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Ausgabe:

1909

Spalte:

73-74

Autor/Hrsg.:

Ziegler, Konrad (Ed.)

Titel/Untertitel:

Iuli Firmici Materni, V. C., de errore profanarum religionum 1909

Rezensent:

Grützmacher, Georg

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 190g Nr. 3.

74

der evangelifchen Grundüberzeugung ausgehen, follten es
auch nicht, wie wohltuend auch immer die wiffenfchaft-
liche Unbefangenheit der Unterfuchung berühren mag.
Ignatius ift als Kronzeuge aufgerufen für die in der ka-
tholifchen Kirchenidee empfundene und feftgehaltene
Wahrheit chriftlichen Lebens! Freilich unter Verzicht auf
alle gefchichtlichen Fiktionen.

Wittenburg i. Weftpr. Ed. von der Goltz.

Radford, Rect. L. B., M. A., Three Teachers of Alexandria:
Theognostus, Pierius and Peter. A Study in the early
History ofOrigenism and Anti-Origenism. Cambridge,
University Press 1908. (XII, 90 p.) 8° s. 2.6

Von den Lehrern an der Katechetenfchule zu Alexandrien
in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts Näheres
zu wiffen, wäre ebenfo intereffant, wie es durch den Beftand
der Quellen leider unmöglich ift. Die fpärliche Kunde über
ihre Lehre hat Radford forgfältig gefammelt und vorgelegt.
Die Beziehung zu Origenes charakterifiert alle, nur ift
fie eine verfchiedene bei Theognoft und Pierius einerfeits
und bei Petrus andererfeits. So gering die Refte der fchrift-
ftellerifchen Tätigkeit des Theognoft find und fo kärglich
die Nachrichten über Pierius, fie zeigen fich doch beide
unverkennbar als treue Schüler des Origenes. Ein neues
Fragment des Theognoft über die bis dahin bekannten
hinaus hat Diekamp (Theol. Quartalfchr. 1902) aus einem
cod. Marc, mitgeteilt. Deffen auf ein Urteil des Photius
fich gründender Vermutung, das 7. Buch der Hypo-
typofen Theognofts habe eine gewiffe Retraktation feiner
Ausführungen in den frühern Büchern enthalten, ftimmt
Radford im Anfchluß an Harnack nicht zu. Dagegen weicht
er bei der eingehenden Prüfung der Ausfagen der Photius
über das Werk Theognofts infofern von Harnack ab, als
diefer eine eigene ovola des Sohnes von Theognoft gelehrt
lieht, während Radford die (vielleicht gar nicht ausdrückliche
) Bezeichnung des Sohnes als xtiöuu durch Theognoft
vielmehr nach den weiteren Bezeichnungen artavyaOfia
und asioQQoia verftanden wiffen will. — Da es Radford
um die Lehre des Theognoft, Pierius und Petrus zu tun
ift, behandelt er die beiden letzteren relativ kürzer. Bei
Pierius hätte m. E. die Vermutung von Ed. Schwartz,
Göttl. Gel. Anz. NF.VII, 5, 5 Berückfichtigung verdient, daß
in dem 7. von Philippus Sidetes erhaltenen Fragment
nicht avroc 6 IIüqioz, fondern avrov o üitQiOQ zu lefen
fei, d. h. daß es fich hier um eine Ausfage der Apologie
des Eufebius für Pamphilus handele, der dem Pierius viel
in bezug auf das Verftändnis der Schrift zu danken habe.
Weil für die Theologie des Petrus von geringem Belang,
gibt R. keine Unterfuchung der Frage nach der Echtheit
des von C. Schmidt edierten Fragments. Durchweg ift
das Urteil Radfords vorfichtig, mitunter wohl zu vorfichtig,
und befonnen, und er verzichtet darauf, eine beftimmte
Entfcheidung zu treffen, wo dies nicht mit Sicherheit ge-
fchehen kann.

Göttingen. N. Bonwetfch.

iu 1 i Firmici Materni, V. C., de errore profanarum reli-

gionum. EdiditKonrad Ziegler. Adiectae sunt duae ta-
bulae phototypicae. Lipsiae, B. G. Teubner MCMVIII.
XLVI, 120 p.) 8" M. 3.20; geb. M. 3.60

Man könnte fich fragen, warum eine neue kritifchc
Ausgabe der Schrift des Julius Firmicius Maternus de
errore profanarum religionum nötig war, da erft 1867
C. Halm im Wiener Corpus Vol. II eine Neuausgabe ver-
anftaltete, die z. B. H. von Schubert in feiner Kirchen-
gefchichte als die befte bezeichnete. Der Neuherausgeber
Konrat Ziegler weift aber nach, daß die Ausgabe von
Halm, die bereits Kroll einer fcharfen Kritik unterzogen
hatte, die fchlechtefte aller Ausgaben des merkwürdigen
Werkes ift, die wir befitzen. Sie ftützt fich auf eine ganz

unzuverläffige Kollation der einzigen Handfchrift von de
errore profanarum religionum, die Lorenz verfertigte. Die
Ausgabe Zieglers ift mit mufterhafter Sorgfalt gemacht.
Zunächft behandelt er die vorhandenen Ausgaben, deren
erfte von Flacius lllyricus auf Grund einer damals in Minden
befindlichen Handfchrift 1562 gemacht wurde. Die folgenden
Drucke gehen bis auf die Ausgabe Burfians,
Leipzig 1856 auf die editio prineeps zurück. Burfian
fand die verloren geglaubte Handfchrift in der Vatikani-
fehen Bibliothek unter den aus der Bibliotheca Palatino
flammenden Codices, — es ift Codex Vaticanus Paladins
Latinus Nr. 165 — wieder auf. Für die Herftellung eines generierten
Textes ftand Ziegler nur diefer eine Codex zur
Verfügung, der aus dem neunten oder zehnten Jahrhundert
flammt. Diefe Handfchrift ift aber leider nicht
vollftändig, es fehlen das erfte und zweite wie das
fiebente und achte Blatt der Handfchrift, fo daß das
Buch des Eingangs entbehrt und von einer großen
Lücke zerriffen ift. Ziegler hat die Handfchrift genau
unterfucht und feftgeftellt, daß drei Hände an dem Text
korrigiert haben, die ältere Hand, deren Korrekturen im
Apparate mit p bezeichnet werden, eine jüngere Hand,
jr,, die er als die des Flacius erkannte, und eine dritte.
jc2, die auf dem fünften Blatt der Handfchrift die alte
Schrift, die zum großen Teil verfchwunden war, fo
wiederherftellte, daß fie, was fie erkennen konnte, mög-
lichft genau ergänzte, ohne aber im geringften auf den
Si nn zu achten. Sehr ausführlich berichtet Ziegler über
die Interpunktion der Handfchrift, er hat fich entfchloffen,
ihre alte rhetorifche Interpunktion in feiner Ausgabe
möglichft beizubehalten, indem er allerdings die modernen
Interpunktionszeichen wie das Frage- und Ausrufungszeichen
ebenfalls verwendet. Mir erfcheint eine folche
Kombination alter und neuer Interpunktion nicht
empfehlenswert. In der Vorrede werden dann noch die
wichtigften neuen Lesarten, die Ziegler auf Grund einer
gründlichen Nachprüfung der Handfchrift eruiert hat,
befprochen. Ich glaube, daß Ziegler mit glücklicher
Hand in den hier angeführten Stellen das Richtige getroffen
hat. Den Apparat zu dem Text hat Ziegler
möglichft überfichtlicn geftaltet, indem er nur alle Lesarten
der Handfchrift, die von feinem Text abwichen,
und die Konjekturen der verfchiedenen Herausgeber,
die nicht auf einer falfchen Lesart der Handfchrift ruhen,
aufnahm.

Wir hätten nur den Wunfeh gehabt, daß der verdiente
Herausgeber kurz über den Verfaffer der Schrift,
von dem wir ja fehr wenig wiffen, über die Abfaffungs-
zeit und den Abfaffungsort gehandelt hätte. Indem er
aber die Parallelen aus der Schrift des Firmicius Maternus
über den Sternglauben, libri VIII malheseos. im
Apparat gibt, hat Ziegler das Problem der Identität
des Verfaffers von de errore und der Bücher über
den Sternglauben m. M. nach einer endgültigen Löfung
entgegengeführt. So merkwürdig es ift, wir werden jetzt
mit Sicherheit annehmen dürfen, daß der tolerant denkende
und die fittlichen Gefichtspunkte betonende Neu-
platoniker der mathesis mit dem fanatifchen Chriften, der
den Kaifern Konftantius und Konftanz die Unterdrückung
des Heidentums in de errore profanarum religionum zur
Gewiffenspflicht macht, identifch ift. Da der Verfaffer
von de errore Cicero, wofür Ziegler die Belege bietet,
vielfach ausfehreibt und die Cyprianfchen Testimonia
benutzt, ift es wahrfcheinlich, wie Hauck R.-E.3XII, 425
vermutet, daß er auch fonft nach Vorlagen arbeitete,
die er nur feinem Zweck gemäß modelte. Hier hätte
Ziegler noch auf die Anklänge an Plutarch, den Octavius
des Minucius Felix, Tertullian und andere im Apparat
hinweifen follen. Jedenfalls find wir dankbar, daß wir
jetzt die eigenartige und für die Gefchichte der chriftlichen
Apologetik bedeutfame Schrift in einer vortrefflichen
Ausgabe zu billigem Preife befitzen.

Heidelberg. ___Grützmacher.

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