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Ausgabe:

1909 Nr. 5

Spalte:

135-136

Autor/Hrsg.:

Korff, Theodor

Titel/Untertitel:

Die Auferstehung Christi und die radikale Theologie 1909

Rezensent:

Holtzmann, Heinrich Julius

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Seite 1

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135 Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 5. 136

der Gottheit, den man fich auch bei ihr nur als Stein- heit, um die theologifche Welt vor unterem ,Radikalismus',
block zu denken hat, und der Stein ift es, der als weib- [ deffen wir uns ,freilich ohne es zu wiffen und zu wollen'
lieh behandelt wird1. Aber felbft wenn Rüda(n) zu Mu- 1 (mildernde Umßtände!), fchuldig gemacht haben, zu
hammed's Zeit wirklich als Göttin angefehen wurde, fo warnen und als Heilmittel dagegen die eigene, und
betagt es wenig für die ältere Zeit. Auf dem palmyreni- ; ficher ausfchließliches Eigentum bleibende, metaphyfifche
fchen Denkmale Ephem. I, p. 201F ift isn» ein mann- Theorie aufs neue darzubieten, alfo Verfetzung der leiblicher
Gott. Er wird zufammen mit TPTy genannt und lofen und darum noch unkräftigen Seele in den Himmel,
die beiden Götter repräfentieren wahrfcheinlich den ! Verwefung des irdifchen Leibes, Bildung eines neuen,
Venusftern als Morgen- und Abendftern (vgl. Duffaud, himmlifchen Leibes auf Grund eines nur der richtigen,
Notes de Mythologie Syrienne, p. 9 fr.). Entfprechend der d. h. monadologifch fundamentierten, Anthropologie bealten
arabifchen Vorftellung vom männlichen Athtar kannten Zwifchengliedes zwifchen der immateriellen Seele
find fie männlich gedacht. Aber ftatt des männlichen : und ihrem Nervenorganismus; daher ,geiftleibliche Aufer-
'Azizu findet fich fpäter eine weibliche 'Uzzä, die fich ftehung aus dem Grab' (S. 9 f.), ein der ,neuen Weltan-
vielleicht erft aus ihm unter fyrifchem Einfluffe entwickelt j fchauung', für die Portig aufkommen muß (S. 5), er-
hat. So konnte denn auch aus einem männlichen Rüda(n) reichbarer Gedanke, wenngleich Chrifti ,aus dem irdifchen
fpäter eine weibliche werden. Das adjektivifche Körper hervorgegangene himmlifche Leiblichkeit'(S. 125)
„ r x , , '"< aus der Reihe der Unterfuchungsobiekte auszufchalten
mußte durch eine weibliche Porm erfetzt werden; das fein foll, wie auch die Auferftehung felbft ,kein erfahrungs-
fubftantivifche Lä; konnte auch bei der Gefchlechtsver- mäßiges, gefchichtliches Faktum' (S. 10), fondern als ,mit
änderung der Gottheit bleiben. dem begrabenen Leibe zufammenhängende geiftleibliche
Dufares wurde als Dionyfos gefeiert. Da Herodot Neuorganifierung Chrifti', als ,eine gottgewirkte verherr-
Orota(n) mit Dionyfos identifiziert, ließe fich annehmen, behende Wiederherftellung der Wirkungsfähigkeit Chrifti,
daß die beiden Namen denfelben Gott bezeichnen, daß woran der in das Grab gelegte Leib vollen Anteil hatte',
Rüda(n) —Orota(n) fein eigentlicher Name, Dusara fein zu verftehen fei (S. 25 5 f., vgl. S. 236). Ich meinerfeits konnte
lokaler Beiname fei. Aber auch andere Götter des mir darauf keinen Reim machen, fondern hielt mich an
femitifchen Orients wurden dem Dionyfos gleichgefetzt, die Alternative: entweder gehört das leere Grab felbft zu
Aus Herodot's Identifikation möchte ich nicht einmal den der fpäteren fagenhaften Au3geftaltung der Auferflehungs-
feften Schluß ziehen, daß Rüda(n) fchon damals als Vege- berichte (fo Meyer) oder es ift gefchichtlich richtige Er-
tationsgott verehrt wurde. Herodot hat fich bei feiner innerung, in welchem Falle man nur fagen kann: wie
Neigung, überall griechifche Götter wiederzufinden, viel- Menfchenhände den Stein davor gewälzt haben, fo werleicht
an äußere Berührungen gehalten, etwa an den Kult den auch Menfchenhände ihn wieder entfernt haben. Jetzt
auf Bergen oder die Beziehung des Gottes zu einem erfahre ich, daß ich fo nur als .Dogmatiker' (S. 230), d. h.
Steinpfeiler. Folgender Punkt fei aber hervorgehoben. ,von einem erkenntnistheoretifchen Standpunkt, für den
In einigen nabatäifchen Texten wird Dusara noch mit die Erfcheinung der Dinge mit ihrem wahren Wefen zudem
Namen &n5>S? genannt. Hierin könnte das 9 unter fammenfällt' (S. 225), urteilen konnte und deshalb einer
aramäifchem Einfluß aus jö entflanden und, wie fonft : Belehrung über die Refultate der Kantfchen Vernunftkritik
häufig bei 1, eine Methathefe eingetreten fein. Dabei bedarf, mit deren Beihilfe fich der Verf. feine Theorie
mag auch der Wunfeh, den Namen von SWiR ,Erde' zu von der ,objektiven Vifion' erbaut, deren Gegenftand ein
fondern, mitgewirkt haben, tflptf könnte alfo foviel wie Geiftleib fein könne, während Holftens und feiner Nachfolger
S21(S), und hiernach die beiden Götter Dusara und Rüda(n) fubjektive Vifion es über die angeblich ganz unmögliche
tatlächlich identifch fein. Annahme einer Nachwirkung der Überlegenheit des ge-

i~.«:r„.„.,M ivr t ;*i.i..,..,.i,i fchichtlichen Chriftus nicht hinausbringe. Und doch hat

Greiiswald. M. I^iazbarski. , T, - r , r . c ... ~ , 1 t-i 1

der Verf. fchon in feiner früheren Schrift den Iheologen

-~— -' zum erftenmal den Dnterfchied zwifchen einer, bloß die

Korff, Theodor, Die Auferftehung Chrifti und die radikale traumhafte Vorftellung einer Lichtgeftalt liefernden, ekfta-

Theologie. Die Fefiftellung und Deutung der gefchicht- ■ tifchen Vifion und einer im Rahmen der wirklichen Welt

... t- ,f . , ,rnL j „ , ,1 zuftande kommenden ,Projektionsvifion' klar gemacht

liehen Tatrachen der Auferftehung des Herrn durch j (S> l6l ^ lgl f l8s, 20; f 24I { aber bis j*tzt nur

die fortgefchrittene moderne Theologie (Arnold Meyer j bej Steude, Holtzheuer, Voigt und Horn Verftändnis ge-
und H. Holtzmann) in kritifcher Beleuchtung. Halle ! funden (S. 183. 259). Freilich hat fchon Lukas die grob-
a. S., E. Strien 1908. (VII, 258 S.) gr. 8° M. 4.50 ! materielle, alfo fpätere Auffaffung vom Auferftehungsleib
T T i_ o ..„ ... , t , - „. . , (S. 78 f. 243) in das Auferftehungsbild eingetragen, wäh-

a u J J^97 vf °ffentl;chte„der Y^vPlf. Auffr- rend er doch mit der Verlegung der erften Erfcheinungen
ftehung und Himmelfahrt unfers Herrn Jefu Chrifti unter nach Jerufaiem im Recht fein foll (S. 76. 101 f.) gegen
dem Gefichtspunkt einer genauen Unterfuchung der in Mt nicht bloß> fondern auch n M der esszwar
Betracht kommenden uberf.nnl.chen Glaubens- und em- beffer wußt nichts deftoweniger aber einer lediglich fub-
pinfchen Gefchichtstatfachen neu erörtert'. Die Schrift , :ektiven Anfchauung folgend (S. 42 f.), d. h. aus apologeti-
zerfiel in eine Vorverhandlung (unter dem befonderen . 'fchem Intereffe gegenüber den Leugnern der Aufer-
Titel Unmittelbar ,n das himmlifche Paradies') und eine üeh (g< 4g) die Legende von der Flucht der Jünger
Hauptverhandlung'. Der we entliehe Inhalt befonders nach (faHläa' (S. 96. 196) und von der Hauptoffenbarung
des zweiten Teiles ift fo ziemlich Wort für Wort in das jn GaHlaa {Mt) er(un^ haben folL Es durfte auf dern
gegenwärtige auch ohnedies an unendlichen Wieder- | Gebiete der Evangelienforfchung kaum eine Hypothefe
holungen leidende Werk ubergegangen fo daß hier 1 be die eine ößere innere Wahrfcheinlichkeit aufzu-

r,Ee-ftVe.T ^ rtS^,e-F ('f d'efer Ze,t" weifen hätte' (S. 56). Indem ich mich wie vor 12 Jahren

fchrift Jahrgang 1898, Sp 577 f), teils auf meine ganz i auf dne rein objektive Berichterflattung befchränke und

objektive Ber.chterftattung Om lheol Jahresbericht, 1897, ; auf jede Auseinanderfetzung mit diefen Phantafien ver-

S. 142) genügen konnte Dem Verf hat es freilich nicht zjchte gönne ich ihrem Befltzer gern die Freude, darin

genügt.Deshalb ergreift er die vom Erscheinen des Meyer- , den Be^ds fur die vö]H Haltungslofigkeit meiner

fchen Buches und meiner Rezenfion desfelben (in d.efer | Wiffenfchaft um folche Dinge und die unwiderlegliche

Zeitfchnft, Jahrgang 1905, Sp. 646-648) gebotene Gelegen- I Richtigkeit der feinigen zu finden (S. 258).

1) Man beachte übrigens wie Ihn el-Kelbi das weibliche Gefchlecht Baden. H. Holtzmann.

der Manät von ihrem Steine herleitet, Taqflt IV, p. 6c2, Wellhaufen, _

RefteJ, p. 45. -