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Ausgabe:

1909

Spalte:

685-686

Titel/Untertitel:

Veröffentlichungen der Gutenberg-Gesellschaft. V. VI. VII 1909

Rezensent:

Köhler, Walther

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Seite 1

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685

686

handelt, mit der Kenntnis abfinden, daß Kehr der ,Provinz
Etrurien oder Toscana' die Diözefen Florenz, Fiefole,
Piftoia, Arezzo, Siena, Chiufi, Sovana, Rofellae-Groffeto,
Populonia-Maffa Marittima, Volterra, Pifa und Lucca I
zuweifl. Was die Regelten im einzelnen anbetrifft, fo
können wir Kehr nur wieder äußerfte Akribie im Texte
und bisher noch nicht erreichte Reichhaltigkeit in den
Literaturangaben nachrühmen. Und wenn fchließlich
auch nur der topographifche Forfcher imftande fein wird, j
die Sammlung mühelos zu benützen, fo wird fie doch j
ein ebenfo zuverläfliges als unentbehrliches Repertoir für
jeden Gefchichtsforfcher bleiben, für das wir Kehr und
dem Stabe feiner Mitarbeiter hohen Dank fchulden.

Bonn. Siegmund Keller.

Veröffentlichungen der Gutenberg-Gefellfchaft V. VI. VII.
Mainz, Gutenberg-Gefellfchaft 1908. (VIII, 235 S.)
hoch 40 Nur für Mitglieder; Jahresbeitrag M. 10 —

Schröder, Prof. Dr. Edward, Das Mainzer Fragment vom
Weltgericht. Ein Ausfchnitt aus dem deutfchen Sibyllenbuche. — j
Zedier, Prof. Dr. Gottfried, Die 42zeilige Bibeltype im Schöfler-
fchen MilTale Moguntinum von 1493. Mit 3 Tafeln im Lichtdruck.
— Tronnier, Dr. Adolph, Die Miflaldrucke Peter Schöffers und ■
feines Sohnes Johann. Mit 4 Tafeln. — Velke, Prof. Dr. Wilhelm,
Zu den Bücheranzeigen Peter Schöffers. Mit 10 Tafeln im Licht-
und Farbendruck.

In vorliegendem Bande der Mainzer Gutenberg-Ge-
fellfchaft find vier Abhandlungen vereinigt. Zuerft er- 1
läutert Edward Schröder in Göttingen ein 1903 durch
Schenkung in den Befitz des Gutenberg-Mufeums gelangtes
bedrucktes Blättchen aus den Jahren 1444—47. !
Es enthält Verfe einer deutfchen Dichtung, die bisher
niemand zu enträtfeln wußte. Den Forfchungen von |
Karl Reufchel über die Weltgerichts - Dichtungen des |
Mittelalters und der Reformationszeit gelang es, die :
Verfe dem deutfchen Sibyllenbuch des 14. Jahrhunderts
zuzuweifen, fie gehören dem Schluß des zweiten Teiles
und fomit dem urfprünglichen Schluß des Ganzen an, verfaßt
1361. Schröder vergleicht den Druck mit der hand-
fchriftlichen Überlieferung des Gedichtes und vermutet,
daß der Druck, obwohl er ,ein komplettes und in fich
abgefchloffenes Kapitel' aus dem großen Gedichte
bringt, kein Einblattdruck war, fodaß die Hoffnung be-
lieht, weitere Fragmente aufzufinden. An zweiter Stelle
behandelt Gottfried Zedier in Wiesbaden die 42zeilige
Bibeltype im Schöfferfchen Missalc Moguntinum von
1493. Es handelt fich um eine genaue Unterfuchung,
wie groß der Schriftvorrat bei dem Drucke gewefen
ift, und den Nachweis, daß 15 Foliofeiten doppelt gleichzeitig
geletzt werden konnten, ein Beweis für die Lei- '
ftungsfähigkeit der alten Druckpreffe! Die dritte und i
bei weitem ausführlichfte Abhandlung flammt von Adolph
Tronnier und behandelt die Miffaldrucke Peter Schöffers
und feines Sohnes Johann. Sie ift außerordentlich gewandt
, llellenweife fogar amüfant und witzig gefchrieben
— der Verfaffer ift wohl von Haus aus Franzofe? — der
fpröde Stoff wird fo gelchmeidig gemacht, ftellenweife
freilich geht Tr. ein wenig zu weit, fein Zwiegefpräch z. B.
mit Herrn Agathon Dyfthymos aus ürgiläa ift ein Scherz,
der nahe an das ftreift, was wir ,Mätzchen' nennen, es wird
auch manches gefagt, was zu dem Gegenftande in gar keiner
oder in nur lofer Beziehung fleht (vgl. z. B. die fchwung-
volle Einleitung und den begeifterten Schluß), aber man
bekommt doch immer wieder Refpekt vor der Umficht
und feinen Beobachtungsgabe, die auch vor dem Mi-
nutiöfeften nicht zurückfchreckt. Es werden unterfucht:
1. das Missale Vratislavicnse von 1483, nachdem feftge- I
Hellt wurde, daß Schöffer vor 1483 kein Miffale gedruckt
haben kann. Daß das vom 24. Juli 1483 datierte Miffale
der Breslauer Diözefe angehört, hat T. endgiltig erwiefen,
perfönliche Beziehungen des Bifchofs erklären, daß der

Druck fo fern von dem Orte feiner Beftimmung entftand
15 Drucke von der ganzen Auflage des Miffale vermochte
T. nachzuweifen, 12 davon hat er unterfucht, und diefe
find alle von einander verfchieden! Wie das möglich
wurde, hat T. S. 52 ff. fehr intereffant auseinander gefetzt.

2. Das Krakauer Miffale von 1484, nur in drei Exemplaren
vorhanden, der fchönfte aller Schöfferfchen Miffaldrucke.

3. Das Meißener Miffale von 1485, erftmalig auch in einer
Pergamentauflage hergeftellr. 4. Das Krakauer Miffale von
1487, ebenfalls auch in Pergamentauflage gedruckt. 5. Ein
weiteres Breslauer Miffale, nach 1487 und vor 1492 gedruckt
, wie in forgfamer Unterfuchung feftgeftellt wird.
6. Das Miffale von Gnefen und Krakau 1492. 7. Das
Mainzer Miffale von 1493. 8. Das dritte Breslauer
Miffale von 1499. Schöffer war der Verleger aller diefer
Miffalien und übernahm den Druck und Verlag auf
eigene Rechnung mit Genehmigung des Episkopates.
Die handfchriftliche Rubrizierung und Illuminierung ift
im Auftrage des Druckers in der Stadt Mainz oder ihrer
Nähe ausgeführt worden. Die Einbände flammen z.T. aus
einer mit Schöffer in Verbindung flehenden Buchbinder -
werkftätte. Der Preis eines (nicht rubrizierten und illuminierten
) Exemplars beläuft fich auf etwa 30—40 Mark.
Das fogen. Halberftadter Miffale ift nur z. T. von Schöffer
gedruckt worden. 1503 übernimmt Johann Schöffer nach
des Vaters Tode die Firma; von ihm ftammt 9. das Mainzer
Miffale von 1507 und 1513. Es ift unmöglich,Tr.sEinzelunter-
fuchungen (über Typen, Papier, Wafferzeichen, Art des
Druckes ufw.) hier anzuführen, kritifche Stellung zu nehmen
fühlt Referent fich nicht kompetent, das ift auch ganz
unmöglich, folange die Drucke nicht perfönlich einge-
fehen werden können, was mir hier verfagt ift; daß Tr.s
Forfchungen gründlich find, fcheint mir ficher. Für die
Lutherforfchung beachtenswert find die gebotenen Erklärungen
der Druckvarianten auf einzelnen Bogen bei
prinzipiell gleichem Satze; die von Pietfch in Band 24
der Weimarer Lutherausgabe gemachte Entdeckung entpuppt
fich als alte Gewohnheit, bedingt durch daslntereffe
an rafchem Fortgang des Druckes.— Ein hübfcher kleiner
Schlußauffatz Velkes behandelt eine Bücheranzeige Peter
Schöffers um 1470 und die Voranzeige der Ausgabe
von Hieronymus Epifteln durch Schöffer, ebenfalls 1470.
Es ift intereffant und launig zu fehen, wie die Verleger
fchon damals Reklame zu machen verftanden.

Der ganze Band ift außerordentlich gediegen und
vornehm ausgeftattet und macht dem Andenken Gutenbergs
alle Ehre.

Zürich. Walther Köhler.

Weiterburg, Dr. Hans, Preußen und Rom an der Wende des
achtzehnten Jahrhunderts. (Kirchenrechtliche Abhandlungen
. Herausgegeben von U. Stutz. 48. Heft.) Stuttgart
, F. Enke 1908. (XIV, 193 S.) gr. 8° M. 7.20

Wefterburg orientiert uns in feiner gehaltvollen Skizze
in gründlichen Weife über die Beziehungen Preußens zu
Rom während der fiebenjährigen Tätigkeit des eifrigen
preußifchen Refidenten Wilhelm von Uhden in Rom
Ü795—-1802), die uns in detailliertefter Kleinarbeit an
Hand der amtlichen Publikationen vorgeführt wird. Es
ift im Ganzen ein wenig erfreuliches Bild, das Wefterburg
uns von der preußifchen Kirchenpolitik zeichnen muß,
indem diefe auch in jener trübften Zeit des Papfttums
aus Mangel an politifchem Verftändnis und entfchloffener
Tatkraft fich keinerlei greifbare Vorteile zu fichern wußte
und auch die günftigften Situationen ungenützt vorbeigehen
ließ. Zur Diskuffion ftanden in der betreffenden Zeit
namentlich die kirchliche Neueinteilung der polnifchen
Provinzen, der Verkehr der Katholiken mit Rom, die
Erweiterung der bifchöflichen Fakultäten, der bifchötliche
Obedienzeid, das Recht zur Kloftervifitation, die Einrichtung
neuer geiftlicher Gerichtsinftanzen und die Neuwahl