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Ausgabe:

1909

Spalte:

702-703

Autor/Hrsg.:

Hefner, Joseph

Titel/Untertitel:

Die Entstehungsgeschichte des Trienter Rechtfertigungsdekretes 1909

Rezensent:

Tschackert, Paul

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Seite 1, Seite 2

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Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 26.

702

Römer 14 und das Markusevangelium in feiner Schluß- I
redaktion von Timotheus; die Faftoralbriefe, Römer j
1625—27 und wahrscheinlich manche Ausdrücke und;
Abfchnitte in allen paulinifchen Briefen, fowie das dritte
Evangelium und die Apoftelgefchichte von Lukas.

Das find die Hauptergebniffe des vorliegenden Buches.
Scott gewinnt fie durch Vergleichung der Theologie und
des Stils. Die Entftehungszeit der nichtpaulinifchen
Schriften wird nicht angegeben; nur von den Paftoral-
briefen erfahren wir, daf3 fie, wenn die fortgefchrittene
Kritik unter Harnacks Führung die Echtheit der Apoftel-
crefchichte annimmt, nicht fpät zu fein brauchen.

Die wenigen guten Beobachtungen, z. B. über den
Epheferbrief, verfchwinden unter dem Wuft fchiefer Behauptungen
und willkürlicher Folgerungen. Eine ins einzelne
gehende Kritik wird niemand erwarten.

Der Druck ift, abgefehen von falfchen oder fehlenden
Akzenten und Spiritus, ausgezeichnet. Ein fonderbarer
lapsus findet fich auf S. 28: ,Harnack hos recently shown
that thc Third Gospel and thc Acts were zuritten by one
man. A zuoiidcrfal and apparently gratifying discovery'.
Von Scotts Entdeckung kann man höchftens das erfte
fagen.

Bonn. Carl Clemen.

Strack, Prof. D. Dr. Hermann L., Einleitung in den

Talmud. Vierte, neubearbeitete Auflage. (Schriften
des Institutum Judaicum Nr. 2.) Leipzig, J. C. Hin-
richs'fche Buchhandlung 1908. (VIII, 182 S.) gr. 8°

M. 3.20; geb. M. 4 —

Stracks Einleitung in den Talmud ift feit mehr als
zwanzig Jahren ein unentbehrliches Hilfsmittel für Alle,
welche fich über Urfprung und Inhalt des Talmud und
über die ihm gewidmete, faft zweitaufendjährige Arbeit
jüdifcher und chriftlicher Gelehrter orientieren wollen. Dem
Anfänger dient fie zur erften Einführung, dem Gelehrten
bietet fie eine unerfchöpfliche Fülle literarifcher Nachweife
. Nur aus jahrzehntelanger hingebender Befchäf-
tigung mit dem Gegenftande konnte eine Arbeit erwachten
, die in fo zuverläffiger Weife eine fo reiche
und mannigfaltige Belehrung gewährt.

Auf die zweite Auflage (1894, f. Theol. Literaturzeitung
1895, 255) war zunächft (1900) ein unveränderter
lanaftatifcher) Neudruck gefolgt. Die jetzt vorliegende
vierte Auflage ift dagegen eine durchgreifende Erneuerung
. Der Umfang ift um reichlich ein Drittel ge-
wachfen0 (ftatt 135 S. jetzt 182). Die behandelten
Materien find zwar im Wefentlichen diefelben geblieben
(neu ift S. Iii f.: Die Saboräer, und S. 134—139-- Uber-
fetzung von Baba Mezia I, 8 mit Gemara; weggefallen
find die Mitteilungen über die halachifchen Midrafchim
und die Tofephtha S. 56—58 der 3. Aufl.). Aber fchon
die Anordnung ift teilweife geändert und zweckmäßiger
geftaltet; noch weit mehr zeigt der Text felbft
auf jeder Seite die beffernde und ergänzende Hand des
Verfaffers. Es würde eine falfche Vorftellung ergeben,
wenn wir Einzelnes herausheben wollten: die Revifion
ift eine von Anfang bis zu Ende fich hindurchziehende
. Den Hauptgewinn haben dabei die Literaturangaben
davongetragen, wie denn überhaupt die Sorgfalt
und Reichhaltigkeit diefer den Glanzpunkt von
Stracks Arbeit bildet; man fieht, wie unermüdlich er
nicht nur auf Regittrierung der neueren Literatur, fondern
auch auf Ergänzung der älteren bedacht war.
Gegenüber diefem Reichtum tritt das, was zur Orientierung
über den Inhalt des Talmud geboten wird, zurück
: es wird zwar auch in diefer Hinficht alles Erforderliche
gegeben, aber doch nicht in fo umfaffender
Weife wie hinlichtlich der Bibliographie. Stracks Stärke
find überhaupt die Einzelheiten, nicht die großen Linien
und Gefichtspunkte. Das wird auch künftig fo bleiben.

Aber etwas mehr könnte vielleicht in einer neuen Auflage
noch gefchehen, um dem Lefer zu zeigen, wie die
im Talmund behandelten Rechtsmaterien geworden und
gewachfen find: wie fie einerfeits durch kafuiftifche Bearbeitung
der biblifchen Gefetze, andererfeits durch
Fixierung des Gewohnheitsrechtes entftanden find, und
wie fie dann durch die immer wieder und wieder ihnen
gewidmete kafuiftifche Arbeit der Jahrhunderte zu einem
uferlofen Ozean angefchwollen find.

Göttingen. E. Schür er.

Hefner, Jofeph, Die Entltehungsgelchichte des Trienter
Rechtfertigungsdekretes. Ein Beitrag zur Dogmenge-
fchichte des Reformationszeitalters. Paderborn, F.
Schöningh 1909. (XVI, 368U. I34»S.) gr. 8° M. 10 —

Der Verfaffer, Priefter der Diözefe Würzburg, hat
durch ,die Gnade feines Bifchofs' mehrere Jahre in
Italien Studien machen können und als Ertrag derfelben
den vorliegenden Ausfchnitt aus der Gefchichte des
Trienter Konzils dargeboten. Er behandelt darin 1) Dis-
kuffionen und Entwürfe, 2) die Vorausfetzungen der Rechtfertigung
, 3) die Lehre von der doppelten Gerechtigkeit,
4) Rechtfertigung durch den Glauben und Gnadengewißheit
, 5) die zweite und dritte Rechtfertigung. In einem
Anhange veröffentlicht er aus Florentiner Manufkripten
auszugsweife 224 Dokumente aus dem Nachlaffe des
Kardinals Cervino, des zweiten Konzilspräfidenten in der
erften Periode des Konzils.

Es kann zunächft gewagt erfcheinen, jetzt einen Ausfchnitt
aus der Gefchichte des Trienter Konzils zu bieten,
während Ehfes an der Arbeit ift, die Akten des Konzils
für die große Ausgabe der Görresgefellfchaft herzuftellen.
Da Ehfes aber dem Verfaffer felbft mitgeteilt hat, daß
noch Jahre vergehen werden, ehe der zweite Band der
Akten kommt, fo ift diefe vorläufige Aktenarbeit nicht
unzeitgemäß, zumal der Verfaffer mit großem Fleiß das
Quellenmaterial zufammengebracht hat. Hefners Buch
gewährt einen guten Einblick in die mühfeligen dog-
matifchen Verhandlungen, die die Konzilsväter anwandten,
um endlich das Dekret über die Rechtfertigung zuftande
zu bringen.

Eine rein hiftorifche Betrachtung der Vorgänge zu
Trient 1545—1547 wird allerdings einen anderen Standpunkt
einnehmen, als der Verfaffer. Hefner vertritt die
Anfchauung von der Unfehlbarkeit des Trienter Konzils;
er fchiebt zwifchen die recht menfchlichen Verhandlungen
der Konzilsväter gläubig den Heiligen Geift als autoritativen
Faktor ein und beruhigt fein wiffenfchaftliches Ge-
wiffen nunmehr leichter Hand über die Untrüghchkeit
des Dekretes der fechften Sitzung des Konzils. Von
folch dogmatiftifcher Methode werden wir auf unferer Seite
natürlich immer abrücken; aber die vielen neuen dog-
mengefchichtlichen Einzelheiten, die der Verfaffer bietet,
werden wir mit Dank entgegennehmen. Schade, daß
der Verfaffer kein Regifter beigegeben hat; denn da das
Buch fich mehr zum Nachfchlagen als zum Lefen eignet,
fo wäre dem Lefer durch ein Regifter eine große Erleichterung
gefchaffen. Mangelhaft ift die Einleitung,
befonders die Skizze der reformatorifchen Theologie;
hier begnügt fich der Verfaffer mit Notizen aus Möhler,
Döllingers ,Reformation' und Denifle, und diefe drei
Polemiker beftimmen feine Auffaffung der ganzen Reformation
. Auch fehlt jede hiftorifche Betrachtung darüber
, warum gerade fchon jetzt, in der fechften Sitzung,
; die Rechtfertigungslehre dogmatifiert wurde, während
doch nach dem Syftem der katholifchen Lehre die Iu-
j stificatio durch die Sakramente nicht bloß anfängt, fon-
j dern auch vollendet wird. Vollends fehlt ein Einblick
; in die hiftorifchen Vorgänge, nach denen es zu den
Feftfetzungen der Lehren über die H. Schrift und über
die Rechtfertigung kam. Die jämmerliche Vorgefchichte