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Ausgabe:

1909

Spalte:

98-101

Autor/Hrsg.:

Sanday, William

Titel/Untertitel:

The Life of Christ in recent Research 1909

Rezensent:

Wernle, Paul

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Theologische Literaturzeitung

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

Jährlich 26 Nm. Verlag: «L C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Halbjährlich 9 Mark.

Nr. 4. 13. Februar 1909. 34. Jahrgang.

Sternberg, Die Ethik des Deuteronomiums Uethune-Iiaker, Xestorius and his Teaching Kusej, Jofeph II und die äußere Kirchenver-

(Steuernagel).
Sanday, The Life of Christ in recent Kesearche
(Wende).

Tobac, Le probleme de la justification dans

Saint Paul (Lobftein).
Seeberg, Alfr., Die beiden Wege und das

Apofteldekret (Knopf).
Seeberg, Alfr., Die Didache des Judentums

und der Urcbrifienheit (Knopf).
Adam, Der KirchenbegriffTertullians(G.Ficker).

(ßonwetfch).

Murko, Gefchichte der älteren füdflawifchen
Litteraturen (Bonwetfch).

Voigt, Die von dem Premysliden Chriftian verfaßte
Biographie des heil. Wenzel (G. Ficker).

Zeumer, Die goldene Bulle Kaifer Karls IV
(R. Holtzmann).

Clemen, Alexius Chrosner (Boflert).

Roth, Augsburgs Reformationsgefchichte, 3. Bd.
l539-«547 (BoiTert).

faflfung Innerößerreichs (Zfcharnack).
Burckhardt, Die Anfänge der gefchichtlichen
Fudamentierung der Religionsphilofophie
(Zfcharnack).

Serol, Le Besoin et le Deovir religieux (Lob-
Bein).

Rott, Klcinafiatifche Denkmäler aus Pifidien,
Pamphylien, Kappadokien und Lvkien (Stubl-
fauth).

Sternberg, Lic. Georg, Die Ethik des Deuteronomiums. pheten) ein. Dabei geht er von der Anfetzung des Deut.
Berlin, Trowitzfch & Sohn 1908. (99 S.) gr. 8° M. 2.60 Zeit Salomos aus, die doch wohl kaum noch ernft-

r . lieh in krage kommen kann. Übrigens ift er namentlich
An Unterfuchungen zur Ethik des A. 1 herricht betrefTs des Verhältniffes von D zu J und E nicht frei
leider immer noch ein ziemlicher Mangel, und fo dart von Widerfprüchen, vergl. S. 9 Zeile 30fr. mit S. 21 Z. 20,
der Verf., ein Schüler Oettlis, von vorn herein des Dan- s 22 z l$> g Z.II ff. etc. Die Lektüre des Buches
kes der Lefer gewiß fein, zumal da feine Arbeit in der jft durch dje ungeheure Zahl von Verweifen auf Fußnoten
Hauptfache als eine von feinem Standpunkt aus recht , (durchfchnittlich 12 auf 1 Seite!) ungebührlich erfchwert.
tüchtige Leiftung empfohlen werden kann. Er behandelt

im I. Teil die allgemeinen ethifchen Prinzipien, nämlich Halle a. S. C. Steuernagel.

1) den göttlichen Gefetzeswillen als Norm bei der Regelung
und Beurteilung des menfehlichen Handelns (un- Sanday, Prof. William, D.D., LL.D., Litt. D., The Life of
nütz breitlfi 2) die Begründung diefer Norm als einer Chrjst jn recent ReSearch. Oxford, Clarendon Press 1907.
die freie Zuftimmung des Israeliten fordernden durch den „ J so e.

Bundesgedanken und durch die göttliche Bundeserziehung ' $ P-' ö 8. 7.0

zu einer Gottes Charakter entfprechenden Heiligkeit Das Buch ift zufammengefetzt aus einer Reihe von

und Reinheit durch Gericht und Gnade (Vergeltungslehre), Vorlefungen, einigen Rezenfionen und zwei Predigten,
und 3) die Gefühlsmotivc natürlicher und religiöfer Art deren eine aber als Abhandlung fich gibt; es bildet
(Eudämonismus, Familienfinn, Nationalgefühl, humaner gleichwohl ein Ganzes, deffen Titel jedoch den reichen
Trieb- Gottesfurcht, Liebe zu Gott, Dankbarkeit). Der Inhalt nicht erraten läßt: eine Rechtfertigung des angli-
II. Hauptteil behandelt die verfchiedenen Gebiete der 1 kanifchen Glaubens vor der deutfehen Evangelienkritik
fittlichen Betätigung (Verhalten zu den Fremden; Krieg, | und der modernen religiöfen Stimmung dem Dogma
Kultus, Recht; das Verhalten der Einzelnen in ihren gegenüber. So haftet an ihm für uns das Doppelintereffe,
privaten Verhältniffen). wie es unfrer deutfehen Bibelkritik bei einem ganz ge-

Im allgemeinen hat der Verf. wohl ein richtiges lehrten und feinen Anglikaner ergeht, und wie über-
und vollftändiges Bild der deuteronomifchen Ethik ge- haupt in einem folchen Oxford-Profeffor Tradition und
zeichnet, foweit das von feinem Standpunkt aus möglich modernes Denken verarbeitet werden,
ift. Ob freilich diefer Standpunkt der richtige ift, erfcheint Mehr als die Hälfte des Buches, K. II—VII, will die

mir in manchen Beziehungen fehr fraglich. Der Verf. neuefte deutfehe Evangelienforfchung englifchen Hörern
betrachtet das Deut, als eine Schrift aus einem Guß, als und Lefern bekannt machen. Für uns wohltuend wie
das Werk eines Autors mit vollkommen einheitlicher befchämend ift nicht nur die erftaunliche Kenntnis
Anfchauung. Mir fcheint, daß im Deut, verfchieden Sandays vom Neueften und Allerneueften deutfeher
gerichtete Ideale, ein bei weitem vorherrfchendes prophe- Literatur, von der er neulich auf dem Oxforder Reli-
tifches, das auf die fittliche Vollkommenheit abzielt, und gionsgefchichtlichen Kongreß wieder neue Beweife gab,
ein pri'efterliches, das auf die levitifche Reinheit abzielt, j fondern vor allem die Vornehmheit feiner Kritik, der
ihren Ausdruck finden, ohne innerlich verbunden zu wir in Deutfchland nicht viel ähnliches zur Seite ftellen
fein, und daß die Motivierung der Forderungen doch könnten; es ift ein Mann, der den andern verliehen und
keineswegs auf ftets gleichem Niveau fleht. Die deute- fich des Gemeinfamen vor dem Trennenden freuen will,
ronomifchen Forderungen wurzeln auch nicht einmal alle Natürlich kann er aus feiner Entfernung nicht alles bei
in der Religion Israels, fondern z. T. in Tabuvorftellungen uns richtig fehen. Es ift nicht richtig, auf die eine Seite
etc. und find dann nur fehr unvollkommen, bisweilen ; Alb. Schweitzer zu ftellen, auf die andere u. a. auch
kaum erkennbar mit dem Jahwismus verbunden (z. B. j Bouffet, Weinel, den Rezenfenten als Vertreter des libe-
14,3fr., 21 b. 22,6f. 9). Hätte der Verf. dafür einen Blick ralen Jefus; die zweite Auflage von Weineis Jefus im
gewonnen, fo hätte er feine Arbeit wohl auch in ethifch- 19. Jahrh.' kann ihm zeigen, wie es fich damit verhält,
religionsgefchichtlicber Richtung ergänzt und wäre dabei ; Jülicher kommt als Party man in feiner Kritik Schweitzers
auf eine Fülle von Problemen geftoßen, denen wir zurzeit zu fchlecht weg, es braucht keine Parteilichkeit, um
noch ziemlich ratlos gegenüberftehen. Nach diefer Seite jene eschatologifche Karrikatur, die der Erkenntnis der
hin bedarf feine Arbeit noch dringend der Nachprüfung j Bedeutung des Eschatologifchen am meiften gefchadet
und Ergänzung. Nur in vereinzelten Andeutungen geht j hat, abzulehnen. Warum wir Wrede bei allen Vorbehalten
er auf das Verhältnis des Deuteronomikers zu andern ! fo hoch fchätzen, ift Sanday fremd geblieben; er ift
altteftamentlichen Schriften (z. B. Bundesbuch und Pro- neben Overbeck, Schmiedel und wenig andern das fcharfe

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