlichen Schriftstellers nachgegangen, ihre
Bedeutung klargestellt bezw. berichtigt, ihre Beziehungen
zu einander aufgedeckt und in neue Beleuchtung gerückt
hat; in denen er auf das riefige, um Julian und feine
Zeit getürmte Schrifttum und alles, was fonft noch damit
in Verbindung Steht, genützt, jene eigenartige neuplato-
nifche, durchaus chriftcntumsfeindliche Gedankenwelt zu