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Ausgabe:

1909

Spalte:

137-139

Autor/Hrsg.:

Loeschcke, Gerhard

Titel/Untertitel:

Die Vaterunser-Erklärung des Theophilus von Antiochien. Eine Quellenuntersuchung zu den Vaterunser-Erklärungen des Tertullian, Cyprian, Chromatius und Hieronymus 1909

Rezensent:

Krüger, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 5. 138

Loefchcke.Gerhard. DieVaterunfer-Erklärung des Theophilus gehabt habe, felbft wenn er zeitweilig T. felbd ausfchreh

von Antiochien. Eine Ouellenunterfuchung zu den ten follte«. Daß er diefes tut, jft doch ganz f.cher, und

,;. j t . 1r n ■ ru™ L. beftreitet es auch gar nicht, fucht das Abhängigkcits-

Vaterunfer-Erklarungcn des Tertulhan, Cyprian Chro- verhältnjs nur ab2ufch^ächen. Von einer andern Ouelkn-

matiusund Hieronymus. (Neue Studien zur Gelchicnte fcnrift aber, noch dazu einer griechifchen — wir wiffen
der Theologie und der Kirche. Herausgegeben von jA nicht einmal, daß Cyprian griechifch verdand— müßten
N. Bonwetfch und R. Seeberg. Viertes Stück.) Berlin, doch wahrlich fehr deutliche Spuren vorhanden fein, wenn

Trowitzfch & Sohn 1908. (51 S.) gr. 8° M. 2 — wir _an_ fie Z]a"b™ fol,Iten' und die würden von früheren

horfchern auch bemerkt worden fein. Unter diefen Um-
Als gemeinfame Quelle der Vaterunfererklärungen Händen muß ich darauf verzichten, L. zu folgen, wenn
Tertullians, Cyprians, des Chromatius, Hieronymus und er z. B. glaubt, daß ,Tertullian zeitweilig Cyprian gegen-
evcntuell des Origenes möchte Loefchcke den Evangelien- über offenbar fekundär' (S. 29) fei. Cyprian, fchreibt L.,
kommentar des Theophilus von Antiochien annehmen. ,bietet nicht nur einen glatten Text, wo Tertulhan fad
Man wird ihm zugeben, daß diefer Hypothefe faft nicht unerträglich hart ift, fondern bei ihm erfcheinen auch
auszuweichen wäre, wenn die Annahme einer gemeinfamen Gedanken, die bei T. unvermittelt und unverftändlich fr]
Quellealsnotwendigerwiefenwerdenkönnte. FürTertullian auftauchen, an ihrem richtigen Platz und mitten in einem
kann ja in diefem Falle nur Theophilus in Betracht ge- ; feften Gedankengefüge flehend, ja T. wird in feinen Auszogen
werden. Aber ift diefe Annahme notwendig? Ich ; führungen erft durch Heranziehung von C. verftändlich
bekenne, daß Loefchcke mich davon nicht überzeugt hat. oder wirft Gedanken durcheinander [?], die bei C. nochfr]
Dazu wäre in erfter Linie erforderlich, daß der Nachweis klar gefchieden find'. Abgefehen von dem mit Frageeiner
griechifch gefchriebenen Vorlage erbracht wäre, zeichen Verfehenen enthält diefe Charakteriftik gewiß
L. meint freilich einmal (S. 34): ,Daß die von Tertulhan, richtiges, aber fie trägt auch für L.s Thefe nichts aus.
Cyprian und Chromatius ausgefchriebene, aber vielleicht Ich halte es auch hier mit Benfon, der zur zweiten Bitte
auch dem Origenes bekannte Quelle griechifch abgefaßt fchreibt: ,T. gives Iiis mystic rendering of ncaclum et
war, hat fich uns fchon S. 21 ergeben'. Dort aber findet terra« Strand of his five points on this petition. Cyprian
man lediglich den Verfuch, ein folches Original für Chro- moves it to last. There Chromatius has it also, and cx-
matius zu ftatuieren, und diefer Verfuch ift mißlungen, punges the poetry (von mir gefperrt) which Cyprian
Wenn Chromatius zur fechften Bitte fchreibt: Tentationis had left in it'.

Indus duplex ratio, et causa diversa est, quin aliis per Um nämlich zu Chromatius zurückzukehren, fo bleibt

peccatum tentatio infertur ad emendationem, aliis ad fidei die einfachfte Annahme, daß er Tertulhan und Cyprian
probationem infertur ad gloriam, fo meint L. vielleicht benutzt hat. L. beftreitet das, foweit T. in Betracht
mit Recht, daß das ,kaum zu verftehen' fei. Wenn er kommt. Zwar gibt er zum minderten in zwei Fällen
aber glaubt, Chromatius habe in feiner giechifchen Vor- deutliche Berührung zu, glaubt aber gerade hier mit
läge hi. a/mgriav (cum dclinquimus. f. den Text bei Cy- feinem Hinweis auf die gemeinfame griechifche Quelle
prian 26) irrtümlich als öi apaQtlas (per peccatum) ge- operieren zu dürfen. Der eine Fall betrifft die Beifpiele
lefen oder gedeutet, fo läßt er die gebotene Vorficht — vom Zöllner und Jonas für die rechte Weife des Gebets
Chr. war doch kein Gymnafiad des 20. Jahrh. — unge- (Orat. 17). Chromatius, fo meint L., geht hier in der
bührlich außer Acht. Soll überhaupt geändert werden, Kompoiition mit Cyprian (Kap. 6), in der Formulierung
fo wird man den Abfchreiber korrigieren müffen, und mit Tertulhan (Kap. 17). Diefen IAt.11 fertigt Li mit der
das gefchieht am einfachften, indem man das ad vor kurzen Bemerkung ab, er fei eine Ausnahme und keinen-
fidei probationem durch per erfetzt. Gegenüber einem falls beweiskräftig. Der andere Fall betrifft die Zitations-
Kopiften ift das angefichts des dreimaligen ad keine weife von Joh. 1,12. Cyprian bringt hier die Überfetzung:
fchwerwiegende Änderung, Text aber und Verhältnis quotquot autem eum reeeperunt, während Tertulhan und
zu Cyprian und Tertulhan werden mit einem Schlage Chromatius fich in der äußerft feltenen Form: qui m cum
klar.' An diefer Stelle ift es jedenfalls nichts mit einer crediderunt (T.) bezw. quotquot crediderunt in eum (Chr.)
griechifchen Vorlage. Anders liegt die Sache für begegnen. Das ift fo auffallend, daß es der Aufmerkfamkeit
Matth. 5,1. 2, wo Chr. fchreibt, der Herr fei auf den der Forfcher nicht entgehen konnte. Jüngft noch hat de
< Mberg gediegen, vi per ipsius vocabuli significaUonein puniet in einem Auflatz der Revue d'liistoire eeclcsiastiquc
divinum misericordiaesitae munus ostenderet. Sehr hubfeh (1905, 13 ff. 304 ff), den L. unbillig einfehätzt, wenn er
bemerkt L. (S. 25), daß diefer Satz erft verftändlich meint, das Problem fei durch ihn nicht wefentlich gewerde
, wenn man ihn als Überfetzung^ eines Originals fördert worden, dazu Stellung genommen. Puniet bringt
faffc, in dem mit dem Gleichklang llainv und C.tOQ gewichtige Gründe dafür vor, daß der Autor der Expo-
gefpielt wurde. Das id gewiß möglich. Aber kann diefe sitio orationis dominicae im Gelafianum und Chro-
hübfehe Bemerkung die fchwere Hypothefe wirklich tragen, matius nicht nur in literarifchem Verwandfchaftsverhältnis
Befonders, wenn fie nicht auf Chromatius befchränkt, (on- denen, was ohne weiteres klar id, fondern daß fie iden-
dern auf Tertulhan und Cyprian ausgedehnt wird? Für ' tifch feien. In der Expositio findet fich aber nicht nur
beide hat L. ja nicht einmal den Verfuch gemacht, eine jenes Zitat in Tertullians Form, fondern T. id erweislich
griechifche Vorlage wirklich zu erweifen, denn was er benutzt. Auch von hier aus wächd alfo die Wahrfchein-
S. 35 an Varianten zwifchen den drei Autoren bringt, find lichkeit, daß Chr. Tertulhan kannte, und die von Puniet
Textvarianten zwifchen ihnen felbd, nicht aber Uber- (S. 310) hierfür weiter gegebenen Belege find zwar der
fetzungsvarianten gegenüber einer Vorlage. Natur der Sache nach nicht zwingend, dürfen aber ficher

Nun id zwar L überzeugt, daß zunächft Tertulhan mehr Beachtung in Anfpruch nehmen als L.s durch Beeine
fchriftliche Quelle benutze. ,Seine Ausführungen i lege nicht gedützte Behauptung. Daß Chr. Tertulhan
machen öfter den .Eindruck von Exzerpten und find in- | benutzen konnte, wird kein Kenner der Überlieferungs-
folgc diefer Entdehungsweife mindedens in einem Falle i gefchichte bedreiten wollen. Für eine griechifche Vor-
finnlos' (S 29) Diefer Fall betrifft den Eingang von läge läßt fich aber tatfächlich nur jenes von IXdiov und
Orat 4 Nach meinem .Eindruck' id diefe Ausführung > eXsoq bezogene Argument geltend machen,
gar nicht finnlos und die Auffaffung eines fo feinfinni- BIHbt, da L. felbd auf Origenes fad nur beiläufig

gen I efers wie Benfon (f Cyprian S. 282) deht mir dabei Ruckficht nimmt, Hieronymus. Daß diefer die Evangelien-
zur Seite Was aber Cyprian betrifft, fo hat mich L.s ; erklärung des Theophilus für feinen Matthäuskommentar
eingehende Vergleichung des Materials trotz aller darauf : benutzt hat, fagt er felbd zu wiederholten Malen. Es
verwendeten Sorgfalt nicht davon überzeugen können, j foll dabei freilich nicht verfchwiegen bleiben — L. er-
daß er ,eine von T. verfchiedene Quellenfchrift vor fich | wahnt die Sache nicht —, daß er vir. Hl felbd Zweifel

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