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Ausgabe:

1909

Spalte:

46

Autor/Hrsg.:

Müller, G. H.

Titel/Untertitel:

Zur Synopse. Untersuchung über die Arbeitsweise des Lk und Mt und ihre Quellen, namentlich die Spruchquelle, im Anschluß an eine Synopse Mk-Lk-Mt 1909

Rezensent:

Holtzmann, Heinrich Julius

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Theologifclie Literaturzeitung 1909 Nr. 2.

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nirgends erwähnt oder erläutert. Auch die Ausführungen
des Hebräerbriefes werden nur gelegentlich geftreift und
find in der Sclftußzufammenfaffung S. 291 f., wie auch
fchon S. 58 (vor 2), mit anderem zu vermiffen. Von
fonftigen chriftlichen Schriftftellern werden hauptfächlich
die im Titel angegebenen berückfichtigt, Irenäus wenig-
ftens angeführt (S. 40 f. vgl. 242. 262 t.). Es fehlen aber,
was nicht zu rechtfertigen fein wird, die Presbyter des
Irenäus, zur Gefchichte Lots S. I99f. (teils in Überein-
ftimmung mit Philos Auslegung); vgl. auch das ,typum
quaerere' des altchriftlichen Presbyters. Die Scheu vor
nun einmal im Bereiche der hiflorifchen Eorfchung unumgänglichen
Kombinationen dürfte doch auch nicht dazu
verleiten, die Perfon (und Methode) des alexandrinifchen
Judenchriften Apollos (AG 18 f. etc.) im Rahmen diefer
Abhandlung einfach mit Stillfchweigen zu übergehen. Zu
Juftin und vor Clem. Alex, tritt noch der Verf. der Co-
Iiortatio ad Gentilcs, der doch von der Forfchung als
fpäter erkannt ift, mit feiner ausgefprochenen Abhängig- I
keit von Philo. Auch für Juftin felbft ift H. geneigt fich
in gleichem Sinne zu entfcheiden. .Allerdings finden wir
unter feinen Deutungen, wenn er auch einige dem jüdifchen
Exegeten entlehnt haben kann, keine einzige, die er aus 1
ihm gefchöpft haben muß' (S. 36L).

Im erften Hauptteil wird der Einfluß Philos auf
die Hermeneutik der älteften chriftlichen Exegeten abgehandelt
und darunter die Infpirationslehre (Empfänger,
Umfang der Infpiration, Tätigkeit der Exegeten), der
Literalfinn und der allegorifche Sinn der Schrift (bei den
angeführten chriftlichen Vertretern nach Philo, dazu eine
Einteilung der Allegorie im Anfchluß an die Stoa) vorgeführt
, fodann werden hermeneutifche Regeln in fehr
fachgemäßer Unterteilung gegeben. Aus diefem Kapitel
erkennt man in anfchaulicher Weife, an welche Äußerlichkeiten
des Textes, der zufälligen literarifchen Uberlieferung
ufw. die Handhabung der allegorifchen Erklärung
fich anfchloß (bef. S.Sßff., vgl. 47). Eine reiche Zufammen-
ftellung von Beweismitteln diefes Verfahrens liefert fodann
der zweite Hauptteil über den Einfluß Philos auf
die Erklärung des Alten Teftaments im befonderen, der
den theologifchen oder theofophifchen Inhalt der Lehre
von Gott und vom Logos, die Urgefchichte, die Patri-
archengefchichte, die Gefchichte des Mofes und die mo-
faifche Gefetzgebung (mit forgfältiger Unterteilung) bei
Philo und feinen Nachfolgern zur Daiftellung bringt. Hier
hätten S. 177 zu 2 noch Hebr. 12,24, S. 225 oben Barn.
4,7. 14,2, S. 253 zu a) I Barn. 7,7ff. angeführt werden
können. Das Ganze ift durch die Sorgfalt der Ausarbeitung
und Fülle des Gebotenen fehr wertvoll. Leider ift
am Schluß nur ein StelLnregifter, nicht auch ein Sach-
regifter und ein folches der benutzten Autoren, gegeben.
Man wird fleh freuen, wenn der Verf. dazu gelangt, feine
Abfleht, an die vorliegende Unterfuchung eine Abhandlung
über die Exegefe des Origenes anzufchließen, zur
Ausfuhrung zu bringen.

Betheln (Hann.). E. Hennecke.

Kegel, Dr. Martin, Bruno Bauer und leine Theorien über die
Entltehung des Chrittentums. (Abhandlungen zur Philo-
fophie und ihrer Gefchichte, herausgegeben von
R. Falckenberg. 6. Heft.) Leipzig, Quelle & Meyer
1908. (VIII, 74 S.) 80 M. 2. 50

Uber Leben und Schickfale B. Bauers erfahren wir
hier einiges Neue oder weniger Bekannte. Ob aus der
Zeit von 1852 bis 1874 .nichts Nennenswertes zu berichten
ift' (S. 63), wird zu bezweifeln fein; vgl. die Hauckfche
Realenzyklopädie II, S. 445 f- Die übrigens ganz objektiv
gehaltene Berichterftattung über die früheren Vorkomm-
niffe erweckt durchaus den Eindruck, daß Bauer auf
einem theologifchen Lehrftuhl viel weniger am Platze
war, als feinerzeit Strauß, und das auch felbft wußte.

Im übrigen muß anerkannt werden, daß vorliegendes
Werk jeglichem Intereffe, foweit die heutige Theologie
es dem Namen Bauers fchuldet, entgegenkommt, und
fo ziemlich alles darin zu finden ift, was für die Gefchichte
der Theologie von Belang ift und fleh heute
noch zu wiffen lohnt. Unverftändhch ift mir S. 46 das
Zitat mit meinem Namen geblieben.

Baden. H. Holtzmann.

Müller, Dr. G. H., Zur Synople. Unterfuchung über die
Arbeitsweife des Lk und Mt und ihre Quellen, namentlich
die Spruchquelle, im Anfchluß an eine Synopfe
Mk—Lk—Mt. (Forfchungen zur Religion und Literatur
des Alten und Neuen Teftaments, herausgegeben von
W. Bouffet und H. Gunkel. 11. Heft.) Göttingen, Van-
denhoeck & Ruprecht 1908. (IV, 60 S.) gr. 8° M. 2.40

Die von genügender Vertrautheit mit dem komplizierten
Stoff zeugende Abhandlung war urfprünglich als
Einleitung zu einer Synopfe gedacht, deren Drucklegung
aber auf Schwierigkeiten geftoßen ift. Demgemäß trägt
fie in ihrer vorliegenden Geftalt einen etwas fragmen-
tarifchen Charakter. Doch tritt die Abfleht des Verf.s
in der Hauptfache deutlich hervor. Es handelt fich um
die Frage nach der Textfolge der Spruchquelle Q und
deren Einordnung in Mt. Den Unterbau liefert eine allgemeine
Erörterung der fchriftftellerifchen Arbeitsweife
des Mt und des Lk, die übrigens noch ohne Kenntnisnahme
von Nicolardots dem gleichen Thema gewidmeten,
ausführlichen Werk angeheilt ift. Auch unferem Verf.
zufolge braucht Mt den Mk als Grundlage, fucht dann
nach Verbindungsftellen für feine Sammelkapitel, die im
wefentlichen fchon in Q vorbereitet waren, knüpft dabei
ftets an die jeweils vorderfte Stelle beider Vorlagen an
und fügt zuletzt die feiner Sondervorlage entflammenden
Stucke bei. Auch furLk liefert Mk den größeren, namentlich
auch den zufammenhängenden Teil der Gefchichts-
er/.ählung; aber als Hauptvorlage, die das Gänze be-
herrfcht, kann bei ihm Mk fo wenig gelten als eine feiner
andern Quellen. Zu diefen gehören außer Q reichliche Sonderüberlieferungen
, von welchen mehrere kleine, dazu auch
ein größerer Teil des Lkbaues gebildet und getragen
erfcheinen; aber eine eigentliche, mit Mk konkurrierende
evangelifche Gefchichte war nicht darunter, wohl aber
die in der großen Einfchaltung untergebrachten Wander-
gefchichten, die in den eigentümlichen Sonderbericht
der Leidensgefchichte auslaufen. Im allgemeinen wird
anzunehmen fein, daß Lk feinen übrigen Quellen gegenüber
fo verfahren fei, wie er es nachweisbar fchon mit
Mk gehalten hat. Dabei ift fchließlich zu beachten, daß
Mt und Lk in dem ihnen als Vorlage dienenden ,älteren
Mk' teils Stücke fanden, die im kanonifchen Mk fehlen,
teils manches, was diefer bietet, noch nicht gelefen
haben. Ein Anhang zeigt, wie unter folchen Voraus-
fetzungen eine Synopfe ausfehen würde und welche Vorteile
fie durch Voranftellung des Lk vor Mt bietet.

Baden. H. Holtzmann.

Müller, David Heinrich, Die Bergpredigt im Lichte der
Strophentheorie. (Biblifche Studien V.) Wien, A. Holder
1908. (94 S.) gr. 8° M. 3.60

Der gelehrte Orientalin bietet den Theologen ein
Gaftgefchenk. Seine Forfchungen haben ihm nicht nur
Belege dafür gegeben, daß ,Poefle die Mutterfprache der
Menfchheit' ift, fondern auch den eigentümlichen Reiz
jener rhythmifchen Symmetrie enthüllt, die, nicht in me-
trifche Formen gebunden oder auch eingezwängt, die
reine Harmonie von Gedanken und Ausdruck anftrebt.
In feinem Werke ,Die Propheten in ihrer urfprünglichen
Form' (Wien 1896. 2 Bde.) und feinen ,Biblifchen Studien'
hat er die Früchte feiner Arbeit ans Licht geftellt. Von